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Coronavirus: Realschullehrer-Verband fordert, alle Schulen in Deutschland sofort zu schließen (für mindestens eine Woche)

BERLIN. Der Bundesvorsitzende des Verbands Deutscher Realschullehrer (VDR), Jürgen Böhm, prescht angesichts der rasanten Ausbreitung des Coronavirus vor – und fordert bundesweit eine klare Linie der Gesundheitsbehörden. “In Verantwortung für alle Menschen in unserem Land muss jetzt gehandelt werden”, sagt er. Und das bedeutet für ihn: die sofortige Schließung aller Schulen in Deutschland für mindestens eine Woche. Der Philologenverband in Baden-Württemberg fordert ebenfalls flächendeckende Schulschließungen. Neben Italien haben nun auch Polen, Tschechien und Österreich alle Schulen geschlossen.

Prescht vor: Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des VDR. Foto: Marco Urban / VDR

Italien hat bereits in der vergangenen Woche landesweit alle Schulen bis zum 15. März geschlossen. Ab sofort gilt eine solche Regelung auch für Deutschlands Nachbarländer Tschechien, Polen und Österreich. Der Unterricht in allen Ebenen des tschechischen Bildungssystems, von den Grundschulen bis zu den Hochschulen, wurde bis auf Widerruf eingestellt. Die Schüler und Studenten sollen Aufgaben übers Internet erhalten.

Ähnlich die Situation in Polen: Als Schutz vor einer weiteren Ausbreitung des neuartigen Coronavirus schließt Polen für zwei Wochen alle Kindergärten, Schulen und Universitäten. Auch Museen, Kinos und Theater bleiben für die Öffentlichkeit geschlossen, sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki am Mittwoch in Warschau. “Für unserer Kinder ist es am besten, nicht aus dem Haus zu gehen, denn Kinder können die Krankheit leicht auf ältere Familienmitglieder übertragen.” In Grundschulen und Kindergärten sollen die Kinder am Donnerstag und Freitag bei Bedarf noch betreut werden, damit die Eltern Zeit bekommen, das Familienleben entsprechend zu organisieren.

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Österreich reagierte ebenfalls mit einer drastischen Maßnahme auf das Virus. Zur Eindämmung des Coronavirus werden in Österreich die Schulen eine Zeit lang geschlossen. Betroffen seien zunächst ab kommendem Montag alle Oberstufenschüler, teilte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch mit. Ab nächstem Mittwoch werde auch der Unterricht für alle anderen Schüler eingestellt.

Ähnliches schwebt dem Realschullehrerverband für Deutschland vor. „Angesichts der Entwicklungen der Corona-Epidemie in anderen Ländern ist es nahezu unverantwortlich von den Kultusbehörden der Länder, dass in puncto Schulschließungen die Entscheidung vielfach immer noch auf regionale Verantwortliche abgeschoben wird. Diese ‚Salamitaktik‘ wird der Herausforderung, vor der wir aktuell stehen, nicht gerecht”, meint VDR-Chef Jürgen Böhm. “Die umfassenden Regelungen zur Schließung staatlicher Kultureinrichtungen oder der Ausschluss von Zuschauern bei großen Sportveranstaltungen machen nur dann Sinn, wenn gleichzeitig Schulen geschlossen werden.“

Weitere Verunsicherungen der Schüler, Eltern und Lehrkräfte würden das Problem nur verschärfen und unnötige Panik erzeugen, ist sich Böhm sicher.

Schulschließungen “nach Bedarf” dann wöchentlich verlängern

Der Lehrerverbands-Vorsitzende fordert die Kultusminister der Länder zur Abstimmung einer gemeinsamen Linie auf. “Jetzt muss ein klarer, überschaubarer Zeitraum von mindestens einer Woche für flächendeckende Schulschließungen festgelegt werden, um dem Gesundheitssystem Handlungsspielräume zu verschaffen. Dieser Zeitraum kann nach Bedarf und in Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden der Länder und Regionen wöchentlich verlängert werden”, so erklärt Böhm.

Auch wenn Kinder und Jugendliche nicht die Hauptgefährdungsgruppe darstellten, würden mit der Übertragung des Virus in Schulen Familienangehörige, ältere Menschen und Kranke extrem gefährdet. „In Schulen sind die jungen Menschen stundenlang auf engstem Raum zusammen. Bei einem milden Verlauf der Krankheit zeigen Schülerinnen und Schüler oft gar keine Krankheitssymptome, tragen das Virus aber weiter“, sagt Böhm. „Es ist auch eine Frage der Verantwortung und Solidarität, die wir jenseits aller wirtschaftlichen Bedenken als Gesellschaft übernehmen müssen.“

Lehrer sollen auf digitalen Unterricht umstellen

In Zeiten digitaler Kommunikationsmittel sei es möglich und nötig, übergangsweise Bildungsinhalte auch auf diese Weise zu vermitteln.

Man dürfe hierbei das Verantwortungsbewusstsein, die Leistungsfähigkeit und die Kreativität der Lehrkräfte in Deutschland nicht unterschätzen. Allerdings wäre es wesentlich, dass die Ministerien und angeschlossenen Schulinstitute den Schulen erarbeitete Unterrichtsmaterialien unkompliziert und digital zur Verfügung stellen, fordert der Bundesvorsitzende weiter. „Jetzt zeigt es sich auch, wie fortgeschritten Digitalisierung an deutschen Schulen bereits ist und welche Lücken schnell geschlossen werden müssen“, betont Böhm. News4teachers

Philologen: Schulschließungen bis Ostern

STUTTGART. Die Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg fordern wegen des Coronavirus eine präventive Schließung aller Schulen im Land bis zu den Osterferien. «Wenn nicht sofort drastische Maßnahmen zur Eindämmung eingeleitet werden, könnten in drei Wochen in Baden-Württemberg Zehntausende infiziert sein», teilte der Philologenverband am Mittwoch mit.

Die Gesundheitsämter handelten völlig uneinheitlich, so moniert der Verband. Außerdem könnten die Schulen nicht wirksam überprüfen, ob Schüler in den Faschingsferien in Risikogebieten waren – etwa im Ski-Urlaub in Südtirol. Alle Schulen müssten bis zum 3. April geschlossen werden.

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) spricht sich weiterhin gegen pauschale Schulschließungen aus. «Dass der Philologenverband nun den Ausnahmezustand ausruft, halte ich für unverantwortlich», teilte sie mit. «Unser Kurs ist, dass wir weiterhin besonnen, lageorientiert und auf Basis der Einschätzung der Gesundheitsämter vor Ort agieren.» dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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