Rechtsextremismus auf dem Vormarsch: Wie ist es um die Demokratie-Bildung an den Schulen bestellt?

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BERLIN. Rechtsextreme Einstellungen haben in der deutschen Bevölkerung laut einer aktuellen Studie seit 2021 stark zugenommen. Aktuell hat jeder zwölfte Erwachsene ein rechtsextremes Weltbild, wie eine aktuelle Untersuchung von Forschern der Universität Bielefeld feststellt. Mit 8,3 Prozent ist der Anteil gegenüber dem Niveau der Vorjahre von knapp 2 bis 3 Prozent erheblich gestiegen. Auch jüngere Menschen wenden sich von der Demokratie ab. Das rückt einmal mehr die Frage in den Fokus, wie es um die politische Bildung an Schulen bestellt ist.

Immerhin hochgerechnet knapp vier Millionen Menschen in Deutschland möchten wieder einen Führer haben. Illustration: Shutterstock

Für die «Mitte-Studie» der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung werden alle zwei Jahre mit einer repräsentativen Befragung vor allem rechtsextreme Einstellungen untersucht. Als zentrales Merkmal des Rechtsextremismus definieren die Autoren «eine Ideologie der Ungleichwertigkeit und Gewalt beziehungsweise die Billigung von Gewalt zur Durchsetzung der Ideologie». Im Vergleich zu den Vorjahren werde der Vorwurf der beschnittenen Meinungsfreiheit von deutlich mehr Befragten geteilt, heißt es in der Studie. «Gleiches gilt für die völkische Forderung, unterschiedliche Völker sollten sich nicht miteinander vermischen».

Mittlerweile befürworten über sechs Prozent eine Diktatur mit einer einzigen starken Partei und einem Führer für Deutschland (2014-2021: 2-4 Prozent). Über 16 Prozent behaupten eine nationale Überlegenheit Deutschlands, fordern »endlich wieder« Mut zu einem starken Nationalgefühl und eine Politik, deren oberstes Ziel es sein sollte, dem Land die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zustehe (2014-2021: 9-13 Prozent). Zudem vertreten die Befragten mit fast sechs Prozent vermehrt sozialdarwinistische Ansichten und stimmen zum Beispiel der Aussage zu »Es gibt wertvolles und unwertes Leben.« (2014-2021: 2-3 Prozent). Auch der Graubereich zwischen Ablehnung und Zustimmung zu den rechtsextremen Einstellungen ist jeweils deutlich größer geworden. Die politische Selbstverortung von Befragten hat rechts der Mitte mit 15,5 Prozent ebenfalls von zuvor knapp 10 Prozent deutlich zugenommen.

„Insgesamt übersteigt die Tendenz zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in der aktuellen Mitte-Studie sogar das hohe Vor-Corona-Niveau von 2018/19″

Das Vertrauen in die Institutionen und in das Funktionieren der Demokratie sinkt auf unter 60 Prozent. Ein erheblicher Teil der Befragten vertritt verschwörungsgläubige (38 Prozent), populistische (33 Prozent) und völkisch-autoritär-rebellische (29 Prozent) Positionen. Im Vergleich zur Befragung während der Coronapandemie 2020/21 ist dies ein Anstieg um rund ein Drittel und auch zum Jahr 2018/19 ist der Anteil potenziell demokratiegefährdender Positionen gestiegen. So denken beispielsweise inzwischen 32 Prozent, die Medien und die Politik würden unter einer Decke stecken (2020/21: 24 Prozent). Zudem stimmen in der aktuellen Mitte-Studie mit 30 Prozent fast doppelt so viele Befragte wie noch vor zwei Jahren der Aussage zu: „Die regierenden Parteien betrügen das Volk.“ und ein Fünftel meint: „Unser Land gleicht inzwischen mehr einer Diktatur als einer Demokratie.“ (2020/21: jeweils 16 Prozent). Die Billigung und Rechtfertigung politischer Gewalt haben auch deutlich zugenommen. 13 Prozent sind der Auffassung, einige Politiker:innen hätten es verdient, wenn „die Wut gegen sie“ in Gewalt umschlägt (2020/21: 5 Prozent).

„Menschenfeindliche Einstellungen sind wieder auf hohem Niveau“, so stellen die Studienautorinnen und -autoren fest. 34 Prozent der Befragten meinen, Geflüchtete kämen nur nach Deutschland, um das Sozialsystem auszunutzen. 16,5 Prozent unterstellen jüdischen Menschen, heute ihren Vorteil aus der Vergangenheit des Nationalsozialismus ziehen zu wollen. Weitere 19 Prozent schließen sich diesem Vorwurf teilweise an – diese ambivalenten und uneindeutigen Haltungen gegenüber antisemitischen Positionen wie auch anderen Formen von Abwertungen und Vorurteilen nehmen zu. 17 Prozent machen die Identität von Trans*Menschen verächtlich und rund 11 Prozent fordern, Frauen sollen sich wieder mehr auf die Rolle als Ehefrau und Mutter besinnen. Auch Klassismus als die Abwertung aufgrund des sozialen Status von Menschen ist weit verbreitet. Etwas mehr als ein Drittel teilt etwa die Auffassung, Langzeitarbeitslose würden sich auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen (35 Prozent). „Insgesamt übersteigt die Tendenz zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in der aktuellen Mitte-Studie sogar das hohe Vor-Corona-Niveau von 2018/19. Jede:r zehnte Befragte ist dabei grundsätzlich verschiedenen Minderheiten in der Gesellschaft gegenüber feindselig und diskriminierend eingestellt“, so heißt es.

„In den Schulen ist die politische und Demokratie-Bildung nicht so gut aufgestellt“

Dabei wird deutlich, dass menschenfeindliche Einstellungen mit einem niedrigen Bildungsgrad korrelieren. Während unter Menschen mit niedriger Schulbildung 44,5 Prozent rassistischen Thesen zustimmen, sind es bei Menschen mit hoher Schulbildung nur 19,6 Prozent. Auch das Alter spielt eine Rolle – allerdings anders, als vielleicht viele vermuten würden: Unter Menschen über 65 Jahre sind rassistische Einstellungen seltener zu beobachten (nämlich bei 23,9 Prozent) als unter jüngeren – bei den 18- bis 34-Jährigen sind es 29,3 Prozent. Auch gilt: In Ostdeutschland ist Rassismus deutlich stärker präsent (bei 41,2 Prozent) als in Westdeutschland (28,0 Prozent).

Sabine Achour, Professorin für Politische Bildung in Berlin, kritisierte in dem Zusammenhang laut „Frankfurter Rundschau“, dass in den Schulen die politische und Demokratie-Bildung „nicht so gut aufgestellt“ sei, Wirtschaftsbildung werde häufig stärker betont. Vor allem im Osten sei seit der Wende die außerschulische Jugendarbeit massiv abgebaut worden: „Die wurde dann vielerorts von Rechten gekapert.“ Achour plädierte für mehr demokratische Teilhabemöglichkeiten in Schule, Ausbildung und Arbeit. News4teachers / mit Material der dpa

Hier lässt sich die vollständige „Mitte-Studie“ herunterladen.

Hier geht es zu einem News4teachers-Interview mit Professorin Achour:

„Wir möchten Lehrkräfte stärken – damit sie die Momente erkennen, in denen es gilt, demokratische Haltung zu zeigen“

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Achin
7 Monate zuvor

Antwort:

Die Demokratiebildung in der Schule lebt allein von dem Idealismus und dem Zusatzengagement der Lehrkräfte.

Das Kernfach der politischen Bildung (Gemeinschaftskunde, Sozialkunde…) besitzt in allen Bundesländern eine Randlage im Fächerkanon. Die Vermittlung von Grundwissen kann so notwendig nur bruchstückhaft gelingen.

Die Behauptung „in allen Fächern wird doch politische Bildung“ vermittelt ist praxisfern. Hat schon jemand ernsthaft eine Stundenkürzung für Mathematik gefordert, weil in Physik und Chemie doch auch gerechnet wird?

Die Studie hierzu:
https://pub.uni-bielefeld.de/record/2967744

Jetzt nach solch erschreckenden Veröffentlichungen nach „der Schule“ zu rufen hat einen wohlfeilen Beigeschmack.

Metalman
7 Monate zuvor

Die EInleitung liest sich ja wieder fast so, als hätten die Schulen es verbockt, weil sie nicht genug aufklären oder Demokratieerziehung betreiben. Wir tun was wir können. Ich jedenfalls mache kaum was anderes.

An den äußeren Umstände können wir indes auch nichts ändern. Oft zeigt sich eine tiefe Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit und eine zunehmende Teilung der Gesellschaft schon im Klassenraum.

Realist
7 Monate zuvor
Antwortet  Metalman

Die EInleitung liest sich ja wieder fast so, als hätten die Schulen es verbockt, weil sie nicht genug aufklären oder Demokratieerziehung betreiben.“

Noch nicht gemerkt, dass die Schulen und insbesondere die Lehrkräfte die Rolle des Universalsündenbocks für alle Probleme in dieser Gesellschaft haben?

Egal was schiefläuft, die Schulen täten zu wenig, die Lehrkräfte engagierten sich zu wenig. Forderungen nach mehr *-Bildung (für * jedes beliebige gesellschaftliche Problemthema einsetzen) tauchen wöchentlich auf. Eine ganze Kaste von „Wissenschaftlern“ lebt von solchen Forderungen.

Wenn die Schulen nicht so unfähig und die Lehkräfte nicht so faul wären, in was für einem Paradies würden wir leben!

Canishine
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Sicher hat die Schule eine besondere Rolle bei der Demokratiebildung, sogar aus meiner Sicht eine zentrale, die ich persönlich nicht auf der gleichen Ebene sehe wie Finanzwissen, Berufsorientierung, Gesundheitserziehung usw.
Ich wüsste allerdings dennoch, welche Wirkung es hätte, wenn in vielen Headlines über Forderungen und Wünschen, die in der Öffentlichkeit von verschiedenen Interessengruppen geäußert werden, schlicht das Wort „Schulen“ durch „Eltern“ ersetzt würde. Einfach mal bei dieser Überschrift ausprobieren …

Metalman
6 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Eben. Bei gesamtgesellschaftliches Themen „konkurriert“ man immer mit den Eltern, der Peergroup, Medien etc. Man kann und muss dranbleiben aber alle Kastanien aus dem Feuer holen kann Schule per se nicht.

Und wenn es z.B. um den Rechtsruck oder die Spaltung in zunehmend unversöhnliche Lager geht, die kommen aus der Mitte der Bevölkerung heraus.

Konfutse
6 Monate zuvor
Antwortet  Metalman

Vielleicht könnte man ja TicToc dazu zwingen, einen Demokratie-Brain-Wash zu betreiben. Allen Rotzmüll raus, Demokratiebildung rein. Dann wären die Eltern auch raus…winwin, würde ich sagen…

Dil Uhlenspiegel
6 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Oder die Frage könnte lauten: „Wie ist es um das Geld-, Zeit-, Personal- und Raumangebot für die *-Bildung an den Schulen bestellt?“

Riesenzwerg
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Auch Eltern haben einen Einfluss und sollten in der Lage sein…. Demokratie zu vermitteln und vorzuleben.

Dass die Realität eine andere ist, weiß jede(r) in der Schule.

Aber – wir leben es vor! Täglich, stündlich.

Ich bin nicht TicToc, nicht WA, nicht Twitter oder irgendeine weltweite Plattform, die tage- wochenlang Blödsinn, Quatsch, Grausamkeiten, Unwahrheiten, Sexismus, Rechtsextremismus, Ausländerhass ….. auf die Kids und Jugendlichen ballert.

Schule erreicht alle, da sie da sind, weil sie da sind. (und nichts anderes!)
Schule erreicht aber nur die, die erreicht werden wollen. Diese Schüler sind erreichbar, ansprechbar, sensilisierbar.

Der Rest? Nicht.

Die „Erziehung“ zur Sozialformbildung findet woanders statt – längst.

Carsten
7 Monate zuvor

Ist die Definition von „Rechtsextremismus“ verengt worden, erweitert worden oder konstant geblieben?

Carsten
7 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Gibt es auch langfristige Studien – seit den 60igern, 70igern, 80igern ?

Dejott
7 Monate zuvor

AFD wirkt.

Lisa
7 Monate zuvor

„Das Vertrauen in die Institutionen und in das Funktionieren der Demokratie sinkt auf unter 60 Prozent“. Dazu kommt es, wenn jemand an der Antragsstellung für die Förderung einer PV Anlage verzweifelt, keine bezahlbare Wohnung findet, seine Energierechnung nicht mehr bezahlen kann, Schulkinder in maroden Schulen hat, in ein öffentliches Freibad gehen möchte, auf einen Arzttermin beim Facharzt monatelang wartet, mit dem Zug fahren oder ganz aktuell an die Beschaffung der neuen Funkgeräte für die Bundeswehr denkt, bei der mal eben ein paar Millionen in den Sand gesetzt wurden……da muss man nicht politisch extrem sein, Die „organisierte Verantwortungslosigkeit“ gepaart mit Dilettantismus und Korruption reichen aus, das Vertrauen zu untergraben.

Das heutige Deutschland hat vieles seiner alten Rolle als Mahnerin gegen Faschismus über Bord geworfen, das fing an, als das erste Mal die Bundeswehr wieder im Ausland, Afghanistan, eingesetzt wurde und hört mit Waffenlieferungen auf. Wir sind in dieser Normalität angekommen, und nichts Besonderes mehr in Bezug auf Pazifismus, den wir zuvor mit unserer besonderen Geschichte begründet hatten.
Denn die beschriebenen Denkweisen sind eher als eine Annäherung an allgemeine europäische Verhältnisse zu verstehen. In Frankreich, Spanien, Italien, aber auch Skandinavien sähe eine Umfrage ähnlich aus. Es gibt leider einen großen Teil Rechtsgerichtete europaweit und auch weltweit.

GS in SH
6 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

Vielleicht liegt es oft genau daran, dass das rechtsextreme Gedankengut quer durch alle Parteien zu finden war. Sogar bei Grünen und Linken!

Bernd
6 Monate zuvor
Antwortet  GS in SH

Das können Sie sogar genau so in der aktuellen Mitte-Studie nachlesen. Oder ihre Aussagekraft infrage stellen.

krux
7 Monate zuvor

Wenn man sieht, wie gesellschaftswissenschaftliche Fächer zugunsten MINT-Fächern in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgefahren wurden, sollte man diesen Trend schleunigst überdenken.
Ein vernetzter Lehrplan, in dem geschichtliche/gesellschaftliche Phänomene in einen weiten Kontext gesetzt werden, ist nicht vorhanden (Bsp. Geschichte ab Klasse 5 => in Klasse 7 vom Mittelalter bis frz. Revolution, natürlich ohne z.B. die Epoche der Aufklärung mit ihrer politischen, philosophischen, religiösen Bedeutung nur gestreift zu haben). SuS lernen für Klausuren Einzelphänomene, die im Anschluss sofort vergessen werden, weil keine Basis da ist, in der „Anker“ geworfen werden kann. Aber diese Basis braucht es, um sich selbst in der eigenen Zeit zu verstehen.

PFK
6 Monate zuvor
Antwortet  krux

Ja, das habe ich auch so erfahren und gesehen. Die unglaubliche Frech- und Dummheit die Geisteswissenschaften als Laberfächer zu desavouieren. Miteinander Reden über Ideale, Inhalte, Semantik, Rechte, Pflichten, Geschichte und Lehren, Verstehen und Gestalten, Gemeinwohl und Konflikte, Politik und Philosophie und Soziologie, Zukunft und Möglichkeiten etc. Und sich dann wundern, wenn die Menschen sich gegenseitig auf alle erdenklichen Arten und Weisen schaden. Schule als Abbild der Gesellschaft?

Konnten sich die MINTler anscheinend so nicht ausrechnen! Aber danke für die KI, die wird das Problem sicher vernünftig und „geistes“gegenwärtig wenn nicht lösen, so doch deutlich verbessern können. Irony off.

vhh
6 Monate zuvor
Antwortet  PFK

Wie viele ‚MINTler‘ haben gefordert, Geisteswissenschaften zu streichen? Waren das nicht eher Politiker, die den Wünschen aus der Wirtschaft folgten? Ich kenne keine ‚MINTler‘ (jedenfalls außerhalb der Hochschulprofessoren mit Geltungsdrang), die sich so ein Urteil anmaßen. Geisteswissenschaften brauchen eigentlich keine Rechtfertigung, ernstzunehmende Menschen sollten und können das einsehen. Erst recht nicht so eine jämmerliche Rechtfertigung, die MINT ‚desavouiert‘ als ‚die glauben, man kann alles ausrechnen‘. Wer mit dem Finger auf andere zeigt… Keine Pseudo-Ironie aus.

pfk
6 Monate zuvor
Antwortet  vhh

Wie viele? Irreführende Frage. Wenn ich sage 28 oder 2800, kommt es doch auf den Impact an. Und was der soziale Druck so ausmacht.
Die Ironie war lediglich für den letzten Absatz, deswegen auch abgesetzt, als eigener Absatz. Ich glaube nicht, dass man alles ausrechnen kann. Fängt schon bei Unendlich Minus 1 an.

Dennoch, falls sie es nicht so persönlich sondern etwas philosophischer nehmen können:

Hier habe ich ein paar Links zusammengestellt, die den Widerstreit etwas illustrieren. Das dabei „die“ Wirtschaft eine große Rolle spielt ist eine Binse. Mit einem einzelnen Kommentar kann auch nicht die ganze Breite eines gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses ausgeführt werden. Aber zugespitzt kann es in einem Kommentar schon werden. Schließlich habe ich keinen Essay dazu geschrieben.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-maerchen-von-den-brotlosen-laberfaechern-100.html

https://www.nzz.ch/meinung/geisteswissenschaften-in-einer-technisch-dominierten-welt-ld.1352513?reduced=true

https://www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/1/31481_Mit_MINT_in_die_Zukunft.pdf?__blob=publicationFile&v=8

https://www.deutschlandfunk.de/us-universitaeten-geisteswissenschaften-in-der-krise-100.html

https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/plaedoyer-fuer-die-geisteswissenschaften-15911034-p2.html

https://www.altenforst.de/index.php/sozialwissenschaften/10-gute-gruende

https://www.stiftung-wirtschaftsethik.de/fileadmin/user_upload/downloads/projects/219_View/VIEW_Modul_A.pdf

Im letzteren pdf werden ganz wunderbar die Dilemmata dargestellt, die pure Zahlen gegen Denken stellen. Ganz ohne Ironie.

Problematisch finde ich, dass SuS oftmals meinen, dass Deutsch, Lebenskunde, PoWi, Sowi etc. einfachere Fächer seien, weil da mehr Mündliches verlangt wird. So ungefähr, dass z.B. ein Abi mit den oft angstbesetzten Fächern Mathe, Physik etwa, so viel schwerer sei, als es mit den Laberfächern zu bestehen. Nur weil irgend welche Worte leicht von der Zunge gehen, heißt es ja nicht, dass sie gut sind oder zum Guten führen oder gescheit oder ethisch, oder wahr oder das Gesagte bereichernd ist.Wenn jemand gut rechnet, bedeutet das nicht, dass dies zum guten eingesetzt wird.

Vielleicht gefällt Ihnen Greg Egan als Autor ja.

Alisia
6 Monate zuvor
Antwortet  pfk

„die Dilemmata dargestellt, die pure Zahlen gegen Denken stellen.“

Wann haben sie denn in der Schule in den MINT-Fächern den Faden verloren, wenn sie glauben, dass es bei MINT in erster Linie um Zahlen geht? 5. Klasse?

„dass SuS oftmals meinen, dass Deutsch, Lebenskunde, PoWi, Sowi etc. einfachere Fächer seien“

Dass ist eben die Einschätzung, zu der Schüler, die diese Fächer jahrelang hatten, mit der Zeit gekommen sind.
Problematisch ist das schon, aber nicht weil die Schüler (zu recht) erkannt haben, dass man sich in Deutsch anders als in Physik auch ohne genaues Wissen irgendwie durchwinden kann. Damit bekommt man vielleicht keine 15 Punkte aber die Chancen zu bestehen sind trotzdem deutlich besser. (Man lese nur mal nach, wie viele der (zu wenigen) Schüler die ihr Abitur nicht bestehen am Ende an Mathe scheitern und wie viel weniger an Deutsch oder Geographie).

Das Problem ist eher, dass Physik (zumindest Schulphysik) eigentlich nicht so viele vor so große Herausforderungen stellen dürfte. Hier gebe ich zu limitierten, falsch strukturierten Lehrplänen und den leider zu oft völlig inkompetenten Lehrern die Schuld…

PFK
6 Monate zuvor
Antwortet  Alisia

Haben Sie sich die Dilemma Geschichten angeschaut? Verstehen Sie das Wort Dilemma? Wo steht, dass ich glaube, in erster Linie seien MINT Fächer „nur“ Zahlen?

„…dass Physik eigentlich nicht so viele vor Herausforderungen stellen dürfte..“ – eigentlich… tja.

Versteh ich auch nicht.

Hypothese: wird vielleicht zu oft ungenügend erklärt? Performance einfach mies?
(Neben der Schiffsladung anderer möglicher Hemmschuhe, an denen alle an Schule Beteiligten „partizipieren“ …)
Konkreten Nutzen dies Wissens nicht transparent gemacht? Schlecht durchgeführte Experimente? Fachsprache und Ansprache nicht dem Ansprechpartner gemäß? Montag 1., Freitag 5.Stunde und die Pubertät sagt „Fuck off“? Möglicherweise die SuS zu oft gedisst und nicht bemerkt? Vernachlässigung gruppendynamischer Prozesse?

Und wenn Sie gerne andere Menschen mit ihrer Klugheit übertrumpfen mögen, (5. Klasse den Faden verloren…schlechter Stil) würde ich gerne Metapher und Allegorie als nachschlagenswert ans Herz legen.

Riesenzwerg
6 Monate zuvor
Antwortet  PFK

Die MINTler sind wichtig für ? Ja, die Wirtschaft.

Die Geisteswissenschaftler – sind es nicht.

Alles gesagt.

PFK
6 Monate zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Wenn Sie das so sagen, werd ich mal ne Rundmail an alle schreiben.

potschemutschka
6 Monate zuvor
Antwortet  krux

Nicht nur die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer wurden zurückgefahren, in den MINT-Fächern hat sich auch viel geändert und nicht zu Gunsten des fundierten Allgemeinwissens (meine persönliche Einschätzung).

Wissenspfladter
6 Monate zuvor
Antwortet  krux

MINT Ausbau in den letzten Jahren?
Wo gab es den denn, aufgrund des MINT Lehrermangels (die Arbeiten lieber bei einen wertschätzenden Arbeitgeber als beim Land) ist der MINT Lehrplan und Stundentafel bis zur Unkenntlichkeit vrtkrüppelt worden.

Saskia
6 Monate zuvor
Antwortet  Wissenspfladter

Und was füllt jetzt die Lücken? Mit irgend etwas müssen die Kinder ja beschäftigt werden.

Bernd
6 Monate zuvor
Antwortet  Saskia

Mit Unterrichtsstörungen und durchschnittlich geringerer Aufnahmefähigkeit, Aufmerksamkeitsspanne usw. ist das kein Problem.

Saskia
6 Monate zuvor
Antwortet  Bernd

Aber, aber! Schimpfte der Vorsitzende des hessischen Landeselternbeirates, Volker Heitmann, nicht erst kürzlich, wir hätten eine Schule wie vor 100 Jahren? Und dass sie schnellstens modern werden müsse?
https://www.news4teachers.de/2023/09/schule-wie-vor-100-jahren-was-ein-elternvertreter-der-politik-auf-der-bildungsdemo-ins-stammbuch-schrieb/

Die Probleme durch „Unterrichtsstörungen und durchschnittlich geringerer Aufnahmefähigkeit, Aufmerksamkeitsspanne usw.“ erinnern aber nicht an Schule vor 100 Jahren. Da dürfte eher das Gegenteil der Fall gewesen sein.

Die Schwächen der heutigen SuS sind vielmehr bei der modernisierten Bildungspolitik und den jetzigen Schulen zu suchen. Offenbar wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht zu wenig reformiert, wie der Elternvertreter meint, sondern viel zu zu viel und auch zu radikal.
Ein wenig Rückschritt und Rückbesinnung auf die Erfolge in alten Schulzeiten sind oft nützlicher als primitiver Fortschrittsglaube.

Bernd
6 Monate zuvor
Antwortet  Saskia

Meine Meinung. Nur wird das auch die Abiturquote auf den Stand von vor langer Zeit reduzieren, die Zahl Gymnasien halbieren usw.

Petra
6 Monate zuvor
Antwortet  Bernd

Wäre das so schlimm? Ich las neulich, dass immer mehr Abiturienten auf ein Studium verzichten und die Ausbildung in einem Fachberuf vorziehen.

Außerdem klagen Unis und Hochschulen über gravierende Lern- und Leistungsschwächen bei den Abiturienten, so dass vielerorts die Niveaus gesenkt und auch Förderkurse für Studienanfänger eingerichtet werden müssen.
Eine Reduzierung der Abiturquote sehe ich daher positiv.

Bernd
6 Monate zuvor
Antwortet  Petra

Sehe ich auch so. Nur werden das weder die Gymnasien (Klassenteiler, Beförderungsstellen usw.) noch diverse Eltern (kein Abitur = Bildungsverlierer) mögen …

Ingo
6 Monate zuvor
Antwortet  Petra

Vielleicht sollten aber auch mal die Arbeitgeber von ihrem hohen Ross runterkommen, die immer mehr Abitur als Minimum für eien Ausbildung fordern, dann aber Krokodilstränen vergissen, weil immer mehr Leute als Folge dieser Forderungen Abitur haben, sich dann aber konsequent für das entscheiden, wozu das Abitur gedacht war…

noname
6 Monate zuvor
Antwortet  Ingo

Wahrscheinlich würden die Arbeitgeber weniger „Abitur als Minimum für einen Ausbildung fordern“, wenn heutzutage nicht so viele SuS Abitur machten und alle Schulabschlüsse dadurch entwerteten.
Ein mittelmäßiges und schwächeres Abitur ist heutzutage bei der jahrelangen Inflationierung der Noten kaum mehr wert als ein ordentlicher Realschulabschluss von vor Jahren, der für zahlreiche Ausbildungsberufe früher noch gang und gäbe war.
Es geht also nicht um das hohe Ross, von dem Arbeitgeber herabsteigen müssen, sondern um die Notwendigkeit, zunehmend unter Abiturienten nach Auszubildenden suchen zu müssen, wenn man nach beruflichem Nachwuchs sucht, der eine zumindest ähnliche Qualifikation mitbringt wie die meisten früheren Realschüler und vielleicht sogar gute bis sehr gute Hauptschüler.

Ingo
6 Monate zuvor
Antwortet  noname

Henne oder Ei?
Ich sehe es aufgrund meiner persönliches Erfahrung genau andersrum und halte es für selbstverschuldet.
Ich habe keine Kinder, kann es den Eltern mit derselben Erfahrung aber sehr gut nachempfinden, dass sie die Kinder lieber auf das Gymnasium schicken. Für die Jammerei der Arbeitgeber habe ich kein Verständnis. Solange es genügend Absolventen mit anderen Abschlüssen als dem Abitur gibt, gibt es auch genügend mögliche Fachkräfte.

Ingo
6 Monate zuvor
Antwortet  noname

PS.
„Wahrscheinlich würden die Arbeitgeber weniger „Abitur als Minimum für einen Ausbildung fordern“, wenn heutzutage nicht so viele SuS Abitur machten und alle Schulabschlüsse dadurch entwerteten.“
Die Schulabschlüsse können aus Arbeitgebersicht nur dann weniger wert sein, wenn Abiturienten mit Real- und Hauptschülern um eine Stelle konkurrieren und letztere dann das Nachsehen haben.
Wenn das nicht der Fall ist und viele Real- und Hauptschüler bei der Job/Ausbildungsplatzsuche leer ausgehen, sitzen Arbeitgeber sehr wohl auf dem hohen Ross und sind es selber schuld.

Isa
6 Monate zuvor
Antwortet  Ingo

Vielleicht sollte sich manche Lehrkraft mal schlau machen. Die Arbeitgeber:innen sehen sich konfrontiert mit Azubis, Bewerber:innen usw., die 4-Tage- Wochen fordern und in der Probezeit hinschmeißen. Fragen Sie mal die Kolleg:innen an den Berufsschulen.

Ingo
6 Monate zuvor
Antwortet  Isa

Und das sind Azubis mit Abitur oder mit Haupt- oder Realschulabschluss?
Es gibt oder GÄBE sicherlich engagierte Azubis ohne Abitur, die vielleicht einen Ausbildungsplatz mit Kusshand nähmen. Wenn man sie denn ließe und nicht aufgrund des fehlenden Abiturs ablehnen würde.
Wenn die oben genannten Arbeitgeber solche sind, die mögliche Bewerber aussortieren, weil sie kein Abitur haben, dann haben sie es nicht besser verdient. Angebot und Nachfrage.

Isa
6 Monate zuvor
Antwortet  Petra

Genau, sollen die Kinder der anderen Eltern nicht aufs Gymnasium gehen. Mein Kind macht auf jeden Fall das Abitur- koste es, was es wolle. Nicht wahr?

Nick
6 Monate zuvor
Antwortet  Bernd

Die Zahl der Gymnasien halbieren? Der Zulauf der Schüler wird sich durch G9 eher noch weiter erhöhen.

Freiya
6 Monate zuvor
Antwortet  Saskia

Modern tut sie schon, die Schule. An allen möglichen Ecken und Enden.

Unverzagte
6 Monate zuvor
Antwortet  Saskia

Rückbesinnung auf bzw. Rückschritt zu 100 Jahre alten, bewährten reformpädagogischen Maßnahmen.

Jule
6 Monate zuvor
Antwortet  Unverzagte

Der irische Philosoph Edmund Burke meinte, dass nur wählen solle, wer Besitz hat, an dessen Erhalt ihm für nachfolgende Generationen liegt. Er hielt es für besser, Erfahrung und Wissen, alles, was in den überlieferten Institutionen und Gebräuchen gespeichert ist, zu nutzen und weiterzuentwickeln, statt potenziell zerstörerische radikale Neuerungen durchzusetzen.
„Menschen, die ihre Vorfahren nicht achten, werden auch nicht an ihre Nachwelt denken.“ Menschen, die nur in der Gegenwart leben und lebensfremde Zukunftstheorien aufstellen, traute Burke nicht.

Ingo
6 Monate zuvor
Antwortet  Jule

Blöd nur, dass das Festhalten an alten Institutionen und Gebräuchen manchmal mit der Weigerung einhergeht, diese weiterzuentwickeln und die kommenden Generationen dies dann ausbaden müssen.

Müsste dann im Umkehrschluss nicht Politikern und Parteien das passive Wahlrecht entzogen werden, die mit ihren Entscheidungen dazu beigetragen haben, dass es nachfolgenden Generationen schlechter geht?

Hysterican
6 Monate zuvor
Antwortet  Saskia

Bei uns ist das Glücksunterricht … ohne Scheiß!

unverzagte
6 Monate zuvor
Antwortet  Hysterican

Sog. Glücksunterricht könnte duchaus effektiveren Einfluss auf ein Leben nach der Schule haben als so manch anderer … sorry, konnte ich mir nicht verkneifen.

marc
6 Monate zuvor

Auch wenn hier viele wieder Schnappatmung bekommen, ich habe deutliche Kritik an der Studie. Zunächst ist der Urheber sehr zweifelhaft. Die Stiftung der SPD liefert nicht selten Ergebnisse, die der SPD natürlich sehr gelegen kommen. Das ist nicht exklusiv ein Phänomen der linken Stiftungen, das können FDP finanzierte Studien genauso. Allerdings muss man gerade bei politischen Studien heutzutage festhalten, dass auch hier Ideologie oft in Ergebnisse mit reinmischt. Man will ja schließlich auch weiter Auftragsgelder erhalten.
Das alleine ist natürlich nur erstmal eine Vermutung, doch wird diese Vermutung durch deren kritikwürdige Definition von rechtsextrem nochmal gestärkt.

Zitat: „34 Prozent der Befragten meinen, Geflüchtete kämen nur nach Deutschland, um das Sozialsystem auszunutzen.“

Wenn das schon als Kriterium für Rechtsextremismus steht, dann sind die Kriterien deutlich überzogen. Natürlich ist die Pauschalität der Aussage problematisch, der Inhalt ist es aber nicht und entspricht auch in der Mehrheit sicher der Wahrheit.

Zitat: „„Die regierenden Parteien betrügen das Volk.“

Wenn man ein Klimageld versprochen bekommt und das Geld aus der hohen CO2 Abgabe stattdessen woanders verpulvert wird, dann fühlt man sich betrogen. Gleiches gilt für ein Versprechen dass keine Steuererhöhungen kommen und dann kommt eine Mauterhöhung, die auf Verbraucher umgelegt wird. Quasi indirekt eine Erhöhung für alle. Wer das anspricht, ist nicht direkt rechtsextrem.

Zitat: „17 Prozent machen die Identität von Trans*Menschen verächtlich und rund 11 Prozent fordern, Frauen sollen sich wieder mehr auf die Rolle als Ehefrau und Mutter besinnen.“

Auch hier frage ich wieder wie man die Identität von Trans*Menschen verächtlich machen soll. Wenn man sagt, dass Transfrauen biologisch gesehen eben keine richtigen Frauen sind? Ist man jetzt also dann rechtsextrem und übt „Menschenfeindlichkeit“ aus? Wenn man ein traditionelles Familienbild pflegt, dann ist man menschenfeindlich?

Zusammenfassend sind die Definitionen der Studie halt hochproblematisch. Hier wird vieles zweifelhaft in Ecken einsortiert und so ein großer Teil der Menschen zu Extremisten erklärt, die da vermutlich wenig zu suchen haben.

Und nur mal am Rande: Die politische Rechte gehört wie die politische Linke zur Demokratie dazu. Wer politisch rechts denkt, der ist völlig normaler Teilnehmer eines demokratischen Spektrums. Wir sollten nur aufpassen die Grenzen zwischen demokratischer Rechte, rechtsradikal und rechtsextrem nicht zu verwischen durch solche zweifelhaften Definitonen in Studien

Marc
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Die Studie habe ich gelesen. Daher sehe ich die Indikatoren als zweifelhaft an. Die politisch motivierte Kriminalität und die Einordnung hat ja letztens erst schweren Schaden bekommen, als aufgedeckt wurde, wie das BMI Statistiken zu Angriffen auf Asylunterkünften „falsch dargestellt“ hat. Da wurden Straftaten pauschal rechts eingeordnet ohne bekanntem Täter. Teilweise sogar ohne direkt politische Straftat.

Bald in Pension
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Vorsicht, liebe Redaktion. „Rechtsoffen“ , auch „rechts“ im Sinne von konservativ darf ebenso sein wie „links“, „linksoffen“. Auch wenn einem/ einer das eine oder das andere nicht ins politische Weltbild passt. …extrem, …extremistisch ist etwas anderes. Alles wider die FDG schließt sich aus und alle, die entwsprechend agieren, sind selbstverständlich disqualifiziert.

Bald in Pension
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Mich müssen Sie nicht überzeugen und auch nicht belehren. Habe mit Andreas Zick schon zusammengearbeitet und werde ihn mit Glück kommende Woche in Bielefeld treffen.

Feli
6 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

„Rechtsoffene Positionen“ sind doch normal. Verwechseln Sie vielleicht rechts mit rechtsextrem oder rechtsradikal?
Rechts gegen Links und umgekehrt kenne ich seit Jahrzehnten aus unserer Parteienlandschaft.

Ingo
6 Monate zuvor
Antwortet  Feli

Wo würden Sie denn die Positionen der AFD verorten?

DerechteNorden
6 Monate zuvor
Antwortet  marc

Wow, und dafür bis 18.00 Uhr bereits neun Upvotes.

PaPo
6 Monate zuvor
Antwortet  marc

Man kann sicherlich methodisch-technische Kritik an der Studie äußern.

Während das Gros der Phänomene mittels adäquater (Likert-skalierter) Einzelitems operationalisiert (zur Ermittlung der Durchschnittswerte pro Phänomen s. S. 46 f.) wurde (z.B. „Befürwortung einer rechtsgerichteten Diktatur“; „Verharmlosung des Nationalsozialismus“; „Antisemitismus“; „Sozialdarwinismus“ S. 64) und jedes Ergebnis hier an sich bereits besorgniserregend ist, sind andere Operationalisierungen problematischer und müssen mit einem grain of salt genossen werden:

  • Unter „Befürwortung einer rechtsgerichteten Diktatur“ (S. 64) wird der Fokus auf die vermeintl. Rechtsgerichtetheit primär mittels des Begriffs „Volksgemeinschaft“ (Item 2) begründet, es ist aber anzunehmen, dass auch extrem linksautoritäre Personen zumindest(!) dem ersten und letzten Item (und evtl. auch Item 2) so zustimmen könnten. Macht das Ergebnis nicht besser, ist dann aber nicht zwingend eine Messung einer rechtsextremen Einstellung.
  • Die ersten beiden von drei Items zu „Nationalchauvinismus“ (S. 64) erscheinen bspw. weniger geeignet (und das schreibe ich als jmd., der es bzgl. Patriotismus und Co. wie A. Schopenhauer hält.
  • Das zweite und dritte Item zur „Gewaltbilligung“ (S. 86) sind ungeeignet, eine rechtsgerichtete(!) „Zustimmung zu den Aussagen politisch motivierter Gewalt“ zu treffen (zur Erinnerung: Zustimmung zum Phänomen wird im Rahmen der Erhebungsmethode auch bereits bei überwiegender Zustimmung zu mehr als der Hälfte der jeweiligen items angenommen); hier gilt Ähnliches, wie zum ersten Punkt, nämlich dass derartige Einstellungen auch im Linksextremismus prävalent sind.

Etc.

Auch eine „[p]olitische Selbstverortung“ als „rechts“ oder „eher rechts“ (S. 99-102) wird erst ein Problem im Sinne des Untersuchungsgegenstands der Studie, wenn „rechts“ ein Chiffre für Rechtsextremismus sein soll, der bereits unmittelbar rechts der Mitte stattfinden soll (wird in der Studie so aber auch nicht behauptet). Das polit. Rechte Spektrum ist aber exakt dies, ein Spektrum (https://www.news4teachers.de/2023/06/lehrkraefte-nach-rechtsextremen-vorfaellen-an-burger-schule-nichts-hat-sich-veraendert/#comment-529467).
Aber ungeachtet dessen: Natürlich entspricht das Gros der Positionen der AfD nicht einer „genau der Mitte“ (wie die Partei und ein Gros ihrer Wähler verklärt)), sondern ist überdeutlich (z.T. extrem) rechtsgerichtet, während andere ihrer Positionen es nicht per se sind, wie z.B. die Kritik am Gendern o.ä., weshalb man tunlichst vermeiden sollte, einem jedem, der in bestimmten Einzelpunkten mit einer Position der AfD augenscheinlich irgendwie d’accord zu sein scheint, eine AfD-Nähe oder Rechtsgerichtetheit zu attestieren, wie es oftmals auch hier in den kommentaren der Fall ist. Das erklärt u.U. auch, warum 48 % der „AfD-Sympathisierenden“ sich „genau in der Mitte“ und knapp 6 % „links der Mitte“ verortet (S. 101): Für einen (kl.) Teil mag das sogar stimmen, weil sie (monothematisch orientiert) bei anderen Parteien ihre Themen nicht (mehr) in ihrem Sinne vertreten sehen (z.B. in puncto Gendern, Frauenquoten etc.)… ist dann für eine Person, die tatsächlich in der polit. Mitte oder „links der Mitte“ orientiert ist, einigermaßen dämlich. Ein Gros der „AfD-Sympathisierenden“ dürfte aber (wie auch diejenigen, die nicht genuin rechte oder gar rechtsextreme Positionen pauschal als entsprechend ‚rechtsextrem‘ devalvieren) lediglich einen defekten polit. Kompass haben.

Aber um keine Missverständnisse zu evozieren:
Davon abgesehen scheint mir beim überwiegenden Gros der Studie wenig zu kritisieren zu sein. Ich hätte mir bei einigen Phänomenen lediglich ein paar mehr (differenzierendere) Items gewünscht, um auch evtl. Missverständnissen oder saloppem Antwortverhalten vorzubeugen, meine ich doch, dass bei manchem Befragten die Nuancen in der Fragestellung u.U. nicht prägnant genug gewesen sein könnten (wie oben skizziert mit der Einfügung des Wortes „Volksgemeinschaft“ etc.). Bei anderen Phänomenen finde ich Einzelitems weniger passend (z.B. beim Phänomen „Völkisch-autoritär-rebellische Einstellungen“, S. 122 f.; „[s]chließender Krisenmodus“, S. 230 f.).

Aaaber:
Das sind Detailfragen, ist das Haar in der Suppe, keine vernichtende Generalkritik.
Insg. erscheint die Studie brauchbar (und zeichnet ein problematisches Bild).

Ingo
6 Monate zuvor
Antwortet  marc

„Auch hier frage ich wieder wie man die Identität von Trans*Menschen verächtlich machen soll. Wenn man sagt, dass Transfrauen biologisch gesehen eben keine richtigen Frauen sind? Ist man jetzt also dann rechtsextrem und übt „Menschenfeindlichkeit“ aus? Wenn man ein traditionelles Familienbild pflegt, dann ist man menschenfeindlich?“

Vielleicht haben Sie in der Hinsicht als Nicht-Betroffener keine Antenne, sind auf dem rechten Auge blind. Oder beschönigen das absichtlich.
Wenn das in eine Plakat-Aktion einer Partei artet, in der ohnehin schon marginalisierte Gruppen als Gefahr für Kinder dargestellt werden und dies an ähnlichen Motiven wie vor 90 Jahren erinnert, gewalttätige Übergriffe „zufälig“ (?!?!) überhand nehmen, gehört das dann auch zum „demokratischen Spektrum“, das man akzeptieren muss?
Wenn auch noch ein Teil der Presse mit einsteigt und das in eine Hexenjagd ausartet, ist kein Indiz und kein Grund zur Beunruhigung?
Sind das etwa keine Hinweise?

„Wenn man ein traditionelles Familienbild pflegt, dann ist man menschenfeindlich?“

Kann man ein traditionelles Familienbild etwa nicht pflegen, ohne andere Familienkonstellationen abzuwerten oder sie gar als Gefahr zu Kinder zu erklären?
Was ist daran menschenfreundlich?

unverzagte
6 Monate zuvor
Antwortet  marc

Allein schon Frauen in „richtig und falsche“ Menschen einzuordnen – oder wäre „selektieren“ für Sie moderater? – erinnert an sogenannte „entartete Frauen“, typische Ausdrucksweise von Menschenfeinden.

TaMu
6 Monate zuvor
Antwortet  unverzagte

Ich habe die Stelle gesucht, aber nicht gefunden, an der Marc Frauen in „richtige und falsche Menschen“ eingeordnet hat.

unverzagte
6 Monate zuvor
Antwortet  TaMu

Lesen Sie dazu bitte seinen Absatz 7.

PaPo
6 Monate zuvor
Antwortet  unverzagte

7ter Absatz:
„Auch hier frage ich wieder wie man die Identität von Trans*Menschen verächtlich machen soll. Wenn man sagt, dass Transfrauen biologisch gesehen eben keine richtigen Frauen sind? Ist man jetzt also dann rechtsextrem und übt „Menschenfeindlichkeit“ aus? […]“

Dezidierte Differenzierung in Cisfrauen und Transfrauen, anstatt (indifferente) Subsumierung von Cisfrauen und Transfrauen als „Frauen“ insg. (= dezidierte Nichtdifferenzierung von Cisfrauen und Transfrauen), wie bspw. in der (ideologischen) Formel „Transfrauen sind Frauen“ (Lisa Paus et al.) artikuliert

„Frauen in ‚richtig und falsche‘ Menschen einzuordnen“ (und folglich ungleich Menschenfeindlichkeit)

Das Phänomen gender hat prinzipiell zwei Dimensionen:

(II) Die intraindividuelle (subjektive) Geschlechtsidentität (gender identity), d.h. wie sich das Individuum (das diesbzgl. alleiige Deutungshoheit hat) sich selbst subjektiv (emotional) selbst wahrnimmt (resp. definiert), also als männlich, weiblich, non-binär / genderqueer oder trans.

II) Die extraindividuelle (sozietale) Geschlechtswahrnehmung resp. -zuschreibung (gender attribution / perception), also wie andere Individuen u./o. die (Mehrheit der) Gesellschaft (die hier diesbzgl. die Deutungshoheit inne haben) das gender einer Person bestimmen: (a) Die meisten Menschen in (kontemporären) Gesellschaften differenzieren auch in puncto gender lediglich zwischen männlich und weiblich, kongruent zum sex (= biologischen Geschlecht) des Ggü. und basierend auf universell (vulgo: objektiv) wahrnehmbaren bioloogischen Aspekten. (b) Einige Personen oder gar Gesellschaften konzedieren ein breiteres Spektrum möglicher genders, bspw. ausgehend vom Phänomen intersexueller Menschen u./o. einer Würdigung intraindividueller (subjektiver) Geschlechtsidentitäten, allerdings sind Bsp. im aktuellen Diskursen für eine vermeintl. Vielzahl an (auch historischen= Gesellschaften, die ein generell sozietal etabliertes drittes gender haben sollen, wenig strpazierbar (handelt es sich bei diesen Bsp. regelmäßig lediglich um Terminologie und sozialen – oftmals abwertenden – Status für Personen, die eine nonkonfromistische u./o. dem ex ggü. konträre sex/gender role u./o. sex/gender expression leben).

Der Konflikt ist hier jetzt ein Konflikt zwischen Deutungshoheiten, der Verfänglichkeit von Definitionen und Wahrnehmungen.
ODER: Menschen können sich nicht aussuchen, woran sie (nicht) glauben (resp. ob eine Argumentation o.ä. Überzeugungspotenziale für sie zeitigt oder nicht). Sie können sich nciht dafür oder gegen ihre Perzeption und damit korrespondierende Rezeption entscheiden. Und Menschen identifizieren i.d.R. das sex eines (mind. adulten) Menschen, die entsprechenden Unterschiede zwischen Mann und Frau relativ problemlos. Und dem Gros der Menschen ist dieser biologische Unterschied auch Bestimmungspunkt für gender – extraindividuelle (sozietale) Geschlechtswahrnehmung resp. -zuschreibung (gender attribution / perception) sticht die (ohnehin i.d.R. opake und willkürliche) intraindividuelle (subjektive) Geschlechtsidentität (gender identity) i.d.R. aus…

… dann sind Transfrauen (auch) „biologisch gesehen eben keine richtigen Frauen“ sondern sind dies ausschl. Cisfrauen, sind Transfrauen eben dies, Transfrauen. Und warum auch nicht? Und warum sollten individuelle Deutungshoheiten höher wiegen als überindividuelle Deutungshoheiten? Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, unser in den Grundrechten formulierte, vorauszusetzende Mindestkonsens im gesellschaftlichen Miteinander. Diese Toleranz bedeutet bspw., dass man zur Kenntnis nimmt, dass es Menschen mit entsprechender Geschlechtsdysphorie gibt, mit einem hohen Leidensdruck, eine Person des anderen Geschlechts (i.S.v. sex) zu sein (s. https://www.news4teachers.de/2022/10/debatte-ums-gendern-jetzt-gehts-auch-den-personalpronomen-an-den-kragen/#comment-479604), aber es bedeutet nicht, die Selbstdefinition entsprechender Personen oder gar das Mantra einer Fr. Paus (und Co.) zu affimieren; gleiches gilt für alle möglichen anderen (ggf. konsensualen) Lebensentwürfe, Entfaltungen von Persönlichkeit etc. Menschenfeindlichkeit ist nicht bereits dort gegeben, wo man nicht bereits affirmiert, sondern lediglich toleriert. Und das ist alles andere als eine rechte oder gar rechtsextreme Perspektive. Was wäre dies auch für eine abstruse Idee, unverfängliches Gedankengut erst dann zu konzedieren, wenn man sich unkritisch-affirmativ mit subjektiven Deutungshoheiten, ideologischen Phrasen und Co. gemein macht u./o. die Welt nur noch mit einer entsprechenden Brille (entgegen aller nicht beinflussbarer Wahrnehmungstednenzen) wahrnehmen kann?

tl:dr
Man kann @marcs Kommentar sicherlich kritisieren, dann aber bitte ohne Strohmänner.

Rudolf Winkler
6 Monate zuvor

Leider muss ich immer wieder feststellen, dass ältere Kollegen große Defiziete in Sachen Demokratie-Bildung haben. Es sollte dafür Schulungen geben. ber wie haben bestimmt 5-6 Kollegen, die sich offen für die AfD aussprechen!

Bücherleser
6 Monate zuvor
Antwortet  Rudolf Winkler

@Rudolf Winkler
Woran erkennen Sie diese Defizite bei den älteren Kollegen , die sich nicht offen für die AfD aussprechen, oder sind es nur diese 5-6? Es klingt so, als ob Sie ALLE älteren Kollegen meinen (ab welchem Alter zählt man dazu?).

Bald in Pension
6 Monate zuvor
Antwortet  Rudolf Winkler

Na da zeigen Sie mir mal bitte die empirischen Befunde! Und klären Sie mich über Ihre Definition von Demokratiebildung auf und über das, was Ihrer Meinung dazugehört.
Und was heißt „bestimmt 5-6 Kollegen“? Ungefähr 5 oder 6? Oder heißt das, Sie denken, dass diese sympathisieren? Und dass es die älteren zu sein scheinen (älter als was/wer?), ist dann ein Befund, der übertragbar ist auf jedes Kollegium?
Also bitte- „ich glaube“, „ich stelle fest“, ist eine persönliche Wahrnehmung, die nicht absolut zu setzen ist. Übrigens machen die Blauen das auch gerne so. Ein akademisch gebildeter Lehrer sollte da sorgfältiger sein. Übrigens 2, nur weil ein Lehrer große Defizite in der Rechtschreibung hat, stelle ich nicht fest, dass die Gruppe männlicher „Kollegen“ große Defizite diesbezüglich hat.

447
6 Monate zuvor
Antwortet  Rudolf Winkler

Genau, wenn das der Erich wüsste, der würde da schon was unternehmen… pot calling the kettle black.

Rüdiger Vehrenkamp
6 Monate zuvor

Meine Tochter hat in der 10. Klasse (Realschule BW) genau eine Stunde Gemeinschaftskunde in der Woche. Ist der Lehrer krank oder finden Ausflüge statt, ist der zeitliche Abstand noch größer. Das Fach Geschichte ist ebenfalls nur mit 45 Minuten pro Woche vertreten.

Wie sollen da politische/demokratische Inhalte vermittelt werden? Im Abschlussjahr ist gefühlt eh kein Platz mehr für Diskussionen, weil alles auf die Prüfungen ausgerichtet ist.

DerechteNorden
6 Monate zuvor

Bin ich froh, dass wir an der GemS in SH insgesamt vier Stunden pro Woche für den Bereich haben. Heißt zwar Weltkunde und dann später Weltkunde und WiPo (an meiner Schule ab Klasse 9 in diese Bereiche aufgeteilt – Und „Danke“, Frau Prien, für diesen organisatorischen Dünnsinn.), ist aber insgesamt wirklich hilfreich.

DerDip
6 Monate zuvor

Von den Schulen meiner Kinder bekomme ich zurzeit mit, dass sich alle möglichen Fächer mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Es gibt immer wieder Arbeitskreise, Wettbewerb oder sonst was dazu.

geschichtlichen Themen, allgemeinen politischen Themen oder wirtschaftliche Themen werden nur am Rande besprochen.

Das scheint also kein Zufall zu sein. Es ist auch eine Frage der Prioritäten.

Bücherleser
6 Monate zuvor

„Ich habe den Eindruck, wir können uns nur noch Konformität erlauben. Jeder der Argumente abwägt, wird als Abweichler, Polarisierer, Verräter gesehen.“
(Juli Zeh in „Stern Stunde“ mit Robert habeck und gregor Peter schmitz dem Chefredakteur des „stern“ in stern tv vom 4. 9. 2023)

SoBitter
6 Monate zuvor
Antwortet  Bücherleser

Genauer: Konformität mit dem, was im Mainstream aktuell vorgelebt wird. Dabei sind komplette Richtungswechsel widerspruchslos hinzunehmen.