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Bestandsaufnahme zur Digitalisierung der Schulen fällt „niederschmetternd“ aus

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STUTTGART. Der Vorsitzende des Vereins für Gemeinschaftsschulen, Matthias Wagner-Uhl, sprach von niederschmetternden Ergebnissen. Die meisten Schulen in Baden-Württemberg sehen sich nach einer gemeinsamen Umfrage von fünf Lehrerverbänden nicht oder nur bedingt in der Lage, ordentlich Fernunterricht anzubieten. Zu wenige Laptops, zu wenig und zu langsames Internet, zu wenig Fortbildung: Diese Klagen sind nicht neu. Aber die Corona-Krise hat die Rückstände aus Sicht der Schulen nochmal deutlich verschärft.

Baden-Württembergs Schulen haben einen gewaltigen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung. Illustration: Shutterstock

Während Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ihre Vorstellungen der Digitalisierung via Wunschliste an die Schulen verteile, müssten die Schulverantwortlichen vor Ort zusehen, wie sie klarkommen. „Die Herausforderung: Sie sollen das, was die Politik in vielen Jahren nicht geschafft hat, binnen weniger Wochen realisieren. Doch wie digital sind die Schulen in Baden-Württemberg eigentlich? Und: Laufen die nächsten Schulschließungen, die das Coronavirus möglicherweise notwendig macht, weniger chaotisch ab?“ – so fragt die GEW Baden-Württemberg in einer Pressemitteilung.

Nur fünf Prozent der Schulen verfügen über genügend Geräte

Die Zahlenbasis zum Thema schulische Digitalisierung im Land sei bislang mager gewesen. Deshalb hätten sich die GEW, der Berufsschullehrerverband (BLV) Baden‐Württemberg, der Grundschulverband Baden‐Württemberg, der VBE Baden‐Württemberg und der Verein für Gemeinschaftsschulen in Baden‐Württemberg gemeinsam der Frage angenommen. Mit einer Umfrage an allen staatlichen Schulen im Land hat die Initiative den aktuellen Stand der Digitalisierung erfasst. Mehr als 2.000 Schulen über alle Schularten hinweg haben sich beteiligt. Die Ergebnisse sind den Initiatoren zufolge „niederschmetternd“.

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Die größten Baustellen:

Die Verbände warfen Kultusministerin Eisenmann schwere Versäumnisse in dem Bereich vor. Eisenmann habe das Thema Digitalisierung sträflich vernachlässigt. Die Schulen seien mit den Leitlinien aus dem Ministerium überfordert, kritisierte der Vorsitzende des Vereins für Gemeinschaftsschulen, Matthias Wagner-Uhl. Die Kultusministerin habe mit Weiterbildungen für den digitalen Unterricht gegeizt, beschwerte sich SPD-Bildungspolitiker Stefan Fulst-Blei. Michael Futterer von der GEW forderte klare Vorgaben aus dem Ministerium, wohin die Reise geht. Jede Schule stricke derzeit eigene Lösungen.

Kultusministerium sieht sich nicht allein in der Verantwortung

Und was sagt das Ministerium? Der Nachholbedarf bei der digitalen Ausstattung der Schulen sei bundesweit unbestritten hoch, teilte eine Sprecherin mit. Das Ministerium sieht sich bei dieser Mammutaufgabe aber nicht allein in der Verantwortung. Beim schnellen Internet seien etwa die Kommunen als Schulträger gefragt. Man arbeite zudem weiter an einer der digitalen Bildungsplattform – Eisenmann stellt ein Lernmanagementsystem mit dienstlicher E-Mail-Adresse für Lehrer sowie Programme zur Zusammenarbeit inklusive sicherem Instant-Messenger in Aussicht. Auch gebe es Tablet-Projekte und Lernfabriken an Schulen im Land, betonte die Sprecherin.

130 Millionen Euro stünden zudem zur Verfügung, um unbürokratisch 300.000 Tablets und PCs zu besorgen – die Schulen seien bereits dabei. Die Sprecherin sagte aber auch, eine hervorragende digitale Ausstattung mache den Unterricht nicht unmittelbar besser. Deshalb stärke man auch die Fortbildung der Lehrer in dem Bereich.

Die Initiatoren der Umfrage meinen hingegen nicht, dass sich die Defizite schnell beseitigen ließen. „Der genaue Blick auf die Schulrealität zeigt, dass selbst die angeblichen Vorreiter in diesem Thema bestenfalls Einäugige unter Blinden sind“, sagt Volker Arntz, Sprecher Netzwerk Schule im Verein für Gemeinschaftsschulen, der die Abfrage federführend vorangetrieben hat. Selbst im beruflichen Bereich stünden lediglich an einem Zehntel der befragten Schulen Endgeräte in einer 1:1-Ausstattung zur Verfügung. Unter der Annahme, dass digitalisierter Unterricht erst möglich ist, wenn sich maximal zwei Lernende ein Endgerät teilen, seien aktuell nur etwa fünf Prozent der Stichprobe von über 2.000 Schulen in der Lage, digitalen Unterricht zu leisten. News4teachers / mit Material der dpa

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