BERLIN. Lehrerinnen und Lehrer in Berlin werden in Zukunft wieder verbeamtet. Das beschloss der Senat am Dienstag und setzte damit ein wichtiges bildungspolitisches Vorhaben aus dem rot-grün-roten Koalitionsvertrag um. Demnach haben bestehende Lehrkräfte bis zu einem Alter von 52 Jahren die Möglichkeit, in den kommenden Jahren den Beamtenstatus zu erhalten. Das Mindestalter sei erhöht worden, sagte die Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am Dienstag nach der Sitzung des Senats. Die GEW warnt vor Ungerechtigkeiten.

In welchen konkreten Schritten die Verbeamtung vorgenommen wird, soll im Herbst festgelegt werden. Den Anfang machen neue Lehrkräfte, die bereits ab dem kommenden Schuljahr 2022/2023 Beamte werden können. Dann soll es schrittweise nach Alter weitergehen. Für diejenigen, die nicht verbeamtet werden wollen oder können, solle bis Mai ein «Nachteilsausgleich» ausgearbeitet werden, so Busse.
Die Bildungssenatorin rechnet mit bis zu 16 000 Lehrerinnen und Lehrern, die in den kommenden Jahren den Beamtenstatus erlangen. Jede Lehrkraft, die maximal 52 Jahre alt ist und alle notwendigen gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt, könne verbeamtet werden, so Busse.
«Um im bundesweiten Wettbewerb um Lehrkräfte zu bestehen, kehrt Berlin als letztes Bundesland zur Verbeamtung zurück»
«Um im bundesweiten Wettbewerb um Lehrkräfte zu bestehen, kehrt Berlin als letztes Bundesland zur Verbeamtung zurück», sagte sie weiter. Mit dem Schritt werde ein Anreiz für die Lehrerinnen und Lehrer geschaffen, nach ihrer Ausbildung in der Hauptstadt zu bleiben. Denn laut Busse haben zuletzt jährlich 700 Lehrkräfte die Hauptstadt verlassen. An den Schulen herrscht Personalmangel.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) steht dem Vorhaben kritisch gegenüber und erklärte nach dem Senatsbeschluss, alle wichtigen Fragen in dem Zusammenhang seien weiter offen. «Seit fast 20 Jahren halten die angestellten Lehrkräfte die Berliner Schule am Laufen», sagte der GEW-Landesvorsitzende Tom Erdmann. «Sie dürfen jetzt nicht einfach fallengelassen werden. Wir fordern ein Gesamtpaket aus Verbeamtung für die einen und Kompensation für die anderen. Davon war heute leider keine Rede.» Die Schaffung neuer Ungerechtigkeiten in den Berliner Schulen müsse vermieden werden.
Aus Sicht der GEW löst eine Verbeamtung ohnehin nicht das Problem des Fachkräftemangels an den Schulen. Dafür müsse mehr ausgebildet werden.
„Bereits im November haben wir Fragen gestellt, wie die Kompensationen für diejenigen aussehen sollen, die aus persönlichen oder laufbahnrechtlichen Gründen nicht verbeamtet werden können oder wollen. Wie weit soll die Altersgrenze angehoben werden? Wie sehen die gesetzlichen Lösungen aus, dass Funktionsstelleninhaber*innen nicht zurück ins Eingangsamt A13 müssen und dabei viel Geld und Anerkennung verlieren? Dazu keine Antwort in dem heutigen Beschluss“, kritisierte Udo Mertens, Leiter des Vorstandbereichs Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik der Berliner GEW. „Wenn aber heute verkündet wird, dass der Senat ab dem nächsten Schuljahr Neueinstellungen verbeamten will und die Bestandslehrkräfte lediglich mit einem Schreiben vertröstet werden, das ihnen konkret die Verbeamtung in Aussicht stellt, dann ist Schlimmes zu befürchten,“ so Mertens weiter.
„Alle Kolleg*innen, die nicht verbeamtet werden können oder wollen, müssen einen Nachteilsausgleich erhalten”
„Alle Kolleg*innen, die nicht verbeamtet werden können oder wollen, müssen einen Nachteilsausgleich erhalten. So ist es im Koalitionsvertrag angekündigt“, forderte Erdmann. Ein großer Teil der heute beschäftigten angestellten Lehrkräfte werde entweder die persönlichen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, um verbeamtet zu werden. Dies betreffe tausende Berliner Lehrkräfte. „Wenn jetzt nur noch geprüft werden soll, wie ein Nachteilsausgleich als Lösungsmodell entwickelt werden kann, das sich in den tarifrechtlichen Rahmen der Tarifgemeinschaft der Länder einfügt, ist der Bruch des Koalitionsvertrages vorauszusehen“, so Erdmann.
„Lehrer*innen leisten jeden Tag Enormes für ihre Schüler*innen. Dennoch steht bei der Verbeamtung eine Gesundheitsprüfung für alle an. Das ist nicht nur ein organisatorisches Nadelöhr, für das es mehr Ärzt*innen braucht“, sagte Anne Albers, Leiterin des Vorstandbereichs Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik der GEW Berlin. Eine pauschale Anerkennung der Eignung ist beamtenrechtlich allerdings nicht möglich. „Damit ist die Frage offen, welche Lösung es für die Kolleg*innen geben kann, die aufgrund ihrer bereits geleisteten Arbeitsjahre für die Berliner Schule nun gesundheitlich beeinträchtigt sind“.
Im Sinne der Generationengerechtigkeit sei die Verbeamtung außerdem nur bei gleichzeitiger Bildung eines Pensionsfonds verantwortbar, in dem jetzt schon Gelder für die späteren Pensionen angespart werden. “Gibt es keinen Pensionsfonds, haben zukünftige Generationen die Pensionslasten allein zu tragen”, so heißt es.
Die GEW fordert, auch Quereinsteiger*innen, Lehrkräften für Fachpraxis, Lehrkräften ohne volle Lehrbefähigung, Lehrkräften für untere Klassen und Pädagogischen Unterrichtshilfen den Weg in die Verbeamtung zu eröffnen. Sie alle sollen bisher nicht verbeamtet werden. Auch Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen in Schulen sind von der Verbeamtung ausgeschlossen. Hier verlangt die Gewerkschaft entsprechende Verbesserungen für die Tarifbeschäftigten, damit es in den Kollegien fair zugeht, zum Beispiel bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bei der Unterstützung von Familien. News4teachers / mit Material der dpa
Bildungssenatorin Busse: Verbeamtung von Lehrkräften ist ihr wichtigstes Projekt