BERLIN. CDU und SPD in Berlin sind auf ihrem Weg zu einer gemeinsamen Landesregierung einen wichtigen Schritt vorangekommen. Sieben Wochen nach der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl haben beide Parteien heute ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. „Die Lehrkräfteausstattung an Berliner Schulen ist eine zentrale Aufgabe“, so heißt es darin. Die von der GEW unterstützte Initiative «Schule muss anders» kann allerdings keine Lösungen erkennen. Eine Lehrerin soll Bildungssenatorin werden.
„Wir streben eine Personalausstattung an, die Unterrichtsausfall vermeidet“, so bekunden CDU und SPD im vorgelegten Koalitionsvertrag. Dabei setzten die Partner auf bereits beschlossene Maßnahmen: „Die Lehrkräfteverbeamtung und den Nachteilsausgleich für tarifbeschäftigte Lehrkräfte werden wir schnellstmöglich umsetzen.“
Die Koalition prüfe darüber hinaus Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Entlastung des pädagogischen Personals. Das System der Personalkostenbudgetierung – mit dem Schulleitungen selbst Hilfskräfte einstellen können – werde evaluiert, um die Handlungsfähigkeit der Schulen zu stärken. „Wir verstetigen den Quereinstieg und schaffen eine rechtssichere Grundlage für die Ausbildung. Wir prüfen den Quereinstieg von Ein-Fach-Lehrkräften in Mangelfächern. Wir prüfen die Entbürokratisierung und Beschleunigung der Anerkennung ausländischer Abschlüsse, um internationale Fachkräfte leichter zu gewinnen.“
Weiter heißt es: „Wir werden die Abordnung von grundständig ausgebildeten Lehrkräften in die Schulinspektion, die Seminarleitungen und die Senatsverwaltung kritisch prüfen, wenn
dadurch keine Einschränkungen zu erwarten sind. Fort- und Weiterbildungen sollen künftig
auch durch externe Kooperationen ermöglicht werden. Zur Entlastung des pädagogischen
Personals wollen wir das SchulG (§ 116) reformieren, Schulen erhalten die Möglichkeit, ihre
schulgesetzlichen Gremiensitzungen auch digital durchzuführen.“
“Gemeinsam verfolgen wir das Ziel, die Zahl von Schulgesundheits- und -krankenfachkräften oder Schulhelferinnen und Schulhelfern an Schulen zu erweitern”
Die Koalition bekenne sich zu multiprofessionellen Teams als wesentliche Voraussetzung
für die inklusive Schule. „Die Koalition wird die rechtlichen Voraussetzungen für den
Einsatz von Schulhelferinnen und -helfern, Betreuerinnen und Betreuern und
Schulassistenzen sowie für die medizinische Versorgung der Schülerinnen und Schüler
schaffen. Die Beantragungsmöglichkeiten werden wir entbürokratisieren. Gemeinsam
verfolgen wir das Ziel, die Zahl von Schulgesundheits- und -krankenfachkräften oder
Schulhelferinnen und Schulhelfern an Schulen zu erweitern. Wir prüfen, die bestehende
Umwandlung von Lehrkräftestellen zukünftig reversibel zu gestalten. Die Koalition wird das
weitere pädagogische Personal, welches die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung
nicht erfüllt, weiterqualifizieren und prüfen, ob eine bessere Eingruppierung ermöglicht
werden kann.“
Die Festlegungen im Koalitionsvertrag bieten aus Sicht der – auch von der GEW unterstützten – Initiative «Schule muss anders» allerdings keine Lösung gegen den Lehrkräftemangel in Berlin. Das Thema werde zwar als zentrale Aufgabe benannt, allerdings ohne konkrete Maßnahmen, kritisierte die Initiative, die sich für eine bessere Ausstattung von Schulen engagiert, am Montag. Mit einem neuen Wahlpflichtfach Religion (Koalitionsvertrag: „In einem von fachlich ausgebildeten Lehrkräften erbrachten und von den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften inhaltlich gestalteten Unterricht können Kenntnisse über Religionen und Weltanschauungen vermittelt werden. Das Fach Ethik bleibt in seiner bisherigen Form bestehen“) und einer Stärkung des Fachs Wirtschaft, Arbeit, Technik werde der Personalbedarf eher noch erhöht.
«Es kann nicht sein, dass einem derart unterausgestatteten System die gleichen Aufgaben und Arbeiten wie bei einer 100-prozentigen Ausstattung abverlangt und gar noch neue hinzugefügt werden»
Schon jetzt könnten nur 96 Prozent der offenen Stellen besetzt werden, bemängelt die Initiative. «Es kann nicht sein, dass einem derart unterausgestatteten System die gleichen Aufgaben und Arbeiten wie bei einer 100-prozentigen Ausstattung abverlangt und gar noch neue hinzugefügt werden.» Kritik gab es auch an den Perspektiven für die Lehrerausbildung: Eine Erhöhung von 2.000 auf langfristig 2.500 Absolventen eines Lehramtsstudiums pro Jahr reiche nicht. Der Bedarf liege bei 3000.
Hintergrund: Der Koalitionsvertrag ist zwar fertig, aber noch nicht unterschriftsreif. Zunächst müssen Berlins SPD-Mitglieder darüber abstimmen. Das Ergebnis soll am 23. April bekanntgegeben werden.
Am Tag darauf entscheidet die Landes-CDU bei einem Parteitag darüber. Stimmen beide Seiten zu, sei für den 26. April die Unterzeichnung des Vertragswerks geplant, sagte die SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey zum weiteren Zeitplan bei der Regierungsbildung. Bei der Plenarsitzung im Abgeordnetenhaus am 27. April werde CDU-Landeschef Wegner zum neuen Regierenden Bürgermeister gewählt. Er wäre der erste Christdemokrat in diesem Amt seit 2001 – und Giffeys Nachfolger im Roten Rathaus. Neue Bildungssenatorin soll die CDU-Abgeordnete Katharina Günther-Wünsch (39) aus Marzahn-Hellersdorf werden. Sie ist von Beruf Lehrerin für die Fächer Chemie, Geschichte und Politik. News4teachers / mit Material der dpa
Hier geht es zum vollständigen Koalitionsvertrag.
GEW streikt weiter für kleinere Klassen. Bildungsverwaltung: Es gibt keinen Spielraum