„Lehrermangel nachhaltig lösen!“ GEW startet eine Petition an die Kultusministerkonferenz

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FRANKFURT/MAIN. „Der Fachkräftemangel trifft die Schulen hart: Über 80.000 Lehrkräfte könnten in Deutschland schon bald fehlen – während die Zahl der Schüler*innen weiter steigen dürfte“, so rechnet die GEW vor. Schon jetzt seien Tausende Stellen an Schulen nicht besetzt. Die Gewerkschaft fordert von der Kultusministerkonferenz (KMK) deshalb, „jetzt eine tragfähige und nachhaltige Lösung für den Lehrkräftemangel zu entwickeln.“ Um die Dringlichkeit des Anliegens zu unterstreichen, wurde dafür nun eine Petition gestartet.

Die GEW macht mobil. Foto: Shutterstock

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der KMK hatte unlängst Vorschläge veröffentlicht, wie die Kultusministerinnen und Kultusminister der Personalnot in den Schulen begegnen sollen, darunter: mehr Pflichtstunden, weniger Teilzeit, Ausweitung von Hybridunterricht. „Doch klar ist: Lehrer*innen, die aktuell bereits am Limit arbeiten, würden so nur weiter verheizt“, meint die GEW nun dazu. „Attraktiver für Nachwuchslehrer*innen wird der Beruf so jedenfalls nicht – im Gegenteil.“

Die Gewerkschaft fordert von der Kultusministerkonferenz stattdessen (im Wortlaut):

  1. „Viele Lehrer*innen arbeiten an ihrer Belastungsgrenze. Das schreckt junge Menschen ab, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Es braucht dringend bessere Arbeitsbedingungen wie eine Senkung der Arbeitszeit, kleinere Klassen, mehr Ausgleichsstunden, einen besseren Gesundheitsschutz und Unterstützungssysteme wie Team-Coaching und Supervision.
  2. An Schulen ist weit mehr zu tun als nur der Unterricht. Zudem übernehmen Lehrer*innen viele fachfremde Aufgaben. Mehr multiprofessionelle Teams und die Einstellung von Verwaltungs- und IT-Expert*innen können Lehrkräfte entlasten und zusätzliche Arbeitskapazitäten schaffen.
  3. Die Attraktivität des Lehrkräfteberufs muss gesteigert werden. Dazu gehört beispielsweise die gleiche Bezahlung der Grundschullehrer*innen mit den Lehrkräften anderer Schulformen. Die Arbeit an den Grundschulen aufzuwerten, die überwiegend von Frauen geleistet wird, ist überfällig – das gilt auch für Schulen der Sekundarstufe I.
  4. Es müssen dringend mehr Studien- und Referendariatsplätze geschaffen werden. Die angehenden Lehrkräfte müssen besser betreut werden, damit sie ihre Ausbildung erfolgreich beenden können.
  5. Kurzfristig ist der Bildungsbetrieb auf Quer- und Seiteneinsteiger*innen angewiesen. Auch die Arbeitsbedingungen der Quer- und Seiteneinsteiger*innen müssen verbessert werden. Sie benötigen genügend Zeit und Qualifizierungsangebote, um sich fehlende, vor allem pädagogische Ausbildungsinhalte anzueignen. Nach erfolgreicher Ausbildung sollen ihre Abschlüsse voll ausgebildeten Lehrkräften gleichgestellt werden.“

Die Bundesländer hätten es verpasst, rechtzeitig für ausreichend Nachwuchs an den Schulen zu sorgen. „Die Folgen zeigen sich jetzt: Massenweise fallen Stunden aus, erste Schulen schicken ihre Schüler*innen zeitweise in den Distanzunterricht. Die Bildungschancen insbesondere von Kindern und Jugendlichen aus finanziell benachteiligten Familien verschlechtern sich dadurch zunehmend. Wenn die älteren Lehrkräfte in Pension oder Rente gehen, droht eine noch massivere Personalnot an den Schulen. Für die Bildungsqualität der jungen Generation ist das insgesamt eine große Gefahr.“

„Die Politik darf nicht den Fehler machen, den dramatischen Lehrkräftemangel auf dem Rücken der Lehrkräfte und letztlich der Kinder, Jugendlichen und auch der Eltern auszutragen“

Aber auch die Lehrkräfte litten unter der Situation. In einer Umfrage hatten 80 Prozent der Lehrkräfte, an deren Schule Personal fehlt, angegeben, psychisch und körperlich unter der Belastung zu leiden – von Schlafstörungen über Zukunftsängste bis hin zum Burn-out (News4teachers berichtete). „Ohne den Einsatz dieser engagierten, aber stark belasteten Lehrer*innen würde das Schulsystem schon lange nicht mehr laufen“, meint die Gewerkschaft.

„Die Politik darf nicht den Fehler machen, den dramatischen Lehrkräftemangel auf dem Rücken der Lehrkräfte und letztlich der Kinder, Jugendlichen und auch der Eltern auszutragen“, betont die GEW-Vorsitzende Maike Finnern. Genau das passiere aber gerade. News4teachers

Hier geht es zur Petition.

KMK-Kommission sagt 20 Jahre Lehrermangel voraus – sie empfiehlt: Mehrarbeit für Lehrkräfte, Hybridunterricht, größere Klassen

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28 Kommentare
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Maggi
1 Jahr zuvor
Teacher Andi
1 Jahr zuvor

Ich möchte nicht wissen, wieviele Petitionen an die KMK bereits gestellt wurden (von Lehrer-Seite) und wie von einer Teflon-Beschichtung abgeprallt sind. Die erhabenen 16 werden das wieder relativieren und als „Kleinkram, da unbequem“ abtun, wie immer. Letzten Endes wird herauskommen: „Wir haben alles im Griff, nur die Lehrer, Eltern und Schüler kapieren das nicht“. Money for nothing. Bildung ist unser höchstes Gut, Auweia.

Mein_Senf
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Richtig. Allerdings wird nichts passieren, wenn man nicht immer wieder etwas versucht.

Dreamghost
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mein_Senf

Nun das kommt darauf an, was man versucht. Ich kann mich jeden Tag vor eine Wand stellen und diese bitten umzufallen. Ich kann Petitionen an die Wand reichen, Diskussionsrunden mit ihr abhalten, offene Briefe schreiben…
Irgendwann muss ich wohl einsehen, dass es stärkere Maßnahmen braucht.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dreamghost

Zum Beispiel?

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Am 27. Januar 2023 berichtete n4t „KMK-Kommission sagt 20 Jahre Lehrermangel voraus“ (usw.). Heute brennt das Thema immer noch mit, man würde meinen, steigender Intensität. Das geht nicht einfach wieder weg oder zerredet sich. Das kennen wir so nicht. Die „Schul(d)igen“ erfahren sogar Verständnis, womöglich Sympathie. Allgemeine Medien interessieren und beteiligen sich, ja, sie recherchieren selbstständig nach eigenen Zahlen, Gegendarstellungen, kommen zu Analysen statt auf Wiedergabe zu drücken. Es platzt: schlussendlich aber keineswegs plötzlich – und wir sind live dabei, mittendrin.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Na die AKWs werden abgeschaltet, da werden andere Problemlagen vermutlich nach gleichem Muster gelöst. Ich schlage die abschaffung der Schulpflicht vor, so lassen sich Bildungsangebot und Nachfrage besser in den Griff bekommen. Die Verteilung von Trabis hat doch auch funktioniert.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Meine (halbernstgemeinte) Meinung:
Privatschulen dichtmachen. Sobald die Reichen und Wichtigen plötzlich von gesellschaftlichen Problemen betroffen sind, würden immense Mittel und Tempo freigesetzt 😛

laromir
1 Jahr zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Komische Auffassung von dem, was an Privatschulen so läuft. Es gibt mehr als einen Grund, warum man sich für eine Privatschule entscheidet. Außerdem verzichten einige Eltern dafür, weil eben nicht alle die Privatschule aus der Portokasse bezahlen. Hat aber eigentlich auch nichts mit den Forderungen oben zu tun. Über das Geld an Privatschulen, kann man nicht das Bildungssystem in ganz Deutschland sanieren. Zumal ja dann die SuS, die privat beschult werden, in das System strömen würden und man neue Klassen aufmachen müsste. Wahrscheinlich ohne neue Lehrkräfte.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor

Drei Jahre Pandemie wurden gewuppt. Gekostet hat es wenig bis nichts extra. Gründe oder Studien warum es mit dem seit über 34-jährigen „Trauerspiel“ bei Schule und Bildung nun nicht wieder funktionieren sollte?

Last edited 1 Jahr zuvor by gehtsnoch
Defence
1 Jahr zuvor

Ich stelle mir das folgendermaßen vor: Die treffen sich in ihrer Runde, sehen sich die Titelseite der Petition an und spritzen sich vor lauter Lachen den Kaffee gegenseitig ins Gesicht.
Nachdem sich alle ausgelacht haben, gibts noch bissi Verköstigung und jeder macht sich wieder auf den Weg in sein Bundesland. Arbeit erledigt.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Defence

Kann alles sein.

Ich habe trotzdem bzw. wegen dieser eher unpositiv eingestellten Kommentatorys unterschrieben.

Was ist die Alternative zum Unterschreiben?
Untergehen?

Dagmar Starke
1 Jahr zuvor

Ich bin pädagogische Mitarbeiterin an einer Grundschule. Nachv10 Jahren wurde mein unbefristeten Vertrag , nach erreichen der Alertesgrenze gekündigt. Ich habe einen Jahresvertrag bis zum 31.7.23 erhalten. Eine weitere Beschäftigung ist wahrscheinlich aufgrund sinkender Schülerzahlen nicht möglich, Warum ist es nichts möglich, multiprofossionelle Teams , Einsatz von pädagischen MA zur Entlastung der professionellen Lehrkräften , einzusetzen. Wir könnten viele Aufgaben übernehmen, die die Lehrkräfte entlasten . Bei zunehmenden Defiziten der Kinder, emotional, sozial sprachlichen usw.wäre hier Entlastung notwendig. Im Krankheitsfall der Lehrkräfte wäre eine Überbrückung ebenfalls problemlos möglich. Auch ein Pool von sogenannten Feuerwehrkräften im Bereich der Pädagogischen Mitarbeiterinnen würde in einer Region Unterrichtsausfälle auffangen können. Ich hoffe für mich, da ich stark motiviert bin eine neue Aufgabe zu bekommen, obwohl ich bereits Rente beziehe. Bei der derzeitigen Situation wäre es Schade vorhandenes Potenzial nicht zu nutzen und vielen Kindern eine Chance zu geben.

dickebank
1 Jahr zuvor

Die Definition von Lehrermangel seitens der SWK mit daraus resultierenden Empfehlungen an die KMK ist doch, dass die einzelnen Lehrkräfte mängelbehaftet sind.
Der Lehrermangel ist also als Gesamtheit der Mängel der einzelnen Lehrkräfte zu verstehen:)

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

… jedenfalls ist schon ganz schön der Lack ab.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Lämpel
1 Jahr zuvor

Habe mich als langjährig verbeamteter Lehrer vor 5 Jahren aus dem unsäglichen deutschen System entlassen lassen. Leite inzwischen eine Schule in der Schweiz. Wir haben zahlreiche Anfragen und Bewerbungen verbeamteter deutscher LuL, die kurz davor stehen Deutschland den Rücken zu kehren. Das selbstgefällige deutsche Beamtensystem ist nicht mehr zeitgemäss und für immer mehr LuL auch nicht mehr attraktiv.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lämpel

Alles richtig gemacht, viel Erfolg weiterhin. Bis unsere Regierung mit dem trägen Beamtenapparat an der Spitze sich bewegt, ist soweiso schon alles zu spät. Bin gespannt, wohin das noch alles führen soll. Es sollten noch viel mehr Lehrer das Weite suchen, denn offenbar ist der Druck noch nicht groß genug.

Last edited 1 Jahr zuvor by Teacher Andi
Anne S.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lämpel

Glückwunsch! (Ganz unironisch)

PaPo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lämpel

Und was sind die Möglichkeiten für einen ehem. dt. Beamten in der Schweiz bzw. wie sehen die Erfolgschancen eines Wechsels aus?

Habe mir schon öfter gedacht, dass das was wäre, wenn ich dieser Grenze näher wäre (NRW). ^^

Lämpel
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Abschluss anerkennen lassen:
https://www.cdep.ch/de/themen/diplomanerkennung/auslaendische-diplome-1

Job suchen, z.B.:
https://www.schulstelle.ch/

Im Bereich Kindergarten, Primarschule, Logopädie, Sekundarschule gibt es mehr als genug Stellen. Mit EDK Anerkennung und überzeugender Bewerbung gute Chancen.

–>Man bewirbt sich immer direkt bei den Schulen. Rekrutierung, Personalgewinnung und Personalentwicklung ist ureigene Aufgabe jeder Schule. Es herrscht das Gesetz der freien Marktwirtschaft.

Viel Erfolg!

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lämpel

DANKE!

Lämpel
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Je nach deutschem Abschluss ist die Anerkennung mehr oder weniger problemlos möglich

Last edited 1 Jahr zuvor by Lämpel
Hans Maiaer
1 Jahr zuvor

Endlich allen ausgebildeten Sek. II Lehrkräften auf Sek. I Stellen ihre richtige Laufbahn ermöglichen, wäre ja auch was. Betrifft im RB Arnsberg, in NRW alleine 1400 Lehrkräfte

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Maiaer

Ja, der Laufbahnwechsel führt zur Schließung vieler Schulen in der SekI.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Maiaer

Wenn allen Lehrkräften die gleichen Chanchen gegeben würden, wäre es für alle Beteiligten fairer,
auch dürfte man entsprechende Beförderungsstellen an den anderen Schulformen einsetzen.

So!?
1 Jahr zuvor

„Viele Lehrer*innen arbeiten an ihrer Belastungsgrenze. Das schreckt junge Menschen ab, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Es braucht dringend bessere Arbeitsbedingungen wie eine Senkung der Arbeitszeit, kleinere Klassen, mehr Ausgleichsstunden, einen besseren Gesundheitsschutz und Unterstützungssysteme wie Team-Coaching und Supervision.“
Alter Kaffee, neu aufgewärmt: Diese Forderungen stellte Prof. Dr. med. Joachim Bauer. Neurowissenschaftler, Facharzt (Internist, Psychiater) und Psychotherapeut schon vor rund 15 Jahren nach seinen Studien über Burnout bei Lehrern auf.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  So!?

Jaaaaaa und was genau hat sich daran derart geändert, dass dieser Punkt keine Bedeutung mehr hat?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Aktuell 17910 Unterschriften

20000 werden gebraucht.

Scheint ja viele nicht zu interessieren – oder einfach nur nicht mitgemacht, weil die Petition von der GEW ist?

Dann haben viele wohl immer noch nicht genug zu tun.

Oder wie soll das von Seiten der KuMis interpretiert werden?

Kein Zusammenhalt – keine Änderung.