
Gut ein Dutzend Männer hat vor der Staatskanzlei in Hannover gegen das Gendern demonstriert. Dazu aufgerufen hatten die Initiatoren einer Volksinitiative, die sich insbesondere gegen das Gendern an niedersächsischen Schulen und Hochschulen richtet. Sie forderten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf, sich ebenfalls dagegen zu positionieren.
Für gegenderte Sprache gibt es verschiedene Varianten – etwa mit Sternchen, Doppelpunkt oder großgeschriebenem I im Wortinneren. Befürworter sehen darin einen Weg, alle Menschen anzusprechen und sichtbar zu machen, unabhängig vom Geschlecht.
Die Initiatoren der Volksinitiative kritisieren dagegen, dass Gendern Sehbehinderte und Legastheniker diskriminiere und Zuwanderer im Spracherwerb ausgrenze. Zudem lehne eine Mehrheit der Bevölkerung das Gendern ab. Für ihn sei das Gendern «ein Verlust von Heimat», sagte Mitorganisator und CDU-Kommunalpolitiker Alexander Börger bei der Demo.
Die Initiative fordert, dass staatliche Einrichtungen, vor allem Schulen, oder der öffentliche Rundfunk keine Gender-Sprache nutzen sollen. Zwar gebe es in Niedersachsen keine dahingehenden Verpflichtungen. Wenn aber etwa Lehrerinnen und Lehrer freiwillig gendern würden, befürchtet die Volksinitiative, dass das Schülerinnen und Schüler unter Druck setzt oder beeinflusst.
«Es gibt keine einzige Vorschrift, die eine bestimmte Schreib- oder Sprechweise vorschreibt. Insofern läuft die Aktion inhaltlich ins Leere»
Für die Landesregierung erklärte das für Gleichstellung zuständige Sozialministerium, die Initiative fordere ein Verbot von etwas, das es nicht gebe. «Niemand in Niedersachsen wird gezwungen, zu gendern», sagte ein Sprecher. «Es gibt keine einzige Vorschrift, die eine bestimmte Schreib- oder Sprechweise vorschreibt. Insofern läuft die Aktion inhaltlich ins Leere.» Regierungschef Weil hatte vor der Landtagswahl 2022 gesagt: «Ich habe mit dem Sternchen auch meine Probleme.» Die Staatskanzlei verwendet in ihren Veröffentlichungen sowohl die männliche als auch die weibliche Form.
Das niedersächsische Kultusministerium hat bereits Position bezogen. In der Schule sollten sich alle Menschen korrekt angesprochen fühlen – «völlig unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität», sagte eine Sprecherin. Bereits im April 2023 hatte Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) der «Neuen Osnabrücker Zeitung» gesagt, dass Gendern an Schulen weder Pflicht noch verboten sei. Die Sprecherin verwies zudem darauf, dass Sprache einem permanenten Wandel unterliege.
Ministerium: «Große Freiräume für Schulkinder und Lehrkräfte»
Die Sprachregeln des Rates für deutsche Rechtschreibung seien letztlich verbindlich, hieß es aus dem Ministerium. Eine gendergerechte Schreibweise sei aber nicht als Rechtschreibfehler zu werten. Zumal in Klausuren längst auch wissenschaftliche oder literarische Texte behandelt würden, in denen Formulierungen mit Sonderzeichen vorkommen. «Wir geben den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften einen großen Freiraum», betonte die Sprecherin. Wichtig sei, dass Schüler «korrekt schreiben und sich klar und verständlich ausdrücken können» und sich «der Wirkmächtigkeit von Sprache bewusst werden».
Die Volksinitiative sieht in den Vorgaben des Ministeriums einen Rechtsbruch. Maßgeblich für den Schulunterricht seien die Vorgaben des Rates für deutsche Rechtschreibung. Der Rechtschreibrat spricht sich zwar generell für eine geschlechtergerechte Sprache aber gegen Formulierungen mit Sonderzeichen aus, wie die Kultusministerkonferenz im Sommer mitteilte. Sie würden aber auch nicht als fehlerhaft deklariert, hält das niedersächsische Kultusministerium entgegen.
Die Volksinitiative läuft seit dem 7. März 2024. Die Zahl der bisherigen Unterschriften genau zu bestimmen, sei schwierig, da sie nicht zentral an einem Ort gesammelt würden. Im Sommer lag die Zahl der Unterschriften bei 20.000, wie Mitorganisator Börger sagte. Anschließend folgten mehrere Aktionen, wie eine Demonstration vor dem Landtag oder Informationsstände. Inzwischen arbeite die Initiative auch mit Postwurfsendungen in mehreren Regionen Niedersachsens. Als nächster Meilenstein würden inzwischen 50.000 Unterschriften angepeilt – konkrete Zahlen zu den bisherigen Unterschriften nannten die Organisatoren nicht. News4teachers / mit Material der dpa
