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Sprachförderung, Digitalpakt, multiprofessionelle Teams: Was sich Lehrkräfte von der neuen Bundesregierung wünschen

BERLIN. Im Februar wird eine neue Bundesregierung gewählt. Obwohl die Zuständigkeit für die Bildung bei den Ländern liegt, engagiert sich auch der Bund immer wieder für Kitas und Schulen – zuletzt beim Startchancen-Programm, absehbar bei der Neuauflage des Digitalpakts. Der Philologenverband und der Verband Deutscher Realschullehrer VDR richten konkrete Forderungen an den Bund.

Wer immer auch nach der Bundestagswahl auf der Regierungsbank auf dem Foto links neben dem Rednerpult Platz nehmen darf (rechts sitzen die Vertreter*innen des Bundesrats): Bildung wird ein zentrales Thema. Foto: Shutterstock / Shirmanov Aleksey

Angesichts schlechter Ergebnisse in Deutsch und Mathematik bei Schulstudien hat der
Deutsche Philologenverband eine künftige Bundesregierung dazu aufgefordert, mehr in die frühkindliche Bildung zu investieren. Das angelaufene und von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachte Startchancenprogramm, das 4.000 Schulen in Deutschland besonders fördert, setze zu spät an, sagte die Verbandsvorsitzende Susanne Lin-Klitzing in Berlin. „Wir brauchen die Förderung sprachlich benachteiligter Kinder früher, nämlich bereits vor dem Schulbeginn.“

Sie forderte in dem Zusammenhang nach den Schuleingangsuntersuchungen in jedem Bundesland eine vorschulische und verbindliche Sprachförderung. Eine Vernachlässigung habe fundamentale Auswirkungen auf die weitere Bildungskarriere der angehenden Schülerinnen und Schüler. Der Philologenverband vertritt hauptsächlich Gymnasiallehrkräfte.

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Die Verbandsvorsitzende kritisierte zudem, dass in der Debatte über nachlassende Schulleistungen leistungsfähige Schülerinnen und Schüler oft übersehen würden. Diese hätten wie alle anderen einen Anspruch darauf, gemäß ihren Fähigkeiten optimal gefordert und bestmöglich gefördert zu werden. Lin-Klitzing warb für mehr Angebote zur Begabtenförderung, die von Bund und Ländern gemeinschaftlich unterstützt werden sollten.

„Gerade in der aktuell instabilen politischen Lage braucht die schulische Bildung verlässliche Rahmenbedingungen“

Der VDR sieht die Schulen und Schulsystem in Deutschland als Ganzes vor enormen Herausforderungen. Lehrkräftemangel, Inklusion, Integration, Digitalisierung, wachsende politische und gesellschaftliche Fliehkräfte, die sich auch in vielen Schulen bemerkbar machen, seien nur einige Stichworte. „Gerade in der aktuell instabilen politischen Lage braucht die schulische Bildung verlässliche Rahmenbedingungen. Das erfordert klare, langfristige Weichenstellungen. Hier ist die künftige Bundesregierung in der Pflicht“, erklärt der Vorsitzende Ralf Neugschwender.

Der VDR stehe zum Bildungsföderalismus in Deutschland, stelle aber konkrete Forderungen zur Bundestagswahl, um die Bildungspolitik aktiv mitzugestalten und sicherzustellen, dass die Interessen der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler im Fokus zukünftiger Regierungsarbeit stehen.

Dazu hat der VDR mit seinen Landesverbänden gleich einen ganzen Katalog vorgelegt. Kernpunkte sind unter anderem die Forderung nach dem Erhalt und Ausbau eines leistungs- und begabungsorientierten, differenzierten Bildungssystems – unter anderem durch eine verbindliche Grundschulempfehlung bundesweit –, nach einer qualitätsvollen Lehrkräfteausbildung und mehr Unterstützung durch sozialpädagogisches und schulpsychologisches Fachpersonal sowie weitere Unterstützungskräfte.

„Durch die gestiegene Heterogenität und das höhere Konfliktpotenzial an Schulen sind Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie weiteres pädagogisches Personal unverzichtbar. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Bewältigung von Konflikten, unterstützen Schülerinnen und Schüler mit sozialen und emotionalen Problemen und entlasten die Lehrkräfte“, so heißt es.

„Die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht erfordert ein Mindestmaß an sprachlichen Kenntnissen. Dies muss zunächst gewährleistet sein“

Der Digitalpakt müsse verstetigt werden – langfristig. Darüber hinaus bedürfe es eines spürbaren Bürokratieabbaus im Schulsystem und einer Intensivierung von Sprachfördermaßnahmen. „Das sichere Beherrschen der deutschen Sprache ist die Grundlage für den schulischen und beruflichen Erfolg sowie die gesellschaftliche Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler. Der VDR fordert daher, dass Maßnahmen zur Förderung der deutschen Sprache – wie Intensivkurse, Sprachförderprogramme und individuelle Sprachförderung für nichtdeutschsprachige Schülerinnen und Schüler – deutlich gestärkt und intensiviert werden“, so heißt es.

Und: „Der VDR fordert, dass Schülerinnen und Schüler erst dann in die Regelklassen integriert werden, wenn sie ein angemessenes Mindestsprachniveau besitzen. Die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht erfordert ein Mindestmaß an sprachlichen Kenntnissen. Dies muss zunächst gewährleistet sein.“

Mehr Chancengerechtigkeit und Teilhabe soll auch durch eine Ausweitung des insgesamt 20 Milliarden Euro umfassenden Startchancen-Programms erreicht werden. „Unterschiedliche Bildungschancen bleiben eine große Herausforderung in Deutschland. Die finanziellen Mittel müssen stark ausgeweitet werden, um die Anzahl der förderungsberechtigten Schulen deutlich zu erhöhen und das Programm zu verstetigen“, so heißt es.

Auch für die Inklusion müsse mehr getan werden. „Dies erfordert zusätzliche personelle und materielle Ressourcen sowie gezielte Fortbildungen für Lehrkräfte, um den individuellen Förderbedarfen in den Klassenzimmern gerecht zu werden. Darüber hinaus fordert der VDR den Erhalt der Förderschulen, da sie spezialisierte Ressourcen und Betreuung für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedarfen bieten. Gleichzeitig benötigen Regelschulen mehr Unterstützung, um die Inklusion erfolgreich umzusetzen und die spezifischen Herausforderungen zu meistern.“

Last but not least: Der Verband verlangt von der künftigen Bundesregierung mehr Engagement für die politische Bildung in Schulen. Denn: „Angesichts aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen, wie zunehmender Polarisierung und wachsendem Populismus, ist eine fundierte politische Bildung für junge Menschen entscheidend. Politische Bildung und Demokratiebildung in der Schule fördern das Verständnis für demokratische Werte, Menschenrechte und gesellschaftliche Verantwortung.“

„Keine Frage: Bildung ist teuer. Aber keine Bildung ist noch teurer. In diesem Sinne erwarten wir von der künftigen Bundesregierung entschlossene Weichenstellungen“, betont Neugschwender. News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zum Papier mit allen bildungspolitischen Forderungen des VDR zur Bundestagswahl.

Herr Bundeskanzler, die Bildungskrise gefährdet Deutschlands Zukunft – kümmern Sie sich darum!

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