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“Falscher Weg”: GEW trommelt dagegen, dass Berlin bei queeren Bildungsprojekten spart

BERLIN. Die Berliner GEW lehnt nach eigenen Angaben die geplante Kürzung von Geldern für queere Bildungsprojekte entschieden ab und fordert das Festhalten der Koalition an den Richtlinien der rot-grün-roten Regierungspolitik. „Ausgerechnet in einem Bereich, wo Berlin glänzt, soll nun gekürzt werden. Und das bei gut arbeitenden Bildungsprojekten. Das muss zwingend korrigiert werden“, so erklärt Landesvorsitzender Tom Erdmann.

„Berlin hat seit langem eine Vorreiterrolle bei der queeren Bildung“: AktivistInnen beim Cristopher Street Day in Berlin im Juni 2021. Foto: Shutterstock / Mummert-und-Ibold

Was ist queere Bildungsarbeit? „Queere Bildungsarbeit setzt sich für eine Gesellschaft ein in der lesbische, bisexuelle, asexuelle, schwule, trans*, inter*, heterosexuelle und queere Lebensweisen gleichberechtigt gelebt werden können und uneingeschränkte Akzeptanz finden“, so heißt es beim Verband Queere Bildung. „Zentrale Aufgabe queerer Bildungsarbeit ist die Begegnung und das Sichtbarmachen von LSBTIAQ+ Lebensweisen, Aufdecken von Diskriminierungsebenen sowie die Sensibilisierung für soziale Ungleichheiten im Kontext von geschlechtlichen Identitäten und sexueller und romantischer Orientierungen.“

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linkspartei für Berlin heißt es: „Berlin bleibt Regenbogenhauptstadt. Die Koalition wird die Initiative geschlechtliche und sexuelle Vielfalt (IGSV) mit den LSBTIQ*-Communities ausbauen und verankern“, so steht dort zu lesen. Und: „Die Koalitition stärkt die Fachstellen für queere und intersektionale Bildung. Lehr- und Lernmaterialien werden LSBTIQ*-sensibel überarbeitet.“

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„Das pädagogische Personal wird nicht ausreichend diskriminierungskritisch ausgebildet”

Nun wird die Fachstelle für queere und intersektionale Bildung, die Antidiskriminierungsprojekte innerhalb aller Senatsverwaltungen initiiert, tatsächlich um einen Jahresbetrag von 40.000 Euro gestärkt – an anderer Stelle wird bei der queeren Bildung jedoch eingespart, und zwar kräftig. Im Haushaltsentwurf der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ist nach Gewerkschaftsangaben eine Kürzung um 410.000 Euro vorgesehen.

Dies widerspreche dem Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken, der vorsehe, die Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt auszubauen, so stellt die GEW nun fest. „Berlin hat seit langem eine Vorreiterrolle bei der queeren Bildung“, betont Tom Erdmann, einer von zwei Landesvorsitzenden der Gewerkschaft. „Die Verstärkung der Fachstelle queerer Bildung um 40.000 Euro kann keineswegs ein Ausgleich für die Kürzungen bei den außerschulischen Bildungsprojekten sein.“

Den Projekten Youthwork (Berliner AIDS-Hilfe), selbst.bestimmt (BiKo Berlin), i-PÄD (Migrationsrat Berlin), queer@school (lambda Berlin-Brandenburg), Queer History Month (FU Berlin) und die inter-trans-Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche (Queer Leben der Schwulenberatung GmbH) drohen laut GEW massive Kürzungen, sollte der Haushaltsentwurf wie vorgeschlagen beschlossen werden.  „Diese Projekte bieten Beratung für Schüler*innen, schulisches Personal und Eltern in wichtigen Lebensphasen wie Coming Out oder Transition an. Zudem ergänzen sie den Unterricht durch ihre außerschulische Fachexpertise. Einige Projekte bieten ihre Angebote seit Jahren erfolgreich an, dank der Förderung des Senates“, so heißt es in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft.

„Das pädagogische Personal wird nicht ausreichend diskriminierungskritisch ausgebildet und die Ausbildung in einer zeitgemäßen Sexualerziehung ist ebenfalls nicht systematisch“, kommentiert die Co-Vorsitzende der Berliner GEW, Martina Regulin. „Die Regierung gibt sich das Ziel, dass Berliner Schulen diskriminierungsfrei gestaltet werden sollen. Diese Kürzungen sind eindeutig der falsche Weg. Die außerschulischen Projekte bleiben weiterhin dringend notwendig“, so die GEW-Landesvorsitzende.

„Jugendarbeit, Schule und Sportvereine sind heteronormativ geprägte Lebensräume, in denen LSBTIAQ+ weitgehend unsichtbar bleiben”

Denn, so heißt es beim Verband Queere Bildung: „Jugendarbeit, Schule und Sportvereine sind heteronormativ geprägte Lebensräume, in denen LSBTIAQ+ weitgehend unsichtbar bleiben und mehrheitlich diskriminiert und benachteiligt werden. Beschimpfungen und systematisches Mobbing aufgrund der sexuellen und romantischen Orientierung oder geschlechtlichen Identität werden nur selten sanktioniert, Homo- und Trans*feindlichkeit selten als gesellschaftliches Problem wahrgenommen und benannt. In Gesprächen, Büchern und pädagogischen Haltungen werden Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit als erwünschte Normen unreflektiert an die Jugendlichen kommuniziert und reproduziert. Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt werden dadurch unsichtbar gemacht und wirkmächtig zu einer ‚Abweichung‘ reduziert. Die selbstverständliche und menschenrechtlich verankerte gesellschaftliche Teilhabe wird damit aktiv in Frage gestellt.“ News4teachers

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