DÜSSELDORF. Das Grundgesetz wird 75 Jahre alt. Ein guter Anlass, mal zu schauen, wie es um die Zukunft der darin enthaltenen Werte bestellt ist. Die Schule soll neben Lesen, Rechnen und Schreiben auch die Regeln der Demokratie vermitteln und zu freier Rede, Toleranz und kritischem Umgang mit Medien befähigen. Das klappt aus Sicht der Schülerinnen und Schüler allerdings nur – bedingt.
Das Erlernen einer respektvollen Debattenkultur kommt aus Sicht vieler Jugendlicher und Heranwachsender in den Schulen zu kurz. Einer am Donnerstag veröffentlichten repräsentativen Jugendstudie der Vodafone-Stiftung zufolge stimmten 19 Prozent der befragten jungen Leute zwischen 14 und 20 Jahren voll und ganz der Aussage zu: «In der Schule gibt es die Möglichkeit, Diskussionen zu führen und zu lernen, wie man seine Meinung vertritt.» Immerhin 48 Prozent stimmten «eher zu», 28 Prozent «eher nicht» und 5 Prozent überhaupt nicht.
«Mir macht es Sorge, dass nur die Hälfte der Jugendlichen die Schule als einen Raum wahrnimmt, in dem Diskussionen geführt und vermittelt werden»
Nur zwölf Prozent bejahten voll und ganz, dass sie in der Schule lernten, sich in Andere hineinzuversetzen und deren Meinung zu verstehen, 52 Prozent stimmten dem eher zu, 30 Prozent eher nicht und sechs Prozent überhaupt nicht. «In der Schule lernen wir, Informationen kritisch zu hinterfragen», diese Aussage bejahten 17 Prozent voll und ganz, 47 Prozent gaben «eher ja» an, 28 Prozent «eher nein» und 8 Prozent überhaupt nicht.
«Mir macht es Sorge, dass nur die Hälfte der Jugendlichen die Schule als einen Raum wahrnimmt, in dem Diskussionen geführt und vermittelt werden», fasste der Geschäftsführer der Vodafone Stiftung Deutschland, Matthias Graf von Kielmansegg, die Gesamtschau zusammen. «Die Ergebnisse sind auch ein Signal an die Politik: Werdet aktiv und informiert uns gezielter zu euren Themen.»
Dabei gibt es offensichtlich auch in der Schule Nachholbedarf. Zwar halten es fast alle Jugendlichen (insgamt 99 Prozent) für «wesentlich» oder «eher wesentlich», zwischen vertrauenswürdigen und nicht vertrauenswürdigen Quellen unterscheiden zu können. Gleichzeitig geben nur 16 Prozent der Jugendlichen geben an, in der Schule zu lernen, wie sie vertrauenswürdige von nicht vertrauenswürdigen Quellen unterscheiden können, 41 Prozent stimmen hier «eher» zu.
Bezüglich der Informationsbeschaffung zu politischen Themen schenken junge Menschen deshalb ihrem persönlichen Umfeld am meisten Vertrauen: 84 Prozent der Jugendlichen halten ihre Familie in dieser Hinsicht für besonders glaubwürdig. Der Freundeskreis steht mit 56 Prozent an zweiter Stelle, während – immerhin – Lehrkräfte für 37 Prozent der Jugendlichen vertrauenswürdige Informationsquellen zu politischen Themen darstellen.
Bedenklich: Wissenschaftler:innen werden nur von einem Viertel der Befragten als vertrauenswürdig angesehen. Die Schlusslichter bilden Politiker*innen und „religiöse Ansprechpartner“ – ihnen schenken die Jugendlichen nur sehr wenig Vertrauen, wenn es um politische Themen geht.
Politische Beteiligung steht bei der jüngeren Generation in Deutschland wohl auch deshalb nicht hoch im Kurs: Nur fünf Prozent haben sich bereits politisch engagiert und lediglich 32 Prozent könnten sich vorstellen, in diesem Bereich aktiv zu werden. Eine deutliche Mehrheit, 63 Prozent, schließt politisches Engagement für sich aus.
Gefragt nach der Bedeutung der verschiedenen Aspekte persönlicher Freiheit, finden zwei Drittel der 14- bis 20-Jährigen die freie Meinungsäußerung besonders wichtig. Darüber hinaus legt mehr als die Hälfte der Befragten großen Wert darauf, sich frei bewegen, reisen und den Wohnort wählen zu können (57 Prozent). Fast ebenso viele (56 Prozent) finden es entscheidend, sich frei entfalten und selbstbestimmt leben zu können. Etwa ein Drittel verbindet persönliche Freiheit damit, nicht diskriminiert zu werden, während ein Viertel großen Wert auf die Privatsphäre legt.
Auf Gerichte und den Rechtsstaat vertrauen zu können (12 Prozent), Religionsfreiheit (10 Prozent) und Versammlungsfreiheit (7 Prozent) werden hingegen von jungen Menschen als weniger relevant für die persönliche Freiheit bewertet – immerhin Kernbestandteile des Grundgesetzes. News4teachers / mit Material der dpa
Hier geht es zur vollständigen Studie.