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Gewerkschaften: Lehrer der weiterführenden Schulen ebenfalls beim Impfen vorziehen

MAGDEBURG. Lehrerverbände machen Druck, nicht nur – wie vorgesehen – Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen gegen Corona zu impfen. Auch an weiterführenden Schulen seien Kollegen nah an den Schülerinnen und Schülern dran und hätten bis auf Masken und offene Fenster keine Schutzmöglichkeiten, sagt etwa die sachsen-anhaltische GEW-Landeschefin Eva Gerth. Bei der Gewerkschaft meldeten sich viele besorgte Kolleginnen und Kollegen, die sich um ihre Gesundheit sorgten.

Die Impfungen von Erziehern und Grundschullehrern sind mancherorts bereits angelaufen. Foto: Shutterstock

Mit Blick auf den hochfahrenden Schulbetrieb hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in dieser Woche gemeinsam mit den Ländern Lehrerinnen und Lehrer an Grund- und Förderschulen sowie Erzieherinnen und Erzieher in der Impfreihenfolge vorgezogen, wie News4teachers berichtet. Mancherorts sind diese Impfungen bereits angelaufen. Der Brandenburgische Pädagogen-Verband (BPV) begrüßt das – betont aber: Die Entscheidung geht nicht weit genug. „Die Lehrkräfte der weiterführenden Schulen, die seit Wochen die Abschlussklassen im Präsenzunterricht beschulen, müssen ebenso ein vorzeitiges Angebot zur Impfung erhalten“, heißt es.

„Dann ergibt sich auch für die Lehrkräfte dieser Schulen die Notwendigkeit eines Impfangebote”

Hintergrund: Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), Präsidentin der Kultusministerkonferenz, hat in Aussicht gestellt, dass die weiterführenden Schulen womöglich noch vor Ostern den Präsenzbetrieb wieder vollständig aufnehmen. „Dann ergibt sich auch für die Lehrkräfte dieser Schulen die Notwendigkeit eines Impfangebotes. Diese Maßnahmen müssen außerdem von Schnelltests für Schüler und Lehrkräfte begleitet werden, um Kontinuität im Schulbetrieb zu erreichen“, so fordert der BPV.

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Allerdings sind weiterführende Schulen schon jetzt wieder geöffnet – Abschlussklassen und Oberstufenjahrgänge werden in Präsenz unterrichtet. Die Entscheidung, Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen sowie Erzieherinnen und Erzieher priorisiert zu impfen, wirft beim Philologenverband deshalb Fragen auf.

So erklärt der Vorsitzende des Bayerischen Landesverbands, Michael Schwägerl: „Bisher ging es bei der Impfpriorisierung um eine Reduzierung des Risikos, schwer zu erkranken. Mit der Entscheidung, Personal an Grund­schulen und Kitas pauschal priorisiert zu impfen, wird nun aber das Infektionsrisiko als Maßstab genommen. Daher stellen sich uns verschiedene Fragen: Haben nicht Über-15-Jährige eine höhere Infektiosität? Also Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen, in der Oberstufe und an Beruflichen Schulen? Gibt es an weiterführenden Schulen nicht ein Vielfaches an Kontakten, weil eine Lehrkraft ein Vielfaches an Schülern unterrichtet und das Kollegium um ein Vielfaches größer ist als an Grundschulen und Kitas? Ist damit das Infektionsrisiko in größeren Schulen nicht auch höher? Wie ist es mit den Klassen- und Raumgrößen? Was ist an Schulzentren mit verschiedenen Schularten unter einem Dach? Werden dort die Grundschullehrer geimpft und die anderen Lehrkräfte nicht? Was ist mit Lehrkräften, zum Beispiel im Fach Religion, die an mehreren Schularten unterrichten? Warum wird der Schnitt gerade bei der 4. Klasse gemacht?“

„Eine Verbesserung des Gesundheitsschutzes an den Schulen ist zwingende Voraussetzung für flächendeckende Schulöffnungen“

Für Schwägerl muss die Antwort lauten: eine höhere Impfpriorisierung für alle Lehrkräfte – zusätzlich zu einem flächendeckenden Testkonzept an Schulen, mehr medizinischen und FFP2-Masken sowie mehr Raumluftreinigern. „Eine Verbesserung des Gesundheitsschutzes an den Schulen ist zwingende Voraussetzung für flächendeckende Schulöffnungen“, sagt der Philologen-Chef.

Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das unabhängig von der Schulart allen Lehrkräften die Möglichkeit zur Impfung anbietet. Der VBE begrüßt das. „Wir verhindern damit eine Zweiklassengesellschaft der Schulformen“, sagt Landesvorsitzender Gerhard Brand. Aber auch im Südwesten gibt es ein Problem: „Praktisch ausgeschlossen von der Regelung sind jedoch Lehrkräfte über 65 Jahren, da der verwendete Impfstoff AstraZeneca für sie nicht anwendbar ist. Gerade diese Altersgruppe ist jedoch besonders schutzbedürftig. Das Land muss für diese Lehrkräfte eine Sonderregelung finden.“ Bislang bleiben über 65-jährige Lehrerinnen und Lehrer außen vor.

Brand fordert zugleich eine Kombination verschiedener Schutzmaßnahmen: „Impfen allein reicht nicht aus.  Zumindest bis alle pädagogischen Fachkräfte und Lehrkräfte durchgeimpft sind, benötigen wir eine Kombination aus Impfen, Testen und Masken. Eine ausgeweitete Teststrategie muss auch Testangebote für die Schülerinnen und Schüler beinhalten.“

Fehlermeldung im System führte zur Verunsicherung von Erziehern und Lehrern, die sich zur Impfung anmelden wollten

In Hessen beklagt die GEW ein “heilloses Durcheinander”, da der Impfstart für die Gruppe 2 mit der Bekanntgabe, dass nun auch die Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen, in der Kinderpflege sowie an den Grund- und Förderschulen zu dieser Gruppe gehören, zusammengefallen sei. „Die Kolleginnen und Kollegen wollten sich nach der erfreulichen Meldung, dass sie sich nun impfen lassen können, über das Online-Portal für einen Impftermin anmelden und erhielten eine Fehlermeldung, weil sie schlicht noch nicht im System auftauchten”, so berichtet die GEW-Landesvorsitzende Birgit Koch. Jetzt (erst) fragten Schulämter ab, wer sich an Sammelterminen impfen lassen möchte. “Das führt zu Verunsicherungen bei den Kolleginnen und Kollegen“, sagt Koch.

Alles in allem, so betont die Gewerkschafterin, sei das Vorziehen von Beschäftigten in Kitas und Grundschulen in der Impfpriorität “eine gute Entscheidung” – sie komme allerdings zu spät. Schließlich liefen Kitas und Grundschule seit Anfang der Woche bereits wieder im Präsenzbetrieb., und die Landesregierung hätte sich vorher um den Gesundheitsschutz kümmern müssen. Wichtig ist der GEW-Landesvorsitzenden zudem, dass das Impfangebot nicht zu einem Nachlassen bei den Hygienemaßnahmen in den Bildungseinrichtungen führen darf.

Koch: „Auch, wenn wir das frühere Impfangebot für Beschäftigte in den Kindertageseinrichtungen, in der Kinderpflege sowie an den Grund- und Förderschulen befürworten, so bleiben wir bei unserer Forderung nach einem frühen Impfangebot für alle Beschäftigten im Bildungsbereich, der Versorgung mit Schnelltests und einem inzidenzgestützten Stufenplan. Außerdem halten wir die anlassfreie Testung bei Beschäftigten und Kindern weiterhin für einen wichtigen Baustein, um die Pandemie im Griff zu behalten“. News4teachers / mit Material der dpa

Ausbrüche an Kitas und Grundschulen verunsichern Erzieher und Lehrer

 

 

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