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Rat für deutsche Rechtschreibung nimmt das Gendern als “Phänomen” zur Kenntnis

EUPEN. Doppelpunkt, Unterstrich und Sternchen im Wort: Immer wieder werden kontroverse Debatten über das Gendern geführt – bis hin zum Kulturkampf. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat heute im belgischen Eupen über geschlechtergerechtes Schreiben beraten. Ergebnis: Er stuft Genderzeichen weiterhin nicht als Kernbestand der deutschen Orthografie ein – aber: Als Sonderzeichen werden sie vermerkt. «Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen.»

Wie gehen wir sprachlich um mit gesellschaftlicher Vielfalt? Im Bild: Conchita Wurst, Sieger*in im ESC 2014. Foto: Shutterstock / praszkiewicz

Die Geschäftsführerin des Rats, Sabine Krome, sagte vorab: Bislang habe es keinen Passus im vom Rat herausgegebenen Amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung «explizit zum Umgang mit gendergerechter Schreibung, und hier insbesondere den die Orthografie betreffenden Sonderzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt» und andere im Wortinneren gegeben. Über eine Aufnahme eines solchen Passus werde beraten. Hintergrund ist Krome zufolge auch, dass es in den vergangenen Jahren viele Anfragen von behördlicher Seite und von Schulen gab.

Ergebnis: Der Rat für deutsche Rechtschreibung stuft Genderzeichen weiterhin nicht als Kernbestand der deutschen Orthografie ein. Das teilte das Gremium mit. In einer neuen Ergänzung zum Thema Sonderzeichen führt der Rat allerdings das Gendern im Wortinneren – Doppelpunkt, Unterstrich und Sternchen – auf.

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Der Ratsvorsitzende Josef Lange sagte zur Einordnung, dass man damit das gesellschaftliche Phänomen an sich beschreiben wolle. Die Zeichen vermittelten «übersprachlich aufgeladen», dass damit alle Geschlechtsidentitäten gemeint seien. Lange ergänzte: «Der Genderstern gehört nicht zum Kernbereich der deutschen Orthografie.» Es seien also auch weiterhin keine regulären Zeichen. Wortbinnenzeichen, so hieß es weiter, könnten zu grammatischen Folgeproblemen führen, die noch nicht geklärt seien.

Der Rat ist eine wichtige Instanz für Rechtschreibung. Seine Aufgabe im Auftrag von staatlichen Stellen ist es, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung auch mit Blick auf den Wandel der Sprache weiterzuentwickeln. Der Rat will nun den staatlichen Stellen vorschlagen, das Amtliche Regelwerk durch den Abschnitt Sonderzeichen zu ergänzen. Die bisherigen Empfehlungen des Rates sind zugleich nicht aufgehoben, wie das Gremium mitteilte. Lange sagte: «Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen.» Sie müsse weiter beobachtet werden. Der Sitzung sei eine sehr kontroverse Diskussion vorangegangen.

Zuletzt hatte der Rat im Jahr 2021 empfohlen, Sternchen, Unterstrich, Doppelpunkt oder andere Formen zur Kennzeichnung von mehrgeschlechtlichen Bezeichnungen im Wortinneren zu diesem Zeitpunkt nicht in das Amtliche Regelwerk aufzunehmen. Zu seiner Empfehlung führte der Rat seinerzeit unter anderem aus, dass geschlechtergerechte Schreibweise nicht das Erlernen der geschriebenen deutschen Sprache erschweren dürfe. Jetzt ist sie auch weiterhin nicht regulär aufgenommen, aber als Phänomen in dem Bereich Sonderzeichen beschrieben.

Seit Jahren wird in Deutschland diskutiert, ob – und wenn ja, wie – die männlichen Formen in der Sprache durch weiter gefasste Begriffe ersetzt werden können oder sollten – um zum Beispiel Frauen offensiver einzubeziehen. Das Gendersternchen wie bei Lehrer*innen ist eine Möglichkeit. Manche setzen an die Stelle auch einen Doppelpunkt oder einen Unterstrich. In der gesprochenen Sprache und im Fernsehen oder Radio äußert sich das dann als Sprechpause.

Auch in den Schulen ist das Thema Gendern längst angekommen. Erst in dieser Woche wurde bekannt, dass der sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU) unlängst die Schulleitungen im Freistaat angeschreiben ließ, um das bereits vor zwei Jahren erlassene Genderverbot zu bekräftigen – und auszuweiten: Die Schulen sollen nun auch Kooperationspartner etwa bei Bildungsprojekten dazu verpflichten, auf das Gendern zu verzichten (News4teachers berichtete). Betroffen davon ist zum Beispiel das Netzwerk “Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage”, dem in Sachsen 121 Schulen angehören.

Das sächsische Kultusministerium beruft sich beim Gender-Verbot ausdrücklich auf den Rat für deutsche Rechtschreibung. News4teachers / mit Material der dpa

Der Beitrag wurde um 15.15 Uhr um die Ergebnisse der Beratung aktualisiert.

Punktabzug fürs Gendern? Landesschülerrat hält Gender-Verbot für „falsch und unnötig“

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