WIESBADEN. Die schwarz-grüne Landesregierung von Hessen hat (als eine der bundesweit letzten) angekündigt, die Lehrerbesoldung von Grundschullehrkräften gegenüber denen von weiterführenden Schulen angleichen zu wollen (News4teachers berichtete) – das sorgt jetzt für Verdruss bei Gymnasiallehrern. Der Philologenverband beteuert zwar, den Kolleginnen und Kollegen die Aufwertung zu gönnen, will für seine Klientel aber dann ebenfalls einen Aufschlag, damit der Abstand gewahrt bleibt.
„Der Kultusminister ist einer Dauerforderung nachgekommen: Die Lehrkräfte in den Grundschulen werden in die Besoldungsgruppe A13 eingeordnet“, so heißt es in einer Pressemitteilung des Hessischen Philologenverbands. „Den Lehrkräften sei dies gegönnt, gestaltet sich doch ihre wichtige Basisarbeit in den letzten Jahren deutlich schwieriger. Herausfordernde Unterrichtssituationen ergeben sich aufgrund der Heterogenität der Lerngruppen, von Migration, Integrationsproblemen, Inklusionsbedarf, weiterhin aufgrund emotional-sozialer Defizite und mangelhafter Deutschkenntnisse auf Seiten der Schülerinnen und Schüler. Höchst problematisch ist es, wenn Lehrkräfte sich nicht mehr auf die Mitarbeit der Eltern bei der Erziehung der Kinder verlassen können“, so stellt er fest.
Aber: „Diese Verschärfungen im Arbeitsumfeld betreffen aber ebenso die weiterführenden Schulen. Gymnasien kennen explodierende Klassen, die sowohl pädagogisch als auch unterrichtlich höchst herausfordernd sind, besetzt mit nicht immer für gymnasiale Lernprozesse geeigneten Schülerinnen und Schülern. Und solche schwierigen, teilweise kritischen Arbeitsbedingungen erstrecken sich nicht nur über vier, sondern über neun Jahre. Gymnasiallehrkräfte begleiten Schüler vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter, unter anderem über die schwierige pubertäre Phase hinweg. Auch umfasst der zu vermittelnde Lernstoff ein Vielfaches dessen, was in der Grundschule zu leisten ist, und muss regelmäßig aktualisiert werden.“
Dazu komme: „Der quasi voruniversitäre Unterricht in der Oberstufe, der zur allgemeinen Hochschulreife führen soll, erfordert eine tiefgründige, zeitintensive Unterrichtsvorbereitung. Hinzu kommen die Abiturprüfungen mit hoheitlichem – auch justiziablem – Charakter, die entsprechenden Vorbereitungs-, Korrektur- und Prüfungsstress verursachen.“
„Wie kann man guten Lehrernachwuchs gewinnen, wenn man sich als Lehrkraft in eingeebneten Besoldungsverhältnissen wiederfindet?“
Diese Arbeitsbelastung müsse sich auch in der Besoldung spiegeln, so meinen die Philologen. Ergo: „Das Hessische Kultusministerium muss nach der Anhebung der Einstiegsbesoldung für Grundschullehrkräfte auch die für das gymnasiale Personal konsequenterweise auf A14 steigern, zumindest aber rasch die Regelbeförderung wieder einführen. Flankierend sollte ebenfalls eine Amtszulage für Leiter großer Schulen gewährt werden.“ Der Verband meint: „Eine einheitliche Besoldung für gleichermaßen wertvolle, aber unterschiedliche Arbeit ist nicht zu legitimieren. Wie kann man guten Lehrernachwuchs gewinnen, wenn die schulischen Arbeitsbedingungen immer unattraktiver werden und man sich als Lehrkraft in eingeebneten Besoldungsverhältnissen wiederfindet?“
Hessen ist eines der letzten Bundesländer, das eine Angleichung der Lehrergehälter ankündigt. Nach den Plänen wird die Anhebung der Besoldung bei Grundschullehrkräften von Stufe A12 auf A13 jedoch nicht in einem Rutsch erfolgen, sondern in sechs Schritten bis zum Jahr 2028. Zum 1. August 2023 wird nach den Plänen von Schwarz-Grün mittels einer Zulage, die sukzessive steigt, der erste Schritt der Erhöhung für die Pädagogen gegangen. Im ersten Jahr soll sich die Zulage auf zehn Prozent des Mehrbetrags von A13, im Jahr 2024 auf 25 Prozent, 2025 auf 40 Prozent, 2026 auf 60 Prozent, 2027 auf 80 Prozent und im Jahr 2028 schließlich auf 100 Prozent belaufen.
Die Eingangsbesoldung von Grundschullehrkräften mit der Stufe A12 beläuft sich nach Angaben des Kultusministeriums derzeit auf rund 3.600 Euro brutto im Monat. Bei einer Anhebung auf die Besoldungsstufe A13 gebe es dann einen Betrag von rund 4.200 Euro. Etwa 250.000 Kinder werden derzeit in den hessischen Grundschulen unterrichtet. Die hessische Landesregierung kalkuliert nach Abschluss der Erhöhungen für die Anpassung der Besoldung der Grundschullehrkräfte jährlich 108 Millionen Euro in ihrem Haushalt ein. Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Baden-Württemberg die letzten Bundesländer, die noch keine entsprechende Reform zumindest angekündigt haben. News4teachers / mit Material der dpa