COTTBUS. Der Verdacht wiegt schwer: Ein Lehrer aus der Lausitz soll zwei Schüler mit Migrationshintergrund attackiert und einen sogar krankenhausreif geschlagen haben. Derzeit prüft die Polizei ein mögliches rassistisches Motiv – während vor dem Cottbuser Schulamt demonstriert wird.
Knapp hundert Menschen haben sich am Dienstag nach Informationen des rbb vor dem Schulamt in Cottbus versammelt, um gegen Gewalt und Rassismus an Schulen zu protestieren. Unter den Demonstrierenden waren viele Familien, Eltern, Schüler*innen und Lehrkräfte. Auslöser waren Berichte über einen Lehrer aus Cottbus, der Schüler mehrfach verprügelt haben soll. Ein Schüler habe nach einem solchen Angriff drei Tage im Krankenhaus gelegen, berichtet der rbb. Dabei beruft sich der Sender auf medizinische Unterlagen.
Das Brandenburger Bildungsministerium bestätigte vergangenen Woche den Vorfall. Ein mögliches rassistisches Motiv werde derzeit noch geprüft, so eine Polizeisprecherin.
Nicht rassistisch, aber unangemessen?
Für Ärger sorgte bei den Demonstrierenden die Tatsache, dass der Lehrer die Schule nach den Vorkommnissen zwar verlassen hatte, zweitweise aber an einer anderen Schule in der Lausitz unterrichtete. Der Leiter des Schulamtes, Uwe Mader, räumte am Rande der Kundgebung Fehler ein. „Im Nachgang hätte ich die polizeilichen Ermittlungen abwarten müssen, um möglicherweise eine andere Entscheidung zu treffen. Das bedauere ich“, sagte er. Die Suspendierung des Lehrers wurde nach einer Entscheidung des Personalrats aufgehoben, wie Mader erläuterte. Nach Prüfung der vorliegenden Beweismittel seien aber bislang keine rassistisch motivierten Handlungsweisen der Lehrkraft festgestellt worden, fügte er hinzu. Die Lehrkraft habe „unangemessen“ reagiert. Er werde sich bei den Eltern für die Vorfälle entschuldigen.
Die Teilnehmenden der Kundgebung zeigten sich empört. „Statt von Lehrkräften Schutz zu erfahren, wenn sie diskriminiert und angegriffen werden, sind es die Lehrkräfte selbst, die mobben und zuschlagen, und dieses Verhalten wird auch noch von der Schule vertuscht und verharmlost“, sagte eine Sprecherin des Bündnisses „#Unteilbar-Südbrandenburg“, das die Demonstration mitorganisiert hatte. Sie warf den Verantwortlichen vor, die Vorfälle unter den Teppich zu kehren, und forderte eine Aufarbeitung. Das Bildungsministerium solle strukturelle und personelle Konsequenzen ziehen.
Nach Ansicht der Grünen sei ein solcher Vorfall nicht hinnehmbar. Die Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Petra Budke, forderte am Dienstag, dass der Lehrer vorerst nicht weiter unterrichten solle. „Wenn solche Vorwürfe im Raum stehen, müssen sie geklärt werden. Und solange wie sie nicht geklärt sind, darf eine Lehrkraft keinen Kontakt mehr mit Schülerinnen und Schülern haben.“ Der Lehrer müsse sofort vom Dienst suspendiert oder aber zumindest an eine andere Stelle versetzt werden, wo kein Kontakt möglich sei. „Das erwarten wir vom Schulamt, und das erwarten wir auch vom Minister.“
Kritik kam außerdem von der Linksfraktion. Sie wirft dem Bildungsministerium Abwiegeln beim Umgang mit den Vorwürfen vor. „Natürlich gilt die Unschuldsvermutung auch bei diesem Fall. Nichtsdestotrotz kann die erste Reaktion nicht sein: Ja, wir sind da dran und wir schauen mal“, sagte der Linke-Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter am Dienstag.
Zum Hintergrund der Tat
Der Vorfall selbst liegt schon einige Zeit zurück. Auch das kritisiert die Linksfraktion. „Da müssen Verwaltung und Behörden schneller agieren, um deutlich zu machen: Niemand, der angegriffen wird, wird allein gelassen“, sagte Walter. Die Eltern der Jugendlichen hatten laut Angaben der Polizei bereits im September 2023 Anzeige erstattet, der Vorfall war aber erst vergangenen Woche öffentlich geworden.
Laut den Recherchen des rbb soll der Lehrer einen syrischen Schüler mit der Hand in den Nacken geschlagen und im Anschluss mit dem Knie einen Tisch gegen den Brustkorb des Jungen gedrückt haben. Diagnostiziert wurden ein schmerzhaftes Halswirbelsäulen-Schleudertraume, schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen und eine Prellung des Brustkorbs. Gegenüber dem rbb erzählte der Vater des Jungen, dass er an jenem Tag im Herbst 2023 von der Schule verständigt worden sei, von den tatsächlichen Hintergründen berichteten ihm allerdings die Mitschüler seines Sohnes.
Damit sei die Geschichte aber laut rbb-Bericht nicht zu Ende gewesen. „Die Schulleitung rief mich zwei Stunden später an. Sie wollten sich mit mir treffen, damit ich keine Anzeige gegen den Lehrer stelle und um das Ganze gütlich zu regeln“, so erinnert sich der Vater. Da sei er gerade in der Notaufnahme gewesen – und habe sich entschieden, noch im Krankenhaus Anzeige zu erstatten. Zudem bestätigte die Polizei, dass es zwei weitere Anzeigen gegen den betroffenen Lehrer gibt. Die Ermittlungen dauern an. News4teachers mit Material der dpa
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