WIESBADEN. Viele Auszubildende stehen laut Hessens Unternehmerverbänden auf dem Schlauch, wenn es um Wirtschaftsthemen geht. Unternehmen und Opposition fordern daher mehr Wirtschaftsunterricht in der Schule. Ein wirtschaftliches Grundverständnis sei, so FDP-Parlamentarier Oliver Stirböck, so wichtig wie Lesen und Schreiben.
Unternehmen, Banken und Landtagsopposition pochen in Hessen auf mehr Vermittlung von Wirtschafts- und Finanzthemen in den Schulen. «Viele Arbeitgeber berichten, dass es bei Schulabgängerinnen und -abgängern am Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge mangelt», teilt die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) mit.
Die FDP-Fraktion schlug in einer Landtagsdebatte in Wiesbaden vor, das Hamburger Modell «School meets Finance: Ökonomische Wissensvermittlung aus der Praxis» in Hessen zu übernehmen. Dabei gehen Expert:innen aus Unternehmen in Schulen, um Finanzthemen zu vermitteln.
Wirtschaftsthemen in Grundschulen
CDU-Bildungsminister Armin Schwarz nannte wirtschaftliche Bildung in den Schulen ein «wichtiges Thema», das in den Lehrplänen längst breit verankert sei, beginnend etwa mit dem Umgang mit Taschengeld im Matheunterricht der Grundschulen. In höheren Klassen gebe es auch Kooperationen mit außerschulischen Partnern, zum Beispiel mit Banken, Verbraucherzentrale und Rentenversicherung bis hin zum Besuch etwa der Börse in Frankfurt.
Der Bundesverband deutscher Banken bewertet die Situation deutlich negativer: «Die Vermittlung wirtschaftlicher und finanzieller Zusammenhänge kommt im Schulalltag häufig zu kurz – gleichzeitig wünschen sich junge Menschen genau hier mehr Orientierung und praxisnahe Unterstützung.» Auch laut der VhU berichten Arbeitgeber, «dass bei neuen Auszubildenden häufig zwar großes Interesse in Bezug auf das Themenfeld Geld und Finanzen besteht, gleichzeitig jedoch grundlegendes Wissen – zum Beispiel Brutto-/ Nettogehalt, Sozialversicherungssystem, insbesondere Rente – fehlt».
„Wir brauchen mehr Wirklichkeit in unseren Schulen.“
Der Grünen-Abgeordnete Sascha Meier sagte im Landtag, Zigtausende Schüler lernten lineare Funktionen abzuleiten, aber nicht, was ein Dispokredit sei: «Wir brauchen mehr Wirklichkeit in unseren Schulen.» Meier fragte rhetorisch, wo junge Leute denn über Steuererklärungen, Aktienfonds und Altersvorsorge aufgeklärt würden.
Der FDP-Parlamentarier Oliver Stirböck betonte, ein wirtschaftliches Grundverständnis sei so wichtig wie Lesen und Schreiben. Mädchen und Jungen kämen heute häufig über soziale Medien wie Instagram und Tiktok zuerst mit Wirtschaftsthemen in Kontakt. Nicht alle Informationen dort gelten als seriös. Ökonomische Bildung in der Schule macht Jugendliche laut Stirböck urteilsfähig und unabhängig. Geringe Wirtschaftskenntnisse hingegen führten meist zu einer geringeren Sparquote und zu einer höheren Gefahr der Überschuldung.
Finanzbildung im Schulgesetz verankert
Das Kultusministerium in Wiesbaden erklärt, die Finanzbildung erfolge an Hessens Schulen fächerübergreifend und sei mit dem Verbraucherschutz «unter den besonderen Bildungs- und Erziehungsaufgaben» im Schulgesetz des Landes verankert.
Laut der SPD-Abgeordneten Nina Heidt-Sommer gibt es zudem schon seit Jahrzehnten auch Kooperationen der Schulen mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Handwerkskammern. Die FDP-Opposition verenge den Blick auf den Finanzsektor.
Mit Blick auf den FDP-Antrag sagte Bildungsminister Schwarz: «Was Sie fordern, machen wir längst.» Der CDU-Politiker ergänzte, das Land sei mit ökonomischer Schulbildung gut unterwegs. «Aber wir werden nicht müde, da noch besser zu werden.» News4teachers / mit Material der dpa