BERLIN. „Handschreiben bleibt relevant! Was per Hand geschrieben wird, wird eher gemerkt, besser erinnert und kann in komplexen Denkprozessen eher abgerufen werden. Alle Studien zeigen einen positiven Einfluss des Handschreibens“, sagt Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE. „Höchste Zeit, diese Erkenntnisse entsprechend zu würdigen: mit mehr Zeit für das Handschreiben in der Schule und der Möglichkeit für die Lehrkräfte, mit gezielten Übungen sowohl die Fein- und Grobmotorik als auch das ausdauernde Schreiben zu trainieren“, so fordert er. Anlass: der Tag der Handschrift am heutigen 23. Januar. Auch der hessische Philologenverband meldet sich zu Wort.
Zuletzt hatte der VBE gemeinsam mit dem Schreibmotorik Institut eine Umfrage zum Handschreiben durchgeführt (News4teachers berichtete). Von September 2018 bis Januar 2019 beteiligten sich über 2.000 Lehrerinnen und Lehrer an der Online-Umfrage. Ergebnis war: Die große Mehrheit der Lehrkräfte in Deutschland sieht eine Verschlechterung der für die Entwicklung einer Handschrift notwendigen Kompetenzen bzw. der Handschrift der Schülerinnen und Schüler allgemein. Allerdings fehlt es an den Bedingungen, das Handschreiben besser zu fördern. Fast drei Viertel der Lehrkräfte geben an, dass (sehr) häufig zu wenig Zeit für individuelle Förderung in der Schule sei, 64 Prozent, dass (sehr) häufig zu wenig Zeit für das Üben in der Schule bleibe. Über die Hälfte sagen, dass der Lehrplan zu wenig Wert auf das Schreibenlernen lege. Außerdem fehlen Fortbildungsangebote und Hilfestellung für die Lehrkraft.
Damals wie heute betont der VBE-Chef, dass es jedoch nicht darum ginge, ein neues Fach einzuführen, um den ohnehin stark belasteten Lehrkräften weitere Aufgaben aufzubürden. Vielmehr ginge es um eine Kombination aus zwei essenziellen Faktoren: „Die Politik muss das Handschreiben zum Beispiel besser in Lehrplänen verankern – und gleichzeitig für mehr Unterstützungspersonal für die individuelle Förderung sorgen. Multiprofessionelle Teams, in denen zum Beispiel auch Ergotherapeutinnen und -therapeuten beschäftigt sind, können gezielt auf die Kinder eingehen, welche noch größere Defizite haben, während die Lehrkraft das Arbeiten der anderen unterstützt.“
Philologen: “Sorgfältiges Handschreiben korrespondiert mit sorgfältigem Denken”
Auch der Hessische Philologenverband würdigt die Bedeutung des Handschreibens. „Eine gute Handschrift beruht auf feinmotorischen Fähigkeiten, die meist in der Lernphase eines intensiven Trainings bedürfen. Ihre Vernachlässigung wirkt sich negativ auf die Lernprozesse aus, wie die neurowissenschaftliche Forschung zeigt. Sorgfältiges Schreiben mit der Hand korrespondiert mit sorgfältigem Denken, es schult die Konzentration“, so heißt es in einer Pressemitteilung.
Beim Schreiben mit der Hand würden mehr Hirnregionen aktiviert als beim Tippen einzelner Buchstaben. Die Merkfähigkeit werde mit dem Nutzen der Verbundschrift deutlich verbessert. „Es geht heutzutage zwar nicht ohne das digitale Schreiben. Allerdings fördert der Hype um die digitalen Medien geradezu Nachlässigkeiten in den Bereichen sprachlicher Ausdruck und Rechtschreibung, greift damit unmerklich in das Sprachsystem negativ ein und leistet dem Verlust einer hohen Sprachkompetenz Vorschub“, so meint Reinhard Schwab, Vorsitzender des Hessischen Philologenverbandes. „Deshalb sollten Lehrkräfte aller Schulformen, insbesondere aber in der Grundschule, ein sauberes und lesbares Handschreiben kontinuierlich einfordern. Sie unterstützen damit Merkfähigkeit und Konzentration der Schülerschaft und lenken deren Augenmerk auf gelingende Formulierungen und den korrekten Gebrauch der Grammatik und der Rechtschreibung.“ News4teachers
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