MAGDEBURG. Ab dieser Woche müssen Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt eine Stunde länger wöchentlich vor den Klassen stehen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kündigte an, noch in dieser Woche Klage gegen die von der Landesregierung angeordnete Arbeitszeiterhöhung einzureichen – und das ist erst der Auftakt…
Anfang des Jahres hatte die Landesregierung in Sachsen-Anhalt die zusätzliche Unterrichtsstunde für Lehrkräfte beschlossen. Damit sollen dem Lehrermangel im Land und dem Unterrichtsausfall begegnet werden. Die zusätzliche Stunde pro Woche wird entweder vergütet oder kann auf einem Arbeitszeitkonto angespart werden. Ausgenommen von der neuen Regelung sind nach Angaben des Bildungsministeriums unter anderem Lehrkräfte ab 62 Jahren und befristet angestellte Lehrkräfte. Auf zwei großen Kundgebungen in Magdeburg und Halle brachten viele Beschäftigte ihren Unmut über die Einführung der sogenannten Vorgriffsstunde zum Ausdruck.
„Es ist eine Missachtung der Arbeit, die bisher geleistet wurde“, sagte Sachsen-Anhalts GEW-Vorsitzende Eva Gerth am Dienstag. Derzeit werde ein Normenkontrollverfahren am Oberverwaltungsgericht in Magdeburg vorbereitet. Es gebe noch viele Unklarheiten an den Schulen, sagte Gerth. Die GEW will die Regelung kippen – auf mehreren juristischen Ebenen. Dafür hatte sie bereits vor zwei Wochen einen Vier-Punkte-Plan aufgestellt.
Ansatzpunkte für Klagen lassen sich laut GEW finden, „weil Personalräte in ihrem Informationsrecht behindert und von den Beteiligungsrechten bei der Planung, Vorbereitung und Umsetzung der Vorgriffsstunde ausgeschlossen wurden. Dazu kommt nach unserer Auffassung eine massive Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten.“
„Vor dem Hintergrund des großen Ärgers über die Vorgriffsstunde steht es allen Lehrkräften frei, sich mit Briefen an das Bildungsministerium oder das Landesschulamt zu wenden”
Die GEW-Mitglieder der Stufenvertretungen werden danach versuchen, Mitbestimmungsverfahren zu der Einführung der Verordnung und deren Umsetzung zu erwirken. Dazu werden die Personalräte in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht klagen, so heißt es.
Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens soll zudem die Rechtmäßigkeit der geänderten Verordnung mit der Einführung der Vorgriffsstunde durch Musterklagen geprüft werden. Gleichzeitig soll in diesem Zusammenhang eine Überprüfung der durch die EU festgelegten wöchentlichen Höchstarbeitsgrenze erfolgen und die Einhaltung von Ruhezeiten und Pausen eingefordert werden. Im Rahmen dieser Klage soll die Landesregierung dann dazu gebracht werden, eine Studie in Auftrag zu geben, durch die die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von Lehrkräften ermittelt wird.
Den teilzeitbeschäftigten Mitgliedern würden Formulare zur Geltendmachung für Tarifbeschäftigte und zum Widerspruch für verbeamtete Lehrkräfte zur Verfügung gestellt. „Damit soll die Fortsetzung der am Schuljahresanfang vereinbarten Teilzeit in diesem Schuljahr gegenüber dem Arbeitgeber eingefordert werden. Gleichzeitig bereiten wir Musterklagen in Einzelfällen vor“, erklärt die GEW.
Last but not least werden die Kolleginnen und Kollegen aufgefordert, sich in Briefen an das Bildungsministerium oder an das Landesschulamt zu wenden. „Vor dem Hintergrund des großen Ärgers über die Vorgriffsstunde und der damit verbundenen Missachtung der bisherigen Arbeit steht es allen Lehrkräften frei, sich mit Briefen an das Bildungsministerium oder das Landesschulamt zu wenden, um die Rechtmäßigkeit der Einführung der Vorgriffsstunden in Frage zu stellen und eine Streichung zu verlangen.“ News4teachers / mit Material der dpa
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