BERLIN. Vorsprung durch Digitalisierung? Nach jahrelangem Gezerre zwischen Bund und Ländern steht nun der Digitalpakt 2.0 – mit Milliardeninvestitionen in Endgeräte, Netzwerke und Fortbildungen. Doch der Weg dorthin war lang, voller Verzögerungen. Und das Misstrauen bleibt. Bildungsministerin Karin Prien spricht von „Verlässlichkeit und Verantwortung“. Kritiker warnen vor einem Déjà-vu. Denn die Digitalisierung der Schulen bleibt eine Daueraufgabe – ohne Dauerlösung.
Die Bundesregierung plant für das Jahr 2026 einen deutlichen Aufwuchs bei den Bildungsausgaben. Im jetzt beschlossenen Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2026 sowie im Finanzplan bis 2029 sind für das Bundesbildungsministerium unter Leitung von Karin Prien (CDU) Ausgaben in Höhe von rund 14,72 Milliarden Euro vorgesehen – ein Plus von 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zusätzlich stehen 6,3 Milliarden Euro aus einem Sondervermögen für Kindertagesbetreuung und digitale Bildung bereit. Prien spricht von einem „klaren Zeichen für gesellschaftlichen Zusammenhalt und zukunftsgerichtete Politik“.
Milliarden für Kitas und Schulen
Allein für das Startchancen-Programm, das gezielt benachteiligte Schulen fördern soll, sind im Jahr 2026 eine Milliarde Euro eingeplant. Insgesamt sollen bundesweit bis zu 4.000 Schulen von dem Programm profitieren. In der frühkindlichen Bildung investiert der Bund weiter jährlich knapp zwei Milliarden Euro zur Qualitätsverbesserung in Kitas.
Einen Schwerpunkt bildet der Bereich Digitalisierung. Hier sind im Rahmen des Sondervermögens „Infrastruktur und Klimaneutralität“ unter anderem folgende Mittel eingeplant:
- 3,76 Milliarden Euro für Investitionen in die Kindertagesbetreuung (2026 bis 2029)
- 2,25 Milliarden Euro für den Digitalpakt 2.0 zur digitalen Bildungsinfrastruktur
- 250 Millionen Euro für das Vorhaben „Digitales Lehren und Lernen“
Prien betont die Verantwortung des Bundes: „Mit dem Haushaltsentwurf 2026 und dem Finanzplan bis 2029 setzt die Bundesregierung ein klares Zeichen für gesellschaftlichen Zusammenhalt und zukunftsgerichtete Politik: Bildung, Familien und frühkindliche Förderung bleiben zentrale Aufgaben“, betont sie. „Trotz angespannter Haushaltslage investieren wir jährlich zwei Milliarden Euro in die Qualität der Kitas – das stärkt Kinder, Eltern und Fachkräfte bundesweit. Auch das Startchancen-Programm entfaltet Wirkung: Bis zu 4.000 Schulen erhalten gezielte Hilfe für mehr Bildungsgerechtigkeit. Allein 2026 stehen dafür eine Milliarde Euro bereit – für moderne Lernorte und faire Chancen. So schaffen wir tragfähige Grundlagen für bessere Bildung und Teilhabe von Anfang an. Der Bund bleibt ein verlässlicher Partner der Länder – und aller Generationen,“
Der lange Weg zum Digitalpakt 2.0
Was Prien als Erfolg feiert, war das Ergebnis eines jahrelangen, teils zähen Ringens zwischen Bund und Ländern. Schon im Mai 2023 war der ursprüngliche Digitalpakt ausgelaufen. Seitdem war unklar, ob und wie es weitergehen würde.
Der Durchbruch kam schließlich Ende 2024 – nach dem Bruch der Ampel-Koalition -, als sich die Länder mit dem Bund auf eine Fortsetzung des Programms einigten. Demnach sollen Bund und Länder bis 2030 jeweils 2,5 Milliarden Euro in die digitale Ausstattung der Schulen investieren – also zusammen fünf Milliarden Euro. Die Einigung war nur möglich, weil der Bund den Ländern entgegenkam: Einen Großteil ihres Anteils – etwa zwei Milliarden Euro – dürfen die Länder mit bereits geplanten Maßnahmen verrechnen. „Wir müssen unsere Schulen auf eine Welt vorbereiten, die digital geprägt ist“, sagte der damalige Kurzzeit-Bildungsminister Cem Özdemir (Grüne) bei der Präsentation der Einigung. Die Qualifizierung von Lehrkräften sei dabei ein zentraler Baustein.
Er sprach von einem „Durchbruch auf den letzten Metern“, räumte allerdings ein, dass die Umsetzung der Vereinbarung von den Entscheidungen einer neuen Bundesregierung abhänge. „Keine künftige Bundesregierung wird an der Einigung vorbeikommen“, so seine Zuversicht.
Auch Karin Prien, damals noch Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, erklärte, sie werde sich für die Umsetzung einsetzen – auch unter einer möglichen CDU-geführten Bundesregierung. Gleichwohl kritisierte sie den Bundesanteil von 2,5 Milliarden Euro als zu niedrig: „Wir hätten uns deutlich mehr gewünscht.“
Streit um die Finanzierung
Tatsächlich war es unter der FDP-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zuvor zu jahrelangen Verzögerungen gekommen. Ihr Vorschlag sah eine 50:50-Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern vor sowie verpflichtende Fortbildungen für Lehrkräfte – was auf massiven Widerstand der Kultusminister*innen stieß. Stark-Watzinger selbst ließ keinerlei Kompromissbereitschaft erkennen (News4teachers berichtete).
„Die Hängepartie zwischen Digitalpakt 1 und 2 dürfen wir uns nicht mehr leisten“, warnte etwa der rheinland-pfälzische Bildungsminister Sven Teuber (SPD) bei einem Treffen der Bildungsminister im Juni. Digitalisierung sei eine Daueraufgabe: „Schulen müssen ausgestattet, Geräte gewartet und ausgetauscht werden. Deshalb brauchen wir eine Dauerlösung.“
Förderzwecke: Geräte, Fortbildung, Innovation
Der Digitalpakt 2.0 soll in erster Linie dazu dienen, die digitale Infrastruktur der Schulen weiter auszubauen – etwa durch Laptops, Tablets, digitale Tafeln oder bessere Netzwerktechnik. Zudem sollen die Mittel in die Fortbildung von Lehrkräften fließen und die Entwicklung innovativer Lehr- und Lernmethoden ermöglichen.
Im Unterschied zur ersten Runde des Digitalpakts, bei dem der Bund 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellte und 90 Prozent der Kosten übernahm, wird der zweite Pakt stärker auf eine gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder setzen. Dennoch bleibt der Beitrag des Bundes mit zusätzlichen vier Milliarden Euro für zehn Jahre – etwa für Investitionen in die Kindertagesbetreuung – erheblich.
Kritik: Unverbindlichkeit und Verzögerungen
Trotz der jetzt avisierten Mittel bleibt Kritik. Denn der Digitalpakt 2.0 ist bislang nicht gesetzlich verankert – die Vereinbarungen stehen unter dem Vorbehalt künftiger Haushaltsbeschlüsse. Schon einmal – unter der Ampel-Koalition – hatten langwierige Verhandlungen den Prozess ausgebremst. In der Praxis hat das vielerorts für Unsicherheit gesorgt.
Bildungsexpert*innen mahnen daher eine nachhaltige Verstetigung der Bundesmittel an – gerade auch mit Blick auf die Schulträger, die langfristige Investitionsentscheidungen treffen müssen. Der Wunsch ist klar: „Eine dauerhafte und verlässliche Finanzierungsgrundlage für die Digitalisierung unserer Schulen“, wie es aus mehreren Ländern heißt. News4teachers
