FRANKFURT/MAIN. „Der Fachkräftemangel trifft die Schulen hart: Über 80.000 Lehrkräfte könnten in Deutschland schon bald fehlen – während die Zahl der Schüler*innen weiter steigen dürfte“, so rechnet die GEW vor. Schon jetzt seien Tausende Stellen an Schulen nicht besetzt. Die Gewerkschaft fordert von der Kultusministerkonferenz (KMK) deshalb, „jetzt eine tragfähige und nachhaltige Lösung für den Lehrkräftemangel zu entwickeln.“ Um die Dringlichkeit des Anliegens zu unterstreichen, wurde dafür nun eine Petition gestartet.
Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der KMK hatte unlängst Vorschläge veröffentlicht, wie die Kultusministerinnen und Kultusminister der Personalnot in den Schulen begegnen sollen, darunter: mehr Pflichtstunden, weniger Teilzeit, Ausweitung von Hybridunterricht. „Doch klar ist: Lehrer*innen, die aktuell bereits am Limit arbeiten, würden so nur weiter verheizt“, meint die GEW nun dazu. „Attraktiver für Nachwuchslehrer*innen wird der Beruf so jedenfalls nicht – im Gegenteil.“
Die Gewerkschaft fordert von der Kultusministerkonferenz stattdessen (im Wortlaut):
- „Viele Lehrer*innen arbeiten an ihrer Belastungsgrenze. Das schreckt junge Menschen ab, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Es braucht dringend bessere Arbeitsbedingungen wie eine Senkung der Arbeitszeit, kleinere Klassen, mehr Ausgleichsstunden, einen besseren Gesundheitsschutz und Unterstützungssysteme wie Team-Coaching und Supervision.
- An Schulen ist weit mehr zu tun als nur der Unterricht. Zudem übernehmen Lehrer*innen viele fachfremde Aufgaben. Mehr multiprofessionelle Teams und die Einstellung von Verwaltungs- und IT-Expert*innen können Lehrkräfte entlasten und zusätzliche Arbeitskapazitäten schaffen.
- Die Attraktivität des Lehrkräfteberufs muss gesteigert werden. Dazu gehört beispielsweise die gleiche Bezahlung der Grundschullehrer*innen mit den Lehrkräften anderer Schulformen. Die Arbeit an den Grundschulen aufzuwerten, die überwiegend von Frauen geleistet wird, ist überfällig – das gilt auch für Schulen der Sekundarstufe I.
- Es müssen dringend mehr Studien- und Referendariatsplätze geschaffen werden. Die angehenden Lehrkräfte müssen besser betreut werden, damit sie ihre Ausbildung erfolgreich beenden können.
- Kurzfristig ist der Bildungsbetrieb auf Quer- und Seiteneinsteiger*innen angewiesen. Auch die Arbeitsbedingungen der Quer- und Seiteneinsteiger*innen müssen verbessert werden. Sie benötigen genügend Zeit und Qualifizierungsangebote, um sich fehlende, vor allem pädagogische Ausbildungsinhalte anzueignen. Nach erfolgreicher Ausbildung sollen ihre Abschlüsse voll ausgebildeten Lehrkräften gleichgestellt werden.“
Die Bundesländer hätten es verpasst, rechtzeitig für ausreichend Nachwuchs an den Schulen zu sorgen. „Die Folgen zeigen sich jetzt: Massenweise fallen Stunden aus, erste Schulen schicken ihre Schüler*innen zeitweise in den Distanzunterricht. Die Bildungschancen insbesondere von Kindern und Jugendlichen aus finanziell benachteiligten Familien verschlechtern sich dadurch zunehmend. Wenn die älteren Lehrkräfte in Pension oder Rente gehen, droht eine noch massivere Personalnot an den Schulen. Für die Bildungsqualität der jungen Generation ist das insgesamt eine große Gefahr.“
„Die Politik darf nicht den Fehler machen, den dramatischen Lehrkräftemangel auf dem Rücken der Lehrkräfte und letztlich der Kinder, Jugendlichen und auch der Eltern auszutragen“
Aber auch die Lehrkräfte litten unter der Situation. In einer Umfrage hatten 80 Prozent der Lehrkräfte, an deren Schule Personal fehlt, angegeben, psychisch und körperlich unter der Belastung zu leiden – von Schlafstörungen über Zukunftsängste bis hin zum Burn-out (News4teachers berichtete). „Ohne den Einsatz dieser engagierten, aber stark belasteten Lehrer*innen würde das Schulsystem schon lange nicht mehr laufen“, meint die Gewerkschaft.
„Die Politik darf nicht den Fehler machen, den dramatischen Lehrkräftemangel auf dem Rücken der Lehrkräfte und letztlich der Kinder, Jugendlichen und auch der Eltern auszutragen“, betont die GEW-Vorsitzende Maike Finnern. Genau das passiere aber gerade. News4teachers