Clemens geht davon aus, dass der Lehrermangel bis dahin Geschichte ist. Schon im kommenden Schuljahr gebe es 2.500 Mädchen und Jungen weniger in den Grundschulen. «Wir werden in wenigen Jahren darüber sprechen, dass wir keinen Lehrermangel mehr haben.» Die jetzt ergriffenen Maßnahmen würden schon in diesem Herbst eine erste Wirkung zeigen.
Laut Kultusministerium fehlen in Sachsen derzeit mindestens 1.400 Vollzeit-Lehrer. Im ersten Schulhalbjahr 2024/2025 lag der Anteil ausgefallener Unterrichtsstunden bei 9,4 Prozent. Je nach Schulform und Region gebe es aber deutlich mehr Ausfall. Clemens zufolge sollen die Maßnahmen dazu beitragen, die Oberschulen zu stärken, Lehrer zu entlasten und Bürokratie abzubauen.
Kultusminister bessert bei Altersermäßigung nach (ein bisschen) – SLV: «PR-Trick»
In einem Punkt besserte der Kultusminister bezogen auf einen ersten Entwurf nach. Die Altersermäßigungen – Stunden, die Lehrer ab einem bestimmten Alter weniger halten müssen – werden angepasst. Ab dem 60. Lebensjahr gibt es nun eine Ermäßigungsstunde. Mit dem Erreichen des 62., 64. und 66. Lebensjahres folgen weitere Stunden – also insgesamt vier.
Der Sächsische Lehrerverband (SLV) erklärt allerdings, dass es sich dabei um eine deutliche Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Regelung handele. Aktuell sind es drei Stunden weniger ab dem 58. Lebensjahr. «Das ist kein Entgegenkommen, sondern ein PR-Trick. Die Kernkritik bleibt bestehen: Alle anderen Maßnahmen bedeuten eine deutliche Verschlechterung der Bildungsqualität und Mehrarbeit für alle Lehrkräfte – unabhängig von Alter, Funktion oder Schulart», so der Vorsitzende Michael Jung.
Weitere Punkte der insgesamt 21 Maßnahmen betreffen den Unterricht. So werden mehr digitale Formate und mehr fächerübergreifender Unterricht angestrebt. Klausuren und Klassenarbeiten sollen reduziert werden, um den Korrekturaufwand zu verringern. Auch bei den Prüfungen gerade in der Oberschule soll es Erleichterungen geben. Zudem wird der Unterricht in den Klassen für Kinder aus Migrantenfamilien gestrafft. Sogenannte Anrechnungsstunden, die Lehrer für bestimmte Tätigkeiten als Entlastung gewährt bekommen, sollen um etwa 10 Prozent gekürzt werden.
Der SLV überschrieb seine Stellungnahme mit «Ziel verfehlt» und wies die geplanten Maßnahmen zurück. «Die Vorhaben gehen einseitig zulasten der Lehrkräfte, werden den Krankenstand weiter in die Höhe treiben und die vorzeitige Beendigung des Schuldienstes mit 63 Jahren zusätzlich begünstigen», hieß es. «Diese Maßnahmen werden die Unterrichtsversorgung nicht verbessern. Im Gegenteil: Die Belastung an den Schulen wird noch stärker zunehmen, die Stimmung bei den Betroffenen weiter kippen», betont Jung. Trotz massiver Proteste und offener Kritik halte Clemens unbeirrt an seinem Kurs fest. Die Gewerkschaften hatten im Zusammenhang mit dem Maßnahmenpaket zu vier Demonstrationen aufgerufen.
«Keine der Maßnahmen löst die Probleme des eklatanten Personalmangels und des hohen Unterrichtsausfalls»
Die GEW wirft dem Kultusmininister «Ignoranz in der Diskussion um Bildungsqualität und Unterrichtsabsicherung» vor. «Statt auf die Verhandlungsangebote einzugehen und die Maßnahmen grundlegend zu überarbeiten, gab es nur Scheinbeteiligung und strategisches Geschacher. Immerhin war er durch unseren Druck zu Anpassungen gezwungen», erkärt GEW-Chef Burkhard Naumann. «Die Ignoranz des Kultusministers gegenüber dem öffentlichen Diskurs ist nicht nur ein Bärendienst an der Demokratie. Das Gesamtpaket wird die Schulbildung in Sachsen nachhaltig beschädigen. Wir sind wütend!»
Claudia Maaß, stellvertretende Landesvorsitzende der GEW, betont: «Keine der Maßnahmen löst die Probleme des eklatanten Personalmangels und des hohen Unterrichtsausfalls. Stattdessen führen sie zu noch mehr Belastung und verschlechtern die schulischen Arbeitsbedingungen und die Bildungsqualität in Sachsen. Die enthaltenen Entlastungen sind dagegen nur leere Versprechen ohne Umsetzungspläne und ohne Finanzierung. Es bleibt noch weniger Zeit für guten Unterricht und für die Schülerinnen und Schüler. In diesem Zustand sinkt die Attraktivität weiter und es werden sich noch weniger Menschen für den Beruf begeistern können, während ältere Lehrkräfte schneller in den Ruhestand wechseln als bisher.» News4teachers / mit Material der dpa
