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Lehrkräfte sollen einheitliche Mailadressen bekommen – nach neun Jahren Entwicklungszeit

STUTTGART. Seit neun Jahren arbeitet das Land Baden-Württemberg an einer digitalen Bildungsplattform, die auch einen digitalen Arbeitsplatz für Lehrer umfasst. Der Start wurde immer wieder verschoben, trotz Kosten in Millionenhöhe. In den kommenden Wochen sollen Schulen ein Angebot zur Teilnahme bekommen. Aber auch noch nicht alle.

Man fragt sich schon, ob ein Kultusministerium in Sachen IT gut genug aufgestellt ist, um eine Schulplattform federführend zu entwickeln. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Erste Lehrerinnen und Lehrer in Baden-Württemberg sollen in den kommenden Wochen Zugriff auf einen digitalen Arbeitsplatz bekommen, der unter anderem einheitliche dienstliche Mailadressen umfasst. Einen entsprechenden Bericht des Südwestrundfunks (SWR) bestätigte ein Sprecher des Kultusministeriums am Freitag in Stuttgart.

Jede Schule werde in den kommenden Wochen ein Angebot zur Teilnahme erhalten, sagte der Sprecher. Das Ausrollen solle phasenweise stattfinden. Das sei technisch notwendig, außerdem gebe es besonders dringende und weniger dringende Fälle.

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Dem Bericht zufolge werden Lehrerinnen und Lehrer künftig unter einheitlichen Mailadressen zu erreichen sein, die nach dem Schema vorname.nachname@bw.schule aufgebaut sein sollen. Die Adressen sind Teil eines digitalen Arbeitsplatzes für Lehrkräfte, der unter anderem auch ein Softwarepaket für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und zur Erstellung von Präsentationen sowie einen Online-Datenspeicher, ein Adressbuch und einen Kalender umfassen soll.

Der digitale Arbeitsplatz gehört zur digitalen Bildungsplattform «Schule@BW». Auf der Plattform werden Lernmanagementsysteme wie Moodle oder Itslearning, der Messengerdienst Threema und der digitale Arbeitsplatz für Lehrkräfte zusammengeführt. Die Nutzung ist für die Schulen freiwillig. Bereits im Einsatz sind nach früheren Angaben des Kultusministeriums die Anwendungen Moodle und Itslearning, die auch ein Programm für Videokonferenzen und ein Softwarepaket ähnlich wie Office umfassen.

Die Schaffung einer digitalen Bildungsplattform zieht sich seit vielen Jahren hin. Im Jahr 2015 hatte noch die grün-rote Landesregierung beschlossen, eine digitale Plattform namens «ella» bereitzustellen. Kurz vor dem Start im Februar 2018 war die Einführung wegen gravierender technischer Mängel erst verschoben und später komplett gestoppt worden. Laut einem Gutachten des Landesrechnungshofs wurden für die eingestellte Plattform 8,7 Millionen Euro versenkt. Für das Nachfolgeprojekt stünden bis Ende 2024 insgesamt Mittel in Höhe von 24 Million Euro zur Verfügung, wie die «Stuttgarter Zeitung» 2020 berichtete. Das Versprechen seinerzeit: Bis Herbst 2021 sollten der Regelbetrieb an allen Schulen darüber laufen.

Chaos auch bei Schulhomepages und Mailadressen von Lehrkräften: Viele Schulen nutzten bis 2021 dafür das Hochschulnetz des Landes («Belwü») – mitten in der Pandemie gab das Kultusministerium bekannt, dass sich die Schulen daraus zurückziehen müssen. Alternative? Fehlanzeige Zur Begründung hieß es lapidar, es gebe «veränderte rechtliche Rahmenbedingungen».

Es sei völlig unverständlich, dass zum zweiten Mal innerhalb von nur drei Jahren eine bestehende Struktur abgerissen werde, ohne dass rechtzeitig ein funktionierender Ersatz bereitstehe, so schimpfte der Philologenverband seinerzeit. «Ohne einen ausgearbeiteten Plan mit klaren Schritten, wie der Übergang für die Betroffenen möglichst reibungsfrei ablaufen soll, ist ein Abriss bestehender Strukturen, die unter Volllast laufen, schlicht unverantwortlich.»

Wie viel Geld – und Nerven der dem Hin und Her ausgesetzten Lehrkräfte – hätten gespart werden können, wenn das Land frühzeitig auf eine etablierte IT-Plattform mit sämtlichen Funktionen gesetzt hätte (statt selbst eine zu entwickeln), ist unklar. Über marktreife Lösungen, die es in Deutschland durchaus gibt, wurde nie ernsthaft nachgedacht. News4teachers / mit Material der dpa

Steckt hinter der Abi-Panne ein grundsätzliches Problem – nämlich die Unfähigkeit der Kultusministerien, die Digitalisierung zu managen?

 

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