“Mathematische Analphabeten”: Wie ein Mathe-Professor auf Youtube mit Abiturienten (und Lehrkräften) abrechnet

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PADERBORN. Sind deutsche Schülerinnen und Schüler – Abiturienten – im internationalen Vergleich noch konkurrenzfähig? In Mathematik und den Naturwissenschaften nicht – meint jedenfalls ein Paderborner Mathe-Professor, der sich auf Youtube die indische Zentralprüfung für die Hochschulen vornimmt und erklärt, die würde praktisch kein deutscher Schulabgänger bestehen. Er spricht von mathematischen Analphabeten“, die größtenteils von den Gymnasien kämen. Auch Lehrkräfte bekommen ihr Fett weg.

“Von Sinus und Cosinus brauchen wir gar nicht erst reden.” (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Anfangs durch die Schulbücher meines Sohnes: Auf jeder Seite mindestens ein gruseliger Fehler, unsaubere Begriffsbildung, Versprachlichung mit sperrigen Textgebilden, kein roter Faden und schließlich das Auslassen von Beweisen. Später habe ich mir in der Uni-Bibliothek die meisten neueren Schulbücher angesehen und mein Eindruck wurde bestätigt. Es war tatsächlich kein Einzelfall“

So berichtet Bernhard Krötz, Mathematikprofessor an der Uni Paderborn, in einem Interview mit dem „Overton-Magazin“ von seinem Schlüsselmoment, in dem er sich zum Fundamentalkritiker des deutschen Bildungswesens wandelte. Denn der Fehler, so Krötz steckt nicht nur in den Büchern – sondern im System: „Die Lehrbücher haben sich nach den Lehrplänen auszurichten um die Zertifizierung der Ministerien zu erhalten. Sind die Lehrpläne desaströs, dann auch die Bücher mit Unterrichtsmaterialien.“

In einem in kurzer Zeit von 200.000 Menschen gesehenen Video auf Youtube vergleicht der Mathematiker nun die Anforderungen in seinem Fach, die im indischen „Joint Entrance Exam“ (JEE) gestellt werden – und mit dem dort gesiebt wird, wer auf die Universität darf und wer nicht. Nur jeder 40. Schüler kommt über die Hürde, das räumt auch Krötz ein. „Interessant ist aber, wie die schlechtesten abschneiden – und unter 15 Prozent fällt niemand“, behauptet er – und spinnt den Faden weiter, in dem er einen Vergleich zu Deutschland zieht: Von deutschen Abiturienten „reden jetzt hier nicht von Prozentzahlen oder Promillezahlen, die diesen Test bestehen könnten, sondern wir reden hier von ppm – Parts per Million“, sagt er.

Aufgabe für Aufgabe geht Krötz im Video durch das JEE. „Wenn Sie glauben, Sie dürfen einen Taschenrechner verwenden, dann sind sie aber schief gewickelt“, erklärt er zwischendurch. „Außer Papier und Stift sind keine Hilfsmittel hier zugelassen.“ Fazit: „Ich habe den Test einem meiner Kollegen an der Universität gezeigt und ich zitiere ihn: Dann könnten wir hier dicht machen.“ Die Realität sei: „Studienanfänger an einer regionalen Universität in Nordrhein-Westfalen können nicht gut Bruchrechnen, vielleicht gar nicht Bruchrechnen, sie sind in Termumformungen ganz schlecht, von Sinus und Cosinus brauchen wir gar nicht erst reden. Viele von denen sind mathematische Analphabeten. Sie sind selbst mit Brückenkursen nicht studierfähig für ein mathematikaffines Fach. Und wir sollen mit diesen Leuten arbeiten.“

„Im besten Falle würden fünf Prozent unserer derzeitigen Realschullehrer diese Prüfung verstehen“

Auch Lehrkräfte bekommen ihr Fett weg – Krötz holt am Ende des Videos noch Aufgaben einer Matheprüfung, der sich 1971 Realschüler in Baden-Württemberg unterziehen mussten, hervor. Er ist sich sicher: An ihr würden heute sogar die allermeisten Sekundarstufe-I-Lehrerinnen und Lehrer scheitern. „Im besten Falle würden fünf Prozent unserer derzeitigen Realschullehrer diese Prüfung verstehen“, meint er.

Diesen Aufgaben stellt er Anforderungen gegenüber, die im neuen Kernlehrplan Mathematik für die Sekundarstufe II in Nordrhein-Westfalen enthalten sein sollen. „Im Rahmen des allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule unterstützt der Unterricht im Fach Mathematik die Entwicklung einer mündigen und sozial verantwortlichen Persönlichkeit und leistet weitere Beiträge zu fachübergreifenden Querschnittsaufgaben in Schule und Unterricht, dazu zählen unter anderem Menschenrechtsbildung, Werteerziehung, politische Bildung und Demokratieerziehung…“, so heißt es darin – Kriterien, die zum Beispiel bei der Aufgabenstellung und in den Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern eine Rolle spielen. Für Krötz ist das schlicht „Ideologie“, die im Mathematikunterricht nichts verloren hat. „Aus meiner Sicht hat das wenig mit Mathematik oder Naturwissenschaften zu tun und genauso sieht man das auch im asiatischen Raum“, so sagt der Professor.

Folgerichtig empfiehlt er im Interview alte DDR-Schulbücher: „In diesen Lehrbüchern ist ein wissenschaftlicher Ansatz vorhanden und sie sind propädeutisch ausgerichtet. Unsere heutigen Lehrbücher sind in die inhaltsleere Kompetenzorientierung einbalsamiert.“

“Und so wie aus einem strauchelnden Gymnasiasten ein sehr guter Realschüler werden kann, kann sich aus einem überforderten Gymnasiallehrer ein passabler Instrukteur für die Mittelschulen entpuppen”

Krötz schlägt eine radikale Bildungsreform vor, eine „gesundende Verschlankung“ wie er das nennt. „Mit der Abschaffung des Nachmittagsunterrichts vor der Oberstufe und der Wiedereinführung eines viergliedrigen Schulsystems mit einer Abiturienten-Quote von maximal 20 Prozent spart man viel Geld und behebt den Lehrermangel automatisch. Und so wie aus einem strauchelnden Gymnasiasten ein sehr guter Realschüler werden kann, so kann sich aus einem überforderten Gymnasiallehrer ein passabler Instrukteur für die Mittelschulen entpuppen. Und da die Vergütung mit A13 für die beiden Lehrerarten gleich ist, frage ich mich, weshalb niemand aus der Politik auf diese Lösung gekommen ist.“ News4teachers

Die KMK will das Fach Mathematik retten – mit Qualifizierung von Mathe-Lehrkräften. Nur: Davon gibt es viel zu wenige

 

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PaPo
1 Jahr zuvor

Mit der Abschaffung des Nachmittagsunterrichts vor der Oberstufe und der Wiedereinführung eines viergliedrigen Schulsystems mit einer Abiturienten-Quote von maximal 20 Prozent spart man viel Geld und behebt den Lehrermangel automatisch.

Auch wenn ich persönlich glaube, dass wir tatsächlich max. 1/5 an Schülern haben, die für das Gymnasium (wie es eigtl. sein soll bzw. einmal war) geeignet sind, halte ich jede Form der Quotierung hier für unangemessen. Was ist, wenn wir im Rahmen der kognitiven Mobilisierung dann doch mehr Schüler hätten, die für das Gymnasium eindeutig geeignet wären? Diese Potenzialle müssen wir fördern.

Ungeachtet dessen bin ich komplett d’accord, was die Stärkung / Wiedereinführung des viergliedrigen Schulsystems betrifft, ebenso die Abschaffung des Nachmittagunterrichts.

Aber dies wird nicht reichen, den Lehrermangel zu beseitigen. Wir brauchen nämlich deutlich reduzierte Klassenteiler und eine deutliche Reduzierung der Anzahl der zu unterrichtenden Lerngruppen. Das wäre dann bei Erhalt(!) der Lehrermenge am Gymnasium für die Gymnasien vielleicht wieder ein Gewinn… aber es bringt (a) den anderen Schulformen nichts (im Gegenteil) und auch (b) eine Abordnung vermeintl. überflüssiger Humankapazitäten am Gymnasium würde dort ja wieder jeden Vorteil zunichte machen. Auch die Gymnasien sind komplett unterbesetzt, selsbt dort, wo die personaldeckung bei 100 % und darüber liegt.

QuerRein
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Ich stimme ihnen völlig zu. Förderung im Einheitsbrei gleicht der Quadratur des Kreises. Bei durchschnittlichen Klassenstärken von 30+/- können weder Jugendliche/Kinder gefördert werden (wo der Schubbs in die richtige Richtung helfen würde) noch können stärkere gefordert werden (um Potenzial wirklich zu entfalten und nicht in Langeweile abzudriften).
Wer das mehrgliedrige Schulsystem verteufelt, hat nicht verstanden, dass es a) durchlässig ist und b) jedem die Chance bietet auf seinem Niveau zu lernen (nicht allein als Untergruppe)…
Die Nachmittage sind voll mit entweder Regelunterricht oder “Fördermaßnahmen”, die kaum adäquat sind, aber Zeit und Nerven fressen… Dabei bräuchten die jungen Menschen Zeit entweder für echte Freizeit (Ausgleich) oder für die Auseinandersetzung mit dem, was vormittags gelaufen ist.

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  QuerRein

Dumm für die Verfechter des mehrgliedrigen Schulsystems ist nur, dass offensichtlich viele Länder auch ohne Gymnasien herausragende Ergebnisse erreichen – und nicht nur mit Hilfe spezieller Eliteschulen oder anderer Selektionssysteme.
Binnen- und fachleistungsdifferenzierter Unterricht ist herausfordender, personal- und materialintensiver als derjenige in den pseudohomogenen Einheitsklassen. Erfahrungsgemäß können oder wollen viele insbesondere “reinrassige” Gymnasiallehrkräfte dies nicht. Das wäre auch okay, wenn sie nicht im Gegenschluss differenzierten Unterricht abqualifizieren würden, um die kognitive Dissonanz zu ihrem Selbstbild aufzulösen.
Dies lässt sich auch immer wieder gut hier bei n4t beobachten, sei es an den Downvotes oder an entsprechenden Beiträgen.
Und dennoch existieren diese erfolgreichen Beispiele (GIYF) nicht-mehrgliedriger Schulsysteme, die es aber in der Logik der Gymnasialen gar nicht geben dürfte. Immer wieder psychologisch interessant sind dabei übrigens auch die argumentativen Klimmzüge, um diese Diskrepanz zu erklären.

PaPo
1 Jahr zuvor

Daran ist nichts “[d]umm”, denn:

Einer der Kardinalfehler der Proponenten des Einheitsschulsystems ist ja gerade das Pseudoargument, “dass offensichtlich viele Länder auch ohne Gymnasien herausragende Ergebnisse erreichen.”

Ein Pseudoargument deswegen, weil Äpfel mit Birnen verglichen werden, d.h. Länder mit unterschiedlichen sozio-kulturellen und -politischen Realitäten, inkl. einer Vielzahl (auch infolgedessen) schulpolitischer und -prakischer Divergenzen, die salopp ignoriert werden.

Diese Unterschiede sind aber höchstwahrscheinl. konstitutiv für das Funktionieren (q.e.d. – eigtl. müssten wir im Einzelfall analysieren, was denn “herausragende Ergebnisse” sein sollen, welche Opprtunitätskosten, negativen Effekte etc. denn tatsächlichen ch u.U. doch existieren) des Systems im einen Land und gleichzeitig mglw. ursächlich, warum ein System un einem anderen Land nicht funktioniert (und nein, ich möchte da Experimente vermeiden):

Die gemeinten Unterschiede sind vielfältig, betreffen bereits lediglich auf Seiten der Schulen u.a. so diverse Phänomene wie Klassengrößen, Anzahl der zu unterrichtenden Lerngruppen pro Lehrer, Umfang der außerunterrichtlichen Verpflichtungen von Kehrern, Sanktionsmöglichkeiten, pädagogische Freiheiten, Ausstattung von Schulen, Unterrichtsräumen und Co. – die Liste ließe sich endlis fortsetzen Und auch sollte man nicht der Fehleinschätzung erliegen, dass wir eine international homigene Jugend hätten znd Schüler in jedem Land gleich ticken, bspw. in puncto durchschnittlicher kognitiver Mobilisierung, Lernwillen und -fähigkeit etc. Dort sind hichkomplexe gesamtgesellschaftliche Sozialisationsprozesse, die sich bspw. auch auf das Prestige etc. von Bildung, Schulen als Institution, Eigeninitiative und Co. auswirken, am Werke.

Kuez: Was dem einen passt, passt dem anderen nicht. Und ich teile nicht die Auffassung, dass man einfach mal was ausprobieren könnte, weil es ja andernorts auch funktioniert. Dafür ist der Preis zu hoch. Und mehr: Ich meine tatsächlich, dass wir den Wagen hierzulande mit unseren schulpolitischen Experimenten, auch durch die Erosion des mehrgliedrigen Schulsystems, ja bereits gg. die Wand gefahren haben.

Und was soll eigtl. dieses Bashing von Gymnasiallehrern?

uli-d-sz
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Das Bashing von GYM-LuL ist doch ein beliebter Spaß – man schaue sich nur die GEW an.
Was Mathematik angeht: Es vergeht doch kaum ein “talk-show”, in der nicht mindestens 2 dämliche Sprüche vom sog. Promis auftauchen:
“In der Schule war ich einRebell!” – also kackfrech bis unverschämt zu den Lehrkräften – das sollten die mal auf teuren Privatschulen versuchen – ex und hopp; es sollen schon Schüler von solchen Anstalten geflogen sein, weil die Zusammenarbeit mit den Eltern (!!!) nicht mehr möglich war…
und
“Mathe ist Scheiße!” -so wörtlich;
sowas von Leuten, die ohne Mathe und Geometrie noch nicht mal ihre Wohnzimmertür öffnen könnten.

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  uli-d-sz

Sollten Sie eine Gymnasiallehrkraft sein, bekräftigen die Form des Beitrages sowie die Argumentationsart leider, dass das GYM-LuL-Bashing viel zu oft doch zu Recht geschieht. Von einer Gymnasiallehrkraft erwarte ich die Fähigkeit zum differenzierten Denken und Argumentieren. Schließlich wird dieses auch von den Schülern erwartet.

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Ich bin selbst Gymnasiallehrer und weiß daher sehr genau, wovon ich spreche. Die typischen Gymnasiallehrkräfte können oder wollen sich nicht vorstellen, das es auch anders gehen könnte. Und Ihre Behauptung einer Pseudoargumentation passt exakt in dieses Denkmuster. Denn es gibt in Deutschland auch Gesamtschulen, die sich vor Gymnasien nicht verstecken brauchen, aber gerne als Einheitsschule abqualifiziert werden (übrigens auch von Ihnen)
Erodiert sind übrigens nicht die Gymnasien, sondern die anderen Schulformen. Die Gymnasien haben inzwischen eher eine Gesamtschülerschaft, können damit aber nur schlecht umgehen, da einerseits das Hauptinstrumentarium der Selektion nicht mehr wunschgemäß funktioniert, andererseits aber oft Gesamtschuldidaktik und -methodik nicht gewollt ist.
Und ich bashe zudem nur die Gymnasiallehrkräfte, die den Anspruch des differenzierten Denkens selbst nicht erfüllen können/wollen und das sind z.B. hier im Forum leider erschreckend viele.

Heidger Brandt
1 Jahr zuvor

Es ist immer dasselbe Muster: Um das – bereits massiv erodierte – mehrgliedrige deutsche Bildungssystem und insbesondere die Gymnasien zu diskreditieren und zu bekämpfen, wird ohne Belege pauschal und abstrakt behauptet, dass es ohne woanders viel besser läuft. In diesem Fall, dass offensichtlich viele Länder auch ohne Gymnasien herausragende Ergebnisse erreichen.”
Welche “vielen Länder” das sind, bleibt ebenso offen wie die Behauptung, dass dort “ohne Gymnasien herausragende Ergebnisse” erzielt werden. Beides dürfte frei erfunden sein.

Oft wird dabei auf Finnland angespielt – und immer Äpfel mit Birnen verglichen. Um nur einige Aspekte zu nennen, die mir von Kollegen bestätigt wurden, die in Finnland als Austauschlehrer unterrichtet haben: Die finnischen Pisa-Ergebnisse beruhen auf Faktoren wie einer extremen Leistungsorientierung bzw. einem hier unbekannten Leistungsdruck, der das ganze Bildungs- und Ausbildungssystem durchzieht. Hinzu kommen eine straffe Frontalausrichtung des Unterrichts und ein bis vor kurzem noch marginaler Anteil an Migranten sowie eine Oberstufe, ebenfalls Gymnasien genannt, die sich ihre Schüler selbst aussuchen darf, was i.d.R. auf Notenbasis geschieht. Bereits dieses Auswahlsystem bedingt eine starke Leistungsorientierung, weil schlechte Noten in der Sekundarstufe I den Weg zu einer höheren bzw. akademischen Bildung und damit zu guten Einkommen blockieren.

Hinzu kommen kleine Klassen und fast durchweg kleine Schulen als weitere wesentliche Faktoren.

Zusätzlich wird regelmäßig “vergessen”, dass das bayrische System mit seiner – bereits abgeschwächten – verbindlichen Schullaufbahnempfehlung stets in der Pisa-Spitzengruppe zu finden ist.

Und jeder, der an einem Gymnasium unterrichtet, weiß, dass das angebliche Wundermittel des “differenzierten Unterrichts” bei den hiesigen Klassengrößen und der zunehmend extremen Heterogenität nicht in dem notwendigen Umfang zu leisten ist. Auch im Grundschulbereich nicht, wo Überbelastung und Überforderung und ein extremer Kräfteverschleiß durch eine immer größere Anzahl schwer bis nicht beschulbarer Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien in Verbindung mit Einschulungen ohne Deutschkenntnisse immer mehr den Alltag bestimmen, verbunden mit einem insgesamt starken Leistungs- und Bildungsverlust.

Das Märchen vom angeblichen Wundermittel der Inklusion bzw. der “einen Schule für alle” stammt aus dem nicht-gymnasialen oder sogar nicht-schulischen, rein (links-)ideologisch dominierten Bereich. Typisch auch das unsachliche, aggressive Diskursmuster, Gymnasiallehrer würden den “differenzierten Unterricht abqualifizieren”, weil sie diesen “nicht könnten” oder “um die kognitive Dissonanz zu ihrem Selbstbild aufzulösen”.

Mika
1 Jahr zuvor

Spielen Sie auf Finnland an? Nun, wenn in Deutschland dieselben Bedingungen für Schule gelten würden wie in Finnland (kleine Klassen, sofortiges individuelles Unterstützung von SuS bei Bedarf durch EINZELunterricht – betrifft bis zu 1/3 aller! SuS in Finnland), bräuchte es die „Sortierung“ in verschiedene Fähigkeitsgruppen resp. Schulformen auch in D nicht. Da wir davon allerdings meilenweit entfernt sind, ist die Aufteilung nach Fähigkeiten meiner Ansicht nach die einzigste Möglichkeit, den SuS auf ihrem jeweiligen Fähigkeitsniveau zu begegnen. Kreisklasse und Champions League trainieren auch nicht im gleichen Kader: die Einen würde das unter-, die anderen überfordern. Wenn Sie Schulsysteme hinsichtlich des Nutzens der Gliedrigkeit vergleichen wollen, sollten alle anderen Bedingungen identisch sein. Ansonsten sagt Ihr Vergleich nämlich genau NICHTS aus.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

“Aufteilung nach Fähigkeiten meiner Ansicht nach die einzigste Möglichkeit, den SuS auf ihrem jeweiligen Fähigkeitsniveau zu begegnen. Kreisklasse und Champions League trainieren auch nicht im gleichen Kader: die Einen würde das unter-, die anderen überfordern.”

Und mal ganz ehrlich – kaum jemand hätte doch Spaß und Freude an so einem Training oder Spiel. Kaum jemand würde sich weiterentwickeln und dazulernen.

So geht es den Kids leider auch. 🙁

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Erbsenzählerei. Die Bedingungen in Deutschland sind nicht so, dass nur das mehrgliedrige Schulsystem funktioniert. Das wird nur gerne von denen behauptet, die sich Schule anders nicht vorstellen können oder wollen. Fakt ist, dass es in anderen Ländern auch ohne schulische Selektion funktioniert – und dies auch besser als im hochselektiven Bayern.
Dass es keine 1:1-Vergleichbarkeit der Voraussetzungen und Bedingungen gibt, sollte klar sein. Sie negieren aber inhärent (aus ideologischen Gründen?), dass schulische Bildung auch ohne Mehrgliedrigkeit gut funktionieren würde – und unterstellen unterschwellig, dass nur Gymnasien in Deutschland zu guten Ergebnissen führt. Daher sagt leider Ihr Beitrag NICHTS aus, sondern versucht durch die Behauptung der Unvergleichbarkeit, sich einer Diskussion zu entziehen.

Carsten60
1 Jahr zuvor

Dumm für die Befürworter einer einheitlichen Schulsystems ist aber nun mal, dass die allermeisten Länder der Erde dieses haben, aber auch die allermeisten Länder der Erde bei internationalen Tests in Mathematik schlechter abschneiden als Deutschland. Die Strukturen in Finnland und Estland nicht nicht verallgemeinerbar, und in Fernost hat man eben heimliche Eliteschulen (oft private), in denen eine Aufnahme nach erreichten Punkten bei einem Test erfolgt. In Japan gibt’s sogar Grundschulen mit einem Aufnahmetest.
Und auch in Russland gab’s nach dem Sozialismus einen PISA-Schock, in Mathematik hatte man nur 468 Punkte, im Lesen nur 442 Punkte, weit hinter Deutschland:
http://www.akbp.de/FR_Stat_Pisa.pdf
Andererseits wurde Russland aber gerühmt für sein gutes einheitliches Schulsystem:
https://www.nzz.ch/meinung/kein-ort-fuer-diskussionen-bildungsland-russland-ld.1598182

uli-d-sz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Von GB und Frkr. hat man auch schon gehört: Wer nicht im “richtigen” Kindergarten war, kommt nicht in die “richtige” Grundschule, weiiterführende Schule usw. Wie kommt man denn in Frkr. in Schulen wie die Ecole normale supérieure?
ein Bericht über schwed. Schulen zeigte z.B. eine Englisch-Klasse – 8-9 SuS, meiste Mädchen, 1 Lehrerin, 1 unterstützende Sozialarbeiterin / Dipl.Päd. Eine sagenhafte Ausstattung, viel Platz, eigene Bücherei dazu. Es kommt eiin Schüler zu spät, Cap auf dem Kopf. Maßnahme 1: Die unterstützende Lehrkraft drängt ihn in eine Raumecke, 2. Kommandoton: Mütze runter! – und dann eindringliche Belehrung über Pünktlichkeit. Das sollte mal jemand in Deutschland versuchen.

Eva
1 Jahr zuvor
Antwortet  uli-d-sz

Die Behauptung mit GB ist nicht richtig. Hier werden öffentliche Grundschulplätze nach Distanz zum Wohnhaus vergeben. Ich weiß das, da wir hier mit schulpflichtigem Kind wohnen. Schulpflicht übrigens ab 4 Jahren (Schule geht bis 15:30 Uhr). Das Eintrittsalter sollte man auch in Deutschland auf 4 Jahre legen, so lernen Kinder erstmal die Sprache und können mit 6 schon ganze Sätze und ausgedachte Geschichten aufschreiben.

Alisia
1 Jahr zuvor
Antwortet  Eva

Ihnen ist also nicht bekannt, dass viele Eltern absolut ALLES (inklusive falsche Adresse angeben, Einklagen etc.) tun um ihr Kind an der richtigen Grundschule anmelden zu können? Nein? Einfach mal googeln, da finden sich viele Medienberichte.

Verstehen kann man es ja, die Ergebnisse der SATs und OFSTED Berichte kann immerhin jeder einsehen…

Mal ganz abgesehen davon, dass viele (solvente) Eltern in Regionen wo es noch Grammar Schools gibt ganz bewusst auf private Prep-Schools und das damit verbundene traumhafte Betreuungsverhältnis setzten, wo die Kinder dann frühzeitig auf das Bestehen der 11+ gedrillt werden, so dass die Eltern sich die Schulgebühren für eine private weiterführende Schule sparen können…

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Und dennoch gibt es nicht-mehrgliedrige Schulsysteme, die besser abschneiden als das mehrgliedrige Schulsystem in Deutschland. Daran ändert auch nichts, wenn Sie darauf hinweisen, dass es auch schlechter gibt. Mit anderen Worten: Gymnasien sind gut, aber nicht die Spitze. Und eine noch stärkere Auslese (nur noch 10-20% ans Gymnasium) würde diese vielleicht weiter nach oben bringen, die Gesamtbildung in Deutschland aber eher zurückwerfen.

GriasDi
1 Jahr zuvor

Vielleicht wollen “reinrassige” Gymnasiallehrkräfte das nicht, weil die Wirkungen von “Innerer Differenzierung” (Effektstärke 0,16), “Individualisierung” (0.23) und “offenem Unterricht” (0.01) laut Hattie und anderer Studien überschaubar sind.
Übrigens: Gerade wird über die Abschaffung der Hausaufgaben diskutiert, weil diese eine Effektstärke von nur 0,29 haben.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Das heißt, dass alles, was wir machen, keinen guten Einfluss hat ….

Wenn das Pferd tot ist, steig ab …

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Zitieren Sie gerade Hattie? Anderenfalls hätte ich gern Quellen, um das Geschriebene einordnen zu können. Vielen Dank!

GriasDi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Zum Einen Hattie, zum anderen Pisa und auch folgender Link:

https://m.youtube.com/watch?v=EI1BkgtUu-U

Eine gute Lektüre ist auch:
Urban myths about learning and education.
Bzw: More urban myths …

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

An Gesamtschulen gibt es daher E/G- bzw. A/B/C-Kursdifferenzierungen, die sich zudem an den individuellen Schülerleistungen orientieren. Dort kann man entsprechend der jeweiligen Fähigkeiten und Leistungen auf- und auch absteigen, ohne Klasse und Schule wechseln zu müssen. Man kann auch gleichzeitig im Mathematik-A-Kurs und im Englisch-G-Kurs sein und entsprechend gefördert und gefordert werden. All das können sich viele “reinrassige” Gymnasiallehrkräfte nicht vorstellen, sonst würden diese nicht dauernd von einem Einheitsschulsystem reden.
Interessant ist auch, dass Sie unterstellen, dass an Gymnasien Binnendifferenzierung und Individualisierung wegen fehlender Effizienz nicht angesagt wäre.
Diese Aussage unterstützt die These, das v.a. an Gymnasien das Auslese- und Selektionsprinzip systembildend ist.

447
1 Jahr zuvor

Ihr ideologischen Framing verfängt nicht.

Im etwa ach so “hyggeligen” dänischen Schulsystem etwa, wo ja in der Phantasie deutscher Schulentscheider der “abgehängte Migrant” (den es in Dänemark kaum gibt außerhalb von Kopenhagen und Co., denn entweder ist er angehängt oder rausgeschafft) mit dem “blonden Doppelzopfmädchen” respektvoll Englischvokabeln lernt – ja, solche BILDER können Sie da auch in Schulen sehen.

Was Leute wie Sie sich sehr gerne weigern zu sehen ist die SOZIALMECHANIK dahinter – WARUM funktioniert das?

Ich gebe ihnen mal ein paar Hinweise:

1. Schon das rein verbale Beleidigen von Lehrkräften oder Mitschülen wird mit SOFORTIGEM Schulausschluss für den Tag und späterem Besuch von Polizei, Jugendamt und einer Psychologin quittiert. Am gleichen Tag noch!
Und gnade denen Gott, wenn sie sich dann querstellen, aufmucken oder die Leute nicht reinlassen.

2. Wer mehrfach auffällt, der wird rein auf Ansage (!) mal eben zwei Wochen zur “Unterstützung des sozialen Lernens” aus der Familie rausgenommen, schön weit weg in Dänemark aufs Land gepackt und darf da unter Therapiebedingungen (nix Handy!) zwei Wochen Gedankenübungen machen. 🙂

Steht da irgendwas von “Anwalt”, “Widerspruch” oder so? Nö. Denn: Ist nicht, weil Baum!

Unter solchen Bedingungen turne ich Ihnen auch gerne die maximal inklusive Klasse vor, wo vom Rose-Kind bis zum vierzigjährigen Bauarbeiter alle zusammen im gleichen Raum sitzen

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

Ich schlage vor, Sie lesen meinen Beitrag nochmals genau durch. Ich habe an meinem Stelle von Dänemark gesprochen, sondern allgemein davon, dass es nicht-mehrgliedrige Schulsysteme gibt, die auch im Vergleich zum Gymnasium sehr erfolgreich sind. Sie bauen dagegen einen typischen “Strohmann”, um diesen stellvertretend für alle anderen zu desavouieren. Zudem unterstellen Sie mir mehrfach etwas, was ich nie gesagt habe. Akzeptieren Sie diese Argumentation bei Ihren Schülern auch? Ich hoffe nicht.
Ihr Grundproblem bleibt jedoch bestehen, dass das Gymnasium zwar eine gute Schulform ist, aber nicht die beste, sondern nur eine typisch deutsche.
Btw. Auch außerhalb Skandinaviens gibt es sehr gute nicht-gegliederte Schulsysteme, z.B. in Kanada mit vielen Migranten.

Bene
1 Jahr zuvor
Antwortet  QuerRein

“Wer das mehrgliedrige Schulsystem verteufelt, hat nicht verstanden…” seine historische Bedeutung:
Es gibt die Schule für das einfache Volk (die Handwerker), die Schule für einfache Büroangestellte und die Schule für die Elite (Akademiker).

Also kurzum ein mehrgliedriges Schulsystem, welches für die fünfte Klasse versucht, Schüler anhand ihrer kognitiven Leistungen zu homogenisieren, fördert soziale Ungerechtigkeit. Die soziale Herkunft bestimmt in Deutschland in stärkerem Maß über den Schulerfolg als in vielen anderen Ländern.

Ich denke, es ist deutlich bequemer, einer homogenen Gruppe, etwas beizubringen, als einer heterogenen Gruppe. Ich wüsste nicht, dass das eine oder andere lernwirksamer ist. Heterogene Gruppen sind jedoch herausfordernder und benötigen andere Methoden.

Fakt bleibt: In der Grundschule haben wir aktuell stark heterogene Gruppen. Unser Schulsystem ist mit Heterogenität überfordert. Das Festhalten an alten Strukturen auf Biegen und Brechen funktioniert nicht.

Bildung sollte immer ein einen größeren Kontext gesehen werden. Zum Beispiel spielt Heterogenität in der Arbeitswelt eine wichtige Rolle. Wollen wir wirklich als modernen Gesellschaft unsere Kinder nach sozialer Herkunft trennen?

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bene

Wieso nach sozialer Herkunft? Bissel Framing erleichtert die Diskussion?
Mich erinnert Ihre Argumentation an eine Karrikatur: diverse Tiere (Adler, Bär, Eichhörnchen, Hund und Fisch) drücken gemeinsam die Schulbank. Der Lehrer sagt zu ihnen: „Um alle wirklich gleich zu behandeln und niemanden zu benachteiligen, bekommt Ihr alle dieselbe Aufgabe: Klettert auf den Baum dort drüben!“

Bildung_vor_Ausbildung
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Das ist das, was am Gymnasium passieren würde.
Btw.: Genau diese Pseudohomogenität im mehrgliedrigen Schulsystem wurde durch diese Karikatur übrigens im Original kritisiert.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bene

Ja, natürlich kann das Elternhaus einen (ggf. gar wesentlichen) Einfluss auf die Leistungen und generelle (schulformspezifische) Leistungsfähigkeit der Schüler haben. Dieser Einfluss ist allerdings komplett anderer Art, als es regelmäßig suggeriert wird, denn:

Spoiler

Privatschulen einmal ignoriert:

Die Rede von der vermeintl. Bildungsungerechtigkeit in Deutschland, dass schulicher Bildungserfolg vom Wohlstand ihrer Eltern abhänge, kokettiert ja regelmäßig mit den Suggestionen / Implikationen, (a) dass Lehrer den (sozio-)ökonomischen Status ihrer Schüler regelmäßig zur Grundlage ihrer Bewertungen machen würden u./o. (b), dass wohlhabendere Eltern entsprechende Noten, Abschlüsse und Co. in großer Menge gleich direkt bei den Lehrern erkaufen würden.

Bzgl. des ersteren Vorwurfs ist anzumerken, dass das Gros der Lehrer den i.d.R. nicht unmittelbar – infolge der Erosion von Gesellschaftsklassen/-schichten und ihres jeweiligen spezifischen Habitus insb. nicht an Äußerlichkeiten, Duktus u.ä. – wahrnehmbaren sozioökonomischen Status ihrer Schüler gar nicht kennen dürfte. Ich kenne ihn jedenfalls bei kaum einem meiner aktuell ca. 270 von mir zu unterrichtenden Schüler.

Bzgl. des zweiten Vorwurfs ist anzumerken, dass ja für einen Beamten bereits die Annahme marginalster Geschenke ohne entsprechende Genehmigung einen Bestechlichkeitsvorwurf mit dienstrechtlichen Konsequenzen zur Folge haben kann.

Ich glaube tatsächlich, dass einige Menschen hierzulande im Irrglauben sind, beim gegenständlichen Phänomen handele es sich um eines, dass mittels eines oder beider der Vorwürfe erklärbar sei: Elitistische u./o. korrupte Lehrer einerseits und eine Wohlstandselite andererseits, so Lehrer selbst nicht zu selbiger gezählt werden, die im Schulterschluss eine entsprechende Klassen-/Schichtengesellschaft konservieren wollen.

Ist natürlich beides Unsinn.

Ungenommen, dass dies keine exakte Wissenschaft ist und dass es natürlich auch so bedauerliche wie unrühmliche Fälle gibt, in denen andere Faktoren als der folgende Maßstab ausschlaggebend sind:

Maßgabe der Selektion und Allokation im Schulsystem sind die Leistungen der Schüler. Wir haben in Deutschland eine allg. Schulpflicht. Diese garantiert, dass Kinder und Jugendliche unabhängig vom „Geldbeutel“ ihrer Eltern das Privileg haben, vom schulichen Bildungsangebot zu profitieren. Unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem sozio-öknomischen und -kulturellen Status etc. besuchen zunächst alle Kinder die Grundschule. Am Ende der Grundschule soll im Rahmen eines (sich über die Grundschulzeit erstreckenden) Selektions- und Allokationsprozesses eine Zuordnung der Schüler auf eine weiterführende Schule nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit / Leistungen erfolgen. Die Noten dort und letztlich die Qualität des Abschlusses basieren auch hier idealerweise (und bis zu eineindeutigen Widerlegung gilt auch anzunehmen: i.d.R.) auf den Leistungen.

Schulicherseits stehen allen Schülern dabei dieselben Mittel zur Verfügung, gemeinhin sollten alle Anforderungen, Aufgaben etc. mit den seitens der Schule gestellten Materialien und Rahmenbedingungen erfüllbar sein. Wo dies nicht der Fall ist, wo bspw. Materialien seitens der Personensorgeberechtigten selbst angeschafft werden müssen, dies aber finanzielle Hürden darstellt, existiert eine Vielzahl (staatlicher; schulicher etc.) Hilfen, dies zu gewährleisten. Gleiches gilt für die soziale Teilhabe an Schulveranstaltungen u.ä.

Die soziale Herkunft (vulgo: der „Geldbeutel“) wird einzig an einer Stelle relevant: Wenn es um das Ermöglichen außerschulicher sozialer und kultureller Teilhabe der Kinder und Jugendlichen geht, wenn es sich um die Inanspruchnahme außerschulicher Nachhilfen handelt, wenn es sich um den privaten Zugang zu wissens- und fähigkeitsfördernden Materialien dreht (z.B. das Kaufen von Büchern oder deren Vorhandensein im Zuhause der Schüler) etc.

Bei all diesen Dingen gibt es zwar im Fall der Fälle auch die Möglichkeit diverser Unterstützungen / Hilfen (und man darf auch gerne diskutieren, inwiefern diese tatsächlich hinreichend sind), aber niemand stellt in Frage, dass dies ein enormes Problem für Personensorgeberechtigte darstellen kann, die dies ihren Kindern ermöglichen wollen (dieser Tage besonders).

Wir müssen aber auch nicht so tun, als würde jeder Personensorgeberechtigte all seinen Kindern entsprechende Prioritäten einräumen: Die Rede ist bspw. von Eltern, die ihr älteren kinder einen Großteil des Tages den Erzieher, Babysitter etc. der jüngeren Geschwister mimen (lassen müssen), von Eltern, die ihrem Kind nicht ein einziges Buch Zeit seines Lebens geschenkt haben, von Eltern, die ihre Kinder stundenlang im eigenen Betrieb arbeiten lassen etc. Das alles interveniert mit dem Bildungserfolg…. und wird dann salopp unter der Formel mitzusammengefasst, dass der „Geldbeutel […] der Eltern“ maßgeblich für den Bildungserfolg der Kinder sei, oben skizzierten Konspirationsglauben inklusive.

Die Zirkelthese sozialer Reproduktion, hier auch insb. der Aspekt der elterlichen Erwartungen an die eigenen Kinder, wird in dieser Debatte ohnehin kaum bemüht, stellt aber eine wichtige Erklärung für die skizzierten Phänomene dar.

Und wir haben auch noch gar nicht diesbzgl. thematisiert, inwiefern hier mglw. prekäre ökonomische Situationen, fehlende Erziehung bzw. Erziehungsmöglichkeiten und resultierende Selbstdisziplinierungs- und Motivationsfähigkeiten etc. von Schülern u.U. zusammenhängen könnten.

Und damit kommen wir zurück zur vermeintl. Bildungsungerechtigkeit:
Haben die Kinder wohlhabenderer Eltern ggf. einen Vorteil, weil Letztere ihnen bspw. mehr / bessere Nachhilfe ermöglichen können, ihnen privat mehr Zeit und Raum zum Lernen, zum Prokrastinieren etc. einräumen können, ihnen die Teilnahme an (mehr) außerschulichen sozio-kulturellen Veranstaltungen (Vereine; Musikunterricht; Auslandsaufenthalte etc.) anbieten können u.ä.?
Ja. Natürlich!

Ist es tragisch, wenn Kinder weniger wohlhabender Eltern nicht diese (Vielzahl) an Möglichkeiten haben und so möglicherweise hinter ihrem Potenzial zurückbleiben?
Ja. Natürlich!

Die Chancen für Kinder aus wohlhabenderen und weniger wohlhabenderen Elternhäusern sind damit rein theoretisch nicht identisch. Es gibt diesbzgl. keine Chancengleichheit.

Aber es strapaziert den Gerechtigkeitsbegriff m.E. arg, hier von staatlich zu verordnender/verantwortender Ungerechtigkeit (und darum geht es bei dem Vorwurf der vermeintl. ungerechtigkeit des Bildungssystems ja im Wesentlichen) zu fabulieren.

Mehr noch, wenn das Nichtermöglichen der skizzerten außerschulischen Weiterbildungs-, Lern-/Arbeits- und Partizipationsmöglichkeiten letztlich beim Nichtwollen der jeweiligen Eltern zu verorten ist (ohne solche Fälle quantifizieren zu können, aber wir müssen ja auch nicht so tun, als sei dies ein nichtexistentes Phänomen).

Der Begriff der Ungerechtigkeit des BIldungssystems ist hier vollkommen fehl am Platz. Es ist nicht im eigtl. Sinne ungerecht, wenn Vater X wohlabender ist und seinem Sohn ein Buch zum Vergnügen kauft und Vater Y deutlich weniger wohlhabend ist und dies nicht kann, geschweige denn wenn er es nicht will.

Der Staat hat mit dem allg. Zugang zu schulicher Bildung und einem leistungsbasierten Allokations- und Selektionsprinzip in Schulen seine Schuldigkeit der Herstellung von Gleichberechtigung, d.h. hier von Chancengleichheit, i.V.m. den oben skizzierten Hilfen im Fall der Fälle eigtl. seine Schuldigkeit getan. Nebenbei muss man an dieser Stelle auch wieder auf das Gymnasium als (auch bereits quantitative) Hauptschule der Nation und die heutige Menge an Abiturienten verweisen, die die „Geldbeutel“-Behauptung auch arg konterkarieren.

Wichtiger wäre wohl eine Diskussion über Gentrifizierungen, staatlich zu verantwortende Stukturschwäche ganzer Regionen und die desaströse Unterfinanzierung des Bildungssektors, die dafür sorgen, dass ganze Regionen durch Abwärtsspiralprozesse schlechtere Zugangschancen zu höherer Bildung haben (weil sie zu einer Kulminierung von Menschen in prekären Situationen führen)… aber der Unkenruf der Bildungsungerechtigkeit, den man dann den Schulen selbst in die Schuhe schieben kann, ist halt praktischer…

tl:dr
Der Vorwurf der Ungerechtigkeit braucht ein im Wesentlichen, d.h. hinsichtlich eines objektiven Bewertungsmaßstabes identisches Vergleichspaar, das durch eine dritte Partei (oder dererseits verantwortete Strukturen) willkürlich oder aufgrund sachlich irrelevanter Faktoren ungleich behandelt wird.

Ein Bsp. für Ungerechtigkeit wäre im schulichen Kontext, wenn Schüler A und B in einer Leistungsüberprüfung im Wesentlichen die gleiche Leistung erzielten aber unterschiedlich benotet werden, weil der eine Konstantin und der andere Kevin heißt. Die für die Ungerechtigkeit verantwortliche dritte Partei is hier der Lehrer.

Bei dem, was im einschlägigen öffentlichen und selbst fachwissenschaftlichen Diskurs aber regelmäßig als ‚Ungerechtigkeit‘ postuliert wird, bspw. ökonomisch unterschiedliche Ausgangssituationen von Schülern, die natürlich Effekte auf den Bildungserfolg zeitigen u./o. das divergierende Agens von Personensorgeberechtigten, ihren Kindern außerschulichen Zugang zu sozio-kulturellen Veranstaltungen, Freiraum für das Lernen, die Prokrastination u.ä. oder weitere außerschuliche Bildung einzuräumen, was ebenfalls solche Effekte zeitigt, handelt es sich aber per definitionem nicht um Ungerechtigkeit… hier fehlt es an einer dritten Partei, will man nicht eine höhere Macht, das Schicksal o.ä. Unfug in die Pflicht nehmen.

Kurz: Es ist nicht ungerecht, wenn Vater A seinem Sohn XYZ ermöglicht, Vater B dies aberggü. seinem Sohn, auch wenn Sohn A und B bspw. hinsichtlich ihrer kognitiven Kapazitäten eigtl. identisch sind, nicht tut oder nicht kann. Und der Staat ist dabei per se eigtl. auch nicht mehr in der Verantwortung.

So auch vor geraumer Zeit bereits hier: https://www.news4teachers.de/2022/05/das-schulsystem-macht-krank-warum-eine-grundschullehrerin-den-staatsdienst-quittiert-ihre-begruendung-im-wortlaut/#comment-448254.

SIe bleiben letztlich den Beleg schuldig, inwiefern “ein mehrgliedriges Schulsystem, welches […] versucht, Schüler anhand ihrer kognitiven Leistungen zu homogenisieren, […] soziale Ungerechtigkeit” fördere. Das behaupten Sie salopp mit einem Verweis auf die “historische Bedeutung” und wollen ein Agens aus dem 19. Jh. auf die Gegenwart (oder meinetwegen auch nur auf die Anfänge der BRD) extrapolieren. Nein, so geht das nicht, das entlastet Sie nicht von entsprechenden Nachweisen.

Und: “Ich denke, es ist deutlich bequemer, einer homogenen Gruppe, etwas beizubringen, als einer heterogenen Gruppe. Ich wüsste nicht, dass das eine oder andere lernwirksamer ist. Heterogene Gruppen sind jedoch herausfordernder und benötigen andere Methoden.”
Sie definieren lernweirksamkeit zu eng, (Extrem) heterogene Gruppen, bspw. auch mit sozia-emotional Auffälligen Schülern, sind nicht einfach “herausfordernder” – das sit ein Euphemismus. Und diese ‘Herausforderungen’ stehlen Ressourcen/Kapazitäten für lernwirksamen unterricht, auf allen Seiten.

“Bildung sollte immer ein einen größeren Kontext gesehen werden. Zum Beispiel spielt Heterogenität in der Arbeitswelt eine wichtige Rolle.”
Heterogenität ist nicht gleich heterogenität. Sie vergleichen hier komplett unterschiedliche Phänomene.

“Wollen wir wirklich als modernen Gesellschaft unsere Kinder nach sozialer Herkunft trennen?”
Tun wir das? Nicht in der Form, wie es immer behauptet wird… wir hatten hier bspw. im Januar ein Thema das da lautete: “Verantwortung den Eltern zurückgeben?” – da könnten wir auch mal ansetzen – auch bei der Befähigung der Eltern, dies zu leisten (das soll nämlich kein Elternbashing hier sein), statt den Staat um Geichmacherei zu bitten.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Danke!

GriasDi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bene

Zitat:
“Also kurzum ein mehrgliedriges Schulsystem, welches für die fünfte Klasse versucht, Schüler anhand ihrer kognitiven Leistungen zu homogenisieren, fördert soziale Ungerechtigkeit. Die soziale Herkunft bestimmt in Deutschland in stärkerem Maß über den Schulerfolg als in vielen anderen Ländern.”

Das ist richtig, warum ist aber Bayern nach dem letzten Bildungsmonitor in Sachen Bildungsgerechtigkeit auf Platz 1 in Deutschland und Bremen Schlusslicht?

Bella
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Neuseeland seht bei IGLU Tests in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit viel schlechter da als Deutschland, hat aber ein einheitliches Schulsystem. Wie lässt sich das also erklären?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bella

IGLU ist ein Test für die Grundschule. Das Verrückte ist ja, dass die Bildungs-ungerechtigkeit auch bei Grundschultests festgestellt wird, obwohl die GS auch in D nicht gegliedert ist.
Deswegen denke ich auch, die Einführung eines einheitlichen Systems würde nur marginal was an der beklagten Bildungs-ungerechtigkeit ändern können. Und die Reformer, die das haben wollten, würden dann vermutlich nur feixen und keinerlei Verantwortung übernehmen. Moderne westliche Gesellschaften sind einfach nicht gerecht, und die viele Zuwanderung ändert auch nichts daran, im Gegenteil, die steigert alle Ungleichheiten noch.
Nicht vergessen: In USA hat man ein einheitliches Schulsystem, aber die Schwarzen gelten als unterprivilegiert.

Mo3
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bene

“Ich denke, es ist deutlich bequemer, einer homogenen Gruppe, etwas beizubringen, als einer heterogenen Gruppe. Ich wüsste nicht, dass das eine oder andere lernwirksamer ist. Heterogene Gruppen sind jedoch herausfordernder und benötigen andere Methoden.

Fakt bleibt: In der Grundschule haben wir aktuell stark heterogene Gruppen. Unser Schulsystem ist mit Heterogenität überfordert. Das Festhalten an alten Strukturen auf Biegen und Brechen funktioniert nicht.”

Wenn wir mit gegegebenen Einsatz (begrenzte Anzahl an Lehrern) das bestmögliche Ergebnis erzielen möchten, heißt dass im Umkehrschluss wohl, dass möglichst leistungshomogene Gruppen unterrichtet werden sollten, da das ja anscheinend weniger “Aufwand” bedeutet. Die soziale Herkunft sollte hier keine Rolle spielen!

Und erst wenn die Politiker begriffen haben, dass ihre Ideen nur umsetzbar sind, wenn es genügend Personal dafür gibt, das leider nicht auf Bäumen wächst, kann man diese Ideen vorantreiben. Alles andere überfordert ja offensichtlich alle Beteiligten (Lehrer/Schüler/Eltern) mit den derzeit sichtbaren Konsequenzen.
Und wer sagt eigentlich, dass Hauptschüler in der Vergangenheit keine Karriere bis hin zur Professur machen konnten? Und auch heute ist das sicher nicht ausgeschlossen.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mo3

Man fragt sich auch, was dieser Vorwurf von vermeintl. Bequemlichkeit (oder Faulheit, so ein Uwe aktuell an anderer Stelle) überhaupt für eine Art von abstrusem Shaming darstellen soll:

‘Wiiiiiiiiir verfeuern unsere Ressourcen bis zur Selbsaufopferung, unsere Work-Life-Balance ist uns unwichtig, damit wir alle negativen Effekte entsprechend heterogener Gruppen für die Schüler selbst möglichst amortisieren können… ob uns das gelingt? Scheissegal! Ob wir das überhaupt dauerhaft realistisch schaffen können? Auch scheissegal! Nur bitte nicht überprüfen, ob das alles wirklich erfolgreich ist. Und jetzt alle anderen, leidet gefälligst mit, lebt einzig für eure Profession!’

Oder wie habe ich mir das vorzustellen? Was gibt es daran zu kritisieren, wenn man für alle(!) Seiten möglichst ressourcenschonende, effektive Unterrichtssetting und korresponierende Rahmenbedingungen schafft? Richtig, nichts. Es sei denn, man wandelt auf rein ideologischen Pfaden.

GriasDi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mo3

Zitat:
“Ich wüsste nicht, dass das eine oder andere lernwirksamer ist. ”

Im folgenden Video wird aufgeführt, dass eine Einteilung in leistungshomogene Gruppen zu besseren Ergebnissen führt.

https://m.youtube.com/watch?v=EI1BkgtUu-U

QuerRein
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bene

“Es gibt die Schule für das einfache Volk (die Handwerker), die Schule für einfache Büroangestellte und die Schule für die Elite (Akademiker).”

Genau da liegt der Fehler!

Es gilt Schulen für Kinder, die noch nicht so stark sind und länger brauchen um Grundfertigkeiten zu erarbeiten, Schulen für Kinder, die schneller und leistungsfähiger sind und Schulen für noch leistungsfähigere junge Menschen. Wer z. B. zunächst “Schwierigkeiten” hatte, kann die Schule entweder abschließen oder auch schon früher (oder eben im Anschluss) auf eine höhere Schule wechseln. Das hat nichts mit dem Handwerker-Kind zu tun, dass nicht aufs Gymnasium gehen kann…

Ich bin selbst Sohn einer alleinerziehenden Bankkauffrau und habe die “Elite-Schule” abgeschlossen, studiert und promoviert… Meine Schwester war auf der “Handwerkerschule” und hat ebenso dann RS, Ausbildung und Fachakademie absolviert… Und es gibt viele, viele Beispiele mehr…

Auch in meinem Alltag sehe ich genügend Kinder in Einführungsklassen, Schulwechsler (Weg “nach oben”) etc. und Kinder die vom Gym an RS wechseln und dort glücklicher und erfolgreicher sind (Weg “nach unten”). Die zeigen, dass das mehrgliedrige System so schlecht wohl nicht ist, und prinzipiell funktioniert, wenn man es zeitgemäßer aufstellt (kleinere Klassen z. B. und weniger marode Schulen…)

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  QuerRein

Exactly!
Sieht hier ähnlich aus, Arbeiterkind in einer ehem., seit meiner Kindheit strukturschwachen (ruraleren) Bergbaustadt. Habe als erstes Familienmitglied (inkl. Tanten/Onkel, Cousins/Cousinen etc., aber auch dem gesamten familären Freundeskreis) überhaupt eine Uni gesehen, bis zur Promotion (mittlerweile haben viele Universitäten übrigens auch extra Programme für Arbeiterkinder); da gab es keinen Akademikerhabitus, kein wohlhabendes Elternhaus, wobei sich mein Vater vom einfachen Dreher zum Supvervisor in einem internationalen Technikunternehmen hochgeabreitet hat und so seinen Kindern alle Wünsche, auch Bildungswünsche, ermöglichte; ich musste bspw. nie zwei Mal fragen, ob ich ich ein Buch haben könne (und das ist einer der zentralen Punkte, den ich oben erwähnte, als es um vermeintl. Bildungsungerechtigkeit aufgrund der sozialen Herkunft ging).

Und wir hatten damals am Gymnasium auch Mitschüler, die von allen(!) anderen Schulformen zu uns gewechselt sind und dort dann erfolgreich ihr ABitur gemacht haben.

Und auch aktuell kommen in unserer Oberstufe einige der Spitzenleistungen von unseren ehem. Realschülern.

Allerdings erodiert die Durchlässigkeit des Systems ja dennoch, das muss man beachten, alleine durch den massiven Abbau von allen anderen Schulformen außer Gymnasien und Gesamtshculen allerortens.

Last edited 1 Jahr zuvor by PaPo
vhh
1 Jahr zuvor

https://drive.google.com/file/d/1OGG4yLN05k7pX5-ExkwrAg-f9D49sc5i/view
Überblick Vorlesung Sommersemester 2023.
‘Inhaltsleere und unfruchtbare Kompetenzorientierung’ als Aussage zu einer Lehrveranstaltung, in der explizit die Studenten Unterrichtseinheiten entwerfen sollen. Wie schön, dass diese Studenten später ganz einfach die Vorgaben der Lehrpläne verwerfen dürfen. Zwar hatten sie als SuS in Mathematik nicht die Vorkenntnisse fürs Studium erworben, aber das hält Herrn Professor nicht davon ab, die später geforderten Kenntnisse einfach mal öffentlich für seine Veranstaltung abzulehnen. Wie ernst das Thema dann wohl von den Studenten genommen wird?
Woher die Erkenntnis kommt, Gymnasiallehrer seien generell überfordert bleibt wohl sein Geheimnis. Der Schülervergleich ist hübscher griffig klingender Populismus. Wenn Lehrpläne Kompetenzorientierung und Mathematik ohne Beweise fordern, können Lehrer das, im Gegensatz zu Professoren, nicht ignorieren. Sie würden es oft ganz gerne. Schön, dass SeK I KuK scheinbar keine Lehrkräfte sondern nur noch Instrukteure sind, eine sicherlich nicht zufällige Formulierung aus der Einarbeitung von Hilfskräften. Sie können nicht wesentlich mehr sein, denn ihre Fachkenntnisse würden nur selten für eine Prüfung von 1971 reichen. 50 Jahre gesellschaftliche Entwicklung, Diskussionen zur Definition des Begriffs ‘Wissen’, zu Praxisbezug, was weiß ich, jedenfalls alles irrelevant. Herr Professor, wie hätten die hochgelobten, intellektuell so viel besser vorbereiteten Studenten drei Jahre vor 1971 auf eine derartige Arroganz reagiert?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Er hat einen wunden Punkt getroffen…

Definieren Sie aber bitte Praxisbezug. Den hat reine Mathematik nicht und sie geht auch nicht den Anspruch danach. Die Praxis bieten die Natur- und Sozialwissenschaften in der Theorie. In der Praxis aufgrund der weitgehend entmathematisierten Lehrpläne auch nicht mehr.

Übrigens würde ein Professor des Jahres 1971 über Aufgaben des Jahres 1921 dasselbe sagen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Georg
vhh
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Er hat keinen wunden Punkt getroffen, er prügelt nur auf die Falschen ein. Wieviel Freiheit haben Lehrkräfte, um fachlich präzise Ansätze so detailliert zu verfolgen, dass SuS damit etwas anfangen können? tja…
Schule unterrichtet nicht reine Mathematik, Relevanz der Themen für den eigenen Erfahrungsbereich, meist als Kontextorientierung vorgesehen, ist aber in allen Fächern vorgesehen. Der Begriff Praxisbezug mag diskussionsfähig sein, berührt aber nicht die Kernaussage, dass die beklagten Entwicklungen auf langen Diskussionen, originellerweise meist im akademischen Bereich, beruhen und nicht durch das Handeln der LuL vom Himmel fiel.

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  vhh

Kontextorientierung ist doch ein Euphemismus für “an den Haaren herbeigezogen”.

Aus dem Lebenskontext der Schüler ist da keine einzige Aufgabe. Schauen Sie mal in aktuelle Mathematikbücher.

Carsten60
1 Jahr zuvor

Interessant wäre ja, wie die GEW oder die Grünen das einschätzen, was im Artikel steht. Durch welche Schulpolitik könnte man die Mathematikkenntnisse verbessern? Längeres gemeinsames Lernen, Inklusion, Einheitsschule? Hängt der Niedergang der Schulmathematik nicht genau mit jenen Entwicklungen zusammen, die die große Bildungsgerechtigkeit herstellen wollten? Die Absicht war zwar gut, aber gut gemeint ist nicht auch gut gemacht.

Bildung geht vor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Wir haben doch Einheitsschulen. Diese nennen sich Gymnasium, Real- und Hauptschule und suggerieren, dass die jeweilige Schülerschaft homogen sei.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

@Bildung geht vor
Mein Nickname hier im Forum, soll meine allgemeine Neugier abbilden (die Bedeutung kann man googeln). Nun lässt mir diese, meine Neugier keine Ruhe: “Bildung geht vor” – vor was oder wem? Über eine Antwort würde ich mich freuen. Wie stellen Sie persönlich sich gute Bildung unserer jungen Menschen hier in D vor, um sie fit für die Zukunft zu machen.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

“homogen”
Das ist Unsinn, jeder weiß, dass Schulklassen in den seltensten Fälle leistungsmäßig homogen waren oder sind. Das Gegenteil einer extremen Heterogenität (die auch noch bewusst gesteigert wird) ist keineswegs die “Homogenität”, sondern eben eine mildere Heterogenität.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Meine damaligen reinen – h o m o g e n e n (?) – Hauptschulklassen wurden mindestens dreier-differenziert.

Nix mit homogen.

Se Länd
1 Jahr zuvor

Sehe ich bis auf die starre Quote genauso.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor

Die Anzahl der Schüler im Ländle bleibt gleich, sie werden nur anders verteilt. Inwiefern beheben wir dadurch den Lehrermangel, ich dachte er kann rechnen? Oder schaut er nicht über den Gym Tellerrand hinaus? Stimmt, wenn am Gymnasium ganz viele Schüler gehen aber ganz viele Gym Lehrer bleiben dürfen, dann haben wir DORT keinen Lehrermangel mehr. Mit einer simplen Wahrscheinlichkeitsrechnung können wir aber vermuten, dass die Lehrer wahrscheinlich mit den Schülern zusammen ausziehen. 🙂

potschemutschka
1 Jahr zuvor

“Er empfiehlt alte DDR-Lehrbücher”. Habe ich das richtig gelesen? Kann nicht sein, das war doch alles ideologisch von der Diktatur geprägt, wie die anderen naturwissenschaftlichen Lehrbücher auch.
Jetzt mal im Ernst: Die DDR-Lehrbücher waren nicht so schön bunt, wie die heutigen. Dafür waren sie genau auf den Lehrplan abgestimmt, einheitlich für die ganze DDR, systematisch und wissenschaftlich aufgebaut und übersichtlich.

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Was die DDR – Bücher für Mathe und Physik betrifft (die anderen habe ich nicht mehr), stimme ich zu. Aber auch die bundesdeutschen Lehrbücher meiner ersten Lehrerjahre in Berlin – West direkt nach der Wende hatten einen wesentlich höheren fachlichen Anspruch als die heutigen. Überhaupt nicht bunt, aber sinnvoll und mit vielen Übungen. Heute benutze ich Lehrbücher nur noch selten im Unterricht: Übungsmaterialien erstelle ich lieber selbst, und zur Einführung von neuen Inhalten eignen sich nur wenige Kapitel. Selbst selbständige Nacharbeit ist mittels Buch nicht so einfach. Das liegt nicht nur an den Büchern, sondern auch an der Konzentrationsfähigkeit und geringen Frustrationstoleranz der SuS, wenn ein Text tatsächlich mehrfach gelesen werden muss, um ihn inhaltlich zu verstehen.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Richtig, vor allem der letzte Absatz. Da stellt sich mir aber nun die berühmte Frage mit der Henne und dem Ei: Haben sich die heutigen Lehrbücher den immer d….eren, fauleren und unkonzentrierteren Schülern angepasst, oder doch die Schüler den geringeren Anforderungen? Beide Möglichkeiten machen mir ehrlich gesagt Angst, wenn ich an die Zukunft denke.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Die Lehrpläne haben sich dem politischen Wunsch nach mehr Abiturienten angepasst.

Bildung geht vor
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Mir würde es ebenfalls Angst machen, wenn Sie mit diesen Aussagen eine Lehrkraft wären.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

Was genau stört Sie an meinen Aussagen bzw. Fragen?

alter Pauker
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

… weder das Ei noch die Henne! Der Geflügelzüchterverband (i.e. das gesamte Kultuswesen, voran Minister und sich selbst überschätzende, beratende Professoren), hat den Stall versaut und verhindert durch zu niedrige und zu dünne Ruhestangen sowie zu wenig Eiablagen ohne Stroh das solidarische Gackern unter den Hühnern und die gesunde Entwicklung der Küken. Welches Küken war denn schon mal auf der Wiese und hat nach Regenwürmern gepickt, die dann doch entwischt sind. Nächster Versuch – Wurm gefangen. Oder nicht. Resilienz-Training vor dem Hühnerstall. Wenn man aber keinen einzigen, noch so kleinen Wurm zu sehen bekommt…
Statt dessen Kunstfutter und Gips-Eier = Scheinwirklichkeit. Brave New World!
Chicken Nuggets haben auch alle die gleiche Form…

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  alter Pauker

@alter Pauker
Sehr schön und bildhaft die Situation dargestellt. Aber leider verringert das nicht meine Sorgen, im Gegenteil!

Carabas
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Man kann sich an den ukrainischen Büchern noch ein gutes Beispiel nehmen.

uli-d-sz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carabas

Wie man hört, wundern sich LuL aus der Ukraine – die fließend Deutsch sprechen – a) über die Respektlosigkeit der SuS, b) die Aggressivität der Eltern auf Elternabenden, c) über die Ablehnung von sog. “Frontalunterricht” – also ein Begriff, der gezielt die Assoziation “Frontalangriff” hervorrufen soll.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  uli-d-sz

In Deutschland halten sich die maßgebliche Leute halt für besonders progressiv und blicken auf die “ewig Gestrigen” in anderen Ländern herab. Der Erfolg bzw. Misserfolg wird den einen oder den anderen Recht geben. Warten wir’s ab.

uli-d-sz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Was Sie zur “Buntheit” sagen, kann man zu den heutigen Lesebüchern /Lehrbüchern in Deutsch sagen: Is’ ja alles so schön bunt hier! Ein tolles Sammelsurium aus Design-Fehlern, bunt unterlegten Texten, ablenkenden Grafiken usw. Die LEsebücher und Grammatik-Bücher aus meiner Schulzeit bis 1971 hatten glasklare Trennung zwischen Text und – dazu passendem – Bild.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Ich kenne die DDR Mathe-Bücher nicht. Sollte es aber tatsächlich so sein, dass diese weniger ideologisch geprägt sind als die aktuellen, dann sagt es sehr viel über den heutigen Zeitgeist in Deutschland aus…

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Inwiefern sind heutige Mathebücher ideologisch geprägt. Ich kenne leider aus den letzten Jahren nur die Bücher für die GS. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass man in den Matheunterricht sehr viel Ideologie hineinbringen kann. Haben Sie Beispiele? Interessiert mich wirklich. Vielleicht sind meine Erinnerungen an den Ma-Unterricht zu meiner Schulzeit ja nicht ganz richtig und es wurde doch auch viel Sozialismus/Diktatur hineingesteckt?

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Ich wundere mich immer wieder, was man so alles in meine Kommentare hineininterpretiert. Meine Anmerkung, bezog sich auf den folgenden Teil des Artikels:

“Diesen Aufgaben stellt er Anforderungen gegenüber, die im neuen Kernlehrplan Mathematik für die Sekundarstufe II in Nordrhein-Westfalen enthalten sein sollen. „Im Rahmen des allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule unterstützt der Unterricht im Fach Mathematik die Entwicklung einer mündigen und sozial verantwortlichen Persönlichkeit und leistet weitere Beiträge zu fachübergreifenden Querschnittsaufgaben in Schule und Unterricht, dazu zählen unter anderem Menschenrechtsbildung, Werteerziehung, politische Bildung und Demokratieerziehung…“, so heißt es darin – Kriterien, die zum Beispiel bei der Aufgabenstellung und in den Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern eine Rolle spielen”

Meine Annahme ist nun, dass die Bücher dem Kernlehrplan folgend geschrieben werden. Und nun nur mal eine einfache Frage: Was hat Mathematik mit Menschenrechten zu tun? Und warum versucht man das zu vermischen?

Es kann doch einen brillianten Mathematiker geben, der eine Diktatur unterstützt. Seine politischen Ansichten haben aber nichts mit Mathe am Hut.

Klara Klarname
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Ihr Kommentar sagt auch etwas über Sie, dass sie beispielsweise keine Ahnung brauchen für eine Menge Meinung.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Klara Klarname

Ihr Kommentar ist leider komplett inhaltsleer.

Aber Mal eine konkrete Frage an Sie: Sollten Ihrer Meinung nach politische und Gesellschaftliche Themen Bestandteil des Mathematikunterrichts sein? Und sollten diese auch in die Bewertung der erbrachten Leistung eingehen?

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Ich wiederhole noch einmal meine Bitte nach Beispielen, dass politische-gesellschaftliche Themen Bestandteile des Ma-Unterrichts sind und in die Bewertung einfließen. Das interessiert mich wirklich, wie solche Aufgaben aussehen.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Schlagen Sie bitte den Begriff “Konjunktiv” nach und lesen meine Kommentare nochmal durch. Vielleicht eröffnet sich für Sie dann der richtige Zugang zu meinen Aussagen.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Okay, dann habe ich Sie falsch verstanden. Sorry!

Bildung geht vor
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Btw.: In der DDR gab es übrigens keine Gymnasien.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

In die Oberstufe durften trotzdem nur 10% eines Jahrgangs.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Ja, aber nicht unbedingt die besten. Kinder von Akademikereltern hatten oft das Nachsehen im Arbeiter- und Bauernstaat.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Doch, ohne entsprechende Leistung wurde auch kein Arbeiter- oder Bauernkind an der EOS angenommen. Das “Problem” war, dass die Plätze begrenzt waren. Da war das dann eben ein! Auswahlkriterium im Arbeiter- und Bauernstaat. Da mussten die anderen halt noch besser sein, um angenommen zu werden.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Eben, es gab keine Gleichberechtigung. Bestimmte Personengruppen wurden bevorzugt

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Die EOS hatten gewisse Quoten zu erfüllen in der Art, dass ein bestimmter Mindestanteil an Arbeiterkindern dort sein müsste. Dies hatte zur Konsequenz, dass eben nicht die Schüler mit den besten Leistungen dorthin kamen. Arbeiterkinder, die bestimmte Berufswege anstrebten wurden bevorzugt. Danach kamen die Arbeiterkindern nach Leistung, bis die Quote erfüllt war. Erst danach die restlichen…

ysnp
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Und die Eltern das richtige Parteibuch haben bzw. an den Staat angepasst, die Jugendweihe machen (ohne Jugendweihe war es schwer bis unmöglich einen Studienplatz zu erhalten), sich ruhig verhalten und nicht stasiauffällig sein…

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  ysnp

“Jugendweihe” scheint ja für “Wessis” ein großes Aufregerthema zu sein. Ich kann jetzt nur mal für mich sprechen: ja, ich habe die Jugendweihe mitgemacht. Da weder ich, noch meine Eltern religiös sind, war das die Feier, um in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen zu werden und es gab jede Menge Geschenke. Zur Vorbereitung auf die Jugendweihe gab es viele, zum großen Teil ideologisch gefärbte Pflichtveranstaltungen und man musste ein Gelöbnis auf den Sozialismus und für den Frieden ablegen (für die Sachsen war das ganz einfach, sie sagten: “Ja, das glooben wir!”). Aber es waren auch ein paar interessante Veranstaltungen dabei (z. B. ein Besuch des KZ Buchenwald). Das hat man halt alles mitgemacht. Übrigens gibt es in fast allen Gesellschaften Rituale für die Zeit des Übergangs ins Erwachsenenleben. Die “Humanisten” organisieren z. B. auch heute noch in D “Jugendweihen”.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Übrigens fiel die Zeit des Übergangs zur EOS mitten in die Pubertät. Schöne Sch…! Da musste man sich in dieser schwierigen Lebensphase ganz schön anstrengen, sonst war es erst mal nichts mit Abi.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

Da der Begriff “Erweiterte Oberschule” (EOS) in den westlichen BL weniger bekannt ist, benutze ich das Synonym. Auf der EOS legte man nach 12 Schuljahren das Abitur ab (Zentralabitur für die gesamte DDR und damit in allen Bezirken vergleichbar).

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

In Russland hatte man bis vor kurzem nur 11 Schuljahre bis zum Abitur. War das auch vorbildlich?
Inzwischen will man wohl das 12. einführen.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

An den Unis und (Fach-) Hochschulen wird man dort aber nur nach bestandener Aufnahmeprüfung angenommen!

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

Zum Thema Zentralabitur und Vergleichbarkeit der Abi-Noten: Als meine Kinder Anfang der Nullerjahre ihr Abitur machten, wechselten mehrere ihrer Mitschüler in der 10./11. Klasse plötzlich auf ein anderes Gymnasium. Nach den Gründen befragt, lautete die Antwor: dort bekommt man leichter bessere Noten! Das war dann auch so.
Und noch zur DDR: Zu meiner Zeit war es nicht möglich irgendein Fach abzuwählen, man konnte höchstens noch zusätzlich ein Fach fakultativ belegen (z. B. Latein).

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

Die Schulen, an denen man in der DDR das Abitur ablegen konnte, nannten sich „Erweiterte Oberschulen“ (EOS), und wurden, je nach Ausrichtung, von den SuS von der 9. oder 11. Klasse bis zur 12. Klasse besucht (die Dauer hat sich im Laufe der Zeit verändert, aber das ergoogeln Sie sich schnell bei Interesse).
Ich z.B. war aufgrund meiner Fächerwahl (Spezialschule) ab Klasse 9 dort, andere SuS kamen ab Jg. 11 dazu: die hatten mächtig zu tun, um den Anschluss zu bekommen.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Zu meiner Zeit war EOS ab Klasse 9 (keine Spezalschule). Ab Klasse 11 war dann ab den 80er Jahren, glaube ich.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

… keine Gymnasien, die so hießen, aber Spezialschulen (also Eliteschulen in bestimmter fachlicher Hinsicht).

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Es gab sicher einige Spezialschulen (Sport, Nawi …), für besonders begabte/talentierte Schüler. Die waren aber nicht für priviligierte, sondern für alle Bevölkerungsschichten offen, wenn das Talent vorhanden war. Ansonsten gab es die EOS, um Abitur zu machen und später zu studieren. Dort wurden bevorzugt Arbeiterkinder aufgenommen. Nicht jeder konnte Abitur machen und studieren. Der Staat plante! wieviele Akademiker gebraucht werden würden und so viele wurden auch ausgebildet. Dieses System hatte einige bekannte Nachteile, aber auch gewisse Vorteile (siehe Lehrer- und sonstigen Fachkräftemangel). Die Rentenwelle kam jedenfalls nie so unvorhergesehen wie jetzt.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

… Sie sagen es selbst, Arbeiterkinder wurden bevorzugt…

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Ja, aber nur, wenn sie genauso gut oder besser als ein Akademikerkind waren. In erster Linie zählte die Leistung.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Das stimmt so einfach nicht. Wenn Sie in der DDR aufgewachsen sind, müssten Die das nur zu gut wissen.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Ich bin in der DDR aufgewachsen, und Sie? In meiner Kleinstadt war es damals jedenfalls so. Wie schon mal erwähnt, sogar die Tochter und der Sohn des Pfarrers machten da Abitur. Einfach weil sie super gut waren (beide 1er Abi). Ich war übrigens auch kein “Arbeiterkind”, hatte aber die entsprechenden Noten. Mag sein, dass das zu anderen Zeiten und/oder in Stasi-Hochburgen (wie z. B. Berlin) anders war. Vor allem aus Berlin habe ich da auch so einiges gehört. Es hing vielleicht auch von so manchem “Entscheider” ab. Wie auch heute gab es damals in der DDR Menschen, die sich mehr oder weniger an “sinnbefreite” bürokratische Vorschriften hielten.

Chorleiterin
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Leider war es nicht so. Ich habe es am eigenen Leib erlebt.Die besten Schüler der Klasse ( Eltern Ärzte, Lehrer, Tierärzte…)bekamen als erste ihre Ablehnung für ein Studium der Medizin ” aus Kontingentsgründen”.Arbeiterkinder mit schlechterem Leistungsdurchschnitt bekamen die Studienplätze.”Unsereiner”wartete und bewarb sich die nächsten Jahre neu oder wechselte das Studienfach.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

“Der Staat plante!”
Und welches Geheul würde losgehen, wenn heute unser Staat in ähnlicher Weise “plante”? Sofort würde das Bundesverfassungsgericht damit beschäftigt.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Naja, aber manchmal wäre es nicht schlecht, wenn auch ein demokratischer Staat einen “Plan” hätte (z. B. Katastrophenschutz, Bildung, Infrastruktur …)

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

“Demokratie” kann aber nicht bedeuten, dass Millionen von jungen Leuten fehlqualifiziert werden, nur weil sie sich das so in den Kopf gesetzt haben. Derzeit wird doch geschrien nach mehr Studienplätzen für Lehrämtler, also eine gewisse Lenkung “nach Bedarf”. Umgekehrt könnte man Studienplätze abbauen, wenn es da keine Berufschancen gibt. Es gibt schon Studiengänge, die nur eingerichtet wurden, damit die Uni mehr Geld bekommt. Es gibt auch Studiengänge mit vielen Anfängern, aber praktisch ohne Absolventen. Ist das sinnvoll?

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Per se stimme ich dem zu, der Staat hat oft bewiesen, das seine Strukturen nicht gut funktionieren.

Allerdings erachte ich eine gewisse Lenkung durchaus als sinnvoll an.

Denn die Marktmechanismen sind bei uns durch diverse Sozialleistungen und kostenlose Studienangebote zum großen Teil außer Kraft gesetzt

Ein Student muss sich keine Gedanken, welche Kosten sein Studium verursacht, welches der Gesellschaft am Ende keinen Mehrwert bietet. Da an dieser Stelle ein Marktmechanismus fehlt, sollte es m.E. eine Begrenzung solcher Studienplätze geben, die weder von der Wirtschaft noch von der öffentlichen Verwaltung und Infrastruktur benötigt werden.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Nachfrage und Angebot.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

“Der Markt” kann z.B. auch regeln, wie viele Leute ein Gymnasium besuchen, wie viele eine Privatschule usw. “Der Markt” kann sogar die Betreuung der Vorschulkinder regeln. Aber dieser Teil des “Marktes” wird dann von den progressiven Leuten immer angegriffen, und der Staat müsse eingreifen, merkwürdig.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

“Der Markt” kann vieles regeln, unbestritten, aber “der Markt” produziert keine Gerechtigkeit irgendwelcher Art. Die Redaktion scheint zu vergessen, dass sie selbst hier immer die große Bildungs-gerechtigkeit einfordert. Die kann nur der Staat in dirigistischer Weise versuchen herzustellen. Für “den Markt” ist das kein Kriterium, die Wirtschaft kann auch bei Ungerechtigkeiten aller Art sehr wohl funktionieren.
“Der Markt” produziert ja auch Privatschulen und Nachhilfeinstitute. Er sorgt auch für beliebte und weniger beliebte Schulen. Und “der Markt” könnte auch die Digitalisierung regeln, aber die soll ja der Bund von oben steuern. Die einzelnen Schulen könnten nämlich zugewiesene Gelder auch anders ausgeben. Das wäre “Markt”.
An den Hochschulen könnte “der Markt” auch regeln, welche Studenten den Anforderungen nicht gewachsen sind (bei den Profifußballern der Vereine ist das selbstverständlich). Aber was gibt es hier: die Forderung nach staatlichem Eingreifen durch mehr “Betreuung”. Überall sollen doch die Kräfte des Marktes ausgeschaltet werden.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Sie wollen uns wohl einreden, dass man die Arbeitslosigkeit dadurch beseitigen kann, dass eben jeder Akademiker wird. Wie wollen Sie das begründen?
Und was ist mit der Gerechtigkeit “des Marktes”, den Sie so gern beschwören? “Der Markt” sorgt normalerweise für eine gnadenlose Konkurrenz. Darf es die im Schulbereich geben?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Der Staat macht aber den Fehler, indem er die Wohlheißungen des Akademikerdaseins anpreist, auch wenn die Bevölkerung im Durchschnitt nicht intelligenter geworden ist.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Siehe Frankreich und Spanien: Dort gibt’s eine hohe Akademikerquote, aber auch eine hohe Arbeitslosigkeit gerade unter jungen Leuten. So regelt der Markt das eben.
Und wollen wir nicht Fachkräfte aus dem Ausland anlocken? Geht das mit dem Markt, oder muss das staatlich geregelt werden? Ich lese immer was von staatlichen Maßnahmen, um das zu fördern.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

… und verdrängt diejenigen, die eben einen “niedrigeren” Bildungsabschluss haben. Die Hauptfrage wäre, wie viele denn eine Tätigkeit ausüben, die ihrem Studium fachlich entspricht. Sonst könnte man ja die Devise ausgeben: Jeder studiert erstmal 10 Jahre lang ziellos irgendwas, Noten sind abgeschafft, danach sucht sich jeder irgendeinen Job. Das wäre nun gar nicht die überall geforderte “Praxis-orientierung”. Und volkswirtschaftlich gesehen wäre es eine große Verschwendung.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Nein, ich träume keineswegs von einer gelenkten Staatswirtschaft, ich mache nur darauf aufmerksam, dass diejenigen, die — so wie Sie weiter oben — den Markt preisen, eben auch die Nachteile des Marktes hinnehmen müssten. Der Markt produziert grundsätzlich keine Gerechtigkeit. Sie preisen die Bildungsgewinner, aber was ist mit den Verlierern? Sollen die nicht “von Staats wegen” aufgepäppelt werden durch intensive und kostspielige staatliche “Betreuung” ?
Die Bildungsgewinner kommen offenbar auch mit dem gegliederten Schulsystem zurecht, abgeschafft werden soll es doch wegen der Verlierer, oder?
Es sind doch die Grünen und die Linken, die den “Markt” im Bildungsbereich außer Kraft setzen wollen, oder? Und die GEW will sogar die Privatschulen abschaffen, die andererseits in Artikeln hier bei n4t hochgelobt werden.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Und was bitte soll nun “der Markt” regeln, wie sie weiter oben bemerkt hatten? Es gibt keinen Markt ohne Gewinner und Verlierer. Das ist wie bei einem Marathonlauf. Sie wollen offenbar auch Sport ohne Verlierer haben.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Aber Sie haben weiter oben geschrieben, dass der (Arbeits-)Ḿarkt alles regelt, was mit Studienabsolventen und anderen Absolventen so geschieht. Einer Planung bedarf es nicht. Und dann sagen Sie, ICH sei ein Anhänger der staatlichen Planwirtwirtschaft, und SIE seien gegen den Sozial-Darwinismus.
Allein schon die fortschreitende Digitalisierung wird sozial-darwinistisch wirken, weil sie diejenigen ausschließt, die keine IT-Affinität aufweisen. Das dürfte ähnlich wie bei der Mathematik sein. 🙂
Heute schon kann man manche Monatskarten nur noch im Abo erwerben, und das Abo kann man demnächst nur noch digital erwerben. Wunderbar: Die “Teilhabe an der Gesellschaft” wird es künftig nur noch für solche Leute geben, die ein Smartphone für 500 € besitzen und damit auch perfekt umgehen können. Aber MINT-Fächer studieren – nein danke, ist ja zu schwierig! Man studiert lieber “Bekenntnisfächer” wie “Gender Studies” oder so.

Nähbiene
9 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Hallo vielleicht sollte man erwähnen, dass alle Kinder noch die Möglichkeit hatten eine Berufausbildung mit Abitur zu absolvieren, 3Jahre und danach konnte und wurde man zu einem Studium delegiert. Der Betreib hat dich unterstützt. In der vorlesungsfrei Zeit ist man arbeiten gegangen in dem erlernten Beruf. Somit konnten viele Leute sich den Traum vom Studium erfüllen.

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor

Er hat recht mit dem, was er sagt!

Es geht nichts mehr voran im Mathematikunterricht und die Lehrkraft ist nicht das Problem daran. Seit 20 Jahren geht es bergab dank der Kompetenzorientierung. Die Aufgaben werden immer mehr vertextet – bis zur völligen Inhaltsleere. Anwendungsbezogene Aufgaben, die völlig unrealistisch sind.

Nein, ich verstecke meine eigene Unfähigkeit nicht hinter dem Fehler der Kompetenzorientierung.

Die DDR-Bücher waren nicht nur in Mathematik besser, auch in den Naturwissenschaften.

Englisch-Freund
1 Jahr zuvor

Dann war also vor genau 20 Jahren der Höhepunkt der Mathematik an Schulen…ich danke Ihnen für das Kompliment bzgl meines Abitur Jahrgangs

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

Ob da der Höhepunkt war? Kann ich nicht beurteilen, weil mir die Erfahrung als Lehrer über den Zeitraum davor fehlt.

Glaube ich allerdings meinen (nun) alten Lehrer, war es schon zu unserer Zeit als Schüler schlechter als vorher.

Englisch-Freund
1 Jahr zuvor

Und wenn man die Lehrer der besagten Lehrer fragt,dann wären die Schüler zu der Zeit auch schon schlechter als die vorherige Schüler Generation..

Am Ende kommt man dann an den Beginn der 1900er ..da müssen die Schüler ja meeeega smart gewesen sein..so smart dass sie trotz krasser Schulbildung die Welt in zwei Weltkriege gestürzt haben

Chorleiterin
1 Jahr zuvor

….und erstrecht in Deutsch….gruselige Fehler, kein systematischer Aufbau, Übungen oft nicht passend….Ausnahmen vor Regeln…uswusf….

Hmm
1 Jahr zuvor

Ich bin einer der größten Kritiker unseres Schulsystems und vor allem das stetig fallende Niveau prangere ich insbesondere an.
Aber dieses Mal musse ich für unsere SuS eine Lanze brechen: der Vergleich, den der Herr Prof erstellt, ist vollkommen hanebüchen. Er vergleicht das Abitur, die allgemeine Hochschulereife, die als Studierbefähigung dient und zulässt, dass Abiturienten sich für Studiengänge wie Erziehungswissenschaften bis Elektrotechnik bewerben können, mit einem Zulassungstest auf erhöhtem Niveau für MINT-Studiengänge für den junge Inder jahrelang parallel zur Schule büffeln? Und man merke an, dass das Lernen nicht nur zu Hause stattfindet, sondern in überteuerten privaten Nachhilfeinstituten. Der Druck, der dabei auf den Schultern lastet, ist auch nicht zu verachten. Man siehe sich die Suizid-Rate an. Und all die anderen sozialen Probleme, die in Indien herrschen, sollte man auch nicht vernachlässigen. Was nützen Fachidioten, wenn Witwen immer noch vebrannt werden, religiöse Minderheiten und Menschen scheinbar falscher Kaste verfolgt werden und junge Frauen sich nachts nicht raustrauen? Ich spreche selbst aus Erfahrung, da Wurzeln im indischen Subkontinent.

Ja, deutsche SuS weisen große Defizite in mathematischen Grundlagen auf. Den GTR würde ich lieber heute als morgen aus dem Unterricht verbannen. Und eine größere Leistungsbereitschaft würde unseren SuS auch nicht schlecht tun. Aber bei internationalen Vergleichen bitte lieber auf Länder schauen, die ein ähnliches Bildungssystem haben. Was machen Estland, Finnland oder Amerika anders im Matheunterricht? Davon kann man eher lernen, statt mit unfairen Vergleichen auf deutsche SuS einzudreschen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Hmm
ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hmm

Keine Ahnung was die genannten Länder im Matheunterricht anders machen. Estland hatte bei PISA 2018 in Mathe 523 Punkte, Finnland 507, USA 478. Deutschland hatte im Schnitt aller BL 500 Pkt. Würde man die Ergebnisse von Sachsen und Bayern isoliert betrachten und sie würden ähnlich weit über dem Bundesdurchschnitt liegen wie bei IQB-Mathe 9. Klasse usw., müsste man sich vermutlich auch fragen, woran das dort wohl liegen könnte. Allein am Matheunterricht wird es vermutlich ebensowenig liegen wie den anfangs genannten Staaten. Ich vermute schon, dass da mehrere Faktoren eine Rolle spielen.

Dirk Meier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hmm

Was Sie anführen, ist durchaus korrekt. Allerdings muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass unsere Absolventen international nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Schauen Sie sich mal an, wer an deutschen Universitäten in den MiNT Fächern promoviert. In den seltensten Fällen ist das jemand, der in Deutschland zur Schule gegangen ist.

Estland und Finnland sind kleine Länder, die würde ich jetzt mal vernachlässigen. Die USA können ihren Fachkräftebedarf in Mathematik und den Naturwissenschaften seit Jahrzehnten nur durch ausländische Mitarbeiter decken. Die werden gezielt und mit viel Geld angelockt, weil die amerikanischen Absolventen mit wenigen Ausnahmen an das geforderte Niveau nicht mehr heranreichen.

Wir müssen auch mal zur Kenntnis nehmen, dass es außerhalb Deutschlands sowas wie Kompetenzorientierung im Mathematikunterricht nicht gibt. Ich habe gerade einen ukrainischen Schüler in der 11. Klasse dazubekommen, der eigentlich sehr gut in Mathematik ist. Leider muss ich ihm auch in diesem Fach schlechte Noten geben, weil er die “Bla Bla”-Situationen sprachlich nicht versteht. Mittlerweile schäme ich mich für mein Land und den Irrweg, den wir beschreiten.

Hmm
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dirk Meier

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich sehe ja auch die Probleme in den mathematischen Grundlagen. Zuletzt war ich ehrlich schockiert, dass meine 10er keine einfachen Äquivalenzumformungen konnten. Mit proportionalen Zuordnungen war die Mehrheit komplett überfordert. Und wohlgemerkt, ich bin am Gymnasium. Üben oder wiederholen wir zu wenig? Fordern wir zu wenig ein, obwohl die Kerncurricula überfülllt sind und man als Lehrkraft von einem Themengebiet zum nächsten hetzt? Ich hätte mir einfach gewünscht, dass der Herr Kötz für eine angemessene, nachvollziehbare Kritik indische Highschool-Matheklausuren aus Jahrgang 12 mit deutschen Klausuren aus dem LK oder GK verglichen hätte. So ist der Vergleich aber einfach unfair- wieso sollte ein deutscher Abiturient, der nach der Schule Germanistik oder soziale Arbeit studieren möchte, das mathematisch-naturwissenschaftliche Fachwissen besitzen, dass sich ein indischer Highschooler privat mühsam durch den Besuch von Nachhilfeschulen und nächtelangen Pauken aneignet, um an einer Elite-Uni MINT zu studieren? Bei solch einem Vergleich bilden sich dann am Ende meistens zwei Lager: die, die dem Prof blind zustimmen, um unsere SuS zu diskreditieren und die anderen, die die den Leistungsabsturz an deutschen Schulen gutreden. Es findet dann nur noch eine Schwarzweißmalerei statt.

Last edited 1 Jahr zuvor by Hmm
Hmm
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dirk Meier

Und bzgl. Ihrem ukrainischen Schüler: Mich stört es natürlich auch, wie groß der “Blabla”-Anteil mittlerweile in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern ist. Umso größer ist der Schock, wenn man nach der Schule an die Uni kommt, wo man mit reiner Mathematik konfrontiert wird und der ganze Textanteil wegfällt. In anderen Ländern ist der Praxisschock weniger schlimm, da man bereits in der Oberstufe herangeführt wird. Hier ein Beispiel: Ich schaue gerne koreanische Serien, zuletzt ging es um eine Story rundum die koreanischen Nachilfeinstitute. Ich war dann ehrlich geschockt, wie hart der Mathematik-Unterricht in der koreanischen Oberstufe ist und gleichzeitig, was für ein millionenschwerer Nachilfeinstitut-Sektor dahinter steckt. Diese Erfolge, die junge Koreaner, Chinesen oder Inder im MINT-Bereich einheimsen sind natürlich auch durch Disziplin, Drill und hoher intrinsischer Motivation entstanden. Allerdings muss man ehrlich sein, dass nicht nur die Schule, Erziehung und Persönlichkeit einen großen Anteil haben, sondern auch unglaublich viele Gelder, die für diese Erfolge reingesteckt werden. Herr Kötz’ Kritik ist zu kurz gedacht- natürlich lässt sich die Schuld leicht bei den Schulen suchen. Aber bevor unsere SuS an die mathematisch-naturwissenschaftlichen Erfolge der oben genannten Länder herankommen, müsste die gesamte deutsche Gesellschaft umgewälzt werden. Schule allein kann das nicht bewerkstelligen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Hmm
Hmm
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hmm

Blöde Tippfehler: ich meine natürlich Herr Krötz und nicht Herr Kötz.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hmm

Aber trotz des hohen Privatschulsektors in Südkorea ist laut PISA der Bildungserfolg nur wenig abhängig von der sozialen Herkunft, also gilt dann Südkorea als vorbildlich. Das könnte man aber auch so interpretieren, dass eben arme Leute in Südkorea ihre letzten Groschen in die Bildung ihrer Kinder investieren und damit den sozialen Nachteil auszugleichen versuchen, und in Deutschland eben nicht.

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Meines Wissens schneiden Schüler vietnamesischer Herkunft besonders in den östlichen Bundesländern überproportional gut in Mathematik ab und sind allgemein in der Schule erfolgreicher als der Durchschnitt. Einkommen oder Bildungsgrad der Eltern sind dabei eher unter dem Durchschnitt.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ein entfernter Bekannter aus Deutschland hat seine Schulzeit zum Teil in Südkorea verbracht. Von seinen Erzählungen weiß ich, dass er täglich bis in die Nacht gelernt hat um das Pensum der Schule dort zu schaffen. Und das war angeblich bei allen Schülern so.

Er ist heute beruflich in Europa sehr erfolgreich.

Von nichts kommt nichts.

QuerRein
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dirk Meier

Danke!
Es hat wirklich was mit Schämen zu tun. Wenn ich Abiturprüfungsaufgaben anschaue, dann sind Fragestellungen von vor 2000 und 2020 völlig unterschiedlich, die Lösung und die erreichbaren BE aber identisch. Was früher in zwei Zeilen passte, muss heute erstmal auf eine eigene Seite… inkl. viel Bla, unnötigen Grafiken… Absurd. Die Kompetenz (auch gerne Plural) soll(en) doch im Umgang mit fachlichen Problemen gezeigt werden und nicht, ob ich jetzt die richtige Textstelle auf der Seite finde…
Kein Wunder, dass es dann an der Uni nicht funktioniert…

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  QuerRein

Es kommt womöglich darauf an, welche Kompetenzen gezeigt werden sollen.
Das sind heute andere als früher, entsprechend sehen die Aufgaben anders aus.
Wenn mathematisch das Gleiche gelöst werden muss, kommen heute weitere Anforderungen hinsichtlich Kontext und Sprache hinzu. Das scheint manche zu überfordern, anderen kommt es entgegen.

Last edited 1 Jahr zuvor by Palim
DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hmm

Es gibt dazu eine einfache Lösung: Einführung von Aufnahmetests an Hochschulen auch in Deutschland. Dann ist es auch egal ob jemand Abitur hat oder nicht. Wenn er den Test schafft, hat er die Grundlage für das Studium, wenn nicht, dann eben nicht.

kanndochnichtwahrsein
1 Jahr zuvor

Ja, wir konzentrieren uns nicht mehr auf das Wesentliche, dürfen es nicht.
Wichtig wäre, dass Kinder ganz am Anfang Mathematik begreifen – im wahrsten Sinne des Wortes. Die allermeisten Schüler verstehen nicht, was sie tun.
Obendrein ist es immer noch schick, Mathe doof zu finden und es eben nicht zu können. Das muss sich unbedingt ändern! (Gilt aber für alles, was mit Schule zu tun hat!)
Aber ich gebe es gerne zu: Bei den Aufgaben in dem Video steige ich auch aus (nee, gar nicht erst ein 😉 )

Vielleicht gerade als Nicht-Mathe-Lehrerin fällt mir immer wieder auf, dass Mathe den Kindern nicht wirklich nahekommt. Die Bücher verwirren mehr als sie klären. Zum Nachlernen oder gar Selbstlernen sind sie gar nicht geeignet.
Aufgaben sind schlecht formuliert, missverständlich – eigentlich gar nicht zu gebrauchen. Lösungen mit Lösungswegen fehlen. Was im Unterricht nicht geschafft wird, korrigiert aus Zeitmangel keiner mehr. Kein Mathelehrer kann nach jeder Stunde von jedem Kurs 30 Hefte korrigieren und auf Ursachensuche für Fehler gehen.
Einzelne etwas bessere Lehrwerke gibt es zwar, aber wenn ein anderes eingeführt ist… nichts zu machen.
Die Schüler rechnen, wenden irgendwelche oft zweifelhaften Kniffe an und haben keine Ahnung warum und wozu. Andere Konstellation und sie merken nicht mehr, dass der “Trick” nicht mehr passt. So aber sind viele Bücher aufgebaut.
Warum macht man das? Warum nicht von Anfang an vermitteln und vor allem veranschaulichen, was man warum tut? Darauf könnte man dann auch aufbauen.
Das wäre viel mehr wert als eine politisch korrekte, diverse, integrative, ge-gender-te problemorientierte Anwendungsaufgabe.
Die Kids haben ja bis in die oberen Klassen der S I gar nicht verstanden, dass man Mathe tatsächlich braucht und anwenden kann…
Und das ist die Grundlage, die Schüler in die Oberstufe führen und dann ins Studium mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer?

Gewinn würde sicher bringen, den Unterricht aufs Wesentliche zu kürzen, bis ausreichend Lehrer zur Verfügung stehen.
Allerdings glaube ich nicht, dass man dann gleich genug Lehrer hat: Die Kinder brauchen heute viel mehr Betreuung, müssen viel mehr nachholen, fordern viel mehr individuelle Aufmerksamkeit ein als in früheren Generationen.
In Deutschland kann ich mir Klassen von 70 Schülern nicht vorstellen.
Dazu braucht es vermutlich einen anderen Erziehungsstil…

Dringend muss aber darüber nachgedacht werden, wie wir künftige Generationen realistisch auf das vorbereiten, was auf sie zukommen wird: sie müssen so viele Probleme lösen, die wir ihnen hinterlassen…

Als Übergangslösung wäre es in meinen Augen besser, den Unterricht zu kürzen und zu intensivieren, statt der Quantität der Betreuungszeit den Vorzug zu geben.
Das verdirbt die Stimmung bei allen Beteiligten und “Stimmung” ist etwas, das Lernen und Auffassen von Grund auf positiv oder negativ beeinflusst.
Was will die Gesellschaft wirklich von Schule?
Was wollen wir langfristig durch Schule erreichen?

Georg
1 Jahr zuvor

Gerade in Mathematik braucht es homogene Gruppen und Eltern, Politik, Schulgesetze, die das Üben, auf den Hintern setzen und Trainieren der Methoden auch gegen den Schülerwillen möglich machen.

kanndochnichtwahrsein
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Wobei ich glaube, dass in kleineren, homogeneren Gruppen Unterricht unter Voraussetzungen möglich wäre, unter denen “gegen den Schülerwillen” sich gar nicht mehr so darstellen würde.
Wenn die Umstände und die Unterstützung durch das Umfeld stimmen, müssen/werden Schüler auch nicht “aus Hobby” oder “aus Prinzip” jede Anstrengung in Frage stellen, jedes Üben einfach mal ablehnen, jede Hausaufgabe verweigern…

Mit klar formulierten Erwartungen und Zielen könnte Unterricht so viel effektiver und angenehmer für alle Beteiligten sein!

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Die Bücher des TT-Programms aus den 1960er Jahren waren hervorragend, damit könnte man als Schüler den Stoff selbstständig lernen. Dazu muss man zurück.

Aki K.
1 Jahr zuvor

Mein letzter Abi-Gk in Mathe musste 15 Seiten Aufgabentext bearbeiten. Da geht es nur noch darum, Standardaufgaben zu erkennen und abzuspulen. Dies erfordert sicherlich eine gewisse sprachliche Kompetenz, hat aber mit Mathematik eher wenig zu tun. Letztendlich muss ich aber meine Schülys darauf vorbereiten.
Richtlinien? Wer liest diesen hundertseitigen Unsinn? Seit ich damals in den Richtlinien von der “Idee der Zahl” las, orientiere ich mich nur noch nach den Abi-Aufgaben.
Gerade Logik und Beweistechniken auf angepasstem Niveau sollten meiner Meinung nach Bestandteil des Curriculums sein, damit die Schülys erfahren, worum es in der Mathematik überhaupt geht. Auch das kann interessant gestaltet werden und bietet – wenn es denn sein muss – Anwendungsmöglichkeiten.
Komisch, ich brauchte zu Studienbeginn keinen Brückenkurs in Mathe. Das ist allerdings schon wirklich sehr lange her. Das liegt vermutlich daran, dass ich in der Grundschule mit Mengenlehre und später im LK mit Epsilontik “getriezt” wurde 🙂

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Aki K.

Wer Leerpläne (Absicht!) liest, ist selbst dran schuld. Es reicht wirklich, die Abituraufgaben durchzuschauen.

Was ist zu rechnen? Wer die Frage beantworten kann, rechnet und spult ein Programm ab. Es wird vermehrt und immer stärker mit dem Textleseverständnis gesiebt und nicht mit einer algebraischen Umformung.

Die Schüler erfahren nicht mehr, was Mathematik ist. Nicht durch die aktuellen Bildungspläne.

Wie hat es Prof. Krötz mal aus einem Brief an ihn vorgelesen (sinngemäß): Die Mathematik hat ein großes Problem – ein Schulfach mit dem selben Namen.

Sei Epsilon <0. 🙂

Bildung geht vor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Aki K.

Ich vermute, zu Ihrer Schülerzeit konnte Mathematik noch abgewählt werden. Dann lässt sich auch problemloser akademische Mathematik mit den “Verbliebenen” betreiben.
Auch wenn Sie inzwischen keine Richtlinien mehr lesen, weil Ihnen eine Grundidee zuwider war, wage ich zu bezweifeln, dass Sie vergleichbares auch ihren Schülern zugestehen. Zudem entwertet dies Ihre Argumentationsbasis.
Stattdessen betreiben Sie “Learning for the Test” und haben sich damit noch weiter von Ihren Idealen entfernt.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bildung geht vor

Wann bitte konnte man Mathematik “abwählen”? Man kann örtlich Mathematik als Prüfungsfach im Abitur vermeiden, aber wann und wo auch als Unterrichtsfach?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Zu meiner Abiturzeit war es in NRW möglich, Mathe nach der 12 abzuwählen. Allerdings war damals der Grundkurs anspruchsvoller als der heutige Leistungskurs.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Ging auch nur, wenn Mathe nicht als Abi-Fach gewählt worden war. Da die Vorbereitungszeit auf das Abitur zu diesen Zeiten mehr oder weniger die komplette 13/2 (zweites Schulhalbjahr des 13, Jhg.) umfasste und die verbleibende Zeit in der 13/2 zur Vorbereitung auf das Abi (Wiederholung) genutzt wurde, fehlte also gem. damaligem Lehrplan lediglich ein halbes Jahr Fachunterricht im Vergleich zu denen, die Mathe nicht abgewählt hatten.

Ja, ich habe auch schon mehr als 45 Jahre dei Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung in der Tasche.

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Konnte es auch abwählen und bin wohl auch ein deutlich jüngerer Jahrgang. 😉

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Zu meiner Abitur-Zeit konnte man in NDS Mathe nach 12 abwählen, wenn man andere Fächer aus dem Bereich MINT belegt hatte, oder in einem sog. Auflagen-Kurs 1 Punkt erreichen, um ihn einbringen zu können und das Abitur zu bestehen

Heidger Brandt
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Ich habe mein Abi 1978 in Flensburg gemacht und konnte Mathe mit Beginn der Oberstufe abwählen. In diesem Fall musste Chemie oder Physik als schriftliches Prüffach gewählt werden. Bio war leider nicht möglich, was unverständlich war, da auch eine “Naturwissenschaft”.

Ab diesem Moment machte Schule Spaß, der ewige Mathealbtraum war vorbei.

Dass dies übrigens nicht daran lag, dass ich als “Künstler” “mathematisch unbegabt” bin, wie meine Eltern mich getröstet haben, erkannte ich, als ich in Trigonometrie und noch bei Sinus und Cosinus plötzlich in Mathe Einsen geschrieben habe. Danach war wieder Schluss. Gleichzeitig wurde mir klar, dass dies daran liegt, dass ich mir, anders als bei der Dreiecksberechnung, die einzelnen Elemente und Schritte nicht gegenständlich vorstellen konnte, sodass eine “Synapsenblockade” einsetzte, wie ich aus der Lektüre von Frederik Vester erfuhr. – Leider hatten wir an der Schule nur einen Lehrer, der Mathe so erklären konnte, dass alle verstanden.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Aki K.

Beweise sind heute selbst aus Schulbüchern für die Oberstufe weitgehend eliminiert. Dass die Ableitung des sinus der cosinus ist, wird neuerdings nur anhand eines Bildchens aus dem grafikfähigen Taschenrechner erläutert: seht her, es stimmt doch. Man kann den rechnerischen Beweise auch gar nicht mehr führen, weil dafür das Handwerkszeug fehlt.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Beweise braucht außer den theoretischen Mathematikern auch niemand – q.e.d.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

Dann erzählen Sie uns mal hier, was von den anderen Schulfächern von allen “gebraucht” wird. Wer braucht Physik, Chemie, Biologie in seinem Leben? Auch nur die die, das beruflich brauchen? Wer braucht deutsche Literatur? Die angehenden Germanisten? Und die anderen? Wer braucht Religion? Wer braucht Politik? Die angehenden Politiker?

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Die Leute, die vor kurzem beim Grillen in der Garage an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben sind, dachten wahrscheinlich auch, dass Nawi unnötig ist. q.e.d.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Noch ein Beispiel: erinnern wir uns an die Pandemie zurück Exponentialfunktion, Prozentrechnung, Zahlen aus Statistiken – da taten sich sehr große Wissenslücken auch bei studierten Leuten auf.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

Vermutlich werden Beweise nicht mehr behandelt, weil das Ergebnis eindeutig ist und nicht aus irgendwelchen soziologischen oder kulturellen Gründen diskutiert und infrage gestellt werden kann. Eine 1 ist halt eine 1, ohne dass sie jemals gefragt wurde als was sie sich identifiziert.

Mal im ernst. Die Oberstufe soll auf das Studium vorbereiten. Ich denke dabei an das Studium von Fächern, die unsere Gesellschaft wirklich braucht. Und das sind fast ausschließlich MINT Fächer. Und dort ist es essentiell zumindest zu verstehen, wie mathematische Beweise erfolgen und gewisse Standard Beweismethoden wie sie volls. Induktion zu kennen.

Wenn es nur um angewandte Mathematik gehen sollte, wie sie im Handwerk benötigt wird, dann braucht es natürlich keine Beweise. Allerdings braucht es dann auch keine Abitur und vor allem braucht es dann kein Latein und irgendeine Form an humanistischer Bildung.

QuerRein
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

Doch, weil jeder irgendwann (nicht nur in Mathe) korrekte Argumentation lernen muss… Verkettung von Ursache und Folge… Wenn… Dann… Grundlage aller Naturwissenschaften… Und auch der Mathematik…
Das kann heute leider kaum noch ein Schüly… Bedauernswert…

Bömmel
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

Interessant … Dann glauben Sie wohl auch an die flache Erde und an die Nazis auf der Rückseite des Mondes und an die Echsenmenschen? Wenn man keine Beweise versteht, kann man auch nichts kritisch hinterfragen. Auch nicht außerhalb der Mathematik. Wer den Residuensatz beweisen kann, der fällt auch nicht auf politische Populisten und esoterische Dummschwätzer herein, die mit Zuckerkügelchen Krebs heilen wollen.

Bömmel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Da zitieren Sie aber sehr einseitig! Gerade in der Mathematik hat es wenig bis gar keine Kooperation mit dem „dritten Reich“ gegeben! Als Göbbels einmal in Göttingen herumschlich, um sich mit berühmten Mathematikern fotografieren zu lassen, faselte er von „deutscher Wissenschaft“. David Hilbert blickte verächtlich auf ihn hinunter, sagte: „Seit Sie und Ihresgleichen an der Macht sind, gibt es in Deutschland keine Wissenschaft mehr!“ und ließ ihn stehen. Selbst die Nazis trauten sich nicht, sich mit einem Hilbert anzulegen. Schwarze Schafe gibt es überall. Aber die Mehrheit der Mathematiker ist gegen totalitäres Gedankengut immun.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Sie verwechseln da was. Wenn jemand etwa einen Brief mit “H.H.” beendete, dann war das eine Pflichtübung. Gerade Hamel war kein typischer Nazi, bei Wikipedia steht, dass er eine Art von Gegenspieler des wirklichen und fanatischen Nazis Ludwig Bieberbach war, der massiv gegen jüdische Kollegen vorging. Und nach dem Kriege erfuhr gerade Hamel einige Ehrungen (Ehrendoktor, Ehrensenator), Bieberbach dagegen verlor seinen Lehrstuhl und wurde sozusagen aus der guten Gesellschaft ausgestoßen. Es gab aber wohl in allen Fachrichtungen Nazis und Mitläufer. Auch die Journalisten waren davor nicht gefeit, Werner Höfer hatte man später einen kleinen Artikel angekreidet.
Etwas dumm ist, dass gerade Bieberbach fachlich als ein bedeutender Mathematiker gelten kann. Ein anderer Nazi-Mathematiker war Oswald Teichmüller, der aber im 2. Weltkrieg mit 30 Jahren an der Ostfront umkam. Er war freiwillig dorthin gegangen — nach der Schlacht bei Stalingrad. Richtig zahlreich waren solche Leute aber nicht. Aber viele mussten sich mit dem System arrangieren. Und viele sind auch im KZ umgekommen.

Ersequell
1 Jahr zuvor

Wo er recht hat.

Slideking02
1 Jahr zuvor

Herr Krötz profiliert sich hier doch in einer unglaublich polemischen Weise und ich finde es – ohne zugegebenerweise Mathematiker zu sein – unerträglich, wie großspurig er sich über seine Kolleginnen und Kollegen stellt.

DerDon
1 Jahr zuvor

Ich würde einen ganz anderen Ansatz, um die Unterschiede zu erklären, wählen. Die SuS sind „hungrig“ sowie wollen diesen Test bestehen, sie haben dafür jahrelang gelernt, es ist ein Chance auf ein besseres Leben.

Unsere SuS sind nicht hungrig… Die meisten wollen es gar nicht wirklich. Die meisten SuS wissen gar nicht was sie wollen oder warum sie lernen. Schafft man die eine Prüfung nicht, macht man was anderes. Die wenigstens haben das Gefühl, dass ihre Existenz oder ein gutes Leben davon abhängen. Man ist verwöhnt. Kommst du heute nicht, dann morgen. Eine Chance vertan? Nehm ich halt die nächste…

Lera
1 Jahr zuvor

Wow, ein sinnvoller Impuls aus dem Elfenbeinturm, träume ich??

Blau
1 Jahr zuvor

Das wurde im Physikstudium nicht mal ansatzweise vorausgesetzt. Das müssen vielleicht reine Mathematikstudenten können, aber nicht bevor sie überhaupt eine Uni von Innen gesehen haben. Dass wir die Spitze in Deutschland nicht ausreichend fördern, geschenkt. Aber deshalb müssen wir nicht alle SuS quälen oder Lehrkräfte beschimpfen, die nicht hochbegabt sind.

Dirk Meier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Blau

Eine Beschimpfung der Lehrkräfte durch Herrn Krötz kann ich nicht wahrnehmen. Er stellt sich auf die Seite der Lehrer und fordert eine Reduzierung des Stundendeputats, weil mit den aktuellen Verpflichtungen ein vernünftiger Unterricht kaum noch möglich ist.

Wen Herr Krötz sehr deutlich beschimpft sind die Mathematik-Didaktiker an den Universitäten. Damit hat er m. E. auch recht, da diese Personen für eine immer weitere Abkehr von der Wissenschaftspropädeutik stehen und eine ganze Generation von Lehramtsabsolventen in die Irre führen.

Beschimpft werden auch die Ersteller von Mathematik-Lehrplänen, in denen irgendein Geschwafel von sexueller Vielfalt steht, aber die zu behandelnden mathematischen Inhalte bestenfalls ganz am Rande auf eine unverständliche Art und Weise genannt werden.

Ebenfalls beschimpft werden die Schulbuchverlage, die zwar viele bunte Bilder verwenden, jedoch zunehmend auf elementare Fachsprache verzichten und damit ein Erlernen der mathematischen Grundlagen massiv erschweren.

UweUwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dirk Meier

Die meisten Kommentatoren hier und auf Facebook haben die Videos von Herrn Krötz gar nicht gesehen … oder verstanden.

Herr Krötz hat auch damit Recht, dass die “Bildungswissenschaftler” und die “Didaktiker” das Bildungssystem in den letzten 20 Jahren verschlechtert haben und nicht verbessert.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Blau

Sie bestätigen das alte Vorurteil: Mathematik quält die Schüler nur. Am besten abschaffen. Wir haben stattdessen jetzt die interkulturelle Kompetenz, die interreligiöse Kompetenz, die Queerkompetenz und überhaupt die soziale Kompetenz. Das müsste doch genügen. 🙂

Johann F.
1 Jahr zuvor

Wenn der Mann so einen Durchblick hat, warum lehrt er dann an der Uni in Paderborn?

UweUwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  Johann F.

Lies dir mal seinen Lebenslauf durch …

GriasDi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Johann F.

Sind Sie ein schlechter Lehrer weil sie an einer Brennpunktschule unterrichten?

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Nein,
aber Lehrkräfte an Brennpunktschulen werden weiterhin schlechter bezahlt,
da sie in etlichen BL mit A12 eingestellt werden und oft bleiben, angesichts weniger Funktionsstellen,
und diesen Schulen weniger Entlastungsstunden bekommen, also mehr Aufgaben ohne Ausgleich übernehmen müssen.

GriasDi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Das war nicht mein Punkt. Aber vielleicht haben Sie mich ja bewusst missverstanden. Ich wollte nur darauf anspielen, dass nur weil jemand an einer vermeintlichen Provinzuni lehrt, kein schlechter Prof sein muss.

Singularität
1 Jahr zuvor

Was dieser Professor und viele andere seiner Art nicht begreifen, Schule soll Bildung vermitteln und nicht die Spezialgrundlagen von Universitätsfächern vermitteln. Studierfähigkeit bedeutet, sich Kenntnisse und Fähigkeiten reflektiert und selbstverantwortlich aneignen zu können und nicht für spezielle Studienfächer ausgebildet zu werden.
Das Fach Mathematik in der Schule verfolgt daher auch ganz andere Ansätze als das Studienfach. Vielleicht sollte man es umbenennen, damit Elfenbeinturmakademiker nicht ständig aus dem Namen falsche Rückschlüsse ziehen. Immerhin hat dieser Professor die Lehrpläne gelesen, was man leider von vielen Dozenten auch nicht unbedingt erwarten kann. Es ist aber ein großer Unterschied zwischen der Schulmathematik mit dem hohen alltagsbezogenen Modellierungs- und Rechenanteil und einer Universitätsmathematik, die sich v.a. mit Beweis(verfahr)en beschäftigt. Dies betrachtet er aber als (aus seiner einseitigen Warte verständlich) als Fehler der Lehrpläne. Die ebenfalls von ihm bemängelten fachlichen Ungenauigkeiten in diesen könnte er übrigens im Kontakt mit dem Kultusministerium korrigieren lassen, aber das scheint ihm unter seiner Würde zu sein.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Singularität

Studierfähigkeit in Mathe ist aber auch zumindest im Leistungskurs ein Reinschnuppern in das, was an den Hochschulen passieren wird. Dazu gehören halt insbesondere Beweise, Beweismethoden, Gegenbeispiele und ein sicheres Beherrschen der Algebra. Auch in den Mathematikvorlesungen für Nebenfächler gibt es Beweise, nicht nur bei Hauptfachmathematikern oder Physikern.

Mathematik fängt halt da an, wo Rechnen aufhört, Zahlen größer als 2 sind kaum relevant. Die aktuelle Schulmathematik hört beim relativ einfachen Rechnen und der Bedienung eines Taschenrechners auf.

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Singularität

Das letzte stimmt eben nicht. Fachliche Fehler zu Schulbüchern zu melden ist praktisch unmöglich, niemand fühlt sich dafür zuständig. Der Verlag bereitet gerade hastig die nächste Auflage vor, die den ebenso hastig erstellten neuen Richtlinien aus dem Ministerium genügen soll.
Und dass die Kettenregel und der Logarithmus im Grundkurs gestrichen sind, steht sogar in den offiziellen KMK-Bildungsstandards. Die Schulbücher tendieren dazu, nur noch das zu enthalten, was dort steht. Und das ist mager. Und natürlich berechtigt auch ein Abitur mit Mathe-Grundkurs zum MINT-Studium. Das ist übrigens in Frankreich anders. Dort gibt es mehrere Richtungen des Abiturs, und die Studienrichtung muss dazu passen.

GriasDi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Singularität

Er bemängelt ja gerade die Studierfähigkeit der SchülerInnen. Also hat er doch Recht. Die Lücke zwischen dem was in der Schule vermittelt wird und dem was im ersten Semester eines Studiengangs erwartet wird ist immer größer geworden, was nicht an den Erwartungen der Unis lag.

Mathe macht glücklich.
1 Jahr zuvor

Die Frage ist doch welches Basiswissen im Fach Mathematik ist sinnvoll. Nicht für jeden Berufsweg muss beispielsweise Integralrechnung verstanden worden sein.
Literatur dazu:
Hans Werner Heymann – Allgemeinbildung und Mathematik, Erstauflage 1996.

Georg
1 Jahr zuvor

Korrekt. Nur wird Integralrechnung in jedem Studiengang mit Mathematikanteil, selbst wenn es nur Statistik in sozialwissenschaftlichen Studiengängen ist, erwartet. Somit sind die von Ihnen gemeinten Berufswege bestenfalls abseits der Hochschulen anzusiedeln und brauchen als Konsequenz daraus kein Abitur.

Englisch-Freund
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Was ein Quatsch!! Ich habe mein Soziologie, Wirtschafts – und Politikstudium ohne Integralrechnung gemeistert

ed840
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

Wirtschaftsstudium geht mittlerweile ohne Integralrechnung? Na dann wundert mich schon weniger als vorher.

Dirk Meier
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

Ist das so? Ich selbst bin ausgebildeter Volkswirt und alleine in meiner Diplomarbeit kommen mindestens hundert Integralzeichen vor. Ohne die Integralrechnung hätte man die Mathematik- und Statistikklausuren nicht geschafft. Alle Vorlesungen/Seminare im Bereich Finance wären aussichtslos gewesen. Aber selbst in der Einführungsveranstaltung der Mikroökonomie im ersten Semester benötigt man die Integralrechnung, damit man die Produzenten- und die Konsumentenrente berechnen kann. Oder wurde das bei Ihnen bloß mit Dreiecken gemacht?

Bömmel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

Deshalb sind Soziologie, Wirtschaft und Politik ja auch so erfolgreich und bewahren uns vor Armut, Krieg und allen Übeln … Ironie aus …

Bömmel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Genau! Außerdem: Hier wird so getan, als ob Integralrechnung so etwas anspruchsvolles sei. Vergleicht man das mit Deutsch, dann bewegt die Integralrechnung sich nicht auf dem Niveau von Goethes Faust, sondern eher auf dem von „Petzi baut ein Schiff“. Mit der Integralrechnung fängt Mathematik doch mal gerade erst an.

DerDip
1 Jahr zuvor

Die Integralrechnung muss für jedes MINT Studium verstanden und beherrscht werden.

Sicherer Umgang mit Stochastik und Statistik sind Voraussetzung für alle Studienrichtungen in denen in von Stichprobenerhebungen auf die Grundgesamtheit geschlossen wird, also auch z.B. in Sozialwissenschaften.

Keine Notwendigkeit sehe ich beim Studium von Sprachen. Allerdings sehe ich dort ehrlich gesagt auch keine Notwendigkeit eines Abiturs.

Englisch-Freund
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Was ist denn das für eine Überheblichkeit gegenüber Sprachwissenschaften..
Gleiches könnte man ja auch über das Jura oder Medizinstudium sagen..

Für Romanistik wird das große Latinum vorausgesetzt bzw muss neben dem Studium nachgeholt werden. Wenn das keine Sache für die Oberstufe ist

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

Das ist keine Überheblichkeit, sondern Realität.

Sprachwissenschaften sind doch eigentlich nur für das Lehramt wirklich relevant, ansonsten wird dies nirgendwo wirklich benötigt.

Eine Sprache an sich kann hingegen von allen möglichen Menschen gelernt werden, unabhängig von ihren kognitiven Fähigkeiten. Dafür sind keine Kenntnisse anderer Fächer nötig.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

Kognitiv herausfordernd sind weder Jura noch Medizin. Schwer macht diese Studiengänge die Stofffülle.

Ken Haddorf
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Autsch.
Schon wieder jmd, der den Mint-Fachbereich in seiner Wertigkeit durch Abwertung anderer Fachbereiche glorifiziert.

Hmm...
1 Jahr zuvor

Klar könnten wir am Gymnasium (gerade in Mathematik) besser arbeiten, mehr Stoff und diesen tiefgehender vermitteln, wenn da nur ‚geeignete‘ Schüler säßen. Und ja, die Kompetenz-Curricula nerven enorm.

Man sollte allerdings auch ehrlich bleiben.
Die Damen und Herren Professor/innen wünschen sich seit jeher nur lauter kleine Einsteins im Hörsaal.

Ich erinnere mich gut, dass bei uns (80-er Jahre im Osten) die Studenten reihenweise durch die erste Analysis-Prüfung rasselten.

Nur wir Vorkursler, die den Oberstufenstoff schon an einer Hochschule/UNI gelernt hatten, blieben weitestgehend verschont. Allerdings wurden wir bereits vor dem Vorkurs durch eine Aufnahmeprüfung „gesiebt“. Diese hatte auch schon etwa die Hälfte nicht bestanden, obwohl man nur auf Empfehlung der schulischen Fachlehrer teilnehmen durfte.

Also dieses „Früher war alles besser.“ und „Die DDR-Bücher sind der heilige Gral.“ stimmt so nicht.
Das ständige: Definition; Satz-Beweis, Satz-Beweis,… – also die echte Mathematik – kam auch für uns im Studium damals überraschend.

(Natürlich kann ich hier nur aus der Lehrer-Ausbildung berichten. Im Mathe-Direktstudium mag es anders gewesen sein.)

Walter Beumer
1 Jahr zuvor

Studiengang Schulmanagement!!!

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Beumer

Tatsächlich, jetzt seh ich’s auch.

Heidger Brandt
1 Jahr zuvor

Es ist immer wieder erstaunlich, welch unausgegorene Überlegungen eine Bühne erhalten, sie müssen nur laut und provokant genug daher kommen.

Sicher ist es dringendst notwendig, das viergliedrige Schulsystem in Deutschland wieder einzuführen.
Dieses wurde ja auch nicht abgeschafft, weil es so ineffizient war. Es ging, wie auch bei G-8 und der Abschaffung der reformierten Oberstufe mit ihren Leistungskursen bzw. dem Ersatz durch die “Profiloberstufe” mit ihren heterogenen wie überfüllten Profilkursen eingeschränkter Auswahl ebenso wie auch bei der ständigen Erhöhung der Klassenteiler und die Reduzierung der Ausbildungszeit der Referendare und der Erhöhung von deren selbstverantworteten Pflichtstunden und der regulären Pflichtstundenerhöhung usw. usw. immer nur um “alternativlose Sparmaßnahmen”. Mit diesen haben die wechselnden Regierungen jeder Couleur die ständig ausgeweiteten Steuergeschenke an Bestverdiener, reiche Erben, Vermögende, Spekulanten und Konzerne gegenfinanziert. So wurde das Weihnachtsgeld für die Beamten abgeschafft, um die abermalige Absenkung der Unternehmenssteuern gegenzufinanzieren, verkauft als “alternativlose Sparmaßnahme zur Konsolidierung der Haushalte”, obwohl diese nicht “konsolidiert”, sondern lediglich die nächsten selbstproduzierten Steuerlöcher notdürftig gestopft wurden.

Um das Leistungsniveau in Mathe und allen anderen Fächern wieder auf Hochschulreife zu heben, ist es vor allem notwendig, das Leistungskurssystem wieder einzusetzen, um so die Voraussetzung zu schaffen, dass die jeweiligen Begabungen das homogene Lernumfeld erhalten, in dem ihre maximale Förderung möglich ist.

Wichtig wäre entsprechend auch, das Fach Mathe in der Oberstufe bzw. nach Klasse 10 – wieder – abwählen und durch eine andere Naturwissenschaft – Bio, Chemie, Physik, Informatik, Technik,… – als schriftliches oder mündliche Prüffach ersetzt zu können.
Das wäre nicht nur für den Großteil der Schüler/innen eine Erlösung, zumal alle wichtigen Inhalte bis dahin bereits gelehrt wurden. Damit verbunden wären erhebliche Fortschritte in der Allgemein- und Spezialbildung anderer, wirklich elementarer Bereiche.

Hinzu kommt, dass die Unis es bis heute nicht geschafft haben, eine Methodik zu entwickeln, die es auch den sogenannten “gegenständlichen Denkern” ermöglicht, die klassischen Mathesachverhalte aufzunehmen und mit ihnen zu arbeiten.
Hier ist sicher ein Manko, dass Matheprofs i.d.R. keine pädagogisch-didaktische Ausbildung durchlaufen haben, sondern im Prinzip als “Fachidioten” nach wie vor lediglich die Tafel vollschreiben und die Studenten abschreiben. – Hier wäre es im ersten Schritt notwendig, dass die besten Mathelehrer/innen der Gymnasien, also diejenigen, die Mathe wirklich erklären können, auch die Ausbildung der zukünftigen Lehrer/innen übernehmen.

In derartige substantielle, für die Zukunft unseres Landes mitentscheidende Bereiche dringt die Kritik von Prof. Krötz leider nicht vor.

alter Pauker
1 Jahr zuvor

Eigentlich stellt sich doch die Frage, wo die eigentlichen Gründe für das vermeintliche Versagen herkommen. Die Betrachtung setzt nach meinem Verständnis viel zu hoch an und berücksichtigt nicht die eigentlichen Ursachen. Eigentlich seltsam für einen Professor, der in der Lage sein sollte, die Gesamtsicht eines Problems in Betracht zu ziehen-was auch etwas über seine “Kompetenz” aussagen mag.

Ich möchte, als nicht-gymnasiale Lehrkraft mit über 40 Jahren Berufserfahrung in HS, GS und FöS in Baden Württemberg dazu bemerken, dass viele Inhalte (vor allem in Mathematik und Deutsch, aber ebenso in den anderen Fächern) die ich zu Beginn meiner Laufbahn in der Hauptschule ab 1980 unterrichtete, im Laufe mehrerer Lehrplanreformen aus dem bisher gültigen Plan heraus “nach oben” verschoben wurden – so fanden sich Inhalte, die ich bisher mit Erfolg in den HS Klassen 7 – 9 unterrichten und vermitteln konnte, auf einmal in der Realschule wieder. Ab dieser Zeit begannen die Meister und Ausbilder der Betriebe zu jammern, dass die Hauptschul-Abgänger zu wenig wüssten und könnten, um eine Lehre zu beginnen. Es folgte eine zunehmende Abwanderung der „besseren“ SuS vor allem in die RS – und das durchschnittl. Intelligenzniveau der Schüler an den Hauptschulen sank.
Die Zeiten, als viele Hauptschüler nach der Abschlussprüfung der HS das “Zweijährige” zur Mittleren Reife machten, um im Anschluss ein Abitur zu machen, waren schlagartig vorbei. Nur noch einzelne schaffen heute diesen Weg. 

Alibi Argument der Lehrplangestalter: „Entlastung der Lehrpläne“. Stoffe der Realschule landeten in den Gymnasien. Bei zweien meiner eigenen Kinder, die das Gymnasium besuchten, konnte ich feststellen, dass unterrichtliche Inhalte und das Niveau schon 2001 um Einiges unter dem jenes Abiturs lagen, das mein eigener Jahrgang 1974 abgelegt hatte.

Dazu kam, dass mit der vorletzten Reform durch den Kompetenz-Nonsens die Inhalte noch mehr verwässert wurden, auch weil die Auswahl (der zuvor festgeschriebenen Stoffe) den KuK überlassen wurden und somit Kinder nach Abschluss der Grundschule durch die unterschiedlichen Inhalte, welche jeder einzelne Kollege und jede Kollegin persönlich als relevant empfunden hatte, um die verordneten Kompetenzen zu erreichen, mit völlig unterschiedlichem Wissensstand in den 5. Klassen der weiterführenden Schulen ankamen.

Todesstoß für die zuvor halbwegs homogenen Schülergruppen in den Klassen 5 von RS und GY, war dann noch die Aufhebung der verpflichtenden Grundschulempfehlung. Dadurch wurde den (teilweise gewissenlosen) Wunschträumen mancher Eltern, einen Gymnasiasten in der Familie („Meine Kinder sollen es besser haben und es mal zu etwas bringen“) zu haben. Also wurde und wird an RS oder GS angemeldet, obwohl z.B. im Beratungsgespräch an der Grundschule die HS empfohlen wurde, um das Kind nicht zu überfordern. Prestigebetonter Schulwahl wurde Tür und Tor geöffnet – was bis heute gilt. Wie so vieles in allen Schularten ist auch das politischer Nonsens, der schon an Kindesmisshandlung grenzt.

Bei einer Kooperations-Sitzung in einer RS, im ersten Jahr nach Aufhebung der verpflichtenden GS – Empfehlung, wurde mir auch schmerzhaft klar, warum die Problematik den KuK dort „weh“ tat: Sie wollten oder konnten nicht differenzieren und schlugen (tatsächlich!) vor, die zu schwachen „Hauptschüler“, die nicht hierher gehörten, hängen zu lassen – und nach der zweiten Wiederholung einer Klasse sei man die dann ja los (Originalton, nicht erfunden!).
Ich meine, dass die Problematik insgesamt nicht in den oberen Klassen der GY (aber auch RS) liegt, sondern schon in den Wurzeln unseres “Bildungsbaumes”, den Bildungsplänen und Rahmenbedingungen für die Grundschulen, zu faulen begonnen hat und sich in einer, von den Kultusministerien scheinbar gewollten, Verflachung des Bildungsniveaus bis zu den Abschlüssen fortsetzt.
 

Last edited 1 Jahr zuvor by alter Pauker
Englisch-Freund
1 Jahr zuvor
Antwortet  alter Pauker

Woher wissen Sie eigentlich noch so genau wie Ihr Abitur von 1974 aussah? Haben Sie es Zuhause vorliegen oder ist da etwa eine gewisse historische Verklärung mit dabei?

Es ist ja eine gewisse Ironie dass sich jede Generation als schlauer als die vorherige aber auch als dir nächste deklariert. Irgendwo kann diese Logik nicht ganz aufgehen:)

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

So ist die Halbwertzeit von Wissen eben angelegt:)

Sagt der Ältere zum Jüngeren:
“Ich weiß halt mehr als wie du!”

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Englisch-Freund

Durften Sie in Ihrem Abitur ein zweisprachiges Wörterbuch benutzen!? Gab es den Fehlerquotienten? Mussten Sie die Substitutionsregel wirklich ernsthaft benutzen?

Die Antworten lauten in der Reihenfolge nein und ja und ja.

Mit Schlauheit hat das alles nichts zu tun, mit reduzierten Anforderungen schon.

Englisch-Freund
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Ich kann darauf nicht seriös antworten weil ich es nicht mehr weiß..
In Sprachen auf einen reinen Fehlerquotienten zu gehen ist aber tatsächlich nachweislich Quatsch. Da macht die heutige hollistische Bewertung definitiv mehr Sinn

Last edited 1 Jahr zuvor by Englisch-Freund
Heidger Brandt
1 Jahr zuvor

@ Redaktion
Liebe Leute,
wenn die “Prüfung” der Kommentare halbe oder ganze Tage dauert, obwohl es dafür Softwareprogramme gibt, diese also erst freigeschaltet werden, wenn die Diskussion praktisch schon vorbei ist, weil keiner die verspätet freigeschalteten Beiträge mehr liest, dann kann man es eigentlich gleich lassen.

Heidger Brandt
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Liebe Redaktion,

ich verstehe Ihren Ansatz, der grundsätzlich ehrenwert ist.

Der Vergleich “mit Facebook oder einem anderen sozialen Medium” hinkt jedoch, denn durchaus seriöse Medien wie die Frankfurter Rundschau, FAZ und Handelsblatt, bei denen ich zwecks breiter Information ein Abo habe, sowie u.a. Focus, Merkur und Welt schaffen das praktisch in Echtzeit, so dass eine wirkliche Diskussion möglich ist.
Schade, dass das hier nicht klappt, was sicher an anderen Strukturen liegt, in die von außen kein Einblick besteht, gehen hier, in dem einzigen Medium, in dem überwiegend wirkliche Fachleute mitreden, durch die teilweise sehr große Verspätung doch wichtige Beiträge “unter”.

Herzliche Grüße,
Heidger Brandt

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Die genannten Zeitungen löschen auch nicht so viel, die elektr. Tagesschau auch nicht. Und kostenlos sind die normalerweise auch, man muss sich nur registrieren. Manche Artikel sind hinter einer Bezahlschranke, aber dafür gibt’s auch keine Reklame.

TaMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Heidger Brandt

Wenn Sie sich hier engagiert einbringen möchten, werden Sie feststellen, dass eine flüssige und schlüssige Freischaltung und Diskussion besteht. Es ist gut, dass die Redaktion persönlich prüft, was hier wie geschrieben wird. Es ist auch gut, selbst nach zwei Tagen noch einmal die entstandene Diskussion und den eigenen Beitrag zu lesen und zu reflektieren. Ich empfinde dieses Forum und die Redaktion als wertvoll und Wertvolles darf auch eine zeitliche Entwicklung haben.