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Lehrkräfte klagen mit Erfolg: Gericht stoppt ihre Abordnungen an andere Schulen – ungerecht

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MÜNSTER. Wer für längere Zeit über weitere Strecken zu einem Interimsarbeitsplatz pendeln muss, um dort Lücken zu stopfen, ist selten begeistert. Zwei Lehrkräfte wehren sich dagegen – mit Erfolg.

So nicht! Das Verwaltungsgericht hat zwei Abordnungen gestoppt. Illustration: Shutterstock

Die umstrittenen Abordnungen von Lehrkräften an unterversorgte Schulen in Nordrhein-Westfalen sind jetzt vom Verwaltungsgericht Münster in zwei Fällen gestoppt worden. Damit hatten Eilanträge einer Grundschullehrerin und eines Gymnasiallehrers Erfolg.

Grundsätzlich könne zwar eine Abordnung gerechtfertigt sein, um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen, stellte das Gericht fest. In den konkreten Fällen habe es jedoch «Ermessensfehler» bei der Auswahl der dafür infrage kommenden Lehrkräfte gegeben.

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Das Schulministerium betonte hingegen: «Die Möglichkeit, Lehrkräfte für eine begrenzte Zeit abzuordnen, bleibt bis auf Weiteres unverzichtbar, um faire Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen zu sichern.» Die Beschlüsse sind noch nicht rechtskräftig.

Gerechte Auswahlkriterien statt Los-Trommel

Aus Sicht des Gerichts wäre die Bezirksregierung Münster verpflichtet gewesen, etwa im Fall der abgeordneten Grundschullehrerin «eine auf gleichmäßigen Maßstäben beruhende Ermessensentscheidung» unter allen Grundschullehrern zu treffen, die im Münsterland tätig seien, soweit ihre bisherige Schule auch bei einer Abordnung funktionieren könne, erklärte das Verwaltungsgericht. Dem sei die beklagte Behörde nicht gerecht geworden.

«Die Aufforderung an die jeweilige Schulleitung, die abzuordnenden Personen zu benennen, hätte – um die Auswahlentscheidung auf der Grundlage gleichmäßiger Maßstäbe vornehmen zu können – so nicht ergehen dürfen.» Das zum Teil erfolgte Losverfahren sei «schon im Ansatz kein sachgerechtes Auswahlkriterium», bemängelte das Gericht. Vergleichbares gelte für die erfolgreiche Klage des Gymnasiallehrers.

Lücken stopfen im Ruhrgebiet und Münsterland

Im vergangenen Juni und Juli hatte die Bezirksregierung Münster viele an Grundschulen in Münster und Umgebung tätige Lehrkräften für zwei Jahre an Grundschulen im Emscher-Lippe-Raum abgeordnet. Ebenfalls für zwei Jahre wurden Gymnasiallehrer an unterversorgte Grundschulen in Münster und Umgebung abgeordnet.

Zur Begründung habe die Bezirksregierung unter anderem angeführt, die Notwendigkeit ergebe sich aus dem besonderen Mangel an Grundschullehrkräften insbesondere in den Schulamtsbezirken der Städte Gelsenkirchen, Bottrop und Recklinghausen. Die schulform- und schulamtsübergreifende Abordnung sei eine wesentliche Maßnahme, um
Versorgungslücken zu schließen. Dabei seien auch Nachteile für die private Lebensführung der betreffenden Lehrkräfte abgewogen worden.

Lehrer wehren sich

Gegen die Abordnungsverfügungen haben den Angaben zufolge etwa ein Dutzend Lehrkräfte aus Münster und Umgebung beim Verwaltungsgericht Münster Klage erhoben und entsprechende Eilanträge gestellt. Über alle werde in Kürze entschieden, teilte das Gericht mit. Gegen die Beschlüsse in den ersten beiden Fällen kann noch binnen zwei Wochen Beschwerde eingelegt werden.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte Ende 2022 ein umfangreiches Handlungskonzept gegen Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall vorgestellt. Es sieht unter anderem erweiterte Möglichkeiten vor, um Lehrkräfte zeitlich befristet an unterversorgte Schulen zu entsenden. Lehrerverbände haben das von Beginn an als demotivierende Zwangsmaßnahme abgelehnt.

Anfang April wurden nach Angaben der Landesregierung landesweit knapp 9.300 Lehrkräfte von ihrer Stammschule abgeordnet. «Alle Beteiligten sind sich der Tatsache bewusst, dass Abordnungen für die einzelnen Lehrkräfte sowie für deren Kollegien mit Herausforderungen verbunden sind», räumte das Schulministerium. Deshalb handele es sich stets um eine Einzelfallentscheidung. Wenn es dort zu Fehlern komme, sei dies von der Bezirksregierung aufzuarbeiten.

FDP: Lehrer nicht wie Schachfiguren verschieben

«Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Denkzettel an die schwarz-grüne Landesregierung für ihre chaotische Schulpolitik», kommentierte die FDP-Abgeordnete Franziska Müller-Rech die juristische Klatsche. Schulministerin Feller habe «mit ihrem unkoordinierten Abordnungsverfahren» versagt hat. «Es ist schlichtweg inakzeptabel, dass Lehrerinnen und Lehrer wie Schachfiguren verschoben werden, ohne dass dabei transparente und faire Kriterien angewendet werden.» Das schaffe Unsicherheit und Unmut unter den Lehrkräften und trage keineswegs zur Lösung der Personalprobleme bei.

Ähnlich äußerte sich die SPD. «Offenbar haben Panik und Hektik zur reinen Willkür bei den Abordnungen geführt», meinte die schulpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Dilek Engin. News4teachers / mit Material der dpa

Abordnungen treffen fast 10.000 Lehrkräfte – Schulministerin Feller kündigt weitere an

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