Ein breites Bündnis von Verbänden und Initiativen aus dem Bildungsbereich fordert ein entschiedeneres Vorgehen der Brandenburger Politik gegen den Lehrermangel. «Die bisher von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen zur Absicherung der Ausbildung und Einstellung vollständig ausgebildeter Lehrkräfte reichen nicht ansatzweise aus», erklärte das Bündnis «Gemeinsam für eine Schule mit Lehrkräften».
Ändere sich hier nichts, werde 2030 nur die Hälfte der Stellen an den Schulen mit vollständig ausgebildeten Lehrkräften besetzt sein. Dieser Mangel gefährde einerseits die Gesundheit von Lehrkräften und andererseits die Schulbildung der Kinder.
Bündnis fordert mehr Studienplätze und Praxisbezug in der Ausbildung
Dem im Sommer gegründeten Zusammenschluss gehören unter anderem Vertreter des Brandenburgischen Pädagogen-Verbands, der GEW, des Landeseltern- und Landesschülerrates und der Universität Potsdam an. Sie legten einen Forderungskatalog an die Landesregierung vor, der etwa mehr Studienplätze im Lehramt, eine bedarfsgerechtere Ausbildung in einzelnen Fächern und mehr Praxisbezug dieser Ausbildung umfasst.
Zu den Forderungen gehören zudem eine zeitnahe Erfassung des Bedarfs in den einzelnen Schulen und eine bessere und aktivere Personalgewinnung. Dringend nötig seien auch mehr Qualifizierung und Weiterbildung gerade für Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf.
Selbst bei raschem und entschiedenem Handeln sei der Schulbetrieb bereits stark eingeschränkt, stellt die Sprecherin des Landeselternrats, Ulrike Mauersberger, fest. «Uns erreichen aus den Schulen erschreckende Rückmeldungen: Teilweise werden Studierende als Klassenleitungen eingesetzt, einige Kinder können beim Übergang in die weiterführenden Schulen keine Schreibschrift. Über lange Zeit werden Klassen zusammengelegt oder mehrere Klassen von einer Lehrkraft betreut, ohne dass unterrichtet wird. An manchen Schulen sind bereits 40 Prozent der Lehrkräftestellen mit Seiteneinsteigenden besetzt oder unbesetzt. Als Folge fällt immer mehr Unterricht aus, der nicht nachgeholt wird. Wir sind schon jetzt in einem Notbetrieb, und die Bildungsdefizite verstärken sich noch weiter.»
Hartmut Stäker, Präsident des Brandenburgischen Pädagogen-Verbandes, betont: «Uns erreichen immer mehr Klagen überlasteter Lehrkräfte. Die wollen einen guten Job machen. Aber auch die können nicht dauerhaft die Seiteneinsteiger coachen oder für Zwei arbeiten.»
«Die Bildungspolitik muss endlich ein Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung werden», sagt der GEW-Landesvorsitzende Günther Fuchs – auch mit Blick auf die nach der Landtagswahl langsam anlaufenden Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung. Bisher sei das leider nicht der Fall gewesen. Zurzeit sind in Brandenburgs Schulen etwa 20.000 Lehrerinnen und Lehrer unbefristet beschäftigt. Bis 2032 werden nach Darstellung des Bündnisses mehr als 10.000 von ihnen aus Altersgründen ausscheiden.
Lehramtsstudium kann Bedarf aktuell nicht decken
«In diesem Zeitraum sind jährlich mindestens 1.300 bis 1.700 Neueinstellungen notwendig, um den Unterricht für die Schülerinnen und Schüler abzusichern», hatte das Bündnis schon im Sommer erklärt. In den vergangenen Jahren hätten in Brandenburg allerdings jährlich nur 300 bis 400 Absolventinnen und Absolventen das Lehramtsstudium an der Universität Potsdam erfolgreich abgeschlossen.
«Wir Studierende möchten praxisnah und ohne Verzögerung zum Abschluss kommen. Derzeit geht das nicht: Die weiterhin sehr theorielastige Ausbildung sowie Zugangshürden zum Studium und zu den Kursen und Seminaren stehen dem entgegen», sagt Philipp Okonek, studentischer Vertreter der Universität Potsdam.
Der Mangel an Lehrkräften hatte sich auch zum Auftakt des neuen Schuljahres gezeigt. Laut Bildungsministerium waren zum Start Anfang September 455 Vollzeitstellen in den Brandenburger Schulen unbesetzt. News4teachers / mit Material der dpa
