FRANKFURT AM MAIN. Die GEW hatte die Kultusminister mit Blick auf Schulöffnungen unter Verzicht auf die Abstandsregel vor „vollmundigen Versprechungen und einem Wetteifern um die schnellste und weitestgehende Öffnung von Schulen” gewarnt. Genützt hat es nichts: Die KMK beschloss gestern, dass alle Schüler nach den Sommerferien wieder wie gewohnt in die Schule gehen sollen – ohne Abstandregel, wenn möglich. GEW-Chefin Tepe hält den Beschluss, der Erwartungen bei Eltern schürt und Lehrer verunsichert, für „nicht hilfreich”. Sie schaut gleichwohl nach vorne: Jetzt gehe es in der kurzen Zeit bis nach den Sommerferien darum, die die Schulen auf eine schrittweise Wiederöffnung vorzubereiten und zu unterstützen – unter Mitwirkung (auch) der Lehrerschaft.
„Wir brauchen dringend – auch vor Ort – Runde Tische mit Vertretungen der Lehrkräfte, Eltern und Schüler sowie aus Medizin und Bildungswissenschaft, um bestmögliche Lösungen zu entwickeln und die Interessen aller an Schule Beteiligten weitgehend zu berücksichtigen“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Freitag mit Blick auf die gestrigen Entscheidungen der KMK. Hygiene- und Abstandsregeln, pädagogische Konzepte und digitale Ausstattung der Schulen seien die drei zentralen Themenfelder, die jetzt geklärt werden müssten.
Hygiene- und Schutzkonzept für Schulen wird (erst) jetzt entwickelt
Wie die Präsidentin der KMK und rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) nach den Beratungen mit ihren Länderkollegen ankündigte, wird ein Schutz- und Hygienekonzept nun in einem nächsten Schritt erarbeitet. Es soll bis zum Ende der Sommerferien vorliegen.
„Das Abstandsgebot und wirksame Hygienemaßnahmen sind weiterhin das A und O an den Schulen, um Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern vor Infektionen zu schützen”, meint die GEW-Vorsitzende Tepe und betont: „Hier braucht jede Schule mit Blick auf die Gebäude und die sanitären Anlagen ein eigenes Konzept. Auf das Abstandsgebot von 1,5 Metern zwischen zwei Menschen in den Schulen zu verzichten, ist der falsche Weg. Solange die Abstandsregeln – aus guten Gründen – in der Gesellschaft eingehalten werden müssen, muss dies auch in der Schule gelten.“
Tepe weist auf die Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen, bei Familienfeiern oder in Gottesdiensten hin, bei denen die Abstandsregeln offenbar nicht eingehalten worden seien. Zudem seien in vielen Bundesländern Schulen kurz nach der Öffnung wegen Corona-Fällen bereits wieder geschlossen worden. „Das kann niemand wollen. Erneute Schulschließungen belasteten die Familien zusätzlich“, unterstreicht die GEW-Vorsitzende.
Konzepte für einen Mix aus Präsenz- und Fernunterricht
„Die Schulen müssen jetzt tragfähige pädagogische Konzepte für einen Mix aus Präsenz- und Fernunterricht entwickeln. Diesen folgt die Organisation des Schulbetriebs. Dabei müssen die Schulen die personellen Ressourcen und die räumlichen Möglichkeiten berücksichtigen“, sagt Tepe. Dafür bräuchten die Schulen die Unterstützung der Schulämter sowie mehr und bessere Weiterbildungsangebote für die Lehrkräfte. „Bisher haperte es gewaltig an den Weiterbildungsangeboten für die Lehrkräfte zum Thema Digitalisierung. Laut einer aktuellen GEW-Studie sind nur 18 Prozent der Lehrkräfte mit den Angeboten zufrieden (News4teachers berichtete darüber, d. Red. – und zwar hier). Deshalb muss die Weiterbildung endlich schnell ausgebaut und passgenauer werden. Nur mit guten Konzepten können die Schulen die neuen Aufgaben gut bewältigen.“
Bei der Konzeptentwicklung müssten die Schulen von der Prüfungsfixierung wegkommen und stärker das „Lernen lernen“ in den Vordergrund stellen. „Die Corona-Krise bietet auch die Chance, Formen des selbstständigen Lernens aktiv voran zu treiben. Diese Entwicklungen müssen die Kultusministerien durch Regelungen unterstützen und den Schulen schulinterne Fortbildung ermöglichen. Damit könnte Schule die ohnehin benachteiligten Schülerinnen und Schüler, aber auch die besonders begabten besser unterstützen“, hob Tepe hervor.
Digitalisierung der Schulen muss vorangebracht werden
„Voraussetzung für alle Konzepte ist, dass die Ausstattung der Schulen mit digitaler Infrastruktur und Endgeräten zielgerichtet und schnell vorangetrieben wird. Hier müssen Bund, Länder und Kommunen noch stärker investieren als bisher im ‚Digitalpakt Schule‘ vorgesehen. Es ist ein unerträglicher Zustand, dass 90 Prozent der Lehrkräfte ihre privaten Endgeräte nutzen müssen, um Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern zu halten. Auch die Kinder und Jugendlichen müssen schnell und unbürokratisch mit Geräten und Programmen ausgestattet werden“, sagte die GEW-Vorsitzende. „Es ist richtig, dass sich der Bund jetzt auch an der Ausbildung und Finanzierung der IT-Administratoren beteiligt. Dies ist jedoch eine Daueraufgabe, die eine dauerhafte Unterstützung benötigt. Die Befristung ist nicht sachgerecht und lässt die Schulen mittelfristig im Regen stehen.“ News4teachers
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