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KMK sucht händeringend MINT-Lehrer-Nachwuchs – Lehrkräfte sollen über Berufsmessen tingeln

BERLIN. Die Kultusministerkonferenz hat in ihrer virtuellen Sitzung Vorschläge entwickelt, wie das Bild von Mangelfächern – insbesondere Mathematik und Naturwissenschaften – so verändert werden kann, dass mehr Abiturientinnen und Abiturienten ein Lehramtsstudium in einem dieser Fächer aufnehmen und infolgedessen das Angebot erhöht wird. Ob das reicht? Kein Wort verlieren die Kultusminister zu den Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte (nicht nur) in der Coronakrise, die der Attraktivität des Berufs zweifellos wenig zuträglich sind. Stattdessen soll eine „MINT-Lehrkraft des Jahres“ gekürt werden. Und: Lehrkräfte sollen auf Berufs- und Fachmessen tingeln gehen.

Wer will MINT-Lehrkraft werden – statt als Naturwissenschaftlerin oder -wissenschaftler in der Wirtschaft mit höheren Bezügen und besseren Bedingungen zu arbeiten? Illustration: Shutterstock

Bundesweit bestehen laut KMK für alle Lehrämter in den Fächern Mathematik, Chemie und Physik, für den Sekundarbereich II / Gymnasien im Fach Informatik sowie bei beruflichen Lehrkräften vor allem in den Fachrichtungen Metall-, Elektro- sowie Fahrzeugtechnik aber auch in der Pflege und Sozialpädagogik perspektivisch hohe Einstellungsbedarfe. Mancherorts ist der Lehrkräftemangel bereits so dramatisch, dass die Schulen „auf Unterstützung von Bewerberinnen und Bewerbern angewiesen (sind), die keine reguläre Lehramtsbefähigung aufweisen“, wie es in dem Beschlusspapier heißt.  „In jedem Fall ist es im Sinne einer Qualitätssteigerung des Unterrichts zielführend, bisweilen sogar unerlässlich, die Anzahl an Lehramtsstudierenden in diesen Fächern zu erhöhen.

Ernst: „Die Länder sind sich der herausfordernden Lage sehr wohl bewusst“

Die KMK-Präsidentin der KMK und Brandenburgische Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) erklärt: „Die Länder sind sich der herausfordernden Lage sehr wohl bewusst und werden den Kopf nicht in den Sand stecken. Es zeigt sich, dass wir die Bemühungen zur Gewinnung von Lehrkräften in den Ländern weiter intensivieren müssen, auch deshalb haben wir diese Empfehlungen für Mangelfächer entwickelt. Es muss uns gelingen, den so wichtigen Beruf der Lehrerinnen und Lehrer durch weitere Maßnahmen noch attraktiver zu machen.“

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Hierzu wurden Empfehlungen für die Handlungsfelder „Schule“, „Medien und Werbung“, „Studium“ und „Lehrerberuf“ formuliert. Konkret:

Die Empfehlungen weisen zudem auf die guten Einstellungschancen im Schulsystem hin, die angehende Lehrerinnen und Lehrer in den kommenden Jahren in ausgewählten Bereichen vorfinden werden.

Die Kultusminister setzen bei der Werbung um Berufsnachwuchs stark auf die Lehrkräfte selbst: „Wie Abiturientinnen und Abiturienten MINT-Fächer rezipieren, wird wesentlich durch ihre vorschulischen, insbesondere aber durch ihre schulischen Erfahrungen beeinflusst. Wenn ihnen der Unterricht Freude bereitet und ihr Interesse weckt, werden sie eher geneigt sein, ein MINT-Fach auf erhöhtem Anforderungsniveau zu wählen bzw. ein Studium und eine spätere Berufstätigkeit in diesem Bereich anzustreben. Um ein Lehramtsstudium in diesem Bereich in Erwägung zu ziehen, wird vor allem das Erleben der MINT-Lehrkräfte von Bedeutung sein. Werden diese als Vorbilder wahrgenommen, erscheint ein entsprechender Studien- und Berufswunsch eher wahrscheinlich.“

Dafür sollen Lehrkräfte auch tingeln gehen. Vorgesehen ist die „Teilnahme von Lehrkräften an Berufs- und Fachmessen, an Tagen der offenen Tür u. ä., um über Einstellungschancen und Entwicklungsperspektiven zu informieren und für den Lehrerberuf (insbesondere in Mangelfächern) zu werben.“

Personalbedarf der Schulen verschlafen? Die KMK begegnet dem Vorwurf mit einem Rechtfertigungsschwall

Dem Vorwurf, viel zu lange den Personalbedarf der Schulen verschlafen zu haben, begegnet die KMK mit einem Rechtfertigungsschwall. So heißt es (im Original ebenfalls ohne Absatz):

„Die Kultusministerkonferenz setzt sich mit Fragen des Lehrkräftebedarfs aktiv auseinander. Bereits 2013 hat sie mit dem Beschluss ‚Gestaltung von Sondermaßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften zur Unterrichtsversorgung‘ einen Rahmen zur Qualifizierung von Seiten- bzw. Quereinsteigern definiert, der auch Festlegungen für die gegenseitige Anerkennung der über diesen Weg erlangten Lehrerberufsqualifikationen skizziert. Voraussichtlich im Frühjahr 2022 wird die Kultusministerkonferenz eine ergänzende Empfehlung zur Ausgestaltung von Sondermaßnahmen in den Ländern verabschieden, die die im oben genannten Beschluss genannten Rahmenbedingungen durch Umsetzungsempfehlungen weiter konkretisiert. Zudem haben die Länder kurz- und mittelfristigen Absicherung der Unterrichtsversorgung vielfältige Maßnahmen ergriffen, wie die Aufstockung von Teilzeitlehrkräften, die Abordnung von Lehrkräften eines anderen Lehramtstyps, die Ausweitung der Qualifizierung sog. Seiten- bzw. Quereinsteiger, die Ausweitung von Weiterbildungsmaßnahmen, mit denen im Dienst befindliche Lehrkräfte eine Lehrbefähigung für eine andere Schulart oder ein weiteres Unterrichtsfach erwerben können.“

Genützt hat es allerdings: wenig. News4teachers

KMK wirbt für Lehrerberuf – ohne auf Arbeitsbedingungen oder Corona-Schutz einzugehen

 

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