BERLIN. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat eine Verkürzung der Sommerferien ins Gespräch gebracht. «Bis auf Ausnahmen bleiben die Schulen noch einige Zeit geschlossen. Daher frage ich mich, ob die Verantwortlichen in den Ländern darüber nachdenken, die Schulferien in der Sommerzeit etwas zu verkürzen», sagte der CDU-Politiker der «Augsburger Allgemeine». Ein solcher Schritt böte Schülern die Gelegenheit, den durch die Corona-Pandemie versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen. Ein Ministerpräsident springt Schäuble bei – der Chor der ablehnenden Stimmen ist jedoch bei weitem lauter.
«Im Moment ist ohnehin noch aus vielen Gründen unklar, wann und wie man im Sommer verreisen kann», sagte Schäuble. «Das Urlaubskonto vieler Eltern dürfte durch die Krise jetzt schon strapaziert sein.» Deshalb könne er die verstehen, «die sich fragen, wie sie da noch sechs Wochen Sommerferien organisieren sollen». Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich dem grundsätzlich offen. «Es gibt gute Argumente, die dafür sprechen», sagte er im Gespräch mit der «Mitteldeutschen Zeitung». Derzeit könne er zwar nicht vorhersagen, was passiere, ausschließen könne er eine Verkürzung jedoch nicht. Er halte diese für «in Teilen geboten».
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer zeigt sich unentschieden. Für ihn ist es noch zu früh für eine Entscheidung über verkürzte Sommerferien. «Ich will das jetzt nicht bewerten. Es gibt Gründe dafür und und auch Gründe dagegen», sagte der CDU-Politiker am Freitag in Dresden. Nach diesem «sehr aufreibenden Frühjahr» freuten sich viele Menschen auf den Sommerurlaub. Vielleicht sei «Urlaub in der Heimat» auch eine gute Möglichkeit für Hoteliers und kleine Pensionen. Die Diskussion sei richtig und werde auch geführt, aber sie könne jetzt noch nicht entschieden werden, betonte Kretschmer.
“Die Schulen brauchen jetzt Planungssicherheit”
Gegen Schäubles Position regt sich allerdings heftiger Widerstand „Schäubles Vorschlag der Verkürzung der Sommerferien bringt zum jetzigen Zeitpunkt Unruhe, löst aber keines der eigentlichen Probleme. Wir brauchen jetzt nachhaltige Lösungen dafür, wie Kinder, die zuhause nicht ausreichend unterstützt werden können, schnell wieder aufschließen können. Die Debatte der letzten Wochen hat jedoch gezeigt, dass dies am besten durch die individuelle Förderung gelingen wird“, meint etwa Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). „Nach Wochen der Ungewissheit sind wir im Schulbereich endlich an dem Punkt, dass es einen zwischen Bund und Ländern ausgehandelten Fahrplan gibt, der nun kleingearbeitet werden muss. Das schafft für alle Beteiligten ein Stück Sicherheit, bringt aber gleichzeitig riesige neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Alle an Schule Beteiligten brauchen jetzt vor allem hohe Verlässlichkeit und keine neuen Planungsunsicherheiten. Die Corona-Krise hat schonungslos die Defizite unseres Schulsystems offengelegt. Diese gilt es jetzt in den Blick zu nehmen.“
Auch für den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, stehen kürzere Sommerferien wegen der Corona-Krise aktuell nicht zur Debatte. «Ich glaube, zum jetzigen Zeitpunkt eine Diskussion um die Verkürzung von Sommerferien zu führen, geht eigentlich fehl», sagte er im Deutschlandfunk. «Ich glaube auch, dass das gar nicht mal den großen Effekt hat.» Vielmehr brauche es jetzt «ein großes Gesamtkonzept».
Ablehnung auch von den Kultusministern
Ablehnung kommt auch von den Kultusministern. «Ich persönlich möchte an die Ferien nicht rangehen. Wichtig ist es, sich um die anliegenden Aufgaben zu kümmern und Eltern und Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu unterstützen», sagt etwa Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz Stefanie Hubig (SPD) befindet: «Für Rheinland-Pfalz steht eine Verkürzung der Sommerferien derzeit nicht zur Diskussion.» Auch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) kann der Idee wenig abgewinnen. Sie sagt: «In NRW gibt es ein ordentliches Abitur und termingerechte Ferien. Das ist die Rückkehr zur verantwortungsvollen Normalität.»
Pikant: Auch Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) meldet sich zu Wort – und bezieht Position gegen seinen Chef, Ministerpräsident Haseloff. «Wir führen derzeit keine Debatte über die Sommerferien», so Tullner. Schüler, Lehrer und Unternehmen bräuchten Planungssicherheit. Zwar werde über freiwillige Angebote diskutiert. «Aber eine generelle Verkürzung oder Verschiebung steht nicht an.» News4teachers / mit Material der dpa
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