ERFURT. Mit Lehramtsanwärter*innen gegen den Unterrichtsausfall: Thüringens Referendarinnen und Referendare sollen künftig mehr unterrichten – freiwillig und gegen Bezahlung. Bildungsminister Christian Tischner (CDU) sieht darin eine Win-win-Situation und plant dafür, tief in die Tasche zu greifen.
Angehende Lehrerinnen und Lehrer sollen sich in Thüringen mit zusätzlichen Unterrichtsstunden etwas hinzuverdienen können. «Wir haben viele engagierte Lehramtsanwärter, die jetzt zusätzliche Praxis sammeln können – und das auch vergütet bekommen», sagt Thüringens Bildungsminister Christian Tischner (CDU).
Ab dem kommenden Schuljahr soll der vergütete Nebenjob für die Lehramtsanwärter*innen starten. Nach Informationen ist eine Vergütung nach TV-L E13 geplant – also auf dem Niveau einer fertig ausgebildeten, aber nicht verbeamteten Lehrkraft. Die neuen Regeln sollen beim Kampf gegen Unterrichtsausfall helfen.
«Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Unterrichtsausfall spürbar zu reduzieren. Dazu schöpfen wir alle Möglichkeiten aus», so Tischner. Bisher unterrichten Lehramtsanwärter selbstständig maximal zwölf und nach Bestehen des zweiten Staatsexamens maximal 15 Stunden pro Woche an den Schulen. Nun sollen sie freiwillig mehr unterrichten können und die Extra-Stunden vergütet bekommen. Ein ähnliches Modell gibt es bereits im Nachbarbundesland Sachsen.
Linke: Referendare brauchen Zeit für Ausbildung
Kritik an der Idee kommt von der Linken-Fraktion im Thüringer Landtag: «Ich glaube, dass unsere Referendarinnen und Referendare so gut vergütet sein müssen, dass sie es gar nicht nötig haben, irgendwo noch nebenbei zu arbeiten», sagt die bildungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulrike Grosse-Röthig.
Das Referendariat sei eine «harte Zeit» für die Lehramtsanwärter. Es sei wichtig, dass sie sich bestmöglichst auf den Schuldienst vorbereiten könnten und die Ausbildung nicht darunter leide, «dass noch die Erwerbsnotwendigkeit woanders besteht», so Grosse-Röthig. Stattdessen müssten endlich mehr Lehrerinnen und Lehrer in den Schuldienst gebracht werden.
Fast 1.000 Lehramtsanwärter in Thüringen
Das Bildungsministerium plant nach eigenen Angaben, die Lehramtsanwärter*innen für eine Arbeitszeit von maximal acht Wochenstunden einzusetzen – das entspricht fünf Lehrerwochenstunden Unterrichtszeit. Für die Dauer ihres Referendariats sollen die «Nebenjobber» einen befristeten Arbeitsvertrag bekommen.
Derzeit gibt es in Thüringen 923 Lehramtsanwärterinnen und -anwärter nach Angaben des Bildungsministeriums. Würde nur ein Drittel von ihnen das Jobangebot nutzen, könnte so nach Informationen bereits der Umfang an Unterrichtsstunden für 58 Vollzeitlehrkräfte abgedeckt werden. «Mit der freiwilligen Hinzuverdienstmöglichkeit werden wir entscheidende Ressourcen erschließen und unsere Schulen stärken», so Tischner. «Die Entscheidung, ob einer Nebentätigkeit zuzustimmen ist, treffen die Ausbildungsschulen in Abstimmung mit dem Studienseminar und dem jeweils zuständigen Schulamt», heißt es vom Bildungsministerium. News4teachers / mit Material der dpa
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