Zu wenig, zu spät? Demonstranten fordern Konsequenzen für gewalttätigen Lehrer

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COTTBUS. Der Verdacht wiegt schwer: Ein Lehrer aus der Lausitz soll zwei Schüler mit Migrationshintergrund attackiert und einen sogar krankenhausreif geschlagen haben. Derzeit prüft die Polizei ein mögliches rassistisches Motiv – während vor dem Cottbuser Schulamt demonstriert wird.

Der Angriff eines Lehrers auf zwei Schüler soll mutmaßlich einen rassistischen Hintergrund haben. Foto: shutterstock

Knapp hundert Menschen haben sich am Dienstag nach Informationen des rbb vor dem Schulamt in Cottbus versammelt, um gegen Gewalt und Rassismus an Schulen zu protestieren. Unter den Demonstrierenden waren viele Familien, Eltern, Schüler*innen und Lehrkräfte. Auslöser waren Berichte über einen Lehrer aus Cottbus, der Schüler mehrfach verprügelt haben soll. Ein Schüler habe nach einem solchen Angriff drei Tage im Krankenhaus gelegen, berichtet der rbb. Dabei beruft sich der Sender auf medizinische Unterlagen.

Das Brandenburger Bildungsministerium bestätigte vergangenen Woche den Vorfall. Ein mögliches rassistisches Motiv werde derzeit noch geprüft, so eine Polizeisprecherin.

Nicht rassistisch, aber unangemessen?

Für Ärger sorgte bei den Demonstrierenden die Tatsache, dass der Lehrer die Schule nach den Vorkommnissen zwar verlassen hatte, zweitweise aber an einer anderen Schule in der Lausitz unterrichtete. Der Leiter des Schulamtes, Uwe Mader, räumte am Rande der Kundgebung Fehler ein. „Im Nachgang hätte ich die polizeilichen Ermittlungen abwarten müssen, um möglicherweise eine andere Entscheidung zu treffen. Das bedauere ich“, sagte er. Die Suspendierung des Lehrers wurde nach einer Entscheidung des Personalrats aufgehoben, wie Mader erläuterte. Nach Prüfung der vorliegenden Beweismittel seien aber bislang keine rassistisch motivierten Handlungsweisen der Lehrkraft festgestellt worden, fügte er hinzu. Die Lehrkraft habe „unangemessen“ reagiert. Er werde sich bei den Eltern für die Vorfälle entschuldigen.

Die Teilnehmenden der Kundgebung zeigten sich empört. „Statt von Lehrkräften Schutz zu erfahren, wenn sie diskriminiert und angegriffen werden, sind es die Lehrkräfte selbst, die mobben und zuschlagen, und dieses Verhalten wird auch noch von der Schule vertuscht und verharmlost“, sagte eine Sprecherin des Bündnisses „#Unteilbar-Südbrandenburg“, das die Demonstration mitorganisiert hatte. Sie warf den Verantwortlichen vor, die Vorfälle unter den Teppich zu kehren, und forderte eine Aufarbeitung. Das Bildungsministerium solle strukturelle und personelle Konsequenzen ziehen.

Nach Ansicht der Grünen sei ein solcher Vorfall nicht hinnehmbar. Die Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Petra Budke, forderte am Dienstag, dass der Lehrer vorerst nicht weiter unterrichten solle. „Wenn solche Vorwürfe im Raum stehen, müssen sie geklärt werden. Und solange wie sie nicht geklärt sind, darf eine Lehrkraft keinen Kontakt mehr mit Schülerinnen und Schülern haben.“ Der Lehrer müsse sofort vom Dienst suspendiert oder aber zumindest an eine andere Stelle versetzt werden, wo kein Kontakt möglich sei. „Das erwarten wir vom Schulamt, und das erwarten wir auch vom Minister.“

Kritik kam außerdem von der Linksfraktion. Sie wirft dem Bildungsministerium Abwiegeln beim Umgang mit den Vorwürfen vor. „Natürlich gilt die Unschuldsvermutung auch bei diesem Fall. Nichtsdestotrotz kann die erste Reaktion nicht sein: Ja, wir sind da dran und wir schauen mal“, sagte der Linke-Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter am Dienstag.

Zum Hintergrund der Tat

Der Vorfall selbst liegt schon einige Zeit zurück. Auch das kritisiert die Linksfraktion. „Da müssen Verwaltung und Behörden schneller agieren, um deutlich zu machen: Niemand, der angegriffen wird, wird allein gelassen“, sagte Walter. Die Eltern der Jugendlichen hatten laut Angaben der Polizei bereits im September 2023 Anzeige erstattet, der Vorfall war aber erst vergangenen Woche öffentlich geworden.

Laut den Recherchen des rbb soll der Lehrer einen syrischen Schüler mit der Hand in den Nacken geschlagen und im Anschluss mit dem Knie einen Tisch gegen den Brustkorb des Jungen gedrückt haben. Diagnostiziert wurden ein schmerzhaftes Halswirbelsäulen-Schleudertraume, schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen und eine Prellung des Brustkorbs. Gegenüber dem rbb erzählte der Vater des Jungen, dass er an jenem Tag im Herbst 2023 von der Schule verständigt worden sei, von den tatsächlichen Hintergründen berichteten ihm allerdings die Mitschüler seines Sohnes.

Damit sei die Geschichte aber laut rbb-Bericht nicht zu Ende gewesen. „Die Schulleitung rief mich zwei Stunden später an. Sie wollten sich mit mir treffen, damit ich keine Anzeige gegen den Lehrer stelle und um das Ganze gütlich zu regeln“, so erinnert sich der Vater. Da sei er gerade in der Notaufnahme gewesen – und habe sich entschieden, noch im Krankenhaus Anzeige zu erstatten. Zudem bestätigte die Polizei, dass es zwei weitere Anzeigen gegen den betroffenen Lehrer gibt. Die Ermittlungen dauern an. News4teachers mit Material der dpa

Hotspot Cottbus will Rechtsextremismus zurückdrängen – auch in Schulen

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Rainer Zufall
1 Monat zuvor

1. Inwiefern ist es für das Schulamt hinnehmbar, wenn der Lehrer einen Schüler – warum auch immer – ins Krankenhaus schickt??

2. Rechtsprechung ist kein Popularitätswettbewerb. Ich begrüße die Demonstrationen, um Aufmerksam auf das KOMPLETTE VERSAGEN der Verantwortlichen hinzuweisen. Mehr oder härtere Strafen können und dürfen nicht von den lauten oder vielen ausgehen

Realo
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Der Anruf des Rektors ist inakzeptabel und der Lehrer sollte bis zur Klärung des Sachverhalts auch nicht unterrichten dürfen.
Aber anscheinend gibt es noch Klärungsbedarf. „Und solange wie sie nicht geklärt sind, darf eine Lehrkraft keinen Kontakt mehr mit Schülerinnen und Schülern haben.“ Der Lehrer müsse sofort vom Dienst suspendiert […] werden […].“
Wieso muss ein Lehrer bei ungeklärtem Sachverhalt sofort suspendiert werden? Ich würde zusätzlich rechtliche Schritte gegen diejenigen prüfen, die die Aufklärung verhindert oder nicht schnellstmöglich in die Wege geleitet haben.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Realo

Suspendierung kann meiner Meinung nach generell zur Diskussion stehen, aber wenn die Lehrkraft den Schüler ins Krankenhaus schickt, sollte der Schulfrieden Vorrang haben.

447
1 Monat zuvor

Solche Sätze und vor allem konkrete Handlungen würde man sich auch im umgekehrten Fall wünschen – undenkbar, natürlich.

Bei so schweren Tatvorwürfen und ärztlicher Protokolluerung wird sicher schnell aufgeklärt werden, ob er es war.

Sepp
1 Monat zuvor
Antwortet  447

Wenn man die Aussage ernst nimmt, dass an Schulen kein Platz für Gewalt ist, dann müsste man also auch alle gewalttätige Schülerinnen und Schüler aus dem Schulsystem entfernen.

Das wäre im Hinblick auf zunehmende Gewalt an Schulen doch ein guter, konsequenter Schritt.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Sepp

Die dürfen erst nach der Schulzeit aus dem System fallen und noch größere Probleme bereiten.
Aber dann darf sich die Gesellschaft kopfschüttelnd verständnislos zeigen 😀

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Das „darf“ die Gesellschaft gerne.
Besonders dann, wenn mit recht viel Täterverstehertum Gewalt immer relativiert und vor allem bloß niemals ernstlich bestraft wird…da kommt der Kopf vor lauter Schüttelung in die Pädagogenrotation:

Wenn es doch nie ernstlich bestraft wird, wieso machen Täter dann weiter?
Versteht er denn nicht, dass sein erfolgreiches Verhalten böse und schlecht ist?

Haben Gewaltopfer vielleicht zu wenig Respekt gezeigt?

Gab es genug Schokopudding?

Ist es Kindheitstrauma, Haftempfindlichkeit oder mangelnde Steuerungsfähigkeit?

Wenn auf den typischen Gewalt-Brudi 7 Sozialarbeiterinnen, 5 Pädagogen, 3 Ärzte und 1 Schulleiter ganz, GANZ dolle einreden – bereut er das dann 15 mal mehr?

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  447

Das ist nicht mein Punkt. Wissen Sie, wie teuer ein Tag im Gefängnis für Steuerzahler*innen ist?
Es wäre wichtig, solchen KINDERN vorher beizukommen, aus deren und unserem Interesse.

Hat aber nichts mit der direkten Anwendung des Rechts zu tun. Wir sollten uns aber nicht einbilden, wir säßen nicht im selben Boot

447
28 Tage zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Stimme zu, dass vorherige Intervention allemal besser wäre.

Persönlich denke ich, dass weder alte reine Strafansätze noch nur neue Ansätze zum Erfolg führen.

Es muss beides geben, hintereinander.
Würde die Wirksamkeit massiv erhöhen.

Biene
1 Monat zuvor

Egal wie unerzogen, uneinsichtig sich jemand aus der Schülerschaft ist. Eine Lehrkraft hat andere Möglichkeiten als einen Schützling ins Krankenhaus zu prügeln!
Eine Feder ist manchmal schärfer als das Schwert.

Sagerino
1 Monat zuvor

Brandenburg wieder nicht nachvollziehbar….warum wird dieser Lehrer geschützt?

Lisa
1 Monat zuvor

Das geht gar nicht. Schüler anzufassen ist ein absolutes Tabu.
Da ist kein Vertuschen, sondern eine Entschuldigung angesagt, und dazu noch mindestens eine Abmahnung wenn nicht Suspendierung.
Vorausgesetzt, das alles ist wahr. Das muss ich dazu schreiben.

Carabas
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Es zeigt nur , das sie gar keine Ahnung haben.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Carabas

Unter welchen Bedingungen schicken Sie Schüler*innen ins Krankenhaus?

Walter Hasenbrot
1 Monat zuvor
Antwortet  Carabas

Wie meinen Sie das?

Halten Sie Lehrergewalt für akzeptabel?

Hans Malz
1 Monat zuvor

„Laut den Recherchen des rbb soll der Lehrer einen syrischen Schüler mit der Hand in den Nacken geschlagen und im Anschluss mit dem Knie einen Tisch gegen den Brustkorb des Jungen gedrückt haben. Diagnostiziert wurden ein schmerzhaftes Halswirbelsäulen-Schleudertraume, schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen und eine Prellung des Brustkorbs.“

Wenn der das wirklich gemacht hat (und das keine Notwehrsituation war), dann frage ich mich wirklich, warum der noch im Dienst ist. Da hilft auch keine Entschuldigung mehr.

unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Hans Malz

Apropos Notwehr : Mir stellt sich vielmehr die Frage, warum einem juristisch nachweislich überprüftem Faschisten der Beamtenstatus weiterhin zugebilligt wird ?

Entschuldigungen wirken auch hier hilflos, seh ich ähnlich.

unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Redaktion

Danke für die Info, diese Sachlage für derartige Fälle blieb zu befürchten übrig.