BERLIN. Der Philologenverband, in dem Gymnasiallehrkräfte organisiert sind, hat sich auf seiner jüngsten Vertreterversammlung mit der Digitalisierung der Schulen beschäftigt und einen Grundsatzbeschluss gefällt. Gefordert werden darin geeignete Strukturen, genügend Zeit, Geld und Personal sowie Rechtssicherheit – im Umkehrschluss bedeutet das wohl: Nichts davon ist bislang gewährleistet.
Der Deutsche Philologenverband (DPhV) hat auf seiner Vertreterversammlung einen Leitantrag zur Digitalisierung an Schulen verabschiedet. Darin heißt es, die Corona-Pandemie und die zunehmende Digitalisierung hätten einen großen Einfluss auf das Lehren und Lernen am Gymnasium. Bisherige vielfältige Unterrichtsmethoden würden durch digitale Unterrichtsformate ergänzt. “Ein verändertes Rezeptionsverhalten beim Medienkonsum und beim Wissenserwerb unserer Schülerinnen und Schüler erfordert neue Methoden und neue Fähigkeiten. Ziel ist die Bildung von jungen Persönlichkeiten, die zukünftig in der Lage sein müssen, sich sicher und kompetent in einer von digitalen Medien geprägten Welt zu bewegen und gesellschaftliche Prozesse entwickeln und steuern zu können.”
Um die Digitalisierung der Gymnasien voranzubringen, seien zunächst folgende Forderungen zu erfüllen:
- “Der Bund und die Schulsachaufwandsträger werden aufgefordert, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, dass an allen Gymnasien ein digital unterstützter Unterricht erfolgreich durchgeführt werden kann. Dazu werden flächendeckend leistungsfähige Breitbandanschlüsse, besonders in ländlichen Räumen, benötigt. In jedem Gymnasium muss ein sicheres und leistungsfähiges WLAN-Netz vorhanden sein.
- Die Schulsachaufwandsträger haben alle Unterrichtsräume mit moderner digitaler Infrastruktur auszustatten. Diese ist durch ausgebildetes Personal der Sachaufwandsträger regelmäßig zu warten und es ist zu gewährleisten, dass erforderliche Reparaturen innerhalb von 24 Stunden durchgeführt werden.
- Beim Einsatz von digitaler Technik und Software ist sicherzustellen, dass es zu keiner unangemessenen Leistungs- und Verhaltenskontrolle kommt. Das muss durch die Beachtung der entsprechenden rechtlichen und insbesondere mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben gewährleistet sein und sollte durch diesbezügliche Dienstvereinbarungen festgeschrieben werden. Bei der Einführung neuer Technik muss die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Gymnasiallehrkräfte oberstes Prinzip sein.
- Lehrkräfte sowie Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter sind mit persönlichen Dienstgeräten und dazugehöriger Software auszustatten, die es ihnen ermöglicht, einen qualifizierten und modernen Unterricht durchzuführen. Für die Installation der Software und des Virenschutzes sowie für die Instandhaltung der bereitgestellten Geräte hat der Dienstherr zu sorgen.
- Der Dienstherr hat eine Lernplattform bereitzustellen, die den Anforderungen des Datenschutzes vollumfänglich genügt. Dazu sind alle Lehrkräfte mit Dienstmailadressen auszustatten.
- Die bestehenden Rechtsnormen sind so anzupassen, dass für die Lehrkräfte wie für die Lernenden bei der Nutzung digitaler Inhalte in den Bereichen des Urheberrechts und des Lizenzrechts maximale Rechtssicherheit besteht.”
Vorbereitend und begleitend seien vom Dienstherrn Fort- und Weiterbildungen bereitzustellen, für die den Gymnasiallehrkräften entsprechende Zeitressourcen gewährt werden müssen, so fordern die Philologen. Außerdem seien Investitionen in den Gesundheits- und Arbeitsschutz erforderlich, um die Leistungsfähigkeit der Gymnasiallehrkräfte bis zum Ruhestand zu erhalten. Die arbeitsmedizinischen Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze seien in allen Gymnasien konsequent umzusetzen.
“Die gleichberechtigte Anerkennung von digitalen Unterrichtsformaten als Arbeitszeit ist notwendig”
“Zudem muss die Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller am Schulleben Beteiligten im Prozess der zunehmenden Digitalisierung im Schulbereich ein durchgehendes Prinzip sein. Die konsequente Umsetzung der Datenschutzbestimmungen ist neben der strikten Einhaltung der personalrechtlichen Bestimmungen dafür eine wesentliche Bedingung.”
Die Digitalisierung dürfe weder zu einer Entgrenzung der Arbeitszeit noch zu einer Arbeitsverdichtung führen, sondern sei im Gegenteil bei der Festlegung des Unterrichtsdeputates zu berücksichtigen. “Der während der vergangenen Zeit an vielen Gymnasien parallel zum Distanzunterricht durchgeführte Präsenzunterricht hat die Doppelbelastung der Gymnasiallehrkräfte durch die Betreuung der Schülerinnen und Schüler vor Ort und zu Hause offenbart und die Notwendigkeit der gleichberechtigten Anerkennung von digitalen Unterrichtsformaten als Arbeitszeit deutlich gemacht”, so heißt es. News4teachers