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Tabuthema Wechseljahre: Wie Schulen Lehrerinnen besser unterstützen können

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MÜNCHEN. Wechseljahresbeschwerden belasten viele Lehrerinnen – doch am Arbeitsplatz Schule bleibt das Thema oft unausgesprochen. Eine Umfrage des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) zeigt, wie groß der Bedarf an Kommunikation und Unterstützung ist. Die Ergebnisse fordern zu einem Umdenken auf.

Die Menopause setzt vielen Frauen im ohnehin belasteten Lehrberuf zu. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

In einem Beitrag der Apotheken Umschau zum Thema „Heiße Phase: Voll im Job, voll in den Wechseljahren“ wurde der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes Stefan Düll zum Thema befragt. Seine Antwort: „Die Menopausen-Thematik habe ich so für meinen Berufsstand noch nicht wahrgenommen.“ Dadurch, dass Lehrerinnen sehr viel im Home Office arbeiten würden, werde vieles aufgefangen. „Die Frauen sind letztlich Herrin der eigenen Zeit, so lange sie nicht im Unterricht stehen“, so Düll weiter.

Also kein Problem? Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hat nun knapp 2.000 weibliche Mitglieder im Alter zwischen 40 und 59 Jahren befragt, wie sie zum Thema „Wechseljahre am Arbeitsplatz Schule“ stehen. Daraus ergibt sich ein anderes Bild: Die Beschwerden, die Lehrerinnen und Schulleiterinnen in den Wechseljahren erleben, sind vielseitig. Laut der Umfrage führen Erschöpfung (76 Prozent), Reizbarkeit (51 Prozent) und Hitzewallungen (43 Prozent) zu erheblichen Beeinträchtigungen im Arbeitsalltag. Auch hormonbedingte Migräne (40 Prozent) und Schlafstörungen beeinträchtigen viele Lehrerinnen massiv.

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Gleichwohl zeigt sich ein erhebliches Defizit in der Kommunikation am Arbeitsplatz: Nur eine Befragte hatte jemals mit ihrer Schulleitung über Wechseljahresbeschwerden gesprochen. Rund 94 Prozent der Befragten gaben an, dass nie oder nur selten am Arbeitsplatz über das Thema „Wechseljahre“ gesprochen wird. Zeitgleich wünschen sich 82 Prozent eine offenere Kommunikation. Die Hälfte der Befragten sagten, dass Wechseljahre an ihrem Arbeitsplatz ein Tabuthema sind. Eine Befragte wünschte sich „…mehr Verständnis seitens unseres Arbeitgebers und die Möglichkeit zur Stundenreduzierung aufgrund von Wechseljahresbeschwerden. Oft wird man als Frau in den Wechseljahren belächelt.“

Trotz Beschwerden ließen sich nur 14 Prozent der Befragten krankschreiben. Eine Krankmeldung sei oft nur mit „schlechtem Gewissen“ möglich. Insgesamt gab es unter allen Befragten ein großes Bedürfnis nach Wissen und Kommunikation zum Thema Wechseljahre. 40 Prozent gaben an, dass sie ihre Stunden wegen der Wechseljahre reduziert haben. Was kann der Arbeitgeber Schule tun, um Lehrerinnen zu entlasten? Die vier wichtigsten Wünsche von Betroffenen:

  1. Flexible Teilzeitmöglichkeiten
  2. Sensibilisierung für die Thematik in Gesellschaft und Schule (Führungskräfte, Kollegium)
  3. Flexibilität im Arbeitspensum & Rücksichtnahme bei der Stundenplanung
  4. Klimatisierung der Klassenräume, Rückzugsmöglichkeiten und gepflegte Sanitäranlagen

„Es gibt Redebedarf! Das hat die Umfrage bestätigt und das wurde in Gesprächen mit den Mitgliedern an mich herangetragen“, erklärt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. „Der Austausch unter den Kolleginnen war spannend und die Reaktionen auf die Umfrage ganz unterschiedlich. Besonders hat mich die Empathie und das Interesse vieler männlicher Kollegen berührt. Es hat mir auch gezeigt, es gibt keinen Grund, etwas zu tabuisieren, was so viele Lehrerinnen und Fachkräfte an Schulen belastet.“ Lehrkräftegesundheit sei eine große Herausforderung, die sich direkt auf den Lehrkräftemangel auswirke.

„Hitzewallungen erwischen einen ganz anders vor einer Klasse, als wenn man alleine im Büro vor dem Computer sitzt“

„Mittlerweile haben ja auch die großen Unternehmen erkannt, dass Menopause ein Thema ist, mit dem sie sich beschäftigen müssen. Es ist ein ökonomischer Zwang in Zeiten des Fachkräftemangels. Kluge Unternehmen investieren in Strukturen, die Frauen in den Wechseljahren unterstützen. Seien es Aufklärungsveranstaltungen für Mitarbeiterinnen oder Führungskräfte-Workshops“, sagt die Frauenärztin Claudia Sievers im BLLV-Interview.

Sie betont: „Das könnte ich mir auch für Schulen vorstellen: Infoveranstaltungen für das gesamte Kollegium, damit ein breiteres Wissen da ist. Aber besonders wichtig ist das Thema natürlich auch für die Schulleitung, damit sie ein gutes Arbeitsumfeld schaffen kann.“

Und was macht ein solch gutes Arbeitsumfeld aus? Sievers: „Das Hauptproblem in der Menopause ist Erschöpfung und Schlafmangel. Das ist natürlich besonders problematisch für Lehrerinnen, die um 8 Uhr vor der Klasse stehen müssen. Hitzewallungen erwischen einen auch ganz anders vor einer Klasse, als wenn man alleine im Büro vor dem Computer sitzt. Wichtig ist, dass grundsätzlich ein offenes Klima rund um dieses Thema mit Kollegium und Schulleitung herrschen sollte. Schulen könnten Lehrerinnen in den Wechseljahren kurze, fest eingeplante Pausen zwischen den Unterrichtsstunden gewähren. Ein Ruheraum oder eine Rückzugsmöglichkeit für eine kurze Pause könnte in solchen Fällen hilfreich sein, um wieder Energie zu tanken. Mal raus aus dem großen Lehrerzimmer. Innerhalb der Grenzen der Stundenplangestaltung könnten betroffene Lehrerinnen nach Möglichkeit eine etwas spätere Unterrichtszeit beantragen, die besser zu ihrem Energielevel passt.“ News4teachers

Hier geht es zum vollständigen Interview mit Claudia Sievers.

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