WÜRZBURG. Seit 15 Jahren gilt in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention – doch echte Fortschritte bei der schulischen Inklusion sind kaum zu erkennen, sagt Angela Ehlers. Im Interview spricht die Bundesvorsitzende des Verbandes Sonderpädagogik über den aktuellen Stand der inklusiven Bildung, die wachsende Zahl an Förderschulen und warum Vielfalt in den Klassenzimmern eine Bereicherung für alle ist. Ihr Appell: Inklusion muss als Menschenrecht konsequent umgesetzt werden.
News4teachers: Wie ist aus Ihrer Sicht der aktuelle Stand der Inklusion an Deutschlands Schulen?
Angela Ehlers: Ich sehe die Entwicklung, bei allem Versuch, optimistisch zu bleiben, aktuell sehr kritisch. Ich habe das Gefühl, dass die inklusive Bildung in Deutschland stark auf dem Rückzug ist. Das zeigt sich unter anderem daran, dass Bildungspolitiker*innen deutlich artikulieren, dass inklusive Bildung nicht das Zukunftsthema ist und der Fokus in den nächsten Jahren nicht darauf liegen wird.
Wir beobachten in vielen Bundesländern, dass wieder neue Förderschulen gegründet werden. Es gibt einen zunehmenden Drang, Schülerinnen und Schüler verstärkt an Förderschulen zu unterrichten, statt sie in der inklusiven Bildung zu unterstützen. Auch was die gesetzliche Grundlage angeht, haben wir in den 15 Jahren seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention noch keinen großen Fortschritt erzielt. In fast allen Bundesländern gibt es weiterhin Vorbehalte – sei es personeller, rechtlicher oder räumlicher Art. Tatsächlich ist nur das Hamburgische Schulgesetz so weit, dass dort ein uneingeschränktes Recht auf inklusive Bildung festgeschrieben ist.
Wir nehmen auch ein Nord-Süd-Gefälle wahr: In den nördlichen Bundesländern gibt es mehr Bereitschaft und Engagement für inklusive Bildung. Aber selbst dort wird oft gesagt, dass die finanziellen Spielräume enger werden. Ich habe große Bedenken, ob wir die notwendigen Fortschritte erreichen werden, die wir als Vertragsstaat der UN-BRK eigentlich machen müsssten.
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News4teachers: Würden Sie sagen, dass es mehr Inklusion in den Klassenzimmern braucht? Und wenn ja, warum?
Angela Ehlers: Ja, unbedingt. Ich glaube, das ist nicht nur ein bildungs-, sondern auch ein gesellschaftspolitisches Thema. Kinder und Jugendliche sollten schon in der Kita und während ihrer gesamten Schulzeit Erfahrungen mit Heterogenität machen. Dabei sehe ich das gesamte Spektrum von Heterogenität: nicht nur Mitschüler*innen mit festgestellten Behinderungen, sondern auch alle, die Teilhabeeinschränkungen haben oder Unterstützung benötigen. Dazu gehören Menschen mit schwerer oder komplexer Behinderung ebenso wie Hochbegabte mit besonderer Sensibilität.
Selbstverständlich zählen auch Schülerinnen und Schüler aus Armutslagen, aus bildungsfernen Familien oder mit Migrationshintergrund und Traumatisierung dazu – unabhängig von einer behinderungsbedingten Einschränkung. Ebenso gehören Menschen dazu, die im sogenannten Neurodiversitätsspektrum leben, also nicht unbedingt als behindert gelten, aber dennoch Einschränkungen in ihrer Bildungsteilhabe erleben.
Ich bin überzeugt, dass diese Vielfalt eine demokratische Gesellschaft ausmacht und extrem wichtig ist. Wir müssen alle die Erfahrung machen, wie es ist, in einer diversen Gemeinschaft zu leben. Diese Erfahrung hilft uns auch im beruflichen Kontext.
Momentan sehe ich jedoch eher gesellschaftliche Abschottungsprozesse. Wir müssen hier dringend handeln – und zwar über alle Schulformen hinweg. Es darf nicht so bleiben, dass wir in den meisten Bundesländern am Ende der Kita-Zeit den ersten großen Bruch erleben und Kinder in Sondereinrichtungen oder Grundschulen sortiert werden. Der zweite große Bruch erfolgt dann beim Übergang in die weiterführenden Schulen, wo erneut stark sortiert wird.
Hinzu kommt das Problem, dass in vielen Bundesländern gesetzlich festgelegt ist, dass Schülerinnen und Schüler das Gymnasium verlassen müssen, wenn sie bestimmte Leistungen nicht erbringen. In einigen Bundesländern ist es sogar so, dass sie gar nicht erst ins Gymnasium aufgenommen werden. Das halte ich gesellschaftspolitisch für eine Fehlentwicklung, die so nicht bleiben darf.
„Es ist wichtig, das Elternwahlrecht zu respektieren und Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, mitzuentscheiden, ob sie in eine Förderschule oder in eine allgemeine Schule gehen möchten“
News4teachers: Welche Vorteile bietet die Inklusion aus Ihrer Sicht im Gegensatz zu einer Unterrichtung an Förderschulen?
Angela Ehlers: Ich möchte nicht behaupten, dass die inklusive Bildung der einzige Weg ist und der Unterricht in Förderschulen grundsätzlich schlecht wäre. Es ist wichtig, das Elternwahlrecht zu respektieren und Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, mitzuentscheiden, ob sie in eine Förderschule oder in eine allgemeine Schule gehen möchten.
Es gibt jedoch klare Unterschiede. Eltern wählen Förderschulen oft, weil dort sichergestellt ist, dass sonderpädagogisch qualifiziertes Personal verfügbar ist. In Förderschulen wird der Unterricht in der Regel von sonderpädagogischen Lehrkräften geleitet, was bei der inklusiven Bildung oft nicht der Fall ist. Dort unterrichten meist allgemeinpädagogische Lehrkräfte, die häufig dazu noch unter Lehrkräftemangel leiden. Dennoch bietet die inklusive Bildung einen unschlagbaren Vorteil: das Peer-to-Peer-Lernen in heterogenen Gruppen.
In Förderschulen, insbesondere in Klassen für die Schwerpunkte Geistige Entwicklung oder körperlich-motorische Entwicklung, kommunizieren Schülerinnen und Schüler oft ausschließlich über Erwachsene. Es gibt viele, die keine aktive Sprache verwenden oder ausschließlich über Talker kommunizieren können. In einer allgemeinen Schule hingegen gibt es Mitschüler*innen, die aktive Sprache nutzen und alle einbeziehen können. Das bringt enorme Vorteile für das Lernen mit sich.
Ein weiteres Beispiel sind Schülerinnen und Schüler mit Trisomie 21. In Förderschulen lernen sie oft mit Gleichaltrigen in einer angenehmen sozialen Umgebung. In einer Grundschulklasse mit Mitschüler*innen, die bereits lesen und rechnen können, erzielen sie jedoch häufig größere Fortschritte auf diesem Gebiet. Wir wissen aus der Forschung, dass Menschen mit Trisomie 21 ein ausgeprägtes visuelles Gedächtnis haben, das zuweilen in Förderschulen nicht so stark gefördert wird wie in inklusiven Klassen.
Die Vorteile des gemeinsamen Lernens, des gegenseitigen Profitierens – sei es kognitiv oder sozial-emotional – sind in der inklusiven Bildung einfach größer. Mischformen, wie Campus-Modelle, bei denen Förderschulen und allgemeine Schulen eng zusammenarbeiten, halte ich ebenfalls für eine gute Lösung. Sie ermöglichen es, sowohl im eigenen Umfeld zu sein als auch mit anderen zusammenzukommen, ohne lange Wege zurücklegen zu müssen.
News4teachers: Sie haben vorhin den Lehrkräftemangel im System der allgemeinen Schulen angesprochen. Inklusion wird von den Lehrkräften unter Umständen als Belastung neben anderen Aufgaben im Schulalltag wahrgenommen. Wie kann Ihrer Ansicht nach dieser Belastung begegnet werden?
Angela Ehlers: Zunächst sollten wir sehr vorsichtig sein, inklusive Bildung als Belastung zu bezeichnen. Genauso wenig sollten wir Zuwanderung, Kinder mit Fluchterfahrung oder aus sozial schwierigen Verhältnissen als Belastung betrachten. Kinder und Jugendliche sind grundsätzlich keine Belastung, sondern eine Bereicherung. In einem aktuellen Interview im „Spiegel“ hat der neuseeländische Pädagogikwissenschaftler John Hattie etwas sehr Treffendes gesagt: Er versteht nicht, warum in Deutschland so viele Lehrkräfte von Schüler*innen als Belastung sprechen. Er hat mir aus der Seele gesprochen, als er meinte, dass hinter der Forderung nach kleineren Klassen oft der Wunsch stehe, einige „herausfordernde“ Schüler*innen loszuwerden, während angepasste Schüler*innen gerne in größerer Zahl akzeptiert werden. Von dieser Haltung müssen wir uns lösen.
Stattdessen glaube ich, dass wir dringend mehr multiprofessionelle Teams in Bildungseinrichtungen benötigen. Dazu gehören nicht nur sonderpädagogische, sondern auch sozialpädagogische und therapeutische Fachkräfte sowie Menschen mit anderen Qualifikationen, wie etwa Handwerksmeister*innen. Unterschiedliche Kompetenzen helfen, auf die Bedürfnisse von Schüler*innen individuell einzugehen. Zudem brauchen wir verstärkte Fortbildung im Classroom-Management und im Umgang mit Schüler*innen, die sozial-emotionale Unterstützung benötigen. Auch sollten wir dafür sorgen, dass Lehrkräfte ihren Beruf als erfüllende Tätigkeit begreifen und genügend Wertschätzung erfahren.
Eine weitere zentrale Maßnahme ist die stärkere Zusammenarbeit zwischen Schulen und der Jugendhilfe. Hier lassen wir viel ungenutztes Potenzial brachliegen. Schulen sollten sich zudem stärker im Sozialraum vernetzen und Unterstützungsangebote vor Ort nutzen. Dazu gehören zum Beispiel Sportvereine, Musikschulen oder ehrenamtliche Organisationen. Kooperationen mit Alters- und Pflegeheimen sind ebenfalls ein großartiges Beispiel. Einige Schulen organisieren beispielsweise Vorlesegruppen in Pflegeheimen, was allen Beteiligten zugutekommt: Schüler*innen üben Lesen, während ältere Menschen aktiv in die Bildung eingebunden werden. Solche Partnerschaften können Lehrkräfte entlasten, da ihre Rolle dann eher in der Organisation und Begleitung besteht.
News4teachers: Sollten aus Ihrer Sicht die Förderschulen beibehalten werden, um eine individuell an die Bedürfnisse eines jeden Kindes angepasste Bildung zu gewährleisten oder sollen langfristig alle Kinder mit und ohne Förderbedarf gemeinsam die allgemeine Schule besuchen können?
Angela Ehlers: Mein Traum ist es, dass alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam lernen. Das fängt in der Schule an und soll sich bis ins lebenslange Lernen fortsetzen. Ich glaube, dass es momentan gut ist, beide Systeme zu haben, weil das System der allgemeinen Schulen zurzeit nicht so ist, dass alle Schüler*innen dort gemeinsam qualifiziert lernen können. Das Wahlrecht der Eltern ist für mich ganz wichtig, aber sie müssen von Anfang an eine Wahlmöglichkeit für die Bildung ihrer Kinder haben. Aus vielen Bundesländern erfahren wir, dass die Eltern in Richtung Förderzentrum beraten werden, weil diese viel besser auf die Bedürfnisse eines Kindes mit Behinderung eingehen könnten. Das ist für mich keine Wahlmöglichkeit. Ich werde es wahrscheinlich nicht mehr erleben, dass alle Schüler*innen an einer Schule gemeinsam lernen.
“Wenn alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam lernen sollen, brauchen wir an den Schulen eine ganz andere Willkommenskultur”
News4teachers: Welche Faktoren müssen gegeben sein, um eine gelungene schulische Inklusion zu erreichen?
Angela Ehlers: Bildung muss als gesellschaftspolitische Aufgabe finanziell gut ausgestattet sein. Entscheidend ist aber die Haltung dazu auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Die Menschen müssen das wirklich wollen. Wenn alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam lernen sollen, brauchen wir an den Schulen eine ganz andere Willkommenskultur. Gemeinsames Lernen bedeutet aber auch, dass nicht alle immer in einem Klassenzimmer sitzen, sondern dass es für bestimmte Gruppen auch adaptive Unterrichtskonzepte geben muss.
News4teachers: Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht die Sonderpädagog*innen in der Inklusion?
Angela Ehlers: Die Sonderpädagog*innen sind aus meiner Sicht eine entscheidende Ergänzung zu den Sozialpädagog*innen, Therapeut*innen und den Lehrkräften an der Regelschule. Sie haben einen anderen Blick für die Kinder und können die behinderungsbedingten Einschränkungen den Lehrkräften vermitteln. Ich glaube aber nicht, dass man an allen Schulen zu jedem Zeitpunkt immer sonderpädagogische Fachkräfte braucht. Hier ist es wichtig, in einer Transferleistung alle Lehrkräfte miteinzubeziehen.
News4teachers: Können digitale Tools Ihrer Meinung nach die schulische Inklusion unterstützen? Und falls ja, wo sehen Sie Chancen und Hindernisse?
Angela Ehlers: Ich bin überzeugt davon, dass digitale Tools riesige Chancen bieten. Nicht ohne Grund gibt es mittlerweile den Fachbereich „Diklusion“, also die Verbindung von Digitalisierung und inklusiver Bildung. Das wird zum Beispiel an der Uni Flensburg und am Landesinstitut in Schleswig-Holstein intensiv erforscht, um die vielen Möglichkeiten technischer Geräte und digitaler Tools auszuschöpfen. Diese müssen sich nicht nur an Schülerinnen und Schüler mit Einschränkungen richten, sondern können auch im Peer-to-Peer-Lernen eingesetzt werden.
Digitale Tools bieten in allen Fachbereichen viele Potenziale: Sei es für Schülerinnen und Schüler mit Sinnesbehinderungen, sprachlichen Beeinträchtigungen oder als adaptive Lernhilfen für Menschen mit Legasthenie oder Dyskalkulie. Es gibt so viele Ansatzpunkte, die wir aktiv nutzen sollten – zum Vorteil von Lehrkräften und der Schülerschaft.
Es bleibt wichtig, den Unterricht so zu gestalten, dass alle lernen und ihre Fähigkeiten und Kompetenzen entwickeln können, aber digitale Tools können dabei eine große Unterstützung sein.
Um das Potenzial aller voll auszuschöpfen, brauchen wir jedoch ein Aus- und Fortbildungscurriculum, das nahtlos ineinandergreift. Schon in der universitären Ausbildung muss dieses Wissen vermittelt werden, genauso wie im Referendariat und durch Fortbildungsangebote. An der bildungswissenschaftlichen Universität in Flensburg erhalten Studierende der Sonderpädagogik und der inklusiven Pädagogik von Anfang an Einblicke in diese „diklusive“ Herangehensweise. So wünsche ich mir das eigentlich für alle Lehrerbildungsstätten.
Die Barrierefreiheit der Tools ist ein zentraler Punkt – aber auch eine große Herausforderung. Hier ist noch viel Aufklärung nötig, da die Richtlinien für Barrierefreiheit nicht allen Software-Entwickelnden bekannt sind.
“Jede Lehrkraft sollte zum Beispiel über ADHS, fetales Alkoholsyndrom (FASD), Autismus, Legasthenie, Dyskalkulie und weitere Entwicklungsstörungen Bescheid wissen”
News4teachers: Sollten aus Ihrer Sicht mehr Fortbildungsangebote für Lehrkräfte an allgemeinen Schulen zum Umgang mit Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf angeboten werden? Oder sollte das Thema sogar ein fester Bestandteil des Lehramtsstudiums werden?
Angela Ehlers: Beides, unbedingt. Wie ich schon sagte: Wir brauchen ein durchgängiges Curriculum für Aus- und Fortbildung. Es sollte so gestaltet sein, dass man nicht ständig das Gleiche hört, sondern ein umfassendes Handwerkszeug an die Hand bekommt. Dazu gehört ein fundiertes Wissen über Neurodiversität. Alle Unterschiede im pädagogischen und sonderpädagogischen Bereich müssen vermittelt werden – nicht nur spezielle Inhalte der sonderpädagogischen Schwerpunkte.
Jede Lehrkraft sollte zum Beispiel über ADHS, fetales Alkoholsyndrom (FASD), Autismus, Legasthenie, Dyskalkulie und weitere Entwicklungsstörungen Bescheid wissen – unabhängig davon, ob sie für das Gymnasium, die Sonderpädagogik oder ein anderes Lehramt ausgebildet wird. Dieses Wissen ist essenziell, um zu verstehen, warum Kinder manchmal ausrasten, Schule meiden oder Schwierigkeiten haben und wie man sie unterstützen kann.
Auch im Referendariat sollte das Thema präsent sein. In Hamburg gibt es beispielsweise Wahlmodule, die lehramtsübergreifend angeboten werden – etwa zu ADHS. Das halte ich für extrem wichtig. Lehrkräfte müssen nicht alle Experten auf diesen Gebieten sein, aber sie sollten ein Grundwissen haben, um Signale zu erkennen und bei Bedarf Hilfe einzuholen.
Dieses Wissen über Entwicklungsunterschiede fördert auch den inklusiven Gedanken. Jeder, der Menschen mit Diversität kennt, entwickelt ein besseres Verständnis und kann andere Perspektiven einbringen. Das gilt auch für die Politik: Menschen, die selbst Ausgrenzung erfahren haben, verstehen oft besser, worum es geht und sind empfänglicher für solche Themen.
News4teachers: Gibt es etwas, das Sie sich von der Bildungspolitik wünschen, um die Inklusion an Schulen voranzutreiben?
Angela Ehlers: Ich wünsche mir, dass sich bildungspolitisch Verantwortliche klar zur UN-Behindertenrechtskonvention bekennen und gewillt sind, dieses Menschenrecht umzusetzen. Selbst wenn wir noch nicht so weit sind, wie wir sein möchten oder in finanziell schwierigen Zeiten stecken, sollte das Ziel nicht infrage gestellt werden. Das klare Ziel muss sein, Inklusion als Menschenrecht umzusetzen.
Außerdem halte ich das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen für unverzichtbar – unabhängig davon, welche Parteien regieren. Ich wünsche mir, dass Jürgen Dusel diese Position weiterhin ausfüllen darf und in diesem Amt Kontinuität gewahrt wird. Seine Arbeit ist von unschätzbarem Wert, da er täglich zeigt: Inklusion ist ein Menschenrecht und wir sollten alles daransetzen, dieses Ziel zu erreichen. Nina Odenius, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview.