PADERBORN. Der Mathematik-Professor Bernhard Krötz zieht mit Polemiken gegen Lehrkräfte und moderne Didaktik immer wieder ein großes Publikum an. Seine neueste Provokation: Er verwendet unvermittelt das N-Wort in einer Mail an Studierende. Damit löst er einen Eklat an seiner Hochschule, der Universität Paderborn, aus.
„Liebe Studenten, die Übungsgruppe am Freitagnachmittag von 14 bis 16 Uhr wird ersatzlos gestrichen. Die wenigen Teilnehmer verteilen sich bitte auf die verbleibenden Gruppen.“ Dies ist der erste Teil einer E-Mail, die die Teilnehmer des Kurses Lineare Algebra 1 an der Universität Paderborn am 29. Oktober erreichte. Bis hierhin eine völlig normale Vorgehensweise, sobald ein Kurs zu wenige Teilnehmer hat. Am Ende der betreffenden Mail spielt der Absender allerdings auf ein rassistisches Kinderlied an, nutzt das N-Wort – und sorgt damit für große Empörung. Das berichtet das „Westfalen-Blatt“.
Der Absender ist nicht irgendwer: Es handelt sich um den Mathematik-Professor Bernhard Krötz, der bereits mit einem polemischen Video zur mathematischen und naturwissenschaftlichen Bildung deutscher Abiturientinnen und Abiturienten bundesweit für Furore sorgte.
Und er legte nach: In einem weiteren Youtube-Beitrag nahm er die Grundschulen in den Fokus. Der Ton wurde zunehmend schriller. Von einer „Horrorschau“ und von „Intelligenzgranaten“ war die Rede. Und das kommt offenbar an: Der Beitrag über Krötz war mit mittlerweile über 400.000 Leserinnen und Lesern der meistgelesene Artikel auf News4teachers im Jahr 2023 (hier geht es hin). Der Youtube-Kanal, auf dem er „Sprachsensiblen Mathematikunterricht“ für „Bullshit-Science“ erklärt, gegen „Toxische Bildungsideologien und ihr Wirken an der Schule“ zu Felde zieht und seine Zuschauerinnen und Zuschauer auffordert: „Diskriminieren Sie!“, verzeichnet stattliche 12.000 Abonnenten.
„Seit Jahren probt Prof. Bernhard Krötz durch sein öffentliches Auftreten eine Diskursverschiebung“
„Aufgrund von Prof. Bernhard Krötz’ Vergangenheit mit diskriminierenden Aussagen fällt es uns schwer, von einer unbedachten Aussage auszugehen“, so heißt es nun in einer offenen Mail von Studierenden. „Vielmehr ist diese Entgleisung als gewollte Provokation zu interpretieren. Seit Jahren probt Prof. Bernhard Krötz durch sein öffentliches Auftreten eine Diskursverschiebung. Dass er nun auch offiziell in seiner Tätigkeit als Professor der Universität Paderborn rassistische Stereotype verbreitet, ist der nächste Schritt in einer Eskalation, die wir nicht hinnehmen können.“
Weiter heißt es: „Unsere Universität ist ein Ort, an dem Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Hintergründen und Überzeugungen zusammenkommen, um gemeinsam zu lernen, zu forschen und sich zu entwickeln. Diese Vielfalt ist eine große Bereicherung und ein Fundament für eine demokratische und inklusive Gesellschaft. Wir verurteilen daher in aller Deutlichkeit die Ausdrucksweise in der besagten E-Mail. Es ist unsere Verantwortung, ein Umfeld zu schaffen, das allen Studierenden und Mitarbeitenden den Raum gibt, sich frei und sicher zu fühlen.“
Ein offenes, respektvolles und demokratisches Miteinander dürfe an der Universität Paderborn keinen Platz für diskriminierende oder abwertende Formulierungen lassen. „Wir erwarten und fordern daher eine Entschuldigung, disziplinarrechtliche Schritte und eine klare Stellungnahme, die deutlich macht, dass die Universität Paderborn für die Werte der Toleranz, der Gleichberechtigung und des Respekts einsteht. Es ist unser aller Aufgabe, Diskriminierung entschieden entgegenzutreten und die Werte einer offenen Gesellschaft tagtäglich zu leben und zu verteidigen.“
Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) schließt sich dem Protestschreiben an. „Der AStA Paderborn ist enttäuscht über die diskriminierenden Äußerungen von Herrn Prof. Dr. Krötz, die in einer E-Mail an Studierende getätigt wurden. Solche Aussagen widersprechen nicht nur den Werten einer offenen, respektvollen und inklusiven Universitätsgemeinschaft, sondern verletzen auch das Prinzip der Gleichbehandlung und des respektvollen Umgangs miteinander“, so heißt es.
„Es ist entscheidend, dass alle Mitglieder der Universität Paderborn sich in einem Umfeld bewegen können, in dem sie sich sicher, respektiert und wertgeschätzt fühlen“
Und weiter: „Wir möchten betonen, dass derartige diskriminierende Äußerungen in keiner Weise toleriert werden dürfen – weder in der akademischen noch in der gesellschaftlichen Umgebung. Es ist entscheidend, dass alle Mitglieder der Universität Paderborn sich in einem Umfeld bewegen können, in dem sie sich sicher, respektiert und wertgeschätzt fühlen. Der AStA steht in Solidarität mit den betroffenen Studierenden und ist jederzeit bereit an der nachhaltigen Lösungsfindung mitzuwirken, um Prozesse zu entwickeln, welche solche Vorfälle unterbinden. Die Werte Gleichberechtigung und Respekt sollen dabei an unserer Universität stehts gewahrt bleiben.“
Und wie reagiert die Hochschule? Auf Anfrage des „Spiegel“ betont die Universität, eine weltoffene Forschungs- und Bildungseinrichtung zu sein. Auf dem Campus würden keinerlei Formen von Rassismus, Intoleranz oder andere Formen von Diskriminierung und Gewalt geduldet. In dem genannten Fall erkenne man allerdings »kein strafrechtlich relevantes Verhalten«, heißt es laut Bericht: „Die Universität behält sich vor dem Hintergrund ihres Werteverständnisses jedoch persönliche Gespräche ausdrücklich vor, wenn sie dieses in irgendeiner Form tangiert sieht.“ Zu möglichen personalrechtlichen Schritten könne man keine Auskunft geben.
Noch im vergangenen April veranstaltete die Universität einen Aktionstag gegen Rassismus. „Es soll dargestellt werden, in welcher Weise sich Studierende rassistisch diskriminiert fühlen und welche unterschiedlichen Formen des Rassismus bzw. der Mikro-Aggressionen es überhaupt gibt“, so hieß es in den Erläuterungen zum Programm. Ob Krötz an der Veranstaltung teilgenommen hat? Ist nicht bekannt. News4teachers
