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Schüler lernen selbst, mit von Lehrkräften vorbereiteten digitalen Materialien: Modellprojekt gegen Unterrichtsausfall

DRESDEN. In einem neuen Projekt probieren Schülerinnen und Schüler eine neue digital gestützte Lernform aus: Sie lernen selbst, mit von Lehrkräften vorbereiteten Materialien. Das zusätzliche Angebot im Freistaat Sachsen soll vor allem Unterrichtsausfall minimieren.

“Die Lehrkraft hält die jeweilige Unterrichtsstunde nicht selbst, sondern bereitet entsprechende Arbeitsaufträge mit passenden Materialien vor. Welche digitalen Module, Software oder Begleitmaterialien dabei genutzt werden, entscheidet die Lehrkraft.” Illustration: Shutterstock

Das Kultusministerium Sachsen startet in 29 ausgewählten Schulen ein Modellprojekt zum digitalen Selbstlernen. «DISEL» steht für «Lehrergesteuertes Digitalgestütztes Selbstlernen» und soll nach Angaben des Ministeriums Unterrichtsausfall reduzieren, neue Lehr- und Lernmethoden entwickeln und die schulische Digitalisierung beschleunigen. Schülerinnen und Schüler sollen dabei selbstständig in der Schule oder von zu Hause aus Aufgaben bearbeiten.

Unter DISEL werden laut Kultusministerium digitale Lernsequenzen verstanden, in denen Schülerinnen und Schüler selbstständig in der Schule oder zu Hause Lernaufgaben bearbeiten. «Das heißt: Die Lehrkraft hält die jeweilige Unterrichtsstunde nicht selbst, sondern bereitet entsprechende Arbeitsaufträge mit passenden Materialien vor. Welche digitalen Module, Software oder Begleitmaterialien dabei genutzt werden, entscheidet die Lehrkraft. Darüber hinaus kontrollieren und bewerten die Lehrerinnen und Lehrer die Lernergebnisse und sind für die individuelle Leistungsermittlung zuständig», so erklärt das Ministerium.

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«Dabei handelt es sich um ein zusätzliches, freiwilliges Angebot, um Unterrichtsausfall zu minimieren»

«Das wöchentliche Unterrichtsdeputat der beteiligten Lehrkräfte vermindere sich dadurch nicht. Der zeitliche Mehraufwand wird jedoch anteilig vergütet. Damit besteht für diese Schulen eine weitere Möglichkeit, Unterrichtsausfall zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Vor Ort in der Schule können etwa Assistenzkräfte oder Freiwillige im »FSJ Pädagogik« die Lernenden beaufsichtigen.» Nach Abschluss und bei Erfolg des Projektes im Herbst 2025 soll das Konzept auf alle sächsischen Schulen erweitert werden. «Dabei handelt es sich um ein zusätzliches, freiwilliges Angebot, um Unterrichtsausfall zu minimieren», betont das Ministerium.

Das Projekt DISEL ist nicht das erste digitale Projekt, mit dem der Freistaat den Unterrichtsausfall bekämpfen will. So wurde Hybridunterricht an drei Gymnasien in Ostsachsen erprobt. Vor einem Jahr bereits zog das sächsische Kultusministerium eine erste positive Bilanz des Pilotprojekts. Das Modell sei gerade im ländlichen Gebiet geeignet, bei geringen Schülerzahlen ein attraktives Angebot an Leistungskursen in der Abiturstufe aufrechtzuerhalten, hieß es auf Anfrage aus dem Ministerium. Das betreffe vor allem die naturwissenschaftlichen Richtungen, in denen dringend Nachwuchs benötigt werde.

Seit Beginn des vorvergangenen Schuljahres (2022/2023) wurde in Physik Präsenzunterricht vom Görlitzer Curie-Gymnasium per Videoschaltung nach Niesky übertragen. Den Biologie-Unterricht am Gymnasium in Niesky verfolgen Schüler in Weißwasser am Bildschirm. Laut Ministerium waren die Jugendlichen von diesem Angebot begeistert, da sie ihre Wunschfächer belegen konnten. Am Friedrich-Schleiermacher-Gymnasium in Niesky wäre ohne das Projekt mit vier Schülern kein Leistungskurs für Physik zustande gekommen. Am Landau-Gymnasium in Weißwasser hätte es mit nur zwei Schülern nicht für einen Kurs in Biologie gereicht.

Wöchentlich wurden drei Stunden online unterrichtet. Zwei weitere Stunden pro Woche, die für Experimente und praktische Versuche vorgesehen sind, hielt die Lehrkraft immer live vor Ort. Trotz höheren Aufwands, etwa auch zur technischen Vorbereitung der Videoübertragung, schätzten die beteiligten Pädagogen das Projekt als «sehr erfolgreich» ein.

«Die Stundentafeln und Lehrpläne aller weiterführenden Schularten weisen zukünftig Bereiche mit besonderem Potenzial für digital gestütztes Selbstlernen aus»

«Die bisherigen positiven Erfahrungen motivieren vielleicht auch andere Schulen, diesen Weg zu gehen», hoffte Kultusminister Christian Piwarz (CDU). Nach Angaben seines Hauses soll Hybridunterricht nicht zentral angeordnet werden. Solche Projekte seien nur dann erfolgreich, wenn das Engagement von den Schulen selbst ausgehe.

Beide Formate – Selbstlernen und Hybridunterricht – finden sich allerdings auch in einer umfassenden Gesamtstrategie zur Weiterentwicklung der schulischen Bildung in Sachsen bis 2030 hervor, die Piwarz im Mai vorstellte. «Die Stundentafeln und Lehrpläne aller weiterführenden Schularten weisen zukünftig Bereiche mit besonderem Potenzial für digital gestütztes Selbstlernen aus», so heißt es darin. Und: «Für flächendeckende Unterrichtsangebote werden die Rahmenbedingungen für schulübergreifenden hybriden Unterricht geschaffen, in denen Schülerinnen und Schüler an unterschiedlichen Schulen gemeinsam digital gestützt sowie in Präsenz mit einer Lehrkraft lernen.» News4teachers / mit Material der dpa

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