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Brandbrief-Schule: Flüchtlinge sofort in Regelklassen zu unterrichten, funktioniert nicht

BERLIN. Willkommensklassen für Geflüchtete, gemeinsamer Sportunterricht für Mädchen und Jungen und eine Nulltoleranz-Strategie gegen Gewalt: Der neue Leiter der Bergius-Schule will die Probleme der Einrichtung angehen – aber nicht auf die Rezepte seines Vorvorgängers setzen.

Der Brandbrief der Bergius-Schule sorgte für bundesweite Schlagzeilen. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Der neue Leiter der Friedrich-Bergius-Schule in Berlin-Friedenau, Engin Çatik, hat bereits einige Ideen, um die Probleme der Einrichtung anzugehen. «Ich habe einen Werkzeugkoffer und weiß, welche Elemente eine Schule braucht, um zeitgemäße Bildung anzubieten», sagte er dem «Tagesspiegel». Unter anderem möchte er für geflüchtete Jugendliche ohne Deutschkenntnisse Willkommensklassen einrichten.

«Die Willkommensschüler werden hier bisher in Regelklassen beschult», sagte er. «Das funktioniert nicht, wenn Sie Schüler haben, die noch nie zur Schule gegangen sind oder bisher nur arabische oder kyrillische Schriftzeichen kennengelernt haben.» Die extreme Spreizung in der Schülerschaft habe die Lehrkräfte vor große Herausforderungen gestellt.

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Von bestimmten Disziplinarmaßnahmen wie etwa dem Hoffegedienst hält der Pädagoge nichts. «Ich bin dafür, dass man Fehlverhalten aufarbeitet. Die Sanktionierung muss aber zu dem Fehlverhalten passen, damit die Kids auch verstehen, was sie falsch gemacht haben», sagte er.

Hintergrund: Michael Rudolph, der die Friedrich-Bergius-Schule in Berlin-Friedenau bis vor einigen Jahren leitete und der dabei als «Berlins strengster Rektor» galt, hatte gemeinnützige Arbeit als Sanktion angeregt (News4teachers berichtete). Zu seinen Dienstzeiten hätten verspätete Schüler in der ersten Stunde etwa im Herbst die Blätter auf dem Schulhof zusammenfegen müssen.

Çatik versicherte: Gleichwohl gelte für Gewalt eine Nulltoleranz-Strategie. Vergangene Woche soll an der Schule ein 15-Jähriger einem gleichaltrigen Mitschüler Reizgas ins Gesicht gesprüht haben. «Das war eine Grenzüberschreitung und kein normales pubertierendes Verhalten», sagte Çatik. «Wir haben die Polizei eingeschaltet. Dieser Jugendliche muss verstehen, das war ein Gesetzesverstoß.» Eine Klassenkonferenz soll darüber beraten, ob ein Antrag auf Schulverweis gestellt wird.

«Die Aufgabe einer Schule ist es, die Jugendlichen auf Begegnungen zwischen Mann und Frau vorzubereiten»

Der neue Leiter sprach sich außerdem für gemeinsamen Sportunterricht von Jungen und Mädchen aus, der an der Schule bisher getrennt stattfindet. «Ich kann mir vorstellen, dass sich junge Mädchen manchmal unwohl fühlen oder auch mal Jungs. Aber die Aufgabe einer Schule ist es, die Jugendlichen auf Begegnungen zwischen Mann und Frau vorzubereiten.» Sollte es Vorbehalte bei Eltern geben, werde er Gespräche mit diesen führen.

Die Bergius-Schule war im vergangenen November in die Schlagzeilen geraten, weil das Kollegium in einem Brandbrief von Problemen mit aggressiven, gewaltbereiten und bildungsfernen Schülern berichtet hatte, die zum Teil kein Deutsch sprächen und zuvor noch nie eine Schule besucht hätten. Es gebe eine «bedrohliche Gewaltbereitschaft und verbale Übergriffe» vor allem der männlichen Schüler (News4teachers berichtete).

Den Brief unterschrieb auch die Schulleiterin, die dann in der Folge von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) freigestellt wurde. Çatik übernahm Ende Januar die Leitung der Schule. Bisher leitete der Pädagoge die Johanna-Eck-Schule in Tempelhof. Dort habe er bewiesen, dass er Krisen meistern könne, sagte Günther-Wünsch. News4teachers / mit Material der dpa

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