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Nach Gerichtsklatsche: Kultusministerin zieht juristische Notbremse – sie will Arbeitszeitkonto für Lehrkräfte “neu aufsetzen”

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MÜNCHEN. Die juristische Auseinandersetzung um die Arbeitszeitkonten für Grundschullehrkräfte in Bayern geht weiter. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs wäre nächste Woche rechtskräftig geworden – doch Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hat im letzten Moment entschieden, juristisch dagegen vorzugehen. Sie sucht nach einer Lösung. Wie die aussehen kann, wurde vom Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) bereits skizziert.

Beschwerde im letzten Moment: Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler). Foto: Matthias Balk/Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) zu den umstrittenen Arbeitszeitkonten von Grundschul-Lehrkräften ist nicht rechtskräftig. Das Kultusministerium habe die Landesanwaltschaft gebeten, gegen das Urteil eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen, teilte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage mit. Der Grund: Das Kultusministerium wolle sicherstellen, dass auch im laufenden Schuljahr die Unterrichtsversorgung gewährleistet sei. Auch der VGH sehe darin in seiner Urteilsbegründung einen «öffentlichen Belang von überragender Bedeutung».

Hintergrund: Der VGH hatte gegen sein Urteil keine Revision zugelassen – dagegen richtet sich die Beschwerde. Die Aussichten, das Urteil selbst kippen zu können, gelten als gering. Das juristische Manöver dürfte vor allem dazu dienen, Zeit zu gewinnen. Dass die Lehrerinnen und Lehrer «jetzt nicht den Stift fallen lassen», hatte der BLLV allerdings zuvor schon erklärt.

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Der VGH hatte Mitte November entschieden, dass das verpflichtende Arbeitszeitkonto für Lehrerinnen und Lehrer an bayerischen Grundschulen nicht rechtens ist. Das Modell, das für Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen eine Ansparphase von fünf Jahren vorsieht, in der sie eine zusätzliche Unterrichtsstunde pro Woche leisten, die sie später wieder zurückbekommen, sei unwirksam. Geklagt hatte die Leiterin einer Grundschule. Das Modell war 2020 vom damaligen Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) eingeführt worden.

«Komplexes Verfahren», das Zeit braucht

«Selbstverständlich respektieren wir das Urteil des VGH, nehmen die Anregungen in der Urteilsbegründung gerne auf und arbeiten daran, ein Arbeitszeitkonto unter Beachtung der entsprechenden gerichtlichen Hinweise neu aufzusetzen», teilte der Ministeriumssprecher nun mit. «In diesem Zusammenhang wird auch der bereits begonnene Dialog mit der Schulfamilie und mit den Verbänden zur Unterrichtsversorgung natürlich weitergeführt. Dies alles wird – da es sich um ein komplexes Verfahren handelt – noch Zeit in Anspruch nehmen.»

Ministerium verweist auf Fachkräftemangel an den Schulen

Grundsätzlich gelte, dass das Arbeitszeitkonto einen wesentlichen Beitrag leiste, «um in Zeiten eines alle Branchen betreffenden Fachkräftemangels die Unterrichtsversorgung sicherzustellen und so die beste Bildung für Bayerns Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen». In dem Urteil sei auch aufgezeigt worden, welche Nachbesserungen erforderlich sind. «Wir sind zuversichtlich, dass wir auf diesem Weg im Einklang mit der Schulfamilie und den Verbänden gemeinsam zu einer tragfähigen und rechtssicheren Lösung gelangen werden.»

Das Kultusministerium hatte Grundschullehrkräfte 2020 verpflichtet, in Vollzeit fünf Jahre lang 29 statt der geplanten 28 Unterrichtsstunden (à 45 Minuten) pro Woche zu leisten. Nach den fünf Jahren sollte eine dreijährige Wartephase folgen. In den fünf Jahren danach sollten nur 27 Stunden geleistet werden, was das Konto dann wieder ausgleichen sollte. Die Maßnahme sollte auch dazu dienen, erfahrene Grundschullehrkräfte etwa an Förderschulen abzuordnen, wo ein erheblicher Mangel an Lehrerinnen und Lehrern herrscht.

Der skizzierte in einer Pressemitteilung gestern eine mögliche Lösung: «Es könnte zum Beispiel ein 3 – 1 – 3 Modell kommen (3 Jahre ansparen – 1 Jahr warten – 3 Jahre Ausgleich). Aber auch dieses Modell hätte Konsequenzen für alle einzelnen Gruppen der Grundschullehrkräfte. Die einen müssten die Mehrarbeit durch Freizeit, die anderen finanziell ausgeglichen bekommen und die jüngeren Grundschullehrkräfte müssten evtl. sogar noch die eine Unterrichtsstunde für ein, zwei Jahre ansparen. Der BLLV hätte für die Lehrkräfte beim Ausgleich gerne eine Wahlmöglichkeit zwischen Geld und Freizeit, so Nitschke. Oder, noch weiter gedacht, 6,5 Tage pro Grundschullehrkraft (dies sind ein Jahr lang eine Unterrichtsstunde pro Woche), die während des Schuljahres als freie Tage genommen werden dürften – eine Rückgabe nach den Bedürfnissen der einzelnen Lehrkraft, so flexibel wie möglich.» (News4teachers berichtete.) News4teachers / mit Material der dpa

Kultusministerium in Nöten: Gericht kippt Arbeitszeitkonto für Grundschul-Lehrkräfte

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