MÜNCHEN. Der Bayerische Elternverband hat auf den Prüfungsbericht der Vereinten Nationen zur Inklusion in Deutschland mit Kritik an den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern reagiert. „Deutschland und damit auch Bayern hat bei der Staatenprüfung zur Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) in Sachen inklusive Bildung den erwarteten und verdienten Rüffel bekommen“, so heißt es in einer Erklärung.

Henrike Paede, stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Elternverbands (BEV) und Leiterin des Sachgebiets Inklusion, beklagt, dass die Anzahl der Kinder an Förderschulen in Bayern nicht, wie gefordert ab-, sondern sogar zugenommen habe und sogar neue Förderschulen gebaut würden. „Selbst wenn sich inzwischen eine stattliche Zahl an Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den allgemeinen Schulen befindet, täuscht dies nicht darüber hinweg, dass die Zahl der exkludierten Kinder genauso groß ist wie seit der Ausrufung der schulischen Inklusion in Bayern.“ Sie sei sogar leicht angestiegen.
Paede kann nach eigenem Bekunden nicht fassen, dass sowohl die Bildungsverwaltung als auch die Politik die Tatsache ignorieren, dass mit ihrem „bayerischen Weg der Inklusion” bisher nur zusätzliche Förderbedarfe an den allgemeinen Schulen generiert wurden, sich aber an der Quote der an Förderschulen exkludierten Kinder nichts geändert habe.
„Als besonderes Schmankerl“ habe der prüfende Ausschuss der Vereinten Nationen das empfohlen, was das Forum Bildungspolitik in Bayern vor einem Jahr als Petition eingereicht hatte: nämlich einen umfassenden Plan zum Aufbau der Inklusion zu entwickeln. „Diese damals von der Staatsregierung abgelehnte Petition kommt nun über die Staatenprüfung als Bumerang nach Bayern zurück“, so heißt es.
„Solange funktionierende inklusive Angebote Mangelware sind, können nur gebildete Familien mit Geld, Zeit und kräftigen Ellbogen für ihr Kind die Regelschule wählen“
„Fast als pikant bezeichnet werden kann“ laut BEV, dass die Prüfung „eine beliebte Ausrede der Verantwortlichen aufspießt: das elterliche Wahlrecht, kraft dessen sich Eltern angeblich freiwillig für die Förderschule anstatt für Inklusion entscheiden“. So rechtfertigten Bayerns Bildungsfunktionäre ihr Festhalten an dieser Schulart.
Paede: „Solange funktionierende inklusive Angebote Mangelware sind, können nur gebildete Familien mit Geld, Zeit und kräftigen Ellbogen für ihr Kind die Regelschule wählen. Damit setzt sich die Abhängigkeit der Bildungschancen der Kinder von den Ressourcen des Elternhauses, die in Deutschland besonders stark ausgeprägt ist, bis in die Inklusion hinein fort. Allein schon der Kampf mit den verschiedenen Behörden setzt perfekte Deutschkenntnisse, Zeit und Energie voraus. Daher verwundert es nicht, dass sich an Förderschulen überproportional viele Kinder etwa mit Migrationshintergrund befinden.“
Dass im sogenannten „differenzierten begabungsgerechten Schulsystem“ Schülerinnen und Schüler mit vollkommen unterschiedlichen Lernausgangslagen bei Benotung und Vorrücken denselben starren Bedingungen unterworfen seien, bezeichnet Paede auch unabhängig von sonderpädagogischen Bedürfnissen als Unding. „Auf diese Weise gehen uns zu viele Kinder verloren. Die hohe Zahl an Schülerinnen und Schülern ohne Abschluss, die nachlassenden Bildungsergebnisse und der Fachkräftemangel sprechen eine deutliche Sprache.“
Bayern brauche dringend auch die Gemeinschaftsschule als strukturell inklusive Schulart, die eine lange gemeinsame Lernzeit ohne Druck gewährt „und die Kinder nicht schon früh aussiebt”. Der Bayerische Elternverband unterstützt die bundesweiten Bildungsproteste am 23. September (News4teachers berichtete), „die den Ruf nach wirklicher Inklusion auf die Straße bringen“. News4teachers
