POTSDAM. Lehrer und Eltern in Brandenburg verzweifeln an der Corona-Politik von Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Britta Ernst (SPD). Mit einem offenen Brief haben sich die GEW und der Landeselternbeirat deshalb nun an die Kommunen gewandt, um die Schutzmaßnahmen zu verstärken – und zum Beispiel ab sofort tägliche Corona-Tests in Schulen gefordert. Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten sollen Landräte und Oberbürgermeister wirksame Maßnahmen zum Schutz aller Beteiligten in ihren Regionen treffen, heißt es in dem Schreiben. „Die bisherigen Regeln (keine Testpflicht für Geimpfte) sind für die Eindämmung der Pandemie nicht ausreichend“, so heißt es. Einzelne Landkreise in Brandenburg haben bereits die Inzidenz-Schwelle von 2.500 bei den Schülerinnen und Schülern überschritten.
Das Infektionsgeschehen im Schulbereich nehme einen besorgniserregenden Verlauf, wird betont. Immer mehr Kinder, Jugendliche und Beschäftigte infizierten sich. Zudem gebe es mehr Quarantänefälle. Es müsse davon ausgegangen werden, dass in den kommenden Wochen und Monaten die sogenannte vierte Welle weiter an Dynamik gewinne. Dabei schließen die Gewerkschaft und der Landeselternbeirat Distanzunterricht ausdrücklich nicht aus. „Die Absicherung des Unterrichts für die Schülerinnen und Schüler in den unterschiedlichen Formen (in Präsenz und/oder Formen des Distanzlernens) hat höchste Priorität“, so heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
GEW und Landeselternbeirat monieren: Es fehlt ein landesweites einheitliches Krisenmanagement für die Schulen
«Nach unserer Auffassung ist die Landesregierung Brandenburg zurzeit nicht in der Lage und Willens, alle erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit und zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen», wird in dem Brief kritisiert. Es fehle ein landesweites einheitliches Krisenmanagement. Gefordert wird deshalb zum Beispiel „eine Richtlinie zu einheitlichen und klar definierten Quarantäneregeln für den Kita- und Schulbereich, die für alle Beteiligten im Land Brandenburg transparent und nachvollziehbar macht“. Luftfilter gibt es in den allermeisten Schulen des Landes nicht.
Aus Sicht der Gewerkschaft und des Landeselternrates greift auch die 2G-Regel – geimpft oder genesen – in den Schulen nicht. Ab sofort wird eine Änderung der Teststrategie gefordert – von den Kommunen. Alle Kinder und Jugendlichen sowie alle, die in den Schulen beschäftigt sind, müssten täglich getestet werden. Die dafür benötigten Tests müssten sofort zur Verfügung gestellt werden. Die Kommunalpolitiker werden aufgefordert, mit einer Allgemeinverfügung die tägliche Testung in den Schulen anzuweisen.
Darüber hinaus müssten die Kollegien stärker unterstützt werden. „Die Schulen bzw. Lehrkräfte sind in den kommenden Wochen spürbar zu entlasten! Zusätzliche Aufgaben, wie z. B. statistische Abfragen, Lernstandanalysen, Organisation von außerschulischen Lernangeboten usw. sind auszusetzen“, so heißt es. Allen Beschäftigten in den Schulen müsse umgehend ein Angebot einer dritten Impfung unterbreitet werden.
Zusätzlicher Aufreger: Dass die rot-schwarz-grüne Koalition den Modellversuch „Gesundheitsfachkräfte in Schulen“ ausgerechnet in der Pandemie aus Kostengründen einstellt, obwohl eine wissenschaftliche Evaluation dem Projekt einen uneingeschränkten Erfolg attestiert (News4teachers berichtete), stößt bei Lehrkräften und Eltern auf Unverständnis – gerade in der Pandemie. Sie fordern, im Gegenteil, das Modell in die Fläche zu bringen. Wörtlich: „Die Landesregierung muss die Entscheidung, die 18 Schulgesundheitsfachkräfte an 27 Schulen des Landes Brandenburg nicht weiterbeschäftigen zu wollen, sofort zurücknehmen. Diese Beschäftigten werden dringend in den Bildungseinrichtungen benötigt und es wäre völlig verfehlt, sie gerade jetzt aus dem Schulalltag zu entfernen. Eine Ausweitung dieses Unterstützungssystems auf alle Schulen ist notwendig und geboten.“
Zuletzt stieg die Zahl positiv getesteter Schülerinnen und Schüler um mehr als das Doppelte im Vergleich zur Vorwoche
Tatsächlich entwickelt sich das Infektionsgeschehen in Brandenburg gerade unter Kindern und Jugendlichen dramatisch. Die Werte in den Landkreisen Elbe-Elster (2.558) und Oberspreewald-Lausitz (2.540) für die Fünf- bis 14-Jährigen markieren bundesweite Rekordwerte. Zuletzt stieg die Zahl positiv getesteter Schülerinnen und Schüler um mehr als das Doppelte im Vergleich zur Vorwoche. Die einzigen Konzessionen an das Infektionsgeschehen: Ab Montag müssen alle Schülerinnen und Schüler zum besseren Schutz eine Maske tragen, also auch wieder die Erst- bis Sechstklässler. Und drei statt zwei Corona-Tests pro Woche sind dann Pflicht. Der Präsenzunterricht läuft unterdessen weiter – nahezu unbegrenzt: Lediglich vier Schulen im Land wurden vergangene Woche ganz geschlossen. News4teachers