BERLIN. Die Kultusminister der Länder, dies war das Ergebnis einer Telefonkonferenz in der vergangenen Woche, wollen so schnell wie möglich zum regulären Schulbetrieb zurückkehren. Das Recht auf Bildung lasse sich am besten im Regelbetrieb verwirklichen, stellten die Teilnehmer fest. Kritik kommt dafür nun von Jürgen Böhm, dem Bundesvorsitzenden des Deutschen Realschullehrerverbandes (VDR). Er betont: „Solange Abstandsregeln im öffentlichen Raum eingehalten werden müssen und Gefahren existent sind, kann man auch nach den Sommerferien nicht zum normalen Unterrichtsbetrieb an den Schulen übergehen.“
Die Pandemie sei noch längst nicht vorbei und könne jederzeit mit voller Wucht zurückkommen, sagt Böhm. Der VDR-Chef warnt vor einem Wunschdenken der Verantwortlichen und in der Gesellschaft: „Ein ‚Augen-zu-und-durch‘ kann das Virus zwar leugnen, wird es aber nicht beseitigen.“ Böhm betont, dass es kein einfaches Zurück zum ursprünglichen Normalzustand an den Schulen geben kann. „Mit Beginn des neuen Schuljahres müssen in allen Bundesländern verbindliche Konzepte für Arbeit im Normal- (Plan A) und Notbetrieb (Plan B) vorliegen“, sagt er. „Die permanente Uminterpretation und Veränderung der bestehenden Regeln hilft dabei niemandem.“ Etliche Bundesländer haben angekündigt, auf die Abstandsregel in den (Grund-)Schulen verzichten zu wollen (News4teachers berichtet darüber ausführlich – hier).
Schulen müssen im nächsten Schuljahr über einen Plan B verfügen
Solange es keine klaren medizinischen Gegenmaßnahmen zu diesem Virus gebe, müsse jede Schule in Deutschland zu Beginn auch des nächsten Schuljahres ein Notfallkonzept parat haben, betont Böhm. Wenn man die Abstandsregeln an den Schulen fallen lässt, müssen im Falle eines erhöhten Infektionsgeschehen sehr schnell und unkompliziert Maßnahmen für den Plan B klar kommuniziert sein, damit Unterricht trotz allem stattfinden kann. „Man muss die Erfahrungen der letzten Monate nutzen, um die Schüler im Wechsel regelmäßig und verlässlich im Präsenzunterricht zu beschulen“, so der VDR-Chef.
Allerdings könnten dabei die Lehrkräfte nicht über Gebühr belastet werden. Präsenz- und Fernunterricht müssten sich ergänzen und dürften auf Dauer zu keinen Mehrfachbelastungen führen. Schule könne nicht alle entstandenen Probleme der Pandemie kompensieren. Der Dreiklang von Präsenzunterricht, Fernbeschulung und Notbetreuung sei unter den bestehenden personellen und sächlichen Rahmenbedingungen an den Schulen auf Dauer nicht leistbar.
Keine “Entwertung von Abschlüssen”!
„Was die Schulen in Deutschland jetzt brauchen, ist ein Gesamtkonzept mit einem Plan A und einem Plan B, das klar und deutlich an die Eltern, Lehrkräfte und Schüler kommuniziert wird und das verschiedene Einzelmaßnahmen vor Ort in sich vereint“, fordert Böhm abschließend. Eine Abkehr von Leistungskriterien und eine Entwertung von Abschlüssen dürften dabei aber nicht zur Disposition gestellt werden.
Böhm bezieht sich dabei offenbar auf ein Konzept für das kommende Schuljahr, das ein Expertengremium im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erarbeitet hat – und das beinhaltet, Anzahl und Umfang von Prüfungssituationen wie Klassenarbeiten oder Tests zu reduzieren (News4teachers berichtet ausführlich über die Forderungen der Fachleute, und zwar hier). News4teachers
Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.