GÜTERSLOH. Studierende brauchen für die Anforderungen der Arbeitswelt neue Kompetenzen. Inwieweit diese sogenannten Future Skills in der Lehre bereits gefördert werden, beleuchtet das CHE anhand einer Befragung von rund 6.400 Professorinnen und Professoren für 19 Fächer an deutschen Hochschulen. Dabei wird deutlich: Während einzelne Zukunftskompetenzen bereits in allen untersuchten Fächern etabliert sind, zeigen sich für den Großteil der untersuchten Kompetenzen noch deutliche Fächerunterschiede. Dabei beurteilt die Mehrzahl der Hochschullehrkräfte Future Skills als wichtig für die spätere Berufstätigkeit.
Megatrends wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, aber auch globale gesellschaftliche Herausforderungen, haben weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Zur Bewältigung dieser Aufgaben werden sogenannte Future Skills immer wichtiger. Diese umfassen etwa Kompetenzen zur Selbstorganisation, Innovation – oder auch Resilienz.
„Für die Arbeitswelt von heute und morgen reicht alleinige Fachkompetenz nicht mehr aus“, bilanziert Studienautorin Nina Horstmann. „Absolventinnen und Absolventen müssen später im Berufsleben heute noch unbekannte, komplexe Probleme in heterogenen Teams lösen und neue technologische Entwicklungen in ihren Berufsalltag integrieren können. Diese Kompetenzen sollten im Studium erlernt oder weiterentwickelt werden“, so die Expertin für Future Skills beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung.
Für einen Großteil der untersuchten Future Skills ist die Förderung derzeit noch stark fachabhängig
Zu den wichtigsten Future Skills für die spätere Berufstätigkeit gehören nach Ansicht der deutschen Hochschulprofessorinnen und -professoren aktuell: Problemlösekompetenz, kritisches Denken und Kollaboration. Die drei genannten Kompetenzen tauchten in allen untersuchten Fächern jeweils in den Top-5 pro Fach auf. Insgesamt zeigt sich aber auch für den Großteil der weiteren untersuchten Future Skills, dass die überwiegende Mehrzahl der Hochschullehrkräfte diese als wichtig einschätzt. Im Vergleich zu den nicht-digitalen Kompetenzen werden die meisten Digitalkompetenzen allerdings bislang von einem geringeren Anteil an Professorinnen und Professoren als wichtig bewertet.
Neben der Relevanz beurteilten die Dozentinnen und Dozenten auch den Umsetzungsstand bei der bisherigen Vermittlung der Kompetenzen in ihrem Fach. Dabei zeigt sich, dass für einen Großteil der untersuchten Future Skills die Förderung derzeit noch stark fachabhängig ist. So ist nach Einschätzung der teilnehmenden Professorinnen und Professoren das Ausmaß der Förderung für Kollaboration, Kreativität, Entscheidungskompetenz, Kommunikation, Interkulturelle Kommunikation, Dialog- und Konfliktkompetenz, Innovationskompetenz, Veränderungskompetenz, Ambiguitätskompetenz/Umgang mit Unsicherheit, Resilienz und Missionsorientierung sowie für die Digitalkompetenzen noch sehr fachabhängig.
Beispielsweise wird Kollaboration aus Professorensicht besonders häufig im Fach Pflegewissenschaft (89 Prozent) „stark“ bis „sehr stark“ gefördert. Der geringste Anteil an Professorinnen und Professoren, die Kollaboration nach eigenem Bekunden besonders fördern, zeigt sich hingegen im Fach Rechtswissenschaft (18 Prozent). Für letzteres Fach findet sich wiederum der zweithöchste Anteil (89 Prozent; nach Wirtschaftsrecht mit 92 Prozent) an Professorinnen und Professoren, die Entscheidungskompetenz in besonderem Maße fördern.
Digitalkompetenzen werden im Vergleich zu einigen nicht-digitalen Future Skills insgesamt noch deutlich seltener gefördert
„Interessanterweise ist der Anteil der Professor*innen, welche die Wichtigkeit einer Kompetenz hoch einschätzen, bei fast allen Future Skills und Fächern höher als der Anteil der Befragten, die angeben, diese Kompetenz bereits besonders zu fördern“, so heißt es in der Studie.
Und weiter: „So wird etwa im Fach Pflegewissenschaft die interkulturelle Kommunikation von 95 Prozent der Befragten als wichtig eingeschätzt, während lediglich 56 Prozent der Professor*innen dieses Future Skills bereits in besonderem Maße fördern. Im Fach Medizin beurteilen 84 Prozent der Befragten Resilienz als wichtig, jedoch nehmen nur 43 Prozent der Professor*innen diese Kompetenz besonders in den Blick. Im Fach Politikwissenschaft halten 90 Prozent der Befragten Entscheidungskompetenz für wichtig, während nur 64 Prozent der Professor*innen angeben, Entscheidungskompetenz aktuell besonders zu fördern. Für die insgesamt noch wenig geförderte Digitale Ethik zeigt sich etwa im Fach Geographie, dass immerhin 54 Prozent der Professor*innen eine hohe Wichtigkeit angeben, während erst 20 Prozent der Befragten diese Kompetenz in besonderem Maße fördern.“
Digitalkompetenzen werden im Vergleich zu einigen nicht-digitalen Future Skills insgesamt noch deutlich seltener gefördert, doch auch hier zeigen sich bedeutsame Fächerunterschiede. So findet sich – naheliegend – für das Fach Informatik über alle fünf untersuchen Digitalkompetenzen (Digital Literacy, Digitale Kollaboration, Digitales Lernen, Digitale Ethik und Agiles Arbeiten) der höchste Anteil an Professorinnen und Professoren, die diese Kompetenzen besonders fördern. Auch in den Fächern Wirtschaftsinformatik oder Pflegewissenschaft werden Digitalkompetenzen schon von einem bedeutsamen Anteil der Dozentinnen und Dozenten gefördert. Im Fach Rechtswissenschaft ist hingegen der Anteil der Professorinnen und Professoren, die Digitalkompetenzen in besonderem Maße in ihre Lehre einbeziehen, gering.
Hier sieht Studienleiterin Nina Horstmann den größten Aufholbedarf: „Inwieweit Künstliche Intelligenz unsere Lebens- und Arbeitswelt in den kommenden Jahren verändern wird, können wir bisher nur erahnen. Umso wichtiger ist es, die Studierenden auch beim Aufbau von KI- und Digitalkompetenzen, etwa Digitaler Ethik, durch innovative Lehrformate bereits jetzt bestmöglich zu unterstützen.“ News4teachers
Die Aufbereitung der Ergebnisse in einem DatenCHECK im Portal hochschuldaten.de ermöglicht hierbei in interaktiven Grafiken sowohl eine Übersicht für einzelne Fächer sowie die Filterung nach einzelnen Future Skills im Fächervergleich.
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