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Schulöffnungen: Wie die FDP mit einer Umfrage, die das Wesentliche verschweigt, Stimmung macht

DÜSSELDORF. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) bekommt vermeintlich Rückendeckung durch eine Umfrage im Auftrag der Landtagsfraktion der Liberalen: Demnach befürwortet es eine Mehrheit der Menschen in NRW, dass am Montag – kurz vor den Sommerferien – der tägliche Unterricht an Grundschulen wieder für alle Schüler startet. Danach, ob sie es richtig finden, die Abstandsregel im Unterricht zu streichen, wurden die Teilnehmer aber ausdrücklich nicht gefragt.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) steht wegen der Streichung der Abstandsregel in der Kritik. Foto: Harald Krichel / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

“Die Mehrheit der Menschen in NRW findet den Start des regulären Unterrichts an Grundschulen am Montag richtig”, so meldet aktuell die Deutsche Presseagentur unter Berufung auf die FDP-Landtagsfraktion. Das stimmt so aber gar nicht. Korrekt ist: Die Mehrheit der Menschen in NRW findet es richtig, dass Grundschüler wieder jeden Tag in die Schule gehen können. Lediglich danach wurden Bürger nämlich im Rahmen einer repräsentative Umfrage befragt, die von der FDP-Landtagsfraktion in Auftrag gegeben worden war. Die Fragestellung lautete präzise: «Wie bewerten Sie, dass in Nordrhein-Westfalen alle Grundschüler ab dem 15. Juni wieder jeden Tag in die Schule gehen können?» Dass mit der Öffnung die bisher geltende Abstandsregel im Unterricht gestrichen wird, darüber wurden die Befragten aber nicht informiert.

FDP: Erfahrungen für das nächste Schuljahr sammeln

Demnach fanden 57,9 Prozent der Befragten die Entscheidung der Landesregierung richtig und 30,5 Prozent falsch. 11,6 Prozent waren unentschieden. Für die Umfrage wurden laut dem Institut «Civey» in einer Stichprobe 1964 Menschen zwischen dem 9. Juni und dem 12. Juni befragt. Bei der Umfrage nannten sowohl die Mehrheit der Menschen mit Kindern im Haus (59,6 Prozent) als auch die ohne (56,8 Prozent) den Start des täglichen Unterrichts richtig. 30,9 der Menschen mit Kindern und 30,3 Prozent der ohne nannten die Entscheidung falsch.

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Die FDP sieht den Weg ihrer Schulministerin bestätigt: «Es ist den Freien Demokraten ein Herzensanliegen für alle Kinder baldmöglichst wieder regulären Schulbesuch zu ermöglichen, denn jeder Tag ist ein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Henning Höne: «Die Wiederaufnahme des regulären Unterrichts an den Grundschulen findet auch in der Bevölkerung große Unterstützung, das bestärkt uns darin diesen Weg zu gehen, auch wenn er allen Akteuren viel abverlangt.» Tatsächlich könnten die Schulen in den zwei Wochen auch Erfahrungen für das nächste Schuljahr sammeln, so Höne: «Denn auch wenn die Infektionszahlen niedriger sind, wird Corona uns noch länger begleiten.»

Lauterbach: Derzeit werden Schulen keine Erkenntnisse gewinnen können

Der SPD-Gesundheitsexperte Prof. Karl Lauterbach, selbst Epidemiologe von Beruf, bestreitet hingegen, dass sich aus den zwei Wochen vor den Sommerferien Erkenntnisse für das nächste Schuljahr gewonnen werden können. Er erklärte mit Blick auf die Schulöffnungen in NRW in der Sendung “Markus Lanz”: Dass derzeit kein gefährliches Infektionsgeschehen in den Schulen zu beobachten sei, sei eine Folge des gesellschaftlichen Lockdowns in den vergangenen Monaten.

Weil die Lage außerhalb der Schulen weitgehend ruhig sei, gelte das auch innerhalb der Schulen. Wenn die Lockerungen aber dazu führten, dass in den nächsten Wochen und Monaten sich wieder vermehrt Menschen mit dem Coronavirus ansteckten, dann werde das auch in die Schulen hineingetragen – und dort ungebremst weiterverbreitet, wenn es dort keinen ausreichenden Schutz gebe. Und der werde ja gerade abgebaut. In den zwei Wochen bis zu den Sommerferien werde man daraus überhaupt keine Erkenntnisse gewinnen können. Lauterbach: „Der richtige Test ist: Was passiert, wenn es wieder mehr Fälle gibt?“ Dazu wurden die Bürger von der FDP nicht befragt. News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Herr Lindner, treten Sie als Schul- und Kita-Minister von Nordrhein-Westfalen zurück!

 

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