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Kretschmann fordert Impfpflicht für Lehrkräfte – ein Ablenkungsmanöver?

STUTTGART. Angesichts der riskanten Lage in den Krankenhäusern und der schleppenden Corona-Impfrate fordert Baden-Württemberg eine Impfpflicht (auch) für Lehrer. «Wir haben immer gesagt, je nach Entwicklung der Pandemie muss man bei bestimmten Berufsgruppen darüber nachdenken», sagte eine Sprecherin des Staatsministeriums von Ministerpräsident Wilfried Kretschmann (Grüne). Lehrerverbände halten das angesichts einer Impfquote von 95 Prozent in ihrer Berufsgruppe für aberwitzig. Steckt ein politisches Ablenkungsmanöver hinter der Forderung?

Bringt eine seltsame Forderung in die Debatte: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg

Zum Auftakt des heutigen Treffens der Gesundheitsminister in Lindau am Bodensee hatte auch schon der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) eine  Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen gefordert – darunter auch Lehrkräfte. «Nachdem wir lange auf Appelle und die Einsicht der Menschen gesetzt haben, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, eine Impfpflicht für Beschäftigte in sensiblen Bereichen wie dem Gesundheits- oder dem Erziehungs- und Bildungswesen zu fordern», hatte der Grünen-Minister erklärt. Es dürfe nicht dieselben Szenarien wie im vergangenen Jahr geben, forderte Lucha. Damals seien viele alte Menschen an einer Corona-Infektion gestorben, weil das Virus von außen in Einrichtungen getragen worden sei.

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«Wer eine Impfpflicht für Lehrkräfte fordert, trägt Eulen nach Athen – und setzt die falschen Prioritäten»

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält eine Impfpflicht für Lehrkräfte deshalb auch für abwegig. «Jetzt ist es am wichtigsten, dass die Politik nicht wochenlang über das Thema Impfpflicht diskutiert, sondern ihre Hausaufgaben erledigt», sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein. Landesregierung und Schulträger könnten für mehr Luftreinigungsgeräte sorgen und mit mehr Engagement für das Impfen werben. «Ich weiß aus Klassen an Berufsschulen, in denen erst die Hälfte der Schülerinnen und Schüler geimpft ist», sagte sie. «Warum steht nicht vor jeder Beruflichen Schule ein Impfmobil? Die Landesregierung und die Schulträger können hier noch mehr tun.»

Vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) kommt ebenfalls Widerspruch. Der Verband habe den Lehrerinnen und Lehrern stets empfohlen, sich impfen zu lassen, eine Pflicht dazu aber abgelehnt, sagte der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand auf Anfrage. Eine Impfpflicht sei mit Blick auf die außerordentlich hohe Impfbereitschaft der Lehrkräfte auch völlig unnötig. Brand verwies auf das aktuelle Schulbarometer, eine aktuelle repräsentative Umfrage, nach der bereits im September 95 Prozent der Lehrkräfte geimpft waren. «Wer weiterhin eine Impfpflicht für Lehrkräfte fordert, trägt Eulen nach Athen – und setzt die falschen Prioritäten», sagte Brand.

„Die Impfquote von 95 Prozent bei Lehrkräften zeigt, dass Pädagoginnen und Pädagogen Verantwortung übernehmen“

Ähnlich hatten sich bereits die Bundesspitzen von GEW und VBE im Zusammenhang mit der Studie geäußert. „Die Impfquote von 95 Prozent bei Lehrkräften zeigt, dass Pädagoginnen und Pädagogen Verantwortung übernehmen – und alle Diskussionen über eine Impfpflicht von Lehrkräften an den Problemen vorbeigehen“, unterstrich GEW-Bundesvorsitzende Maike Finnern. Und VBE-Chef Udo Beckmann erklärte: „Die vielfältigen Unkenrufe nach einer Impfpflicht von Lehrkräften bekommen durch die Umfrage eine weitere Bremse. 95 Prozent der Befragten gaben bereits im September an, geimpft zu sein. Dies deckt sich mit unseren Eindrücken und weiteren Erhebungen, die teilweise nur länderspezifisch veröffentlicht sind. Wer weiter eine Impfpflicht für Lehrkräfte fordert, macht sich lächerlich.“

Oder, das könnte gemutmaßt werden: Er will vom eigenen politischen Versagen ablenken. News4teachers / mit Material der dpa

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