BERLIN. Obwohl Bildung Ländersache ist, widmen sich alle Parteien im Wahlkampf den Kitas, Schulen und Hochschulen mehr oder weniger explizit. Was sagen die Programme? Was lassen sie vermissen? Den Anfang unserer Analyse machten Bündnis 90/Die Grünen – heute widmen wir uns der AfD. Ihnen ist die Bildung immerhin sechs Seiten im (insgesamt 210 Seiten langen) Wahlprogramm wert. So inhaltsreich, wie diese Zahlen vermuten lassen, ist das nicht: Die AfD begnügt sich mit einem kleinen A5-Papierformat. Darauf machen die Rechtsausleger vor allem klar, was sie nicht wollen: nämlich Integration, Inklusion und „Akademisierungswahn“.
„Mut zur Leistung statt Akademisierungswahn“, so fordert die AfD einleitend. Und postuliert, was unter Konservativen schnell Konsens finden dürfte: „Ein leistungsorientiertes, differenziertes Bildungswesen ist die Grundlage unseres Wohlstands und wesentlicher Bestandteil unserer Kultur. Während seit Jahrzehnten jedoch die Abiturientenquote immer weiter steigt, fehlen den Auszubildenden und Studienanfängern grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten. Seit dem PISA-Schock vor 20 Jahren jagt eine Reform die andere, mit ständiger weiterer Absenkung des Niveaus. Die Bildungsstandards aller Schulformen und Bildungseinrichtungen müssen wieder auf das Niveau einer führenden Wissenschafts- und Industrienation gehoben werden.“
„Mein Lieblingsgedicht, ist, ehm, da muss ich, da müsste ich jetzt erst mal überlegen, fällt mir jetzt gar keins ein.“
Was dieses Niveau ausmacht? Erstaunlich wenig – im Programm der AfD jedenfalls. „Deutsches Kulturgut im Unterricht vermitteln!“, so wird als Einziges verlangt. „Die deutschen Kulturgüter, Traditionen sowie die Geschichte sind immanenter Bestandteil der deutschen Identität. Die AfD wird allen Bestrebungen, dieses aus den Lehrplänen zu entfernen, zu verfälschen oder zu reduzieren, entgegenwirken. Bereits ab der Grundschule müssen diese Inhalte zum Pflichtstoff des Unterrichts gehören. Das fördert Heimatliebe und Traditionsbewusstsein.“
Beim Versuch, diesen Programmpunkt zu konkretisieren, zeigte AfD-Parteichef Tino Chrupalla sich unlängst wenig sattelfest. Seine Partei wolle, dass wieder mehr deutsche Volkslieder und deutsche Gedichte gelehrt würden, die deutschen Dichter und Denker wieder mehr in den Schulen gewürdigt würden, so erklärte er einem Kinderreporter der Nachrichtensendung „logo“. Auf eine Nachfrage des Jungen, welches Lieblingsgedicht er denn habe, wusste Chrupalla keines zu nennen, wie News4teachers berichtete: „Mein Lieblingsgedicht, ist, ehm, da muss ich, da müsste ich jetzt erst mal überlegen, fällt mir jetzt gar keins ein.“
Überhaupt fällt der AfD in der Bildungspolitik wenig ein – außer zu betonen, was sie nicht will. Integration von Kindern zum Beispiel: „Der Lernfortschritt einheimischer Schüler darf nicht beeinträchtigt werden. Solange die Migranten nicht hinreichend Deutsch sprechen, um am Regelunterricht teilzunehmen, ist ein Unterricht in ihrer Muttersprache eine Option.“ Fast selbstredend, dass die AfD auch Islamunterricht ablehnt: „Islamunterricht an deutschen Schulen dient derzeit nicht der Integration, sondern fördert ein Verharren in Einstellungen, die echte Integration verhindern“, so weiß die Rechtsaußen-Partei.
„Die Förderschule muss wieder zum Regelfall für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden“
Kinder mit Behinderungen sollen ebenfalls lieber außen vor bleiben: „Die Forderung der Vereinten Nationen, behinderten Kindern Teilhabe am Bildungssystem zu garantieren, ist in Deutschland bereits erfüllt“, so behauptet die Partei (was der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen leider anders sieht, wie News4teachers berichtet). Die „Teilhabe“ á la AfD bedeutet dann auch Ausgrenzung: „Die Förderschule muss wieder zum Regelfall für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden.“
Digitalisierung der Schulen? Jooaaaa – aber eigentlich nur im Informatikunterricht. „Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Grundsätzlich benötigen Schulen eine moderne, zeitgemäße IT-Ausstattung. Dies ist vor allem für den Informatikunterricht und für die Berufsausbildung in technischen Fächern notwendig.“ In der Grundschule schon mal gar nicht: „Die ersten vier Schuljahre sollten vorwiegend digitalfreie Räume sein, da sie der Aneignung der grundlegenden Kulturtechniken Lesen, Rechnen und Schreiben dienen.“ Kompetenzorientierung der Lehrpläne (was schlicht bedeutet, dass die Schüler im Unterricht lernen sollen, ihr erworbenes Wissen auch anzuwenden)? Natürlich ebenfalls unnötig.
Und sonst? „An deutschen Schulen wird oft nicht die Bildung einer eigenen Meinung gefördert, sondern die unkritische Übernahme ideologischer Vorgaben. Leitbild der schulischen Bildung muss immer der selbstständig denkende Bürger sein.“ Was die AfD darunter versteht, hat sie in den vergangenen Jahren deutlich gemacht: mit „Meldeportalen“, auf denen Schüler und Eltern anonym parteikritische Lehrkräfte anschwärzen sollten. News4teachers
Hier geht es zum vollständigen Wahlprogramm der AfD.