STUTTGART. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, hat eine Diskussion losgetreten, die für viele Lehrkräfte einem Frontalangriff auf ihren Berufsstand gleichkommt: In einem Interview mit dem SWR fordert sie, Lehrerinnen und Lehrer künftig nicht mehr zu verbeamten. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) kontert heftig – und warnt vor einem Angriff auf die Bildungsqualität in Deutschland.
Im Videopodcast „Zur Sache! intensiv“ des SWR erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele: „Ich würde das Berufsbeamtentum in einigen Bereichen infrage stellen.“ Konkret forderte sie, dass Lehrkräfte – ebenso wie Beschäftigte in der Verwaltung – nicht mehr verbeamtet, sondern künftig angestellt und in die gesetzliche Rentenversicherung eingebunden werden sollten. Das Ziel: eine Entlastung des Rentensystems.
„Wenn Lehrerinnen und Lehrer nur angestellt sind und Rentenbeiträge zahlen, dann stabilisiert das unsere Rentenkasse“, so Bentele. Gegen den erwartbaren Protest der Lehrkräfte argumentiert sie provokant: „Dann sagen natürlich viele Lehrer, wir haben ja so einen harten Job. Da kann ich immer nur sagen: Die Pflegekraft, die nachts mit 25 Leuten allein ist, die hat auch einen harten Job.“
Eine der häufigsten Gegenargumente gegen die Abschaffung des Beamtenstatus ist die Möglichkeit von Streiks durch angestellte Lehrkräfte. Bentele aber zeigt sich davon unbeeindruckt: „Klar könnten sie streiken. Aber wenn man mal sieht in Deutschland – ich weiß nicht, wie viele Tage im letzten Jahr beim Daimler gestreikt wurden. Ich glaube, so arg viele waren das jetzt nicht.“ Und weiter: „Dann ist das eben ein pädagogischer Tag.“
Ministerpräsident Kretschmann warnt: Lehrermangel würde sich verschärfen
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) reagierte mit deutlicher Ablehnung auf den Vorschlag. Zwar habe er grundsätzliche Sympathie für eine gerechtere Altersvorsorge, doch er stellte klar: „Dann verschärfen Sie im eigenen Land den Lehrermangel. Das können Sie in der Lage nicht machen.“ Wichtiger sei, dass der Beruf attraktiv bleibe – und dafür sei die Verbeamtung zentral. Auch das Kultusministerium Baden-Württemberg äußerte sich skeptisch: „Die Vorzüge tragen sicher wesentlich zur materiellen Attraktivität des Berufsbildes bei. Eine Alternative müsste insofern die Frage beantworten, wie der Beruf der Lehrkraft auch in Zukunft einen entsprechenden Reiz entfalten kann.“
VBE-Chef Brand: „Verantwortungslos“ und „wie ein Orangensaft in Udo Lindenbergs Minibar“
Der Bundesvorsitzende des VBE, Gerhard Brand, reagierte empört. In einer Pressemitteilung bezeichnete er Benteles Forderung als Angriff auf die Stabilität des Staates: „Was als Gerechtigkeitsdebatte verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein Angriff auf die Stabilität unseres Staates. Wenn wir als VBE von Gerechtigkeit sprechen, dann meinen wir Bildungsgerechtigkeit – also den verlässlichen Zugang aller Kinder zu guter Bildung. Und genau den sichern verbeamtete Lehrkräfte.“
Der Beamtenstatus stehe nicht für Privilegien, sondern für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes: „Wer dieses Fundament mutwillig schwächt, handelt nicht gerecht, sondern verantwortungslos.“ Brand zeigte sich irritiert darüber, dass solche Vorschläge überhaupt eine ernsthafte Debatte auslösen: „Bentele und Bas stehen mit dieser Meinung im öffentlichen Dienst so einsam da wie ein Orangensaft in der Minibar von Udo Lindenberg.“ (Da könnte er allerdings falsch liegen – hier geht es zu einem Bericht über das Fitnessprogramm von Udo Lindenberg, d. Red..) Hintergrund: Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte unlängst gefordert, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.
„Verbeamtete Lehrkräfte sichern den Schulbetrieb – Tag für Tag“
Der VBE-Chef betont die besondere Stellung von Lehrerinnen und Lehrern im Sinne des Grundgesetzes: „Lehrkräfte üben im Sinne des Grundgesetzes Artikel 33 Absatz 4 hoheitliche Befugnisse aus und sind deshalb zu verbeamten. Diese verbeamteten Lehrkräfte sichern den Schulbetrieb – Tag für Tag, zuverlässig, und auch dann, wenn andere streiken.“ Auch das häufig genannte Sparargument will Brand nicht gelten lassen. Länder, die die Verbeamtung abgeschafft hätten, stünden heute noch schlechter da: „Sie kämpfen noch stärker mit dem Lehrkräftemangel und müssen diesen über Quereinstieg und fachfremdes Unterrichten abmildern. Das führt zu sinkender Qualität.“
Sein Fazit: „Wir müssen Lehrkräfte verbeamten, um Qualität im Bildungssystem und damit Bildungsgerechtigkeit zu gewährleisten.“ News4teachers / Titelbild: Shutterstock

