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Der Fall Laumann: Was verstehen unsere Politiker eigentlich von der Pandemie?

DÜSSELDORF. Wie viel Unwissenheit dürfen sich verantwortliche Politiker in der Pandemie leisten? Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat bislang anscheinend nicht verstanden, wie das Coronavirus übertragen wird – eine Bemerkung in einem Fernseh-Interview legt den Verdacht jedenfalls nahe. Der Faden lässt sich weiterspinnen: Wurden womöglich den Schulen im Land bislang Luftfilter deshalb verweigert, weil der Landesregierung nicht mal die Grundlagen der Pandemie klar sind? Das Internet quillt über vor Empörung.

„Ich habe heute eine Expertise aus dem Gesundheitsamt in Köln bekommen”: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Foto: Land NRW

„Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll, aber diese Unwissenheit bis Ignoranz kostet Menschenleben“, so schreibt ein Internist auf Twitter. „Das ist auch der Mann, der die Maskenpflicht in Schulen abgeschafft hat, weil er Mails bekommen hat, in denen behauptet wurde, Kinder würden mit Masken ersticken“, so postet ein anderer. „Was für Menschen regieren uns?“, fragt ein Dritter. Der Anlass der Wutwelle: Karl-Josef Laumann (CDU), als Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen verantwortlich für den Seuchenschutz im bevölkerungsreichsten Bundesland, hat in einem Fernseh-Statement erkennen lassen, dass er anderthalb Jahre lang nicht über die Übertragungswege von Corona informiert war.

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“Das Neue an dieser Omikron-Variante ist, dass sie sich auch ähnlich wie Masern durch die Luft überträgt“

Für den Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen ist das scheinbar eine neue Erkenntnis. „Ich habe heute eine Expertise aus dem Gesundheitsamt in Köln bekommen, die noch ganz klar sagen: Das Neue an dieser Omikron-Variante ist, dass sie sich nicht nur durch Tröpfchen überträgt, sondern dass sie sich auch ähnlich wie Masern durch die Luft überträgt“, sagte Karl-Josef Laumann am gestrigen Montag im WDR-Magazin „Aktuelle Stunde“. War er also mehr als anderthalb Jahre lang nicht über die Hauptübertragungswege des Coronavirus informiert?

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) hat bereits auf den Shitstorm reagiert – und versucht, den Verdacht zu zerstreuen. „Minister Laumann ist selbstverständlich bewusst, dass sich das Coronavirus auch über Aerosole überträgt. Bei dem O-Ton hatte er zum einen schlicht Inhalte eines Berichts der Stadt Köln an das MAGS wiedergeben. Darin heißt es: ‚Das bei der Omikron-Variante beobachtete Ausbreitungsverhalten ähnelt eher demjenigen von luftgetragenen Infektionen (z. B. Masern). Das bedeutet, dass die Ausbreitung nicht mehr nur an Tröpfchen gebunden ist.‘ Vielmehr ging es Minister Laumann in dem O-Ton darum, deutlich zu machen, dass sich die Omikron-Variante offenbar viel einfacher über Aerosole überträgt als die vorherigen Varianten und damit noch infektiöser ist.“

Die Frage ist allerdings, ob die Aussage dadurch besser würde, wenn der Minister „nur“ eine falsche Aussage eines Gesundheitsamts öffentlich zitiert hätte – denn dass „die Ausbreitung nicht mehr nur an Tröpfchen gebunden ist“, stimmt ja so nicht: Sie war es vorher schon nicht. „Diese Ausrede wäre glaubhafter, wenn die NRW-Landespolitik jemals den Infektionsweg via Aerosole zur Kenntnis genommen hätte“, so kommentiert das ein Twitter-User. Tatsächlich verweigert die schwarz-gelbe Landesregierung zum Beispiel den Schulen eine flächendeckende Ausstattung mit mobilen Luftfiltern, die Aerosole aus der Atemluft ziehen.

Sieht die Landesregierung in Kindern Testobjekte, um die Ausbreitung von Corona im Land zu ermitteln?

Auch andere Aussagen von Laumann in Sachen Coronaschutz in Schulen wirken fragwürdig, umso mehr im Licht seines jüngsten Statements. Etwa die: Trotz Omikron, so erklärte der CDU-Politiker gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung am 21. Dezember, wolle die Landesregierung Schulschließungen weiterhin unbedingt vermeiden – und zwar nicht nur deshalb, um den Schülerinnen und Schülern angeblich unverzichtbaren Präsenzunterricht zu ermöglichen, wie sonst gerne betont wird. Laumann erklärte: „Auch die Pandemiebekämpfung spricht für offene Schulen.“ Er verwies darauf, dass Schülerinnen und Schüler millionenfach getestet würden – „diese Aufhellung” des Infektionsgeschehens gebe es dann nicht mehr. Zudem müssten auch viele Ärzte oder Krankenpfleger bei Schulschließungen zuhause auf die Kleinen aufpassen und würden dann dem Gesundheitssystem fehlen.

“Falls es wirklich so war, dass Druck der Maskengegner Rolle gespielt hat, wie Laumann andeutet, wäre das eine Bankrotterklärung”

Ein eher lässiger Umgang mit Corona im Schulbetrieb ist jedenfalls festzustellen. Im Oktober hatte Laumann die Stadt Krefeld angewiesen, der damaligen Landesregel folgend die Maskenpflicht im Unterricht der Schulen der Stadt aufzuheben – trotz steigender Inzidenzen insbesondere unter Kindern und Jugendlichen. Der Gesundheitsminister erklärte dazu: „Es ist nicht verboten, in der Schule eine Maske zu tragen.“ Auch das war schon inhaltlich schief: Als würde die Maske nur dem eigenen Schutz dienen. Außerdem, so Laumann damals, habe er Mails erhalten mit dem Tenor: „Du musst jetzt die Masken abschaffen. Du erstickst unsere Kinder.“

Der heutige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommentierte das auf Twitter: „Bei hoher Inzidenz darf man einer Stadt nicht verbieten, ihre Kinder durch Masken vor Covid zu schützen. Falls es wirklich so war, dass Druck der Maskengegner Rolle gespielt hat, wie Laumann andeutet, wäre das eine Bankrotterklärung. Kindergesundheit geht vor.“ News4teachers

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