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Nach dem Iglu-Schock: Kultusminister wollen das Lesen in der Grundschule stärken

DÜSSELDORF. Schulen sollten sich aus Sicht von Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) auf die Kernkompetenzen konzentrieren. «Wir überfrachten die Schulen, wir müssen uns mehr auf klassische Dinge wie Rechnen, Lesen und Schreiben konzentrieren», sagt er – mit Blick auf die desaströsen Ergebnisse der gestern veröffentlichten Iglu-Studie. Zwei weitere Schulministerinnen haben in ersten Reaktionen angekündigt, das Lesen in der Grundschule stärken zu wollen. Was dafür entfallen soll, bleibt allerdings rätselhaft.

Simsalabim. Foto: Shutterstock

Nach den aktuellen Ergebnissen der internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu). erreichen in Deutschland 25 Prozent der Viertklässler nicht das Mindestniveau beim Textverständnis. Bei der letzten Iglu-Erhebung, die Ende 2017 veröffentlicht wurde, lag der Anteil noch bei 19 Prozent. Die Studie zeigt außerdem: International schneiden Grundschüler in Deutschland bei der Lesekompetenz schlechter ab als Gleichaltrige in vielen anderen Ländern (News4teachers berichtete).

«In der Grundschule geht es erstmal um Lesen, Schreiben und Rechnen und darauf werden wir uns konzentrieren»

Für Bayerns Kultusminister liegt die Lösung des Problems in der Konzentration auf das Wesentliche. «Man muss sich entscheiden, was ist uns besonders wichtig», betont er gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. «In der Grundschule geht es erstmal um Lesen, Schreiben und Rechnen und darauf werden wir uns konzentrieren.» Was soll denn dafür wegfallen? Darüber verlautet Piazolo nichts.

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Auch NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) will dafür sorgen, dass Grundschulkinder im Unterricht mehr lesen. Nach den Sommerferien solle es pro Woche dreimal 20 Minuten verbindliche Lesezeit im Stundenplan geben, teilte das Schulministerium am Dienstag mit. In anderen Ländern gebe es der Studie zufolge deutlich mehr Lesezeit im Unterricht als in Deutschland, teilte Feller mit. «Wir müssen hier also dringend etwas tun, denn Lesen ist die zentrale Schlüsselkompetenz für einen erfolgreichen Bildungsweg – daher setzen wir hier unsere erste Priorität.»

Das Projekt «Drei mal 20 Minuten» solle ein erster Schritt sein, um die Lesekompetenz der Grundschüler zu stärken. Details will die Ministerin den Schulleitern «noch vor den Sommerferien» mitteilen. Ob dafür andere Inhalte aus den Grundschul-Lehrplänen gestrichen werden? Zweifel sind erlaubt.

«An drei bis fünf Tagen der Woche werden alle Kinder täglich eine feste Lesezeit haben, ob im Deutsch-, Mathematik- oder im Sachunterricht»

Denn auch in Mecklenburg-Vorpommerns Grundschulen soll künftig mehr gelesen werden – ohne dass benannt würde, was denn an anderer Stelle entfallen kann. Eine Ankündigung, dass die Lehrpläne überarbeitet würden, gibt es nicht. Zum Schuljahr 2024/2025 werde aber eine verpflichtende 20-minütige Lesezeit in allen Jahrgangsstufen der Grundschule eingeführt, erklärt Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke).  «An drei bis fünf Tagen der Woche werden alle Kinder täglich eine feste Lesezeit haben, ob im Deutsch-, Mathematik- oder im Sachunterricht.» Das Lesenlernen müsse unabhängig vom Fach gestärkt werden.

Das Problem: Schon jetzt herrscht bundesweit vor allem in den Grundschulen ein gravierender Lehrkräftemangel. Zusätzlicher Unterricht könnte also personell gar nicht abgedeckt werden. Wie dann mehr gelesen werden soll, wenn nicht an anderer Stelle inhaltlich entlastet wird – ist zumindest erklärungsbedürftig. News4teachers / mit Material der dpa

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