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Weinende Kinder, weinende Lehrerinnen, protestierende Eltern: Zwei Versetzungen – mit Folgen

KREFELD. An einer Grundschule in Krefeld erfahren zwei Lehrerinnen mitten im Unterricht, dass sie ihre Klassen abgeben sollen. Die Kinder weinen, die Lehrerinnen auch, die Eltern protestieren wütend – und die Geschichte landet in der Zeitung. Der Fall offenbart, wie viel Fingerspitzengefühl Grundschulpädagogik verlangt, gerade auch von Schulleitungen und Schulverwaltung. Eine Kolumne von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

Tschüss. Illustration: Shutterstock

Das Schuljahr an der Grundschule Vulkanstraße in Krefeld hätte entspannt enden können – mit Zeugnissen, Ferienstimmung und Vorfreude auf den Sommer. Stattdessen standen am letzten Schultag Eltern mit Protestplakaten vor dem Schultor. „Keine 4B ohne Frau B.“ war darauf zu lesen. Was ist passiert?

Zwei Tage vor Ferienbeginn erfuhren zwei Grundschullehrerinnen – laut Berichten aus der Elternschaft: während des laufenden Unterrichts – dass sie ihre Klassen abgeben müssen. Die eine soll die Schule verlassen, die andere wechselt die Klassenstufe. Für die betroffenen Kinder war es ein Schock. Für ihre Eltern auch. Und für die Lehrerinnen nicht minder.

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„Fast alle Kinder sind weinend nach Hause gekommen“, erzählt eine Mutter. Eine andere berichtet, die Lehrerin habe ihre Klasse in Tränen aufgelöst verlassen – und sei danach nicht wiedergekommen. Die Emotionen kochten hoch – bei Kindern, Eltern und offenkundig auch im Kollegium.

Grundschule ist Beziehung – und die lässt sich nicht einfach verschieben

Was der Fall aus Krefeld zeigt: Grundschulpädagogik ist mehr als Stunden- und Personaleinsatzpläne. Sie ist ein zutiefst emotionales Geschäft. Klassenlehrerinnen sind für viele Kinder in den ersten Jahren die zentrale Bezugsperson in der Schule. Sie begleiten, trösten, ermutigen – und sind oft erste Ansprechpartnerin bei Sorgen. Wer so ein Vertrauensverhältnis abrupt kappt, muss mit Reaktionen rechnen.

Natürlich ist Schule auch ein System, das mit Personalengpässen und organisatorischen Notwendigkeiten umgehen muss. Die Bezirksregierung verweist auf neue Stellenbesetzungen und strukturelle Verbesserungen für die Schule. Verständlich. Und vielleicht war die Versetzung – aus Sicht der Schulaufsicht – nicht zu vermeiden.

News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek

Hinzu kommt: Offenbar wurde die betroffene Lehrerin an eine andere Schule abgeordnet – möglicherweise gegen ihren Willen, zumindest ohne sie vorab zu informieren. Solche Abordnungen sind in NRW kein Einzelfall, sondern ein Instrument, um personelle Engpässe an anderen Schulen kurzfristig zu beheben – und das immer wieder für Ärger bei betroffenen Lehrkräften sorgt. Dass solche Maßnahmen nötig sind, mag der nach wie vor gravierende Lehrermangel erfordern. Aber wenn man Lehrerinnen und Lehrern auf diese Weise eine neue Stelle zuweist, sollte man nicht vergessen, dass es dabei um Menschen geht – mit Bindungen, Aufgaben, Verantwortung. Fingerspitzengefühl wäre hier nicht nur von der Schulleitung, sondern auch von der Schulverwaltung gefragt gewesen.

Was bleibt – ist ein fader Nachgeschmack

Die Eltern fühlen sich übergangen. Sie sprechen von Rechtsverstößen gegen das NRW-Schulgesetz, das frühzeitige Information und Beteiligung vorsieht. Und sie stellen eine berechtigte Frage: Wie sollen neue Lehrkräfte nach nur zwei Monaten Unterricht im Herbst verlässlich Empfehlungen für die weiterführende Schule aussprechen?

Die Bezirksregierung betont, die Kinder würden weiterhin eine feste Klassenleitung haben, und kündigt Informationsgespräche an. Doch der Vertrauensschaden ist längst da. Eine Schule, die es bis in die Regionalpresse geschafft hat – in diesem Fall in die Rheinische Post, die größte Zeitung vor Ort – steht nicht nur pädagogisch, sondern auch kommunikativ unter Rechtfertigungsdruck.

Fazit: Entscheidungen gehören erklärt – nicht einfach verkündet

In der Grundschule zählt nicht nur, dass etwas passiert – sondern vor allem wie. In Krefeld wurde das offenbar unterschätzt. Ob der Ärger vermeidbar gewesen wäre? Sehr wahrscheinlich. Ob die Entscheidung selbst richtig war? Darüber kann man streiten. Aber dass man mit den Beteiligten rechtzeitig hätte sprechen müssen – daran dürfte es wenig Zweifel geben. News4teachers 

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