BERLIN. Eine Schule in Berlin-Friedenau geriet zuletzt mehrfach wegen Gewaltproblemen in die Schlagzeilen. Nach einem Brandbrief des Kollegiums ist dort nun ein personeller Wechsel vollzogen worden. Gesamtelternsprecher Andreas Thewalt reagierte mit scharfer Kritik an Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) auf die Ablösung der bisherigen Schulleiterin. «Es ist unerhört, wie mit Leuten wie der Schulleiterin umgegangen wird. Die Empörung ist riesengroß», sagte er.

Nach Vorfällen mit gewaltbereiten Schülern und einem Brandbrief des Kollegiums hat die Friedrich-Bergius-Schule in Berlin-Friedenau eine neue Leitung bekommen. Am heutigen Freitag nahm der neue kommissarische Schulleiter Engin Çatik seine Arbeit in der Sekundarschule auf.
Bisher leitete der Pädagoge die Johanna-Eck-Schule in Tempelhof. Dort habe er bewiesen, dass er «Krisen meistern kann», so erklärte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch zuvor im Fachausschuss des Abgeordnetenhauses (News4teachers berichtete). An der Schule hatte es vor einigen Jahren zahlreiche Konflikte gegeben, die sich mittlerweile in Luft aufgelöst zu haben scheinen.
Die bisherige Bergius-Schulleiterin wurde «aufgrund von fachlichen Entscheidungen freigestellt», wie Günther-Wünsch es formulierte. «Das Ziel ist es jetzt ganz klar, die Schule zu stabilisieren. Und das passiert.»Dem Vernehmen nach war die nun abgelöste Schulleiterin noch in der Probezeit.
«Dieses Verhalten ist schlicht schäbig. Das Kollegium war völlig geschockt und hat der Schulleitung die volle Unterstützung ausgesprochen», erklärte Gesamtelternsprecher Andreas Thewalt mit Blick auf die Ablösung. Schülerinnen und Schüler hätten der Schulleiterin Blumen übergeben, eine 10. Klasse einen Solidaritätsbrief geschrieben.
«Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass die Bergius-Schule nicht eine besondere Brennpunktschule ist»
Günther-Wünsch verwies hingegen darauf, dass die Bergius-Schule zu 100 Prozent mit Personal ausgestattet sei und keine andere Schülerzusammensetzung habe als umliegende Schulen. «Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass die Bergius-Schule nicht eine besondere Brennpunktschule ist, sondern wir jetzt den Fokus darauf legen müssen, eine gute Schulentwicklung und Qualitätsentwicklung an dem Standort voranzubringen.» Es gebe diverse Unterstützungsangebote für die Schule.
Die Bergius-Schule war im vergangenen November in die Schlagzeilen geraten, weil das Kollegium in einem Brandbrief von Problemen mit aggressiven, gewaltbereiten und bildungsfernen Schülern berichtet hatte, die zum Teil kein Deutsch sprächen und zuvor noch nie eine Schule besucht hätten. Es gebe eine «bedrohliche Gewaltbereitschaft und verbale Übergriffe» vor allem der männlichen Schüler. Den Brief unterschrieb auch die Schulleiterin.
Vor rund einer Woche gab es dann einen weiteren Vorfall mit gewaltbereiten Schülern im Umfeld (News4teachers berichtete auch darüber). Nach einer «Jagd» auf einen Schüler der Friedrich-Bergius-Schule, für die Jugendliche anderer Schulen verantwortlich sein sollen, musste die Polizei zu einem größeren Einsatz anrücken. Die Schulleitung berichtete auch von einem eingegangenen Drohbrief auf Arabisch. Anschließend stand die Schule tagelang unter Polizeischutz. News4teachers / mit Material der dpa
Wieso “unerhört? – Ganz normaler Geschäftsvorgang. Wofür gibt es denn zwischen Schulleitung und Ministerium die Schulaufsichtsbehörde? Schließlich muss ja eine Institution die oberste Schulbehörde vor den Anwürfen subalterner Bediensteter bewahren – wo kämen wir denn sonst hin?
Und es wird immer krasser:
„Während sich der designierte neue Schulleiter Engin Çatık bei seinem Einstand am Freitag über ein „sehr faires Willkommen“ freute, sprachen Lehrkräfte dem Vernehmen nach von einem „angsteinflößenden“ Auftritt der Schulbehördenvertreter.
Um Çatık dem Kollegium vorzustellen, war am Freitag eine „Dienstbesprechung“ angesetzt. Anstatt dem beliebten bisherigen Leiter der Johanna-Eck-Schule das Feld zu überlassen, hätten die Vertreter der Schulbehörde die Sitzung dominiert und ein „bedrückendes Klima“ geschaffen, indem sie möglichen Kritikern des Neuanfangs zu verstehen gegeben hätten, dass ihr Platz nicht mehr an der Bergius-Schule sei, hieß es nach der Sitzung.“
Ich habe so etwas in ü25 Jahren Berufsausübung immer wieder erlebt. Die Vertreter der Schulaufsicht, die ich kenne, haben mit einer einzigen Ausnahme keine Diskussion oder gar Widerspruch geduldet. Es ging sehr selten darum, gemeinsam mit der Schulgemeinde (Lehrer, Eltern, Schüler) herauszuarbeiten, was das Beste für die Entwicklung der Schule wäre – nein, es ging darum, bei Problemen schnellstmöglich „Ruhe im Karton“ zu haben und nach oben gut dazustehen. Wer sich für seine Schule einsetzt und ggf. gegen die Vorstellungen des Schulaufsichtbeamten handelt, wer immer wieder mit: „Das Problem ist noch nicht gelöst und durch Totschweigen wird es dass auch nicht“ nervt, wird abgestraft. Wer solcherlei auch noch in die Öffentlichkeit bringt, kann mit dem Vorgehen wie gegenüber der Direktorin der Bergius rechnen.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-rausschmiss-seiner-vorgangerin-so-verlief-der-einstand-des-neuen-leiters-der-berliner-bergius-schule-13085851.html
Den Protest unterstütze ich voll und ganz. Ich war auch perplex, als ich las, mit welcher Gutsherrenmanier Frau Günther-Wünsch die Schulleiterin abgesetzt hat, weil dir ihr widersprochen hat. Aber so kennen wir Frau Günther-Wünsch von der CDU. Ganz Berlin hat sich quasi gegen die 5 Teilbereiche in Deutsch auf dem Zeugnis ausgesprochen. Frau Günther-Wünsch soll die gewesen sein, die letztendlich die allseits gewünschte Reform gestoppt hat. Und ja, wir wissen ja auch schon, wie die CDU Berlin (zusammen mit der SPD Berlin) mit den älteren Lehrern umgeht, die nicht mehr verbeamtet werden können und was da mal vor den Wahlen alles großmaulig versprochen worden war. Aber das ist eben die CDU Berlin. Typisch, möchte ich sagen.
Ich bin ziemlich ratlos, was diesen Fall betrifft. Bzw., mir fehlen hier zu viele Informationen (auch Interna), die für eine halbwegs solide Einschätzung vonnöten wären.
Zu sagen “mit welcher Gutsherrenmanier Frau Günther-Wünsch die Schulleiterin abgesetzt hat, WEIL die ihr widersprochen hat” (Hervorhebung und Tippfehlerbereinigung von mir) empfinde ich allerdings als sehr problematisch. Das ist schließlich eine reine Spekulation über den Grund ( oder Anlass?) der Abberufung.
Das konnte man aber in anderen Artikeln lesen, dass die Senatorin sauer war, weil die Schulleitung den angebotenen Wachschutz abgelehnt hat. (usw.)
Auch hat sie wohl behauptet, die Schulleiterin sowie die Stellvertreterin seien noch in der probezeit gewesen- wohl um sie als Anfängerinnnen ohne Kompetenz zu diskreditieren. Laut Schulwebseite sind beide seit November 2021 im Amt…
Ein Schelm, ……
Dass die Senatorin “sauer war” ist doch ebenfalls eine von Außen getätigte Vermutung. Oder hat die Senatorin (könnte ja sein, dass ich das überlesen habe) genau das gesagt: “Ich bin sauer, dass die SL den angebotenen Wachdienst abgelehnt hat, und deshalb wird es persönliche Konsequenzen für die SL haben”?
https://www.bz-berlin.de/berlin/tempelhof-schoeneberg/bergius-schule
Hier können Sie es nachlesen. Diese Senatorin von der CDU ist eine Katastrophe für Berlin.
Ich glaube, niemand in Berlin verbindet noch Hoffnungen mit Katharina Günther-Wünsch und ihrer CDU. Der lächerliche Nachteilsausgleich stammt aber von SPD, Linken und Grünen!! Die CDU versprach in den Opposition einen besseren. Das war eine Lüge.
Nein wirklich nicht. Bei mir läuft die Planung zur Exitstrategie auch auf Hochtouren
Gut, dass man den Elternvertretern keinen Maulkorb verordnen kann. Da zieht das Dienstrecht nicht. So kommt wenigstens etwas Gegenwind.
In meiner Schulzeit hab ich mal gelernt, dass der Beamtenstatus (va. die Unkündbarkeit) die Unabhängigkeit der Behörden sichern soll.
Heut weiß ich: Das Gegenteil ist eher der Fall. Der Druck wird nicht über Kündigungsdrohungen ausgeübt, sondern über das Dienstrecht, speziell darüber, dass viele Beamte (hier Lehrer) kein Alternative haben, also faktisch kaum kündigen können und folglich wehrlos sind.
Dem Beamten ist die Flucht in die Öffentlichkeit verwehrt. Statt dessen gibt es aber eine Remonstrationspflicht. Beamte sollten das wissen. Offensichtliche Brandbriefe verstoßen dagegen.
Ach ja… Remonstration … klingt gut, habe ich auch schon mal gemacht… der Erfolg… ein weiterer Tropfen, der mein Fass für vorgezogenen Ruhestand füllte, bis es überlief 🙂
https://www.dbb.de/lexikon/themenartikel/r/remonstrationspflicht.html
Das schöne daran ist ja, man remonstriert bei dem, dessen Anweisung oder Vorgehen man nicht in Ordnung findet. Erst danach bei der höheren Stelle.
In meinem Fall waren die meisten Kollegen im Lehrerzimmer der gleichen Meinung wie ich (sonst hätte ich gar nicht erst eine Remonstration in Erwägung gezogen). Als die SL dann wegen meiner Remonstration eine Dienstberatung einberief, “drehte” die SL ihre umstrittene Entscheidung so geschickt, dass keiner mehr widersprach. Als ich danach ein paar Kollegen fragte, warum sie gekniffen haben – Antwort: “Bringt doch eh alles nichts.” Und die Kollegin, die “wir” eigentlich vor Überlastung schützen wollten, bedankte sich bei mir, aber meinte: “Krieg ich irgendwie gebacken.” (Es ging um die Umsetzung eines schwierigen Schülers in ihre ohnehin schwierige Klasse – aber sie hatte eben den Ruf, mit allem und jedem klar zu kommen. Ein Jahr später verließ diese Kollegin die Schule, u. a. aus gesundheitlichen Gründen)
Ist ja normal, man kriegt all die Beamten-Privilegien eben nicht ohne Gegenleistung!
Dieses Verhalten der Schulbehörde betrifft Angestellte ganz genauso.
… nur können die Angestellten nicht remonstrieren …
Wenn ich an mein Studium zurückdenke, vermute ich, viele unterschätzen, was Beamtentum bedeutet. Bei uns lief das immer unter “sicherer Job, gutes Gehalt, Pension”, also um die Vorteile.
Über den Unterwerfungsaspekt haben wir uns keinerlei Gedanken gemacht. Bis man im Referndariat gemerkt hat, dass man als Lehrer gefühlt unfreier ist, als man es als Schüler war.
Nichts ist heute leichter, als Probleme anonym öffentlich zu machen.
Wer sich über die giftige Handlungs- und Kommunikationsweise der Frau Günther-Wünsch wundert, kennt wahrscheinlich ihre Vorgeschichte mit Herrn Thewald nicht. Der hat ihr im Februar letzten Jahres schonmal Beine gemacht. Im Dezember hatte er wieder Anlass, worauf sie gereizt zurückgeschlagen und die nächstbeste Schulleiterin geschlachtet hat. Tja…
Ich wünsche mir langsam Sandra Scheeres zurück. 😀
Mir kommt da noch ein ganz anderer Gedanke: Vielleicht wurde ja bewusst für diese Problemschule jetzt ein männlicher Schulleiter mit Migrationshintergrund ausgewählt. Das ist wahrscheinlich erst einmal keine schlechte Idee, zumal er viel Erfahrung hat.
Aber: auf den zweiten Blick könnte es manche Menschen in ihrer Ansicht stärken, dass Frauen es nicht bringen und man vor denen keinen Respekt haben muss (war diese Ansicht nicht auch ein Problem an dieser Schule – Respekt gegenüber weiblichen Lehrern?). Ich hoffe, dass geht jetzt nicht nach hinten los und alle weiblichen Lehrer dort werden jetzt weggemobbt.