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Digitalunterricht für mehrere Klassen? Landesdatenschützer hält das Modell für “machbar”

ERFURT. Im Kampf gegen den Lehrermangel hatte Thüringens Bildungsminister Holter digitalen Unterricht mit zugeschalteten Klassen vorgeschlagen. Der Landesdatenschützer Hasse signalisiert Offenheit, plädiert aber für eine gesetzliche Regelung.

Live-Übertragungen aus dem Klassenraum? Könnten bald auch in Deutschland möglich sein. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

«Wenn der Unterricht aus einem Unterrichtsraum in andere Unterrichtsräume der Schule übertragen wird… ok. Aber bei einem Stream zu den Schülern nach Hause – nein! Ich nehme mein Recht an meinem eigenen Bild und Ton sehr, sehr, sehr ernst.» So schrieb eine Lehrkraft im Leserforum von News4teachers. Der Anlass: der Vorschlag von Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke), dem Lehrkräftemangel mit Hybridunterricht zu begegnen.

Denkbar sei beispielsweise, so Holter, dass ein Fachlehrer in einer Schule Physik unterrichte – und mehrere Klassen zugeschaltet seien, aus Schulen, wo es vielleicht nicht genügend Physiklehrer gebe. «Das müsste man aber rechtlich klären, auch Datenschutzfragen gilt es zu beachten», sagte Holter seinerzeit (News4teachers berichtete).

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«Die Idee von Herrn Holter, klassenübergreifend so etwas zu machen, ist datenschutzrechtskonform machbar»

Wie steht es denn nun mit dem Recht einer Lehrkraft aufs eigene Bild? Offensichtlich wäre dies kein grundsätzlicher Hinderungsgrund. Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse jedenfalls hält digitalen Unterricht mit mehreren zugeschalteten Klassen rechtlich für möglich. «Die Idee von Herrn Holter, klassenübergreifend so etwas zu machen, ist datenschutzrechtskonform machbar», sagte Hasse zu Holters Vorschlag. Es brauche aber eine Rechtsgrundlage. Dies könne eine Einwilligung sein – oder aber die derzeit diskutierte Änderung des Thüringer Schulgesetzes. Bisher brauchten Schulleitungen für den digitalen Unterricht die Einwilligungen der Eltern in die digitale Datenverarbeitung, weil das Schulgesetz dies nicht vorsehe.

Aus Datenschutzsicht wäre es laut Hasse aber zeitgemäß, eine gesetzliche Verankerung zu finden. «Die Schwäche der Einwilligung liegt darin, dass sie jederzeit widerrufen werden kann – ohne Angabe von Gründen», sagte Hasse. Zunächst handele es sich um eine politische Frage, in einem zweiten Schritt um eine datenschutzrechtliche – «die man aber klären muss».

Ein Entwurf von Rot-Rot-Grün zur Änderung des Schulgesetzes sieht vor, digitalen Distanzunterricht mit ins Schulgesetz aufzunehmen. Allerdings bräuchten Linke, SPD und Grüne vier Stimmen der Opposition für eine Verabschiedung. Gerade die CDU sieht viele Punkte in dem Entwurf kritisch.

«Ein Lehrer soll 50 und mehr Schülerinnen und Schüler gleichzeitig fachlich und pädagogisch individuell betreuen»

Hasse wies darauf hin, solche digitalen Unterrichtsformen müssten auch technisch sicher sein. Es müsse die Datensicherheit gewährleistet und bei Bedarf auch nachgewiesen werden. Es stellten sich auch Fragen, wie Daten verschlüsselt und wieder gelöscht würden. Auch eine gesetzliche Regelung müsse bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um nicht etwa von Gerichten wieder kassiert zu werden, mahnte Hasse.

Der Thüringer Philologenverband hat – neben dem Datenschutz – allerdings weitere Einwände gegen Holters Vorstoß. Vor allem: die Praktikabilität. „Ein Lehrer soll 50 und mehr Schülerinnen und Schüler gleichzeitig fachlich und pädagogisch individuell betreuen – nicht nur in Präsenz, sondern auch digital. Ein Lehrer muss für 50 und mehr Schülerinnen und Schüler Arbeiten erstellen und korrigieren (und in irgendeiner Weise auch die vorgeschriebenen mündlichen Leistungsüberprüfungen organisieren). Allein dies ist nicht zu schaffen”, erklärt die Vorsitzende Heike Schimke (News4teachers berichtete auch darüber). News4teachers / mit Material der dpa

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