BERLIN. Erneut gerät das Gymnasium Tiergarten im Kontext des Gaza-Kriegs in die Schlagzeilen. Nachdem die Schulleitung die diesjährige Abiturfeier wegen erwarteter pro-palästinensischer Proteste abgesagt hatte, kam es nun offenbar in der Nacht zu Sonntag zu einem Brandanschlag. In derselben Nacht haben nach Informationen des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) Unbekannte Parolen wie „Gaza will be free“ und „Brennt Gaza brennt Berlin“ an das Schulgebäude gesprüht. Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen.
Unbekannte haben offenbar am Wochenende einen Brandanschlag auf das Gymnasium Tiergarten in Berlin verübt. Der Polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamts ermittelt wegen schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung. Wie die Polizei mitteilt, setzten Unbekannte in der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen 3 Uhr Gegenstände vor einem „offenbar angekippten Fenster“ der Schule in Brand. Laut rbb soll es sich dabei um einen Wagen voller Wischmobs gehandelt haben. „Daraufhin entwickelte sich in der Folge in dem Raum, in welchem unter anderem technische Geräte stehen, ebenfalls ein Feuer“, so die Polizei. Die Feuerwehr konnte den Brand löschen, verletzt wurde nach Polizeiangaben niemand, auch größere Schäden am Gebäude habe es keine gegeben. Die Technik sei allerdings „erheblich beschädigt“ worden – und das hat Konsequenzen für den Unterricht.
Dem rbb-Bericht zufolge beschädigte der Brand wichtige Technik, „die für einen möglichen Feuer- und Amokalarm benötigt wird“. Ohne diese könne am Montag und Dienstag kein Unterricht stattfinden. Unklar sei am Sonntag noch gewesen, wie die Schule die Zeugnisübergabe am Mittwoch organisieren will. Am Abend teilte das Gymnasium auf seiner Homepage mit, die Schule sei geschlossen und weder telefonisch noch per E-Mail erreichbar. Von der Senatsbildungsverwaltung hieß es, man stehe in engem Kontakt und Austausch mit allen beteiligten Stellen, um zu schauen, wie der Unterricht vor und nach dem Sommer stattfinden könne. Die Zeugnisübergabe an diesem Mittwoch vor den Sommerferien erfolge voraussichtlich auf dem Schulhof.
Politisches Motiv?
Der Brandanschlag steht aktuell in Verdacht in Verbindung zum Gaza-Krieg zu stehen. Die Polizei teilte mit, dass an mehreren Hauswänden im Hof der Schule „mehrere frische Schriftzüge mit Bezug zum Nahost-Konflikt festgestellt“ wurden. Nach Informationen des rbb handele es sich dabei um Parolen wie „Gaza will be free“ und „Brennt Gaza brennt Berlin“.
Erst vor wenigen Wochen war das Gymnasium in den Schlagzeilen – auch damals im Kontext des Gaza-Kriegs. Die Schulleitung hatte die diesjährige Abiturfeier abgesagt, weil sie mit einer Protestaktion von Schüler:innen des Abiturjahrgangs rechnete (News4teachers berichtete). Einem offenen Brief der Lehrerschaft des Gymnasiums zufolge hatte ein beträchtlicher Teil des diesjährigen Abiturjahrgangs bei der diesjährigen Abiturverleihung gegen die Situation der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen protestieren wollen. „Es wurde dabei explizit dazu aufgerufen, auch dann fortzufahren, wenn die Lehrkräfte zum Aufhören auffordern würden“, heißt es in dem Schreiben. Vor allem die nicht zu gewährleistende Sicherheit aller Teilnehmenden habe daher keine andere Möglichkeit zugelassen, als die Veranstaltung absagen. „Zu groß wäre die Gefahr, dass diese Schulveranstaltung durch die geplante oder zumindest in Kauf genommene Konfrontation außer Kontrolle gerät und dadurch nicht mehr das sein kann, was sie eigentlich sein soll: Die feierliche Auflösung eines friedlichen schulischen Miteinanders.“
„Insgesamt zeigt sich, dass einseitige Positionen und deren vehemente Verteidigung das Miteinander gefährden.“
Die Lehrerschaft des Gymnasiums stellte sich mit ihrem offenen Brief hinter die Entscheidung ihrer Schulleitung. Gleichzeitig spiegelte sie allerdings auch nach außen, welchen Herausforderungen sie sich teils gegenübersieht: „Auch unsere Schulgemeinschaft wird durch weltpolitische Ereignisse beeinflusst. Insbesondere die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten haben bei vielen am Schulleben Beteiligten für Verunsicherung, für Ängste und Verzweiflung gesorgt. Offenbar haben einige Schüler:innen dabei das Gefühl, mit ihren Sorgen und Ängsten nicht genügend gehört zu werden. Andererseits stoßen wir Lehrkräfte durch die Konfrontation mit festgefahrenen Ansichten und einseitigen Darstellungen manchmal an unsere Grenzen. Insgesamt zeigt sich, dass einseitige Positionen und deren vehemente Verteidigung das Miteinander gefährden.“
Trotzdem sehe das Kollegium ihren Auftrag „auch in Zukunft darin, mit den Schüler:innen im Gespräch zu sein und zu bleiben, gegenseitiges Vertrauen weiter (oder auch wieder) aufzubauen, gleichzeitig Konfrontationen abzubauen, dabei unterschiedliche Sichtweisen im Rahmen des Grundgesetzes zuzulassen und gemeinsam auszuhandeln, wie der Ort aussehen soll, an dem wir zusammen lernen und leben“. Diese Bereitschaft wünschen sie sich „von allen am Schulleben Beteiligten“. News4teachers / mit Material der dpa